DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

03-02-2023 09:01
SXEU31 DWAV 030800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 03.02.2023 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL NWz

Heute in der Nordosthälfte Sturmlage, mit Gewitter und stärkeren Schauern
schwere Sturmböen und einzelne orkanartige Böen. An den Alpen ab dem Abend neue
markante Dauerschneefälle mit Verwehungen. Schnee und Verwehungen auch im
Erzgebirge. Nach Beruhigung am Samstag, mit Kaltlufttropfen am Sonntag neue
Niederschläge, an der Ostflanke als Schnee, Zugbahn noch unsicher. An den Alpen
nochmalige Staulage.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
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Freitag... liegt Deutschland in einer strammen nordwestlichen Höhenströmung. Ein
neuerlicher kurzwelliger Troganteil rutscht im Tagesverlauf in südöstlicher
Richtung nach Tschechien und Österreich ab. Daran gekoppelt ist ein Bodentief,
dass sich im Lee des überströmten skandinavischen Gebirges noch verstärken kann
und bis zum Abend nach Zentralpolen weiterzieht.

Derzeit befindet sich Deutschland noch im Warmsektor des Tiefs. Die
Stauniederschläge an den Alpen haben nahezu aufgehört und auch im Bayerischen
Wald sind diese schwächer geworden. Zudem ist die Schneefallgrenze auf 800 bis
1200 m angestiegen (am niedrigste liegt sie noch im Bayerischen Wald). In den
Warmsektor sind Niederschläge meist leichter Natur eingelagert. Bis zum Abend
können im Bayerischen Wald aber nochmal 5 bis 10 cm Neuschnee in den höheren
Lagen zu den in den letzten 24h gefallenen 30 bis 70 cm hinzukommen.

Mit dem neuen Randtief hat der Wind bereits aufgefrischt. Im stabil
geschichteten Warmsektor kommt es insbesondere in der Nordosthälfte (ausgreifend
bis zur Mitte) verstärkt zu starken bis stürmischen Böen. Weiter nach Westen und
Südwesten ist der Wind allgemein schwächer unterwegs, weil man sich weiter
entfernt vom Bodentief und damit im Bereich schwächerer Höhenwinde (Gradient)
befindet. Entsprechend gibt es in tiefen Lagen nur gebietsweise Windböen.
Im Bergland und an der See muss wie üblich mit stärkerem Wind gerechnet werden.
Dort treten im Tagesverlauf Sturmböen und exponiert schwere Sturmböen auf. So
zum Beispiel auf den Nordfriesen und an der Ostsee. Von der Ostsee ausgreifend
bis zur Uckermark sind die Signale für häufiger Böen Bft 9 stärker betont. Dies
scheint mit der Nordwestkomponente auch nachvollziehbar.
Zu erwähnen ist noch der Alpenrand, wo der Leitplankeneffekt mit starken bis
stürmischen Böen wieder in Gang kommt.

Die beschriebene Ausprägung der Windentwicklung erreicht einen vorläufigen
Höhepunkt mit Passage der Kaltfront. Diese hat bereits auf den Norden
übergegriffen und kommt bis zum Nachmittag rasch in die mittleren Landesteile
voran. Der Südosten wird schließlich am Abend erreicht, wobei die Front dann
nicht mehr allzu gut ausgeprägt ist, weil von Westen bereits WLA übergreift.

Die Kaltfront hat es durchaus in sich, insbesondere im Osten des Landes. Dort
ist die Labilität deutlich erhöht und auch etwas CAPE wird prognostiziert. Zudem
läuft ein Windmaximum in der unteren Troposphäre (gekoppelt an den
Kurzwellentrog) von Nord nach Süd ab. Die prognostizierten Windgeschwindigkeiten
liegen bei bis zu 60 kn in 1000 m Höhe. Die Pseudoreflektivität externer Modelle
wie SuperHD oder Arôme zeigt eine linienartige Organisation der Kaltfront mit
kleineren Lücken. Es besteht mit den Linienelementen die Gefahr von schweren
Sturmböen, wenn nicht gar orkanartigen Böen. Wie üblich ist bei der hohen
Windscherung in der unteren Troposphäre auch das Tornadopotential leicht erhöht.
Die Prognosehodographen zeigen aber eher Geschwindigkeits-, statt
Richtungsscherung.

Daneben zu erwähnen bleibt noch das vorübergehende Tauwetter im Schwarzwald oder
den Regionen mit viel Schnee im Südosten. Da es sich nur um einen
vorübergehenden Effekt handelt und die Abflussmengen nur knapp an den
Warnschwellen liegen, drängt sich eine Warnung aber nicht unbedingt auf.

In der Nacht auf Samstag zieht der Kurzwellentrog samt Bodentief nach Osteuropa
ab. Die Höhenströmung dreht nun auf nördliche Richtung. In der ersten
Nachthälfte ist der Wind aber besonders im Osten und im Alpenvorland noch mit
starken bis stürmischen Böen unterwegs, ehe dieser dann in der zweiten
Nachthälfte auch dort nachlässt. Stürmisch ist es dann nur noch in höheren
Berglagen

Mit der Drehung der Höhenströmung auf nördliche Richtungen kommt an den Alpen
erneut der Staueffekt in Gang, der durch WLA (Rechtsdrehung des Windes von W auf
N) noch zusätzlich verstärkt wird. Die Modellwelt hat für den Alpenrand wieder
10 bis 30 cm bis Samstagnachmittag im Gepäck. In den prädestinierten Staulagen
können bis 50 cm fallen. Dies gilt insbesondere für Lagen oberhalb von 1000 m.
Bis zum Samstag sinkt die Schneefallgrenze von über 1000 m (nach Westen) bis 600
m im Berchtesgadener Land ab. Mit dem stürmischen Wind muss in höheren Lagen
auch wieder mit Verwehungen gerechnet werden.

Ebenfalls Neuschnee kann man im Stau des Erzgebirges erwarten. Meist sind es 5
bis 10 cm, in Staulagen dürften aber auch bis 20 cm möglich sein, wie das SNOW4
zeigt. Bis zum Morgen sinkt die Schneefallgrenze soweit ab, dass auch in
tieferen Lagen des Erzgebirgsvorlandes etwas Schnee möglich ist. Die Mengen dort
sind aber nur gering.
In den restlichen Mittelgebirgen im Westen und Südwesten liegt die
Schneefallgrenze oft zu hoch und allenfalls auf den Bergkuppen kann es schneien.


Relevant für die Nacht ist noch der Osten und Nordosten, wo es rückseitig der
Kaltfront stärker auflockern kann. Die Temperatur sinkt dabei teils in den
Frostbereich. Entsprechend besteht die Gefahr von überfrierender Nässe,
insbesondere wenn nachfolgend der Wind abklingt. Metro zeigt zwar nur selten
negative Beläge. Aber dies ist mit Vorsicht zu genießen. Nowcasting!


Samstag... bleibt die nördliche Höhenströmung erhalten, schwächt sich aber im
Tagesverlauf ab, was am aufweichenden Gradienten zu sehen ist. Gleichzeitig
steigt von Westen her das Geopotential an. Und auch am Boden verstärkt sich der
Hochdruckeinfluss. In der Folge verläuft der Tag in vielen Landesteilen trocken.
Im Osten, Nordosten und Südosten kann sich vor allem am Nachmittag auch häufiger
die Sonne zeigen.

An den Alpen halten die Dauerschneefälle bis zum Mittag an, und schwächen sich
schließlich am Nachmittag deutlich ab. Am Erzgebirge fällt schon in den
Vormittagsstunden nur noch wenig Schnee.

Der Wind spiel nur noch in höheren Lagen der östlichen und südöstlichen
Mittelgebirge sowie in den Alpen eine nennenswerte Rolle (in Böen stark bis
stürmisch). Nachmittags dürfte dieser aber auch dort nicht mehr von Relevanz
sein und damit auch keine größeren Schneeverwehungen mehr zu erwarten sein.

In der Nacht auf Sonntag nähert sich von Nordwesten der nächste (und wohl auch
letzte) Kurzwellentrog. Im Vergleich zu seinen Vorgängern setzt dieser weiter
westlich an und wird den Nordwesten in der zweiten Nachhälfte erreichen. Dichte
Bewölkung greift bereits vorlaufende mit WLA am Abend auf den Westen und
Nordwesten über. Im Laufe der zweiten Nachthälfte beginnt es dann dort zu
regnen. Insgesamt läuft die Entwicklung etwas weniger rasch ab, als in den
Vorläufen, sodass die Gefahr von gefrierendem Regen im Übergangsbereich zur
vorgelagerten Frostluft eher verringert ist.

In der Osthälfte sinkt die Temperatur bei anfangs klaren Verhältnissen zum Teil
weit in den Frostbereich. Im Osten und Südosten sind mäßige Nachtfröste bis -8
Grad zur erwarten. Dort wo Schnee liegt können auch Werte im strengen
Frostbereich auftreten. Vor allem für die höheren Berglagen zeigen die
Ensembleverfahren dort deutlich erhöhte Wahrscheinlichkeiten.


Sonntag... greift der Kurzwellentrog südostwärts aus und wird nachfolgend über
dem Südosten des Landes als eigenständiges Höhentief abgeschnürt. Da sich im
Bodenfeld keine Korrespondenz dazu findet, kann man sogar von einem
Kaltlufttropfen sprechen, der sich auch schön als Dipol aus vorgelagerter KLA
und nachfolgender WLA zeigt.

Die damit in Verbindung stehenden zunehmend konvektiv geprägten Niederschläge
greifen weiter südostwärts aus und erfassen große Teile des Landes. Etwas
fraglich ist, ob der äußerste Osten und Nordosten überhaupt erreicht wird, oder
ob mit der bodennahen Ostkomponente, die trockene Kaltluft dagegen hält. Gerade
das ECMWF lässt die Niederschläge daran abprallen, während das ICON
Niederschläge bis knapp an die polnische Grenze zeigt. Das Britische UK belässt
die Niederschläge sogar ganz in der Westhälfte. Spannend ist dabei auch die
Niederschlagphase. Gerade an der Ostflanke des Niederschlagsgebietes dürfte
häufig Schnee fallen. Das liegt zum einen daran, dass die bodennahe Kaltluft
dort liegt und zum anderen ist der Wind dort auch schwächer, sodass
Durchmischung ausbleibt.

In jedem Fall könnten in den betroffenen Gebieten durchaus einige Zentimeter
Neuschnee fallen. Wenn Orographie mit reinspielt, sind staubedingt auch mal 5
bis 10 cm denkbar. So richtig viel dürfte es erneut an den Alpen werden, wo eine
neuerliche Stausituation einsetzt. Allerdings gilt auch hier zunächst noch
abwarten, wie genau der Kaltlufttropfen zieht. Bis in die Nacht auf Montag
können in Staulagen aber auch markante Mengen zwischen 10 und 30 cm fallen.

Der Wind frischt an der Nordostflanke vorübergehend auf. Vor allem im Nordwesten
und im Bergland der Westhälfte kann es zu Windböen kommen. An der Nordsee treten
auch stürmische Böen auf.

In der Nacht auf Montag zieht der Kaltlufttropfen über die Alpen bis nach
Südostfrankreich. Niederschläge mit abnehmender Tendenz fallen vor allem noch
über der Südhälfte des Landes, an den Alpen schwächt sich die Staulage ebenso in
der zweiten Nachthälfte ab.

Es muss verbreitet mit leichtem Frost, streckenweis mit Glätte (Überfrieren)
gerechnet werden. Je nach Zugbahn gibt es im Osten und Südosten bei längerem
Aufklaren auch mäßige Nachtfröste, in höheren Lagen über Schnee strengen Frost.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die grundlegende Entwicklung wird im Kurzfristbereich ähnlich prognostiziert.
Unsicherheiten gibt es bzgl. der Zugbahn des am Sonntag nach Süden abrutschenden
Kaltlufttropfens. Diese wurde im Haupttext angesprochen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Marcus Beyer