DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

19-01-2023 18:01
SXEU31 DWAV 191800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 19.01.2023 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Winterlich mit Schnee und Glätte. Nachts regional strenger Frost. Ab Samstag von
Osten her Schneefälle, teils kräftig, im Bergland Verwehungen möglich.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 12 UTC
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Aktuell ... liegen wir unter dem Einfluss eines Langwellentroges, der sich von
Skandinavien über Mitteleuropa bis zum Norden Afrikas erstreckt. Zwischen einem
stationären Höhenrücken über Osteuropa und einem sich über dem Atlantik
nähernden Höhenkeil wird der Trog schmaler.
Ein frontenloses Tief über Dänemark zieht nach Südschweden ab, das nächste folgt
über die Nordsee. Auch dieses entspricht wie sein Vorgänger eher dem Typ "Polar
low" und ist vorwiegend diabatisch getriggert. Es bleibt noch außen vor, aber
schon im Vorfeld zeichnet sich über dem Norden ein teilweise konvergentes
Windfeld ab, mit dem abends und nachts in der instabilen Meeresluft polaren
Ursprungs (T850 -7°C, T500 -38°C) weitere Schneeschauer auftreten.
Je nachdem wie die Temperaturen in 2m Höhe und die der Beläge aussehen, sind 1
bis 3, in Schauerstraßen um 5 cm Schnee, auch in kurzer Zeit möglich. Davon
betroffen sind vor allem Schleswig-Holstein, Teile Niedersachsens und Hamburgs.
An der Nordsee sind kurze Gewitter nicht ausgeschlossen.
Aber auch ausbreitend von der Mitte nach Südosten sind leichte Schneefälle,
Schneeschauer möglich, die durch kurzwellige Tröge, bzw. aus dem Windfeld der
unteren Troposphäre ausgelöst werden. Die Neuschneemengen sind meist gering,
teils reicht es kaum zu Glätte.
Ansonsten bleibt es bei wechselnder Bewölkung meist niederschlagsfrei. Es gibt
verbreitet leichten, bei größeren Auflockerungen mäßigen und im Bergland über
Schnee stellenweise strengen Frost.
Dort wo es tagsüber Niederschlag gab oder Schnee getaut ist, muss mit
gefrierender Nässe gerechnet werden. Bei längerem Aufklaren kann es Reifglätte
geben.
Die Druckunterschiede sind nur gering, lediglich an der Nordsee sind einzelne
Böen Bft 7 zu erwarten. Sonst ist es nur windschwach.

Freitag ... geht die Troglage weiter, wobei über Südskandinavien
Geopotentialanstieg einsetzt und der Trog beginnt abzutropfen. Auch im
Bodendruckfeld steigt der Druck langsam, was in einer flachen Hochdruckzone
mündet, die sich vom Azorenhoch über Mitteleuropa nach Nordosten erstreckt.
Darin eingelagert sind kleinere Tiefs über der Ostsee sowie das von Nordsee, in
der nunmehr nördlichen Höhenströmung, nach Süden, Richtung Benelux ziehende
Tief.
Mit dem ersteren sind Schneeschauer über dem Norden verbunden, die aber langsam
schwächer werden. Auch durch den Tagesgang entspannt sich die Glättelage.
Darüber hinaus ziehen ab den Mittagsstunden schauerartige Schneefälle in den
Westen. Die Zugbahn des zweiten Tiefs und entsprechend die Ausbreitung der
Schneefälle im Westen sind unsicher.

Je nach Timing und Temperaturen bleibt von den Schneefällen in tiefen Lagen
lediglich Nässe oder geringer Schneematsch übrig. Bei stärkeren Schneeschauern
sind aber auch ein paar cm Schnee nicht ausgeschlossen. Im Bergland oberhalb 300
bis 400m sind 5 bis 10 cm in 6 bis 12 h (bis in die Nacht zum Samstag) möglich.
Durch Druckfall südlich der Alpen dreht die Strömung vor allem in der unteren
Troposphäre auf nördliche Richtungen, womit die leichten Schneefälle über dem
Süden sich weiter Richtung Süden verlagern und nachmittags und abends zunehmend
an den Alpen stauen und verstärken. Bis in den Samstag können die Schneefälle
anhalten und es sind dort akkumuliert 5 bis 10, in exponierten Staulagen 20 cm
Neuschnee möglich. Ansonsten gibt es nur vereinzelt geringe Schauer, im
Nordosten setzt sich gebietsweise die Sonne durch.
Während es im Südosten und Süden teils bei Dauerfrost bleibt, werden in
Nordseennähe um 4°C erwartet. Bei geringem Druckgradienten spielt der Wind kaum
eine Rolle.
In der Nacht auf Samstag löst sich das Tief auf seinem Weg von Benelux nach
Nordfrankreich auf. Die zugehörigen Schneefälle breiten sich Richtung
Rheinland-Pfalz, eventuell zum Oberrhein hin aus und klingen derweil schon von
Norden wieder ab. In tiefen Lagen sind einige, wenige cm Neuschnee möglich, im
Bergland um 5 cm.
An den bayerischen Alpen schneit es weiter. Im Rest des Landes ist es häufig
trocken und gebietsweise kann die Wolkendecke vorübergehend stärker
auflockern. Neben örtlichen Nebelfeldern kann sich Glätte durch gefrierende
Nässe und Reif bilden.
Je nach Aufklaren gibt es leichten bis mäßigen Nachtfrost, in einzelnen
Hochtälern im Südwesten ist strenger Frost nicht ausgeschlossen.

Samstag ... schnürt sich das Höhentief weiter ab, durch Druck- und
Geopotentialanstieg weiter nördlich. Es resultiert ein umfangreiches Höhentief,
dass sich langsam südwärts bewegt. Es stellt sich eine östliche Höhenströmung
über Deutschland ein.
Vor allem an den Alpen, teils im Vorland schneit es weiter, sodass bis zum Abend
noch 2 bis 5 cm, vereinzelt 10 cm Schnee fallen können.

Gleichzeitig formiert sich über Polen eine Trogachse, die sich verbunden mit
einem Bodentief langsam westwärts bewegt. Mit aufkommender Warmluftadvektion
setzt von Osten her Aufgleiten ein.

In der Folge setzen von Polen kommend etwa ab den Nachmittagsstunden länger
andauernde Niederschläge ein. Timing und Intensität sind noch unsicher. Bis
Sonntag früh wird laut ICON der Osten und Südosten erfasst, GFS und IFS zeigen
die Schneefälle progressiver über der Mitte, bis fast in den Westen ausbreitend.

Während es am Nordrand der Niederschläge in Richtung Berlin und Brandenburg, je
nach Ausbreitung auch weiter im Nordwesten, tagsüber zu mild ist, teils auch
Regen fällt und erst in der Nacht etwas Schnee liegen bleibt, kommt es weiter
südlich zu teils kräftigen Schneefällen. Tagsüber bei Temperaturen um 0°C,
nachts bei leichtem Frost.

Die intensivsten Niederschläge werden über den östlichen Mittelgebirgen
erwartet. Dort kommen mit der nordöstlichen Strömung in der unteren Troposphäre
auch Staueffekte zu Tragen.
In der Südosthälfte muss recht verbreitet mit einer dünnen Schneedecke von 1 bis
5 cm gerechnet werden. In Sachsen und Thüringen können 5 bis 10 cm fallen, im
Stau von Thüringer Wald und Erzgebirge dürften es bis zum Morgen 10 bis 15 cm,
vereinzelt auch bis 20 cm sein. Gebietsweise kommen auch markante Warnungen in
Betracht.

Im Nordosten frischt zudem der nördliche bis nordöstliche Wind auf. An der
Ostsee und im östlichen Bergland sind nachmittags und abends erste Windböen
möglich, ab der Nacht stürmische Böen. So sind dann nicht nur durch die Mengen,
sondern auch durch mögliche Verwehungen markante Warnungen nötig.

Abgesehen vom Nordosten sowie den küstennahen Gebieten gibt es leichte bis
mäßige Nachtfröste. An den Alpen und in höheren Südschwarzwaldlagen ist strenger
Frost möglich.

Sonntag ... schwenkt am Rand des Höhentiefs mit Schwerpunkt über dem
Tyrrhenischen Meer besagter Trog westwärts und greift mit seiner Achse auf
Deutschland über. Da die Warmluftadvekton nachlässt, kommen auch die Schneefälle
lediglich unter Abschwächung nach Westen voran. Der Nordwesten und äußerste
Westen bleiben ausgespart. Da die Temperaturen über dem Norden und der Mitte
tagsüber leicht im positiven Bereich liegen, entspannt sich dort die Glättelage.

Im Süden und im Bergland oberhalb 200 bis 400m herrscht meist leichter Frost mit
weiteren leichten bis mäßigen Schneefällen, die oft 1 bis 5, vereinzelt in
Staulagen an die 10 cm Neuschnee bringen können.
Vor allem im Bergland kann der Schnee durch starke bis steife Böen, 6-7 Bft
leicht verwehen. Windig ist es zudem an der Ostsee mit ähnlichen Böen wie im
Bergland, dort aber aus östlicher, im Bergland aus nördlicher Richtung.


Modellvergleich und -einschätzung
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Der Ablauf ist in groben Zügen unstrittig. Die Zugbahn des Tiefs morgen ist noch
unsicher. Auch die Schneefälle ab Samstag bedürfen noch intensiveren Monitorings
über die nächsten Läufe.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner