DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

30-01-2023 10:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Montag, den 30.01.2023 um 10.30 UTC



GWL: NWz
Meist nasskaltes und zeitweise stürmisches Wetter - am Wochenende wohl nur kurz
beruhigend. Im Bergland teils winterlich, an den Alpen Do/Fr intensive
Schneefälle (UNWETTER).
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Synoptische Entwicklung bis zum Montag, den 06.02.2023


Zu Beginn der Mittelfrist am Donnerstag setzt sich die Nordwestlage fort.
Deutschland befindet sich zwischen einem umfangreichen Trog über Ost- und
Nordosteuropa und einem Rücken, der vom nahen Nordostatlantik über die
Britischen Inseln zu Nordsee und zum Nordmeer schwenkt. Ein südostwärts
durchziehender Kurzwellentrog sorgt für zyklonale Verhältnisse. Das damit
korrespondierende, kleine Randtief zieht von Jütland her kommend über die
westliche Ostsee nach Polen. Die zugehörige teil-okkludierte Front erreicht den
Alpenrand, geht dann aber in die Warmfront des nächsten Tiefs bei Island über,
die schließlich den Südwesten und Westen des Landes erreicht. Folglich gibt es
in der Südwesthälfte länger anhaltende Niederschläge, während es sonst
wechselhaftes Schauerwetter gibt. In der gut durchmischten Subpolarluft mit
850-hPa-Temperaturen zwischen -3 Grad im Südwesten und -7 Grad im Nordosten ist
vor allem im höheren Bergland ab 400 bis 600 m mit Schnee zu rechnen.
Nennenswerten Neuschnee von mehr als 10 cm gibt es am ehesten im Schwarzwald
sowie in Staulagen der östlichen Mittelgebirge. An den Alpen kommt eine markante
Stausituation in Gang, die bis in den Freitag hinein anhält. Neuschneemengen
zwischen 20 und 40 cm innerhalb von 36 bis 48 Stunden sind wahrscheinlich, in
höhergelegenen Staulagen sind bis 80 cm Neuschnee möglich (UNWETTER!). Das
Sturmfeld des Randtiefs bringt der Osthälfte und mit Leitplankeneffekt auch dem
Alpenvorland anfangs noch stürmische Böen und Sturmböen, der Ostsee schwere
Sturmböen. Damit sind bei lockerer Neuschneedecke in Kammlagen der Mittelgebirge
und eventuell auch im höheren Alpenvorland Schneeverwehungen zu erwarten.

In der Nacht zum Freitag und am Freitag schwenkt der Rücken nach Mitteleuropa
und konturiert die Nordwestströmung antizyklonal, im Bodenfeld weitet sich das
Hoch über Westeuropa keilförmig nach Südwestdeutschland aus. Die Warmfront zieht
mit zeitweiligen Niederschlägen ostwärts. Im Südosten ist anfangs noch etwas
Schnee bis in tiefe Lagen möglich, mit Vorstoß milderer Luft von Westen (T850
auf -2 bis +2 Grad ansteigend) steigt die Schneefallgrenze aber zügig an auf 800
bis 1200 m. Beim Phasenübergang ist dort wo in der Nacht oder aus der Nacht
heraus noch Frost auftritt, örtlich Glatteis nicht auszuschließen. Mit dem von
Westen zunehmenden antizyklonalen Einfluss lassen die Niederschläge im
Tagesverlauf nach, auch am Alpenrand klingt die Staulage hinter der abziehenden
Warmfront von West nach Ost zögerlich ab.

Am Samstag bleibt Deutschland unter einer im wesentlichen antizyklonal
konturierten nordwestlichen Höhenströmung. Vorderseitig eines zum Nordmeer
schwenkenden Kurzwellentroges kommt es zu einer Sturmtiefentwicklung. Zwischen
diesem Tief und dem weiterhin über Süddeutschland befindlichen Keil verbleiben
wir im Zustrom wolkenreicher erwärmter Meeresluft, aus der es auch gebietsweise
nieselt.

Am Sonntag zieht der Trog unter Amplifizierung über die Nordsee und
Südskandinavien ins östliche Mitteleuropa. Das zugehörige Sturmtief verlagert
seinen Kern über das mittlere Skandinavien zum Baltikum. Das damit verbundene
teil-okkludierte Frontensystem zieht zügig südwärts über Deutschland hinweg,
dahinter setzt sich wieder kältere, maritime Polarluft durch (T850 -5 bis -8
Grad). Die frontalen Niederschläge fallen wohl nur in Hochlagen als Schnee, in
den nachfolgenden Schauern sinkt die Schneefallgrenze dann aber wieder bis in
tiefere Lagen ab. Das Sturmfeld des Tiefs streift vor allem die Nordosthälfte,
dort sind Sturmböen wahrscheinlich, im Bergland und an der See auch schwere
Sturmböen.

Am Montag stellt sich nach IFS-Lesart zwischen dem über Osteuropa weit nach
Süden vorstoßenden Trog und einem sich zeitgleich über Westeuropa weit nach
Norden aufwölbenden Rücken eine Nordströmung ein, die insbesondere in der
Osthälfte zyklonal konturiert ist. Vor allem dort setzt sich das windige bis
stürmische Schauerwetter demnach fort, oft fällt Schnee bis in tiefere Lagen
(T850 an der Oder bis auf -10 Grad absinkend). Markante Neuschneemengen von mehr
als 10 cm sind in Nordstaulagen der östlichen Mittelgebirge und an den Alpen
möglich, inklusive etwaiger Verwehungen. In der Westhälfte macht sich dagegen
der Einfluss des Hochs über Westeuropa bemerkbar, sodass sich das Wetter dort
etwas ruhiger gestaltet.

In der erweiterten Mittelfrist soll der Rücken nach Mitteleuropa schwenken und
zunächst für eine generelle Wetterberuhigung sorgen.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Zu Beginn der Mittelfrist kann die Konsistenz der IFS-Simulationen noch als
einigermaßen gut bezeichnet werden. Die großräumigen Strukturen - und damit ist
vor allem das Geopotenzialfeld gemeint - sehen sehr ähnlich aus. Alle Läufe
rechnen eine Nordwestlage, die bis Freitag zunächst zyklonal daherkommt. Im
Hinblick auf das kleine Randtief am Donnerstag gibt es natürlich noch ein paar
Unschärfen, aber ohne, dass grundsätzlich verschiedene Szenarien angeboten
werden.
Ab dem Wochenende beginnen die verschiedenen Szenarien etwas stärker auseinander
zu laufen. Der neuerliche, recht kräftige Trogvorstoß am Sonntag wurde das erste
Mal vom gestrigen IFS-12Z-Lauf berechnet. Der gestrige IFS-00Z-Lauf hatte das in
der Form noch nicht auf der Agenda und simulierte die sich von Westen her
andeutende, leichte Wetterberuhigung in Form einer Hochdruckrandlage noch etwas
nachhaltiger.
In der nächsten Woche sollte sich der Hochdruckeinfluss in Mitteleuropa nach
Lesart des gestrigen 00Z-Laufes sogar noch verstärken, was in gewissem Gegensatz
zu der zunächst eher kalten Nord-/Nordwestlage der beiden Nachfolger steht.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Im Gegensatz zu IFS und GFS, die am Freitag und Samstag sich von Westen
durchsetzenden, schwachen Zwischenhocheinfluss rechnen, soll nach ICON und UK10
die Nordosthälfte am Freitag nochmal von einem Kurzwellentrog gestreift werden.
Dabei entwickelt sich im Lee des Skandinavischen Gebirges ein Teiltief, dessen
Sturmfeld auch auf den Nordosten des Landes übergreift. Damit einher ginge auch
wieder eine rege Niederschlagstätigkeit, die an den Alpen in eine weitere
markante Schneefalllage münden könnte.
Am Wochenende stützt ICON mit wenigen Abstrichen das IFS-Szenario mit einem
recht kräftigen Trogvorstoß zum Sonntag. Bei GFS und UK10 wird der Trog viel
flacher simuliert und streift den Nordosten lediglich, während sich in der
Südwesthälfte der schwacher Hochdruckeinfluss fortsetzt.
Zu Beginn der kommenden Woche haben sowohl ICON als auch GFS die von IFS seit
gestern ins Portfolio aufgenommene Nord-/Nordwestlage ebenfalls auf der Agenda,
allerdings weitaus weniger zyklonal als IFS.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Zumindest bis Samstag bestätigen die Ensembles des IFS das Szenario des
deterministischen Laufes. Dabei sind die Rauchfahnen ziemlich eng gebündelt,
wobei bei der Temperatur ein leichter, beim Geopotenzial ein recht deutlicher
Anstieg zu verzeichnet ist (nach Trogpassage am Donnerstag zunehmender
antizyklonaler Einfluss und Vorstoß milderer Luft). Eine Einschränkung gibt es
aber: Im Nordosten weiten sich die Rauchfahnen am Freitag vorübergehend stärker
auf. Wenige Member zeigen Freitag/Samstag nochmal ein leichtes Absacken des
Geopotenzials und eine verzögerte/abgeschwächte Erwärmung (stärkerer
Trogeinfluss). Schaut man sich die räumliche Verteilung des Spread des
Luftdrucks an, fällt ein deutliches Maximum mit 8 bis 12 hPa über der mittleren
Ostsee auf (-> mögliche Teiltiefentwicklung und Sturmpotenzial). Es ist also
durchaus noch möglich, wenngleich wenig wahrscheinlich, dass sich das
ICON-/UK10-Szeanrio für den Nordosten bewahrheitet.
Ab Sonntag, vor allem aber zu Beginn der kommenden Woche lässt sich generell
eine deutlich stärkere Volatilität zwischen den einzelnen Ensembleberechnungen
verzeichnen. Sowohl der deterministische Lauf, als auch der Kontrolllauf
befinden sich mit ihrem recht deutlichen Temperatur- und Geopotenzialrückgang
zum Montag am unteren Ende der Verteilung. Nicht wenige Member rechnen einen
deutlich entschärften oder gar keinen Temperatur- und Geopotenzialrückgang. Die
vom deterministischen Lauf avisierte und oben beschriebene kalte und vor allem
nach Osten zu unbeständige Nord-/Nordwestlage ist also alles andere als sicher.


CLUSTER:

+72-96 h: 6 Cluster - 6x ATR (Atlantic Ridge)

+120-168 h: 3 Cluster - 3x BLOCKING -> NAO+ -> ATR
C1 (21/51 Member, inkl. det. Lauf und Kontrolllauf) zeigt den kräftigen
Trogvorstoß am Sonntag/Montag), C2 und C3 (20/51) zeigen den Trogvorstoß
abgeschwächt und östlicher mit stärkerem antizyklonalem Einfluss im Südwesten.

FAZIT:

Nach einem unbeständigen, teils stürmischen und vor allem an den Alpen sehr
schneereichen Start in die Mittelfrist, deutet sich zum Wochenende zunächst eine
leichte Wetterberuhigung an. In der Südwesthälfte ist diese recht sicher, in der
Nordosthälfte könnte sich am Freitag nochmal ein Trogstreifschuss mit nasskaltem
und stürmischem Wetter bemerkbar machen (an den Alpen markante Schneefälle). Ab
Sonntag wird die Vorhersage sehr unsicher. Ein neuerlicher Trogvorstoß nebst
unbeständigem Wetter und erneut zunehmendem Sturmpotenzial ist nach aktuellem
Stand ein klein wenig wahrscheinlicher als eine Fortdauer oder gar Verstärkung
des Hochdruckeinflusses.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


STURM:
Am Donnerstag in der Osthälfte und im Alpenvorland anfangs stürmische Böen (Bft
8) wahrscheinlich, an den Küsten sowie im oberen Bergland Sturm- oder schwere
Sturmböen (Bft 9-10), auf Gipfeln orkanartige Böen (Bft 11), im Tagesverlauf
nachlassend.
Am Freitag in der Nordosthälfte Sturmlage nicht ganz ausgeschlossen.
Am Samstag vorübergehend nur noch im Bergland Sturmböen möglich.
Am Sonntag vor allem in der Nordosthälfte sowie generell an der See wieder
zunehmendes Sturmpotenzial.

SCHNEE/-VERWEHUNGEN:
Am Donnerstag und Freitag Fortdauer und Intensivierung der Stausituation an den
Alpen: Neuschneemengen zwischen 20 und 40 cm innerhalb von 36 bis 48 Stunden
wahrscheinlich, in hochgelegenen, prädestinierten Staulagen Mengen bis 80 cm
möglich (UNWETTER). In den Nordstaulagen der östlichen Mittelgebirge sowie im
Schwarzwald bevorzugt ab rund 600 m markante Neuschneemengen um oder über 10 cm
gering wahrscheinlich. In Kammlagen sowie im höheren Alpenvorland zudem
Schneeverwehungen nicht ausgeschlossen.
Am Samstag an den Alpen erneut markante Neuschneemengen zwischen 10 und 20 cm
gering wahrscheinlich.

GLATTEIS:
In der Nacht zum Freitag bis Freitagvormittag mit einer ostwärts durchziehenden
Warmfront örtliches Glatteis nicht ausgeschlossen.
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Basis für Mittelfristvorhersage
Bis Samstag IFS - der Trogstreifschuss am Freitag/Samstag wird folglich erst
einmal ausgeklammert.
Ab Sonntag Mittelding zwischen IFS, ICON und GFS (Nord-/Nordwestlage ja, aber
mit entschärfter Zyklonalität).
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Adrian Leyser