DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

27-01-2023 08:30
SXEU31 DWAV 270800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 27.01.2023 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: NEz

Besonders im Süden und Osten Glätte durch teils gefrierenden Sprühregen. Nacht
zum Sonntag über der Mitte und im Süden mäßiger bis strenger Frost. Zum
Wochenbeginn von Norden Windzunahme.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
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Freitag... stehen sich weiterhin das umfangreiche Bodenhoch BEATE über dem
nordöstlichen Atlantik und das Mittelmeertief JAN (int. HANNELORE) gegenüber.
Dabei beeinflusst besonders BEATE unser Wochenendwetter, sodass insgesamt eine
überschaubare Kurzfrist (bzgl. Warnungen) bevorsteht. Zudem erfasst uns ein
Höhenkeil, der von England - Dänemark in Richtung Frankreich - Deutschland
wandert. Erst zum Ende der Kurzfrist wird mit stark fallendem Luftdruck über
Skandinavien ein deutlich wechselhafterer Witterungsabschnitt eingeleitet.
Frontpassagen sind nur ansatzweise welche zu erwarten, wie eine schwache (und
wohl maskierte) Kaltfrontpassage in der Nacht zum Sonntag im Norden, wobei diese
Front von einem kräftigen Sturmtief über der Grönlandsee mit dem Namen MICHAEL
zu uns gedrückt wird (die Benennung MICHAEL erfolgte übrigens in Erinnerung an
einen 2021 verstorbenen DWD Kollegen - was für eine wunderbare Geste!).

Es hilft nun aber alles nichts - wir müssen uns mit dem trüben Einstieg in
diesen Freitag auseinandersetzen. Unverändert ziert dichte Bewölkung den Himmel
über weiten Bereichen Deutschlands. Einzig im Nordwesten zwischen Emsland und
Schleswig-Holstein lockert diese vorübergehend mal auf. Die
Mitternachtsaufstiege geben einige Hinweise auf das Wettergeschehen aus der
Nacht heraus.

Im Süden wurde die Inversion dank schwacher aber beständiger synoptisch-skaliger
Hebung auf rund 850 bis 800 hPa gehoben mit einer bis -10 Grad durchweg
gesättigten Luftmasse und einem darüber einsetzenden deutlichen Feuchterückgang.
Perfekte Bedingungen für einen dominanten Anteil des Sprühregens, der bei
frostigen Grenzschichtwerten sofort gefriert. Entsprechende markante
Glättewarnungen haben noch bis in den frühen Vormittag Bestand. Da wir an der
-10 Grad Isotherme in 800 hPa kratzen verwundert auch nicht ein temporärer
Kristalleintrag in die Grenzschicht, sodass hier und da etwas Schnee gemeldet
wird. Dies kann auch per seeder-feeder aus einem gesättigten Höhenbereich
zwischen 700 und 500 hPa und einer vergleichsweise geringen trockenen Schichtung
darunter besonders in Richtung Bayerischer Wald nicht ausgeschlossen werden.
Zudem intensivieren sich die Nordostwinde laut jüngstem LIDAR aus Prag zwischen
2 und 3.5 km AGL auf 60 bis 75 km/h was etwas stärkere Hebung (inkl. Orografie)
induziert mit einem aktuell von Tschechien nach Bayern driftenden
Niederschlagsgebiet (AMDAR leider keine neuen Informationen, per Satellit
Wolkenoberflächentemperaturwerte etwas unter -10 Grad), sodass vorübergehend
eine Dominanz der feste Phase auf Bayern übergreifen kann (stdl. Werte bis 0.7
l/qm/h). Erhöhte Stundenwerte gibt es auch für das Saarland und weite Bereiche
von Rheinland-Pfalz, wo ein über Benelux nach Frankreich ziehenden IPV Maximum
für etwas kräftigere Hebung sorgt. Mit Stundenraten von teils 1 oder 2 l/qm
waren die dort laufenden Schneefallwarnungen (gelb) sicherlich berechtigt.

Über die Mitte bis in den Osten von Deutschland residiert noch die gealterte und
kaum modifizierte Luftmasse der vorherigen antizyklonal geprägten Witterung mit
einer Inversionstiefe bei rund 900 hPa. Auch hier zeigt sich eine Sättigung in
500-700 hPa dank hoher Aufgleitbewölkung aus Ost, aber eine deutlich mächtigere
trockene Schicht zwischen 700 und 900 hPa sollte jeglichen Kristalleintrag
unterbinden. Daher überwiegt hier meist etwas Sprühregen, dank der geringen
gesättigten Schichtdicke unterhalb der Inversion fallen die stündlichen Mengen
gering aus, jedoch ausreichend für ausgedehnte gelbe Glättewarnungen. Die
Frühwerte liegen in diesen Bereichen zwischen 0 und -5 Grad, im süddeutschen
Bergland um -8 Grad.

Im Norden ist Glätte bei Frühwerten von 2 bis 4 Grad kein Thema, doch auch hier
fällt aus der hochreichend mehr oder weniger gesättigten Luftmasse (Reste der
gealterten maskierten Kaltfront) inklusive etwas Hebung verbreitet etwas
Sprühregen.

Die Sichtweiten sind besonders vom Westen über die Mitte bis in den Osten
vielerorts im dunstigen bis nebligen Bereich und der Wind frischt im Norden und
Westen zeitweise etwas auf.

Im weiteren Tagesverlauf ändert sich wenig. Dank Geopotenzialanstieg über der
Nordsee/Dänemark werden die Reste der Front etwas nach Süden in Richtung
zentraler Mittelgebirge gedrückt. Die beständige, jedoch schwache (+)
Schichtdickenadvektion im Süden und äußersten Osten dauert bis in die
Abendstunden weiter an, wenngleich sie vom Betrag her etwas geringer wird. Die
2m Temperatur kommt im Tiefland nur zäh aus dem Frostbereich heraus, sodass sich
die Glättesituation bis weit in den Mittag kaum entspannen dürfte. Auch eine
regionale Verlängerung der markanten Glättewarnungen ist wahrscheinlich. In
Staulagen des Harzes, Thüringer Waldes, Erzgebirges und des östlichen
bayerischen Alpenrands schneit es zeitweise leicht mit Neuschneemengen von
wenigen Zentimetern. Zusammengefasst also in weiten Bereichen Deutschlands bis
weit in den Tag anhaltende Glätteproblematik - mancherorts (besonders im
Bergland) wohl auch ganztägig. Im Bergland herrschen nicht selten auch neblige
Bedingungen (besonders im Umfeld der Inversion).

Im Norden lockert die Wolkendecke postfrontal etwas auf und der Sprühregen
sollte zumeist aufhören.

Die Höchstwerte liegen im Süden und Osten zwischen -2 und +2 Grad, sonst
zwischen +1 und +5 Grad in Richtung Niederrhein. Der schwache bis mäßige
Nordostwind frischt nur auf dem Brocken und auf Rügen zeitweise stark böig auf.


In der Nacht zum Samstag unter steigendem Druck/Geopotenzial keine Änderungen,
außer dass sich die Hebung mit Niederschlägen zunehmend nur noch auf die
Regionen südlich vom Main und Thüringen/Sachsen beschränkt. Glätte bleibt somit
weiterhin ein Thema. Im Nordwesten bilden sich teils dichte Bodennebenfelder
(gebietsweise Sichtweiten von unter 150 m). Es wird frostig mit 0 bis -5 Grad,
besonders im Bergland auch etwas darunter. Einzig in Richtung Rhein-Main Gebiet
und Saarland kann es einige positive "Nuller" geben.



Samstag... geht von der Tendenz her nahtlos in die vorherige Nacht über. Der
Bodendruck steigt im Westen und über der Mitte auf 1030 hPa (+) und die
Keilachse in der Höhe liegt über dem Norden Deutschlands. Nahe der
Divergenzachse sollte sich eine deutliche niedertroposphärische Abtrockung in
Form aufgelockerter Bewölkung bemerkbar machen, was nach der Mehrheit der
Modelle besonders die Region vom Niederrhein/Saarland bis zur Oder betrifft.
Südlich vom Main, im Tagesverlauf zunehmend südlich der Donau bleiben Hochnebel,
Sprühregen (teils gefrierend), etwas Schnee und Glätte weiterhin ein Thema,
wenngleich von den Mengen her wohl nur im gelben Bereich.

Im Nachmittagsverlauf verdichtet sich die Bewölkung im hohen Norden präfrontal
der nahenden Kaltfront von MICHAEL und zum Abend können in Schleswig-Holstein
die ersten Tropfen fallen.

Die Höchstwerte liegen im Süden sowie im Stau des Erzgebirges nur wenig über dem
Gefrierpunkt (in höheren Lagen weiterhin leichter Dauerfrost) und erreichen
sonst +2 bis +4 Grad.

Der Wind weht im Süden und über der Mitte schwach bis mäßig aus Nordost, im
Norden aus Südwest.


In der Nacht zum Sonntag liegt die Divergenzachse in der Höhe mittig über
Deutschland und das Bodenhoch erreicht nun im Süden ihr Maximum (1030 hPa).
Somit lockert die Bewölkung endlich auch mal im Süden auf, sieht man vom Bereich
südlich der Donau ab, wo es noch etwas flockt oder Sprühregen fällt. Im Norden
überwiegen im Umfeld der maskierten Kaltfront dichte Bewölkung und leichte
Niederschläge, die im Landesinneren (südliches Niedersachsen, nördlichen
Sachsen-Anhalt bis Berlin) als Schnee oder gefrierender Sprühregen fallen.
Innerhalb der cross sections und per Radiosondenanalyse kann keine
Dynamik/frontale Querzirkulation festgestellt werden bei einer Inversionshöhe
von rund 800 hPa (Inversionshöhe um -10 Grad). Auf jeden Fall herrscht in diesen
Regionen erhöhtes Glättepotenzial.
Die Nacht verläuft über der Mitte und dem Süden mit -4 bis -8 Grad frostig kalt,
im Bergland tritt auch strenger Frost auf. Besonders ICON hebt weite Bereiche
Bayerns bis zum Thüringer Wald/Vogtland ebenfalls mit erhöhten
Wahrscheinlichkeiten für strengen Frost hervor (abhängig von
Bewölkungsverteilung). Schwacher Wind aus Nord, im Norden mäßig, im Küstenumfeld
frisch aus Südwest.

Sonntag... rutscht die Höhenkeilachse nach Süddeutschland, sodass südlich der
zentralen Mittelgebirge nach Auflösung regionaler Nebel-/Hochnebelfelder ein
freundlicher Tag erwartet wird. Es bleibt trocken. Nördlich davon bringen die
Feuchtefelder der aufgelösten maskierten Front dichte Bewölkung und etwas
Sprühregen, der am Südrand /zentrale Mittelgebirge) teils noch gefriert.

Im Norden fällt der Luftdruck um rund 10 hPa/12h und deutet auf eine Umstellung
der Wetterlage hin. Die erste Folge ist eine deutliche Windzunahme im
Küstenumfeld (Bft 7 bis 8 aus Südwest) sowie auf dem Brocken (Bft 9). Abseits
dieser Regionen kommt der Wind im Süden nur schwach, sonst mäßig bis frisch aus
Südwest. Die Tagesmaxima liegen im Nordwesten bei 4 bis 7 Grad, sonst bei 1 bis
4 Grad. Südlich vom Main sowie im Umfeld der Mittelgebirge kommt die Temperatur
nach den frostigen Nachtwerten nur zäh in Richtung Gefrierpunkt - häufig bleibt
es bei leichtem Dauerfrost.

In der Nacht zum Montag dauert der kräftige Druckfall von Norden weiter an (mit
nur geringfügig niedrigeren Werten) und angefeuert von einem umfangreichen
Sturmtief über Skandinavien wird eine deutlich agilere teilokkludierte Kaltfront
von Nordwesten bis zur Mitte Deutschland geführt. Weiter im Binnenland (in
Richtung zentrale Mittelgebirge) trifft die Front auf die frostige Luftmasse,
wobei dank deftiger Hebung aus heutiger Sicht eine zügige Umwandlung von Regen
in Schnee zu erwarten ist (eher geringes Glatteisregenpotenzial).
Hauptaugenmerk wird der Wind sein, der im Norden stark böig bis stürmisch
auffrischt und allgemein im Bergland Sturmstärke erreicht (Bft 11 bis 12 im
exponierten Bergland) mit Verwehungsgefahr. Im Küstenumfeld treten ebenfalls
Sturmböen, teils auch schwere Sturmböen auf. Der Wind weht aus West. Im Süden
ist im Tiefland kaum etwas davon zu merken bei meist mäßigem bis frischem
Südwestwind.

Ganz im Süden lockert die Bewölkung zeitweise auf und es bleibt trocken.

Die Tiefstwerte liegen von Nord nach Süd zwischen +4 und -8 Grad.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die antizyklonal geprägte Kurzfrist wird innerhalb der Numerik gut erfasst.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Helge Tuschy