DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

26-01-2023 18:30
SXEU31 DWAV 261800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 26.01.2023 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Durch eine Kaltfront leicht gestörte Hochdrucklage, somit recht verbreitet
schwache Niederschläge unterschiedlicher Phase mit Glättegefahr. Weiterhin
januartypisches Temperaturniveau.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 12 UTC
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Aktuell ... zeigt der Blick auf die Höhenkarten einen äußerst umfangreichen,
wenn auch nicht mit allzu tiefem Geopotential oder niedrigen Temperaturen
ausgestatteten Trog, der sich von Skandinavien und Nordrussland ausgehend bis
nach Algerien erstreckt und über dem zentralen Mittelmeerraum einen
Höhentiefkern aufweist. Im Westen wird dieser Trog von einem atlantischen Rücken
bedrängt, welcher sich von Südwesten her Richtung Britische Inseln und Nordmeer
erstreckt. Mit der daraus zumindest im Westen des Landes resultierenden
nördlichen Höhenströmung kommt ein äußerst schwaches PVA-Gebiet südwärts voran,
das aber immer noch schwächer wird. In der Mitte des Landes befinden wir uns im
Bereich eines Sattelpunktes des Geopotentials, so dass dort praktisch gar keine
Strömung vorherrscht. Bodennah dominiert eine von dem atlantischen Rücken
gestützte Hochdruckzone die Wetterkarten, diese erstreckt einen Keil bis nach
Skandinavien hinein. Nordöstlich davon, nämlich östlich von Nowaja Semlja,
befindet sich das Tief Liam, dessen Kaltfront mit der nördlichen Strömung
langsam nach Deutschland eingedrungen ist. Diese wird am frühen Abend auf einer
Linie von Rügen bis zur Eifel erwartet. Da im Vorfeld der Kaltfront die
Luftmasse im Bereich des zuvor wetterbestimmenden Hochs bodennah stark abgekühlt
ist und rückseitig der Kaltfront maritime Polarluft einfließt, handelt es sich
um eine klassische maskierte Kaltfront, was ja in Zeiten des in Fahrt kommenden
Faschings/Karnevals durchaus nicht unpassend ist. Die Erwärmung reicht sogar bis
in etwa 700 hPa, erst darüber zeigt sich eine Abkühlung. Die im Vorfeld der
Kaltfront noch liegende Inversion (zwischen 900 und 850 hPa) wird aber
rückseitig abgebaut. Eingehende Analyse der Temps zeigt, dass sich keine "warmen
Nasen" mehr finden, die die 0°C-Grenze überschreiten, so dass gefrierender Regen
kein großes Thema mehr ist. Vielmehr soll an der Front in den Abendstunden nur
sehr schwacher Schneefall von Himmel kommen, der aber in den tiefsten Lagen bei
Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt nicht liegen bleibt. Auch über
Süddeutschland kann es aus der Hochnebeldecke etwas Niederschlag geben, hier
wird zwar von ICON-EU durchwegs Schnee simuliert (möglicherweise weil ein paar
Flocken aus der darüber liegenden mittelhohen Bewölkung reinfallen), allerdings
sollte es dort nicht überraschen, wenn dort weiterhin gefrierender Sprühregen
auftaucht. Bleibt zu hoffen, dass die zahlreichen Nutzer der WarnWetter-App uns
dann wieder wie heute früh fleißig mit Wetterinformationen versorgen, die eine
hervorragende Ergänzung zu den Meldungen der Wetterstationen darstellen und dem
oft weit entfernt sitzenden Wetterberater (m/w/d) in seinem warmen Büro oft den
entscheidenden Hinweis geben.

Wie geht es in der Nacht zum Freitag weiter? Insgesamt tut sich nicht viel bei
der Wetterlage. Die Kaltfront kommt fast überhaupt nicht mehr nach Süden voran,
obwohl sie zumindest bodennah in durchaus vorhandener nördlicher Strömung liegt,
da sich auf ihrer Rückseite der Hochdruckeinfluss verstärkt. Ganz im Norden
können dann sogar die Wolken etwas auflockern und bei klarem Himmel kann im
Binnenland Schleswig-Holsteins die Temperatur unter den Gefrierpunkt sinken, was
bei der noch vorhandenen recht feuchten Luftmasse durchaus mit etwas Reifglätte
einhergehen könnte. Im übrigen Land bleibt es meist trüb. Niederschlag fällt vor
allem in einem recht schmalen Streifen, in dem die Kaltfront liegt, nämlich von
Saarland bis nach Vorpommern. Dieser fällt meist als Schnee, vor allem am
nördlichen Rand kann es auch Schneeregen oder Regen sein, örtlich kann auch
gefrierender Regen zumindest nicht ganz ausgeschlossen werden (die deutschen
Modelle simulieren Schlangen). Insgesamt sollen dort meist 1 bis 3 l/qm fallen,
in den Mittelgebirgen auch mal 5 l/qm in der Spitze. Für die meisten
Flachlandregionen dürfte eine Glättewarnung deswegen vollkommen ausreichen ggf.
kann noch Schnee nachgelegt werden. In den betroffenen Berglandregionen sollten
aber schon einige Zentimeter Neuschnee in Betracht gezogen werden und
dementsprechend eine Schneefallwarnung ausgegeben werden.

Am Rande des südlich unseres Landes liegenden Höhentiefkerns zieht von Osten her
ein Kurzwellentrog auf, der leichte Hebung über dem Süden Deutschlands
generiert. Aus der auch dort aufziehenden immer höher reichenden Bewölkung fällt
zunehmend etwas Schnee, aber im Allgemeinen mit Mengen bis maximal 2 cm, so dass
flächendeckend eine Glättewarnung reicht. Weiterhin darf nicht ausgeschlossen
werden, dass der Niederschlag im Süden auch mal in flüssiger Phase (nur aus den
tiefen Wolken) fällt, so dass auch dort der Nachtdienst ein wachsames Auge auf
die Niederschlagsphase haben sollte.

Ansonsten gibt es zur Nacht eigentlich nicht mehr viel zu sagen. Der Wind weht -
wie schon angedeutet - aus Nord bis Nordost, im Süden schwach, im Norden mäßig.
Frostfrei bleibt es - abgesehen von den schon erwähnten Auflockerungsgebieten -
mit 3 bis 0°C im Nordwesten. Ansonsten dürfen winterliche Tiefstwerte zwischen 0
und -4°C erwartet werden. Mäßige Frostwerte um -5°C gibt es noch in höheren
Lagen des Berglandes.

Am Freitag ... weitet sich der Höhenrücken nördlich unseres Landes noch etwas
nach Osten aus, während über den Süden Deutschlands der oben erwähnte
Kurzwellentrog westwärts schwenkt. Insgesamt stellt sich in der Höhe eine
konfluente Nordostströmung ein. Bodennah weitet sich der Hochdruckkeil immer
weiter nach Osten aus und verbindet sich (Hochdruckbrücke) mit einem Hoch über
Westsibirien. Die Achse der Brücke kommt dabei langsam nach Süden voran und
erreicht am Abend Jütland. Zwischen dieser Hochdruckbrücke und dem noch nicht
erwähnten tiefen Luftdruck im gesamten Süden Europas stellt sich im ganzen Land
eine nordöstliche Strömung ein, wobei der Wind schwach bis mäßig weht und
weiterhin nicht warnwürdig ist. Die maskierte Kaltfront kommt noch etwas nach
Süden voran und wird immer diffuser, so dass sie im Laufe des Tages wohl nicht
mehr auffindbar sein wird. Die frontalen Niederschläge lassen auch nach.
Trotzdem sorgt der Kurzwellentrog für etwas Hebung in der feuchten Luftmasse, so
dass es durchaus Niederschlag gibt, aber eben wenig organisiert. Im Flachland
bleiben die Summen äußerst gering (meist unter 2 l/qm, oftmals unter 1 l/qm), in
Nord- und Nordoststaulagen können aber vereinzelt bis zu 5 l/qm zusammenkommen.
Dies kann vor allem an Harz, Eifel, Rothaargebirge, Thüringer Wald, Erzgebirge
und Alpen der Fall sein. Dort ist die Ausgabe von Schneefallwarnungen
möglicherweise sinnvoll, es sollte morgen anhand der aktuellsten Läufe
entschieden werden. Im Flachland fällt abgesehen vom Norden ebenso meist noch
Schnee (später vielleicht auch Schneeregen), die geringen Summen lassen aber bei
Tageshöchstwerten, die zudem meist über den Gefrierpunkt ansteigen (meist 0 bis
3°C, im Nordwesten mehr) keine Neuschneeakkumulation zu, tagsüber noch nicht
einmal Glätte. Im oberen Bergland ab etwa 400 bis 600 m gibt es dagegen noch
Dauerfrost.

Nicht von den Hebungsprozessen beeinflusst, sondern vielmehr unter
Hochdruckeinfluss stehend ist der äußerste Norden. Dort bleibt es trocken und
die Wolkenauflockerungen erlauben etwas Sonnenschein.

In der Nacht zum Samstag weitet sich der Höhenrücken weiter nach Osten aus und
schwenkt weiter südwärts. Dagegen ist das äußerst umfangreiche mediterrane
Höhentief nur noch über niedriges Geopotential weit im Osten mit den Trögen aus
der Polarregion verbunden. Bei uns ist weiterhin die Hochdruckbrücke
wetterwirksam, deren Achse in der Nacht weiter südwärts vorankommt und die
Nordhälfte Deutschlands erreicht. Dort schwächt sich in der Folge der Wind
weiter ab und dreht dann von Norden her auf westliche Richtungen. Das führt
dazu, dass im Norden die Nebelneigung etwa zunimmt.

In der Südosthälfte gibt es noch gebietsweise leichte Niederschläge, in der
Nacht dann wieder allgemein als Schnee, im Flachland aber weiterhin mit äußerst
geringen Summen. Am ehesten kommen an den Nord- bzw. Nordosträndern von
Thüringer Wald, Erzgebirge und östlichem Alpengebiet noch wenige Zentimeter
Neuschnee zusammen. Auch vom Oberpfälzer Wald bis zum Böhmerwald staut es von
Nordosten her an, davon profitieren aber vorwiegend tschechische Regionen.

Die Sterne funkeln am ehesten Mal zeitweise im Norden. Ansonsten bleiben die
Wolken wohl überwiegend dicht. In ein paar Tieflandsregionen im Südwesten bleibt
es knapp frostfrei, ansonsten liegen die Tiefstwerte meist bei 0 bis -4°C, im
höheren Bergland auch etwas darunter.

Am Samstag ... kommt die Achse des Bodenhochs ganz langsam nach Süden voran und
erreicht bis zum Abend die Landesmitte. Dort schläft der Wind ein, ansonsten
weht er weiterhin meist schwach aus Nordost im Süden und schwach aus Südwest im
Norden.

Nördlich der Mitte lockern Wolken und Nebelfelder am Tage etwas auf, so dass
gebietsweise die Sonne herauskommt. Ganz im Norden ziehen aber schon relativ
zeitig die Wolken der Kaltfront eines Nordmeertiefs (Michael) auf. Mangels
nennenswertem Hebungsantrieb unter dem Höhenkeil kommt es aber allenfalls ganz
im Norden im Tagesverlauf mal zu ein paar Spritzern Regen.

Ganz im Süden und Südosten hält sich nach wie vor die bodennah feuchte Luft, aus
der auch immer noch etwas Schnee (oder tagsüber in tiefen Lagen vorübergehend
auch Schneeregen) fällt. Vielleicht akkumulieren sich im Bergland noch irgendwo
mal 2 cm Schnee, ansonsten sind die Niederschlagssummen aber äußerst gering. Auf
Sonne braucht man im Süden aber nicht zu hoffen.

Die Höchstwerte liegen januartypisch meist zwischen -1°C im Südosten und +3°C im
Nordwesten. In den höheren Lagen des Berglandes bleibt es bei leichtem
Dauerfrost, so dass den Winterfreunden in den Mittelgebirgen ein schöner Samstag
bevorsteht.

In der Nacht zum Sonntag setzt sich die südwärtige Progression des Höhenkeils
und der Achse der Bodenhochdruckbrücke weiter fort. Letztere erreicht bis zum
Morgen den Main. Durch das stärkere Absinken und den nachlassenden Nordostwind
und damit kaum noch Staueffekten kommen die Niederschläge im Süden endgültig zum
Erliegen. Insgesamt dürften von der nördlichen Mitte bis in den Süden
Wolkenauflockerungen größer werden, allerdings können sich in dem meist sehr
schwachwindigen Umfeld flache Nebelfelder bilden.

Von Norden greifen aber die Wolken der Kaltfront im Nachtverlauf etwas weiter
nach Süden aus und kommen bis zur nördlichen Mitte voran. Die Kaltfront selbst
schleift über dem Norden des Landes und zeigt kaum Südwärtsprogression. Sie
befindet ich weiterhin in einem extrem hebungsfeindlichen Umfeld, nämlich quasi
genau unter der Achse des Höhenkeils. Deswegen vermag sie allenfalls sehr
schwachen Regen im Norden zu produzieren, Richtung Binnenland vielleicht auch
mal etwas Schneeregen. Der etwas auffrischende Nordwestwind ganz im Norden
sollte auch noch Erwähnung finden, für erste steife Böen an den Küsten sollte es
aber noch nicht reichen.

Frostfrei bleibt es mit 2 bis 0°C nur unter den Wolken des Nordens. Insbesondere
über der Mitte und dem Süden sinkt die Temperatur dagegen vielfach in den
mäßigen Frostbereich bei Tiefstwerten zwischen -4 und -7°C. Insbesondere in
einigen höheren Tallagen der Mittelgebirge (Schnee vorausgesetzt, aber da
sieht's ja ganz gut aus) kann es auch mal strengen Frost um 10°C geben.

Am Sonntag ... richtet sich der Blick in den hohen Norden: Ein Höhentrog zieht
rasch aus dem Seegebiet um Island in die Seeregionen nördlich Schottlands. Auf
dessen Vorderseite zieht ein Sturmtief in Richtung der Küste Norwegens. Damit
wird der Höhenkeil weiter nach Süden gedrückt und erreicht Süddeutschland. Auch
die Achse der Hochdruckbrücke weicht nach Süden zurück und erreicht die Alpen.

Dies bedeutet für den Süden am Sonntag noch Hochdruckeinfluss und unter weiterem
Absinken in höheren Lagen recht sonniges Wetter, wenn man von einigen
durchziehenden hohen und mittelhohen Wolkenfeldern absieht. In tieferen Lagen
müssen natürlich erst einmal die Nebelfelder aufgelöst werden, in dieser Frage
zeigt sich insbesondere UK10 sehr pessimistisch, was nicht ganz von der Hand zu
weisen ist. ICON scheint dagegen schon sehr optimistisch zu sein, zumal auch
Wind praktisch nicht vorhanden ist.

Über den Norden ziehen dagegen viele Wolken, so dass dort sowieso nicht allzu
viel Sonne zu erwarten ist. Für Niederschläge reichen aber die erst langsam in
Gang kommenden Hebungsprozesse noch nicht und die eigentliche Kaltfront bleibt
noch weiter entfernt über der nördlichen Nordsee. Allerdings kündigt sich der
Wetterwechsel schon mit deutlich auffrischendem Südwestwind an. Im Tagesverlauf
muss an den Küsten allgemein mit steifen Böen gerechnet werden, an
südwestexponierten Abschnitten auch mit stürmischen Böen.

Die Temperaturen erreichen meist Höchstwerte zwischen 0 und 5°C mit den höheren
Werten im Nordwesten, wobei bei Sonne im Süden durchaus auch um 5°C erreicht
werden könnten. Dort muss aber bei sicherlich regional zähem Dauernebel auch
teilweise mit Dauerfrost gerechnet werden.

In der Nacht zum Montag zieht dann von Nordwesten her die Kaltfront des über
Skandinavien ostwärts ziehenden Tiefs auf, doch davon lesen Sie mehr in den
folgenden Übersichten.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle zeigen auf synoptischer Skala keine großen Unterschiede. Aktuell
macht uns noch etwas die Niederschlagsphase zu schaffen. Die vielen Schlangen
sind durchaus plausibel, so lange aber die Mengen so gering bleiben, reicht die
gelbe Glättewarnung. In welcher Ausdehnung ab morgen im östlichen und südlichen
Bergland noch Schneefallwarnungen nötig werden, bzw. ob Glättewarnungen reichen,
kann morgen entschieden werden.

Am Sonntag zeigen sich zwischen den Modellen leichte Unterschiede bei den
Niederschlagssummen im Norden, wobei die externen Modelle etwas mehr Regen
simulieren.

Zudem stellt sich in den kommenden Tagen wieder zunehmend die
Grenzschichtproblematik ein, möglicherweise ist ICON etwas zu optimistisch
bezüglich der Wolkenauflösung. Die Modelle zeigen bei der tiefen Bewölkung doch
erhebliche Unterschiede, die aber wohl in erster Linie auf unterschiedliche
Modellphysik zurückzuführen sind und nicht auf unterschiedliche Synoptik.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl.-Met. Peter Hartmann