DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

31-01-2023 18:30
SXEU31 DWAV 311800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 31.01.2023 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Im Nordosten noch länger stürmisch, mit Gewitter Sturm. Am Mittwoch neue
Sturmlage mit Sturmböen und schweren Sturmböen an der See, im höheren Bergland
und mit Gewittern. An den Alpen und im Bayerischen Wald ab Mittwochabend
einsetzende Dauerschneefalllag mit Schneeverwehungen bis in den Unwetterbereich.


Synoptische Entwicklung bis Freitag 12 UTC
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Aktuell ... befindet sich Deutschland in Einflussbereich einer recht glatten
nordwestlichen Höhenströmung und damit auch im Zustrom höhenkalter Luftmassen.
In die nordwestliche Strömung sind mehrere kurzwellige Störungen eingelagert.
Der von WLA überlaufene kurzwellige Rücken zog in den frühen Abendstunden
bereits ostwärts ab. Ein erster kurzwelliger Troganteil zog von der Nordsee auf
und erreicht nun den Nordosten des Landes.

Mit dem Kurzwellentrog hat die die Schauertätigkeit von der Nordsee kommend
aufgelebt und es konnte sich Schauer- und Gewitterstraßen ausbilden. Diese
beschäftigen mit Böen Bft 9/10 den Nordosten noch in der ersten Nachthälfte und
ziehen anschließend ab. Die Modelle zeigen mit Annäherung eines neuen
kurzwelligen Anteils an der Nordsee ein zweites Maximum in den Morgenstunden.
Die 925 hPa Winde liegen im Norden zunächst um 50 kn. Neben starken bis
stürmischen Böen, muss vor allem im Küstenumfeld auch weiter mit Sturmböen
gerechnet werden, wobei die Böigkeit in der zweiten Nachthälfte auch an der See,
wie im Rest des Landes vorübergehend nachlässt.

In den Morgenstunden mit dem neuen kurzwelligen Anteil und neuer Konvektion im
Nordwesten, lebt der Wind dann erneut auf.

In der Südwesthälfte muss in der Nacht mit warnwürdigen Böen nur im höheren
Bergland gerechnet werden.

In den ost- und südostdeutschen Mittelgebirgen gibt es Schneeschauer, wobei die
Schneefallgrenze um 500 m liegt. Die Schauertätigkeit zieht sich im Laufe der
Nacht in den Südosten und an die Alpen zurück. Nennenswerter Schnee mit 5 bis 10
cm ist nur in Staulagen des Bayerischen Waldes zu erwarten.

Die Böigkeit des Windes ist allgemein ausreichend um in den Hochlagen des ost-
und südostdeutschen Berglandes zu markanten Schneeverwehungen zu führen.

Auch sonst gibt es in höheren Berglagen allgemein Glätte bei leichten
Nachtfrösten.

Mittwoch ... bleibt die nordwestliche Höhenströmung und Höhenkaltluft bestehen.
Schon aus der Nacht heraus gibt es in Teilen des Landes Schauer. Da ist zum
einen der Südosten zu nennen, wo die Schauer im Vormittagsverlauf nachlassen.
Neue Schauer aus der Nacht breiten sich im Vormittagsverlauf vom Nordwesten bis
zur östlichen Mitte aus. Mit einem neuerlichen Kurzwellentrog aus Nordwesten
verstärkte sich die Schauertätigkeit in den Nachmittagsstunden nochmals. Der
Schwerpunkt verlagert sich dabei vom Nordwesten (Mittag) bis in die mittleren
Landesteile (Abend). Labilität und Feuchte sind ausreichend für ein wenig CAPE.
Damit kann es grob gesagt über der Nordosthälfte eingelagerte Gewitter geben.

Die Höhenwinde liegen grob bei 50 kn, wobei die meisten Modelle ein Windmaximum
in 850 und 925 hPa zeigen, dass sich vom Nordwesten (12 UTC) nach Südosten in
Richtung Sachsen bzw. Südbrandenburg (18 UTC) vorarbeiten soll. Dort liegen die
Windgeschwindigkeiten nochmal 5 bis 10 kn drüber. Dieser Streifen dürfte auch
derjenige sein, wo am morgigen Mittwoch die größte Wahrscheinlichkeit für
Sturmböen besteht. Nicht ausgeschlossen, dass mit einzelnen Gewittern auch mal
Bft 10 auftritt. Das ICON-D2 EPS gibt dies aber bisher nicht her.

Abgesehen von dem angesprochenen Streifen muss morgen in vielen Landesteilen mit
starken und einzelnen stürmischen Böen gerechnet werden. Etwas schwächer ist der
Wind in Richtung Südwesten, wo zum einen der Gradients schwächer ist und zum
anderen die Temperatur in 500 hPa wärmer ist und entsprechend die Labilität
fehlt.

Neben der bereits diskutierten Verstärkung durch Schauer und Gewitter, weht der
Wind auch im Küstenumfeld und auf den Bergen stärker. Dort Sturmböen und
exponiert schwere Sturmböen.

Die Schneefallgrenze liegt um 500 m, sodass mit den nachmittäglichen Schauern im
höheren Bergland auch etwas Schnee fällt. Die Mengen bleiben aber bis zum Abend
insgesamt noch im Rahmen mit 1 bis 5 cm, im Stau des Harzes und Thüringer Waldes
auch etwas darüber.

In der Nacht auf Donnerstag wandert der kurzwellige Anteil südostwärts aus
Deutschland ab und die Höhenströmung dreht rückseitig stärker auf nördliche
Richtungen. Am Boden verlagert sich das zugehörige Randtief (OLEG) unter
Abschwächung von Dänemark nach Polen. Auf seiner Rückseite gibt es weiterhin
ordentliche Luftdruckgegensätze, sodass die Böigkeit, die zum Abend überhaupt
dort erst seinen Höhepunkt erreich noch lange anhält. Dort muss mit starke bis
stürmischen und einzelnen Sturmböen gerechnet werden. An der Ostsee und im
höheren Bergland gibt es Sturmböen und schwere Sturmböen.
Im Alpenvorland kommt vorübergehend ein gewisser Leitplankeneffekt zum Tragen
(bevor der Wind in der unteren Troposphäre stärker auf Nordwest dreht). Damit
sind dort vor allem in der ersten Nachthälfte ebenfalls Bft 7/8 Böen zu
erwarten.

Von Westen her lässt der Wind allgemein nach. Das liegt unter anderem auch
daran, dass die Luftmassen infolge von WLA wieder deutlich stabilisiert. So sind
auch an der Nordsee in der zweiten Nachthälfte nur noch einzelne Bft 8 Böen mit
deutlich abnehmender Tendenz zu erwarten.

Der Schwerpunkt der konvektiv verstärkten Niederschläge verlagert sich im Laufe
der Nacht zunehmend in den Nordwesten, wo mit der Drehung der Winde in der
unteren und mittleren Troposphäre auch langsam der Staueffekt in Gang kommt.
Dies betrifft vor allem den Bayerischen Wald und den östlichen Alpenrand. Dort
sind bis zum Morgen bereits 10 bis 30 cm in Staulagen möglich.

Auch sonst ist im höheren Bergland allgemein mit Glätte und leichtem Frost zu
rechnen. In Anstaugebieten kann es wenige Zentimeter Schnee geben.

Donnerstag ... verstärkt sich Tagesverlauf von Südwesten her das Geopotential.
Bei gleichzeitig weiter bestehender nordwestlicher Höhenströmung verstärkt sich
die WLA. Die Hodographen zeigen die klassische Rechtsdrehung der Wind mit der
Höhe. Bis etwa 1 km westliche Wind, darüber Nordwest und in der mittleren
Troposphäre NNW. Die resultierenden Aufgleitniederschläge verstärken sich im
Laufe des Tages. Der Streifen mit der stärksten Aktivität zeigt noch eine
gewisse Spannbreite in der Modellwelt. Grob wird der Schwerpunkt aber von der
Nordsee in eine breiten Streifen über die Mitte bis nach Bayern und zum
Alpenrand verortet. Der ECMWF Lauf ist etwas weiter südwestlich aufgestellt. In
der Nacht auf Dienstag richten sich der Streifen mit den Dauerniederschlägen
stärker von Nord nach Süd aus und reicht dann von Dänemark und der westlichen
Ostsee bis zum Bayerischen Alpenrand. Von Westen her sickert wärmer Luft ein,
wie man beispielsweise den 850 hPa Temperaturen entnehmen kann. Damit steigt
auch die Schneefallgrenze von West nach Ost allmählich an. Liegt sie anfangs
noch teils bei 500 m, steigt sie bis zum Abend auf 800 m und in der Nacht auf
Donnerstag zum Teil auf bis zu 1000 m.

In den zentralen und östlichen Mittelgebirgen kann es in höheren Lagen ein paar
Zentimeter Neuschnee geben. Im Bayerischen Wald und an den Alpen sind oberhalb
1000 m 20 bis 40 cm in 24 h zu erwarten. In besonders geeigneten NW-Staulagen
sind in den Alpen zwischen 40 und 60 cm nicht ausgeschlossen.

Von Südwesten her trocknet es im Tagesverlauf allmählich ab. Den Osten und
Nordosten erreichen die Niederschläge erst in der Nacht auf Freitag. AN der
Grenze zu Polen kann es im Vorfeld sogar nochmal in den leichten Frostbereich
abkühlen. Ehe die Niederschläge übergreifen, sollte es aber wieder ausreichend
warm sein, sodass aus heutiger Sicht keine Glättesituation zu erwarten ist.

Bleibt noch der Wind. Im Osten weht dieser zu Tagesbeginn noch stark bis
stürmisch, lässt aber bereits am Vormittag weiter nach. Nachmittags geht der
Wind dann auch im Bergland bei aufweichendem Gradienten immer weiter zurück. Am
lebhaftesten ist der Gradient noch im Südwesten, an der Grenze zum Bodenhoch
über Frankreich. Dort sowie im Alpenvorland kann es Windböen, in höheren Lagen
auch stürmische Böen, auf den Alpengipfeln Bft 9/10 geben. Entsprechend ist mit
unwetterartigen Verwehungen zu rechnen, die auch in den Nachtsunden weiter
anhalten. Dann soll sich der Gradient sogar nocheinmal etwas verschärfen.

Freitag ... verstärkt sich der Höhenrücken von Südwesten weiter und auch der
Luftdruck am Boden steigt an. Die kräftige nordwestliche Höhenströmung bleibt
aber bestehen. Vor allem in der ersten Tageshälfte hält somit die Stausituation
an. Darüber hinaus beginnen die Modelle zu divergieren. Während des ECMWF die
Dauerniederschläge etwas nach Osten abdrängt, können sich nach ICON/GFS/UK nach
kurzer Abschwächung am Nachmittag die Niederschläge in der Nacht auf Samstag
nochmals verstärken. Grund dafür ist ein nochmalige Warmluftvorstoß, zu erkennen
im Theta-Feld und bei der Schichtdickenadvektion.

Etwas schwierig zu beurteilen ist der genaue Neuschneezuwachs. Das liegt nicht
nur an den Modelldifferenzen, sondern auch an der Tatsache, dass die
Schneefallgrenze vorübergehend deutlich über 1000 m ansteigt. Die
Unwettersituation auch in Zusammenhang mit Schneeverwehungen dürfte sich damit
eher in Lagen über 1500 m zurückziehen.

Insofern ist es sicherlich nicht unklug die Unwetterwarnung ersteinmal nur bis
Freitagmorgen oder Mittag zu ziehen und dann nochmal neu für höher gelegene
Lagen anzuschließen.

In tieferen Lagen setzt dann vorübergehend Tauwetter ein. Sicherlich bedarf es
aber dafür keine eigene Warnung, da in der Nacht die Schneefallgrenze bereits
wieder absinkt.

Im Rest des Landes bleibt es unbeständig, wobei sich der Schwerpunkt der
Niederschläge wie besprochen eher auf die Osthälfte konzentriert und im Westen
abseits von Mittelgebirgsstaulagen kaum Niederschlag zu erwarten ist. Bis in die
höheren Lagen fällt der Niederschläge in den östlichen und zentralen
Mittelgebirgen als Regen.

Der Wind bleibt weiter lebhaft mit Bft 7, vereinzelt auch Bft 8 Böen, Küsten und
Bergen Bft 8, exponiert und bei auflandigem Wind Bft 9 (am ehesten Ostsee). Nach
Südwesten und Westen ist der Wind schwächer und eher auf die Berglagen
beschränkt.



Modellvergleich und -einschätzung
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Es bestehe noch größere Unsicherheiten bezüglich der Unwetterstaulage an den
Alpen und im Bayerischen Wald, da die Modelle noch gewisse Unsicherheiten
aufweisen. Für Schneeverwehungen im Unwetterbereich dürfte es aber allemal
reichen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Marcus Beyer