DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

15-02-2023 08:01
SXEU31 DWAV 150800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 15.02.2023 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Umstellung auf Wa/NWa (vorübergehend auch NWz)
Heute noch ruhiges Hochdruckwetter, danach unbeständiger, am Freitag bzw. in der
Nacht zum Samstag im Norden und Nordosten stürmisch, an den Küsten und auf den
Bergen Sturm- bzw. schwere Sturmböen, Ostsee und exponierte Gipfel auch
orkanartige Böen.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 24 UTC
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Mittwoch... neigt sich die seit einigen Tagen stabile Hochdrucklage ("FEUKA")
allmählich ihrem Ende entgegen. Die bisher wetterbestimmende Höhenantizyklone
hat sich in den zentralen Mittelmeerraum zurückgezogen und wird im Tagesverlauf
bei fortwährender Südverlagerung weiter abgebaut. Von ihr ausgehend reicht ein
Höhenrücken nordwärts über das östliche Mitteleuropa und die Ostsee bis zur
Barentssee.
Bis zum Abend kann sich vom mittleren Nordatlantik her allerdings die
Frontalzone Richtung Britische Inseln vorarbeiten, wobei ein vorgelagerter
Höhentrog bis zum Abend unter Konturverlust auf die westliche Nordsee
übergreift. Dadurch beginnt die bisher meridionale Achse des Rückens allmählich
zu kippen und das ganze Gebilde wird ein wenig nach Osten abgedrängt, abends
befindet sich die Rückenachse bereits über Polen und dem Baltikum. Insgesamt
bleibt die sich dahinter über dem Vorhersagegebiet aufbauende südwestliche
Höhenströmung durch schwache WLA noch leicht antizyklonal konturiert.
Im Bodenfeld zieht sich Hoch "FEUKA" mit seinem Schwerpunkt derweil nach
Südosteuropa zurück, allerdings reicht eine robuste Hochdruckbrücke nach wie vor
über die Südhälfte Deutschlands und Frankreich bis weit auf den Ostatlantik. Die
langgestreckte und vor allem über dem Nordmeer bzw. der Norwegischen See
wellende Kaltfront eines Tiefs bei Spitzbergen überquert im Tagesverlauf
Großbritannien und erreicht abends ebenfalls die westliche Nordsee. Zwischen ihr
und der Hochdruckbrücke verschärft sich vor allem im Westen und Norden
Deutschlands der Druckgradient ein wenig und der Wind lebt insbesondere an den
Leeseiten der Mittelgebirge aus Süd bis Südwest auf, ist aber nicht
warnrelevant. Zudem macht sich die WLA nachmittags und abends in Form hoher und
zunehmend auch mittelhoher Wolkenfelder über der Nordwesthälfte bemerkbar.
Ansonsten ändert sich aber wenig bis gar nichts am ruhigen Hochdruckwetter. Die
aktuell vorhandenen Nebel- und Hochnebelfelder lösen sich insbesondere in den
großen Flussniederungen Süddeutschlands erneut nur zögernd, teilweise (Donau)
auch gar nicht auf. Auch im Luv einiger zentraler Mittelgebirge bleibt es
teilweise bis in den Nachmittag hinein trüb. Der Nebel/Hochnebel im Norden
(Schleswig-Holstein, Hamburg, nördliches Niedersachsen bis nach Sachsen-Anhalt
und Brandenburg) sollte dagegen mit dem etwas auflebenden Wind nach und nach
verschwinden.
Im Rest des Landes scheint die Sonne bei ähnlichen Temperaturen wie am Vortag.
Zwar geht die 850 hPa-Temperatur etwas zurück (abends 5 bis 8 Grad), dennoch
reicht es im Lee einiger Mittelgebirge sowie in Teilen von NRW erneut für
Höchstwerte zwischen 12 und 15 Grad, während bei Dauernebel im Donauraum die 0
Grad örtlich kaum oder gar nicht überschritten werden.

In der Nacht zum Donnerstag überquert der zunehmend breit angelegte Höhentrog
die Nordsee zögernd ostwärts und verliert dabei weiter an Kontur bzw. zerfällt
in mehrere kurzwellige Anteile, von denen einer morgens zusammen mit der mangels
dynamischer Unterstützung ebenfalls schwächelnden Kaltfront die deutsche
Nordseeküste erreicht. Im Westen und Norden werden die Wolken somit dichter und
ausgangs der Nacht fällt vom Emsland bis nach Nordfriesland auch gebietsweise
etwas Regen. Der Südwestwind lebt noch etwas auf, bleibt aber weiterhin
unterhalb der Warnschwellen (Brocken evtl. Bft 7 bis 8).
Ansonsten bleibt die breite Hochdruckbrücke über der Südhälfte des Landes aber
robust und kann sich sogar noch etwas verstärken. Zwar zeigen sich auch über dem
Süden und Osten ein paar dünne hohe Wolkenfelder, meist bleibt es aber oberhalb
der sich wieder ausbreitenden Nebel- und Hochnebelfelder gering bewölkt oder gar
wolkenlos. Dichten, warnrelevanten Nebel gibt es vor allem in den
Flussniederungen Bayerns. Während es im Norden und Westen unter den zunehmend
dichten Wolken frostfrei bleibt, muss sonst vielerorts mit leichtem, in den
Tälern der süddeutschen Mittelgebirge und der Alpen auch mit mäßigem Frost
gerechnet werden.

Donnerstag... überquert der Höhentrog das Vorhersagegebiet allmählich ostwärts,
während vom Seegebiet bei den Azoren her sich ein kräftiger Höhenrücken Richtung
Biskaya ausweitet. Damit dreht die allmählich an Fahrt aufnehmende Höhenströmung
über Mitteleuropa auf Nordwest, wobei an der Nordflanke des Rückens kräftige WLA
über Westeuropa einsetzt, die bis zum Abend zunehmend auch den Nordwesten
Deutschlands beeinflusst.
Die Hochdruckbrücke über Süddeutschland wird im Tagesverlauf nun doch etwas
abgebaut, bleibt aber noch robust, so dass etwa von der Pfalz bis zur Lausitz
und südlich davon erneut ein sonniger bzw. nur leicht bewölkter Tag auf der
Agenda steht. Die Nebel- und Hochnebelfelder lösen sich zwar vielerorts, aber
wohl erneut nicht überall auf, am ehesten können sie sich an der Donau örtlich
ganztägig halten.
Die weiter an Substanz verlierende Kaltfront über Norddeutschland kommt noch
etwa bis nach NRW und Brandenburg voran, mit Frontpassage bzw. präfrontal fällt
bis in den westlichen und zentralen Mittelgebirgsraum auch etwas Regen, mehr als
1 bis 3 l/qm kommen aber wohl nirgendwo zusammen. Postfrontal lockern die Wolken
ganz im Norden mittags und am Nachmittag wieder auf.
Bereits in der Nacht hat sich am linken Ausgang des Richtung Nord-GB
vorstoßenden Jets ein kleines Wellentief entwickelt, das im Tagesverlauf
allerdings unter Konturverlust Irland und Nordengland überquert und abends bei
fortschreitendem Okklusionsprozess auf die Nordsee übergreift. In Kombination
mit der flächigen WLA werden somit im Nordwesten die Wolken, die nach Abzug der
Kaltfront auch dort mal stärker auflockern können, rasch wieder dichter,
eventuell setzt zum Abend hin auch leichter Regen ein, zumindest nach Lesart des
GFS, die das kleine System etwas progressiver auf der Agenda haben.
Der Wind lebt im Tagesverlauf über dem Norden und auch der Mitte auch in den
Niederungen zwar spürbar aus Südwest auf, ist aber wohl nicht warnrelevant. Auf
dem Brocken kann es einzelne stürmische Böen (Bft 8) geben.
Mit der Kaltfront sickert maritim erwärmte Subpolarluft nach Norddeutschland und
auch im Süden geht die 850 hPa-Temperatur etwas zurück (abends zwischen -1 Grad
im Norden und +3 Grad im Süden). Insgesamt bleibt es aber mild mit Höchstwerten
zwischen 7 und 12 Grad, mit Sonne im Südwesten, im südlichen Alpenvorland und am
Erzgebirge bis 14 Grad; bei Dauernebel an der Donau bleibt es dagegen deutlich
kühler.

In der Nacht zum Freitag verlagert sich vom mittleren Nordatlantik her ein
markanter Kurzwellentrog ins Seegebiet nördlich von Schottland. Daran gekoppelt
ist eine kräftige Wellentiefentwicklung im Bodenfeld, die Freitagfrüh bereits
als ausgewachsenes Sturmtief knapp westlich der Shetlands aufschlägt.
Der Höhenrücken westlich der Biskaya kann sich weiter verstärken, was zu einer
Verschärfung der nordwestlichen Höhenströmung über dem Vorhersagegebiet führt,
die aufgrund der kräftigen WLA antizyklonal konturiert bleibt.
Im Bodenfeld wird dem über die Nordsee ins Vorhersagegebiet schwenkenden
kleinräumigen Wellentief somit die Energie entzogen, übrig bleibt lediglich ein
flacher Bodentrog samt eingelagerter teilokkludierter Kaltfront. Mit der
kräftigen WLA werden aber die Wolken auch über Süddeutschland trotz nach wie vor
vorhandener Hochdruckbrücke rasch dichter und es breiten sich recht flächig
leichte Regenfälle aus, lediglich im Lee einiger Mittelgebirge sowie im
Südwesten und südlich der Donau bleibt es wohl weitgehend trocken. Postfrontal
lassen die Regenfälle auch im Westen wieder nach.
Mengenmäßig kommen aber lediglich im Stau einiger Mittelgebirge wenige l/qm
zusammen, sonst sind es oft weniger als 1 l/qm. Allerdings besteht vor allem im
ostbayerischen Mittelgebirgsraum örtlich ein Risiko für gefrierenden Regen, da
es dort vor Eintreffen der Bewölkung noch leichten Frost geben kann. Mit Frost
ist auch an den Alpen, im Vorland sowie im südwestdeutschen Mittelgebirgsraum zu
rechnen, sonst verläuft die Nacht meist frostfrei.
Allerdings rückt der Wind nun allmählich in den Fokus der Warntätigkeit. Mit
weiterer Gradientverschärfung lebt er aus Südwest auf, in den Kamm- und
Gipfellagen einiger Mittelgebirge (in erster Linie in den mittleren
Landesteilen) gibt es steife bis stürmische Böen, auf dem Brocken zunehmend
Sturmböen. Eventuell reicht es im Lee von Hohem Venn und Eifel auch in den
Niederungen für einzelne steife Böen.

Freitag... überquert der Kurzwellentrog die Nordsee, erreicht mit seinem
Drehzentrum abends Südnorwegen und greift dann auch auf Norddeutschland über, so
dass die nordwestliche Höhenströmung zumindest vorübergehend eine zyklonale
Kontur annimmt und sich deutlich verschärft. Vor allem knapp nördlich des
Vorhersagegebietes kann nun aufgrund kräftiger PVA markante dynamische Hebung
wirksam werden.
Das Sturmtief im Bodenfeld zieht bis zum Abend in den Oslo-Fjord, schwächt sich
aufgrund der dynamischen Unterstützung trotz "Landgang" kaum ab und schlägt dort
mit einem Kerndruck von unter 980 hPa au, wobei ICON-EU aktuell eine geringfügig
markantere Entwicklung auf der Agenda hat als die anderen vorliegenden
Globalmodelle (GFS ähnlich, IFS und UKMO etwas schwächer). Insgesamt haben sich
die Modelle aber inzwischen, vor allem, was die Zugbahn angeht, ziemlich
angeglichen.
Die Warmfront überquert im Tagesverlauf mit Regenfällen mäßiger, in der Mitte
und im Süden nur noch leichter Intensität - auch südlich der Donau und im
Südwesten reicht es eventuell für ein paar Tropfen - das Vorhersagegebiet rasch
ostwärts, die Kaltfront erreicht nachmittags/abends den Nordwesten bzw. Norden
mit vorübergehend schauerartig verstärkten Regenfällen. Zwölfstündig kommen bis
zum Abend somit von Schleswig-Holstein bis nach Vorpommern sowie im Stau einiger
Mittelgebirge gebietsweise mehr als 5 l/qm, nach Lesart des ICON-EU in Teilen
von Schleswig-Holstein auch mehr als 10 l/qm zusammen, sonst sind es lediglich 0
bis 3 l/qm.
Da der Richtung Südfrankreich vorstoßende kräftige Höhenrücken nach wie vor die
Hochdruckbrücke über Südwestdeutschland und dem Alpenraum stützt, verschärft
sich der Gradient an der Südflanke des Tiefs im Tagesverlauf deutlich. Von
Nordwesten her nimmt der Wind somit rasch zu und vor allem mit Passage der
Kaltfront bzw. postfrontal vorderseitig eines sich nähernden Bodentroges gibt es
über Norddeutschland nachmittags und abends verbreitet stürmische Böen, Richtung
Küste Sturmböen, entlang der nordfriesischen und vorpommerschen Küste schwere
Sturmböen.
Weiter südlich reicht es im Binnenland vielerorts für steife Böen, in
Süddeutschland ist der Wind in den Niederungen wohl nicht warnrelevant.
In den Kamm- und Gipfellagen der Mittelgebirge und abends dann auch der Alpen
gibt es stürmische Böen und Sturmböen, auf exponierten Gipfeln der nord- und
ostdeutschen Mittelgebirge schwere Sturmböen, abends auf Brocken und Fichtelberg
auch orkanartige Böen.
Insgesamt gelangt im Warmsektor milde Meeresluft ins Vorhersagegebiet (T850 hPa
zwischen 5 und 7 Grad) die gut durchmischt ist, so dass es mit Höchstwerten
zwischen 8 und 14 Grad sehr mild bleibt. Lediglich im Donauraum und im Luv der
ostbayerischen Mittelgebirge klappt es nicht so gut mit der Durchmischung, dort
werden örtlich kaum 5 Grad erreicht. Postfrontal fließt maritim erwärmte
Polarluft in den Nordwesten bzw. Norden (abends 0 bis -3 Grad ganz im Norden),
mangels Höhenkaltluft (die Kaltluft reicht nur bis etwa 700 hPa) reicht es aber
nicht für hochreichende Konvektion. Dennoch reicht die markante Scherung
eventuell für linienförmig organisierte Schauertätigkeit mit Frontpassage, wobei
es dann kurzzeitig und kleinräumig auch im küstennahen Binnenland vereinzelte
schwere Sturmböen geben könnte.

In der Nacht zum Samstag stößt der Höhentrog bis zum Baltikum vor. Rückseitig
bleibt die kräftige nordwestliche Höhenströmung zwischen Trog und dem inzwischen
vom Ostatlantik über Frankreich bis ins westliche Mittelmeer reichenden
Höhenrücken über dem Vorhersagegebiet aufrecht und kann sich noch etwas
verschärfen.
Das Sturmtief im Bodenfeld zieht ohne großartige Intensitätsänderung zur
mittleren Ostsee. An dessen Südwestflanke überquert ein Bodentrog die
Nordosthälfte Deutschlands südostwärts, so dass sich die Windsituation
vorübergehend noch etwas verschärft. Nach Lesart des ICON-EU reicht es in
Nordfriesland, vor allem aber entlang der vorpommerschen Küste verbreitet für
schwere Sturmböen aus West bis Nordwest, rund um Rügen auch für orkanartige
Böen. Im küstennahen Binnenland gibt es stürmische Böen, vereinzelt Sturmböen,
weiter südlich steife Böen, im Südwesten spielt der Wind nach wie vor
warntechnisch in den Niederungen wohl keine Rolle. Auch in den Kamm- und
Gipfellagen der Mittelgebirge bleibt es zunächst stürmisch, vorübergehend auch
mit Orkanböen auf dem Brocken und orkanartigen Böen auf dem Fichtelberg.
Nach Abzug des Bodentroges flaut der Wind im Westen und in der Mitte im Laufe
der Nacht rasch, im Nordseeumfeld verzögert ab. Im Nordosten, insbesondere an
der Ostsee, bleibt es aber bis Samstagvormittag stürmisch mit schweren Sturmböen
rund um Rügen.
Die Kaltfront kommt noch etwa bis in die mittleren Landesteile bzw. in den
Südosten voran, gerät dort aber aufgrund höhenströmungsparalleler Exposition ins
Schleifen und geht über in die Warmfront des nächsten Tiefs nordwestlich von
Schottland. Die Niederschlagsintensität entlang der Front wird von den Modellen
noch unterschiedlich simuliert, vor allem IFS und UKMO haben im Westen teilweise
10 bis 20 l/qm auf der Agenda, GFS und ICON allerdings deutlich weniger.
Im Südwesten sowie postfrontal im Norden bleibt es dagegen teilweise trocken.
Frost sollte keine Rolle spielen.


Modellvergleich und -einschätzung
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Bzgl. der Sturmtiefentwicklung am Freitag/Nacht zum Samstag haben sich die
Modelle inzwischen angeglichen, die kleineren Differenzen wurden im Text
angesprochen. Die Niederschläge entlang der schleifenden Kaltfront in der Nacht
zum Samstag wird hingegen noch mit gröberen Differenzen simuliert, warnrelevante
Mengen stehen aber voraussichtlich keine auf der Agenda.
Ansonsten fahren die Modelle einen weitgehend einheitlichen Kurs.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff