DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

17-01-2023 08:30
SXEU31 DWAV 170800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 17.01.2023 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: TrM
Leicht unbeständig und nasskalt; nennenswerte (aber trotzdem noch immer für
diese Regionen lächerliche) Neuschneemengen aber wohl lediglich im Bergland bzw.
an den Alpen. An den Küsten und auf einigen Bergen ab und zu stürmische Böen
bzw. Sturmböen.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 24 UTC
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Dienstag... befinden sich weite Teile West- und Mitteleuropa unter einem breit
angelegten Langwellentrog, an dessen Südflanke die Frontalzone weit südwärts
über das westliche Mittelmeer verläuft und der Deutschland tatsächlich mal
Temperaturen beschert, die sich zumindest in der Nähe der zu dieser Jahreszeit
zu erwartenden Werte bewegen. Von winterlichen Verhältnissen kann aber wohl
lediglich im Bergland die Rede sein und auch dort - dies sei vorweggenommen -
dürften die im Kurzfristzeitraum bis einschließlich der Nacht zum Freitag zu
erwartenden Neuschneemengen wohl niemanden vom Hocker reißen.
Die Achse des Troges befindet sich noch knapp westlich des Vorhersagegebietes.
Dabei wird Norddeutschland im Tagesverlauf rasch von einem Kurzwellentrog
ostwärts überquert. Bereits in der vergangenen Nacht haben mit einem recht
markanten Bodentrog schauerartige Niederschläge auf die Nordhälfte, bis etwa zum
Nordrand der Mittelgebirge, übergegriffen, die im Laufe des Vormittags rasch
nach Osten abziehen. Je nach Intensität schwankt die Schneefallgrenze meist
zwischen 200 und 400 m, in kräftigeren Schauern kann es anfangs auch noch in
tiefen Lagen ein paar nasse Flocken geben. Die Neuschneehöhen betragen aber auch
im Bergland maximal nur wenige Zentimeter.
Nachmittags bleibt es dann zumindest im Binnenland meist trocken, lediglich an
den Küsten, insbesondere im Nordseeumfeld, sowie im küstennahen Binnenland gibt
es noch einzelne Schneeregen- und Graupelschauer. Die Luftmasse ist dort
hochreichend labil geschichtet (bis -37 Grad in 500 hPa, -5 bis -7 in 850 hPa),
so das insbesondere an den Küsten auch kurze Gewitter nicht ausgeschlossen sind.

Warntechnisch von Relevanz ist auch der Wind. Vor allem mit Durchschwenken des
Bodentroges hat sich der Gradient im Nordseeumfeld vorübergehend deutlich
verschärft, an der Ostsee wird das in den kommenden Stunden, insbesondere um die
Mittagszeit, noch der Fall sein. An der Nordsee gibt es bis in den Vormittag
stürmische Böen bzw. Sturmböen aus West bis Nordwest, an der Ostsee bis zum
Nachmittag stürmische Böen, im angrenzenden Binnenland jeweils steife Böen. Von
Westen her nimmt der Wind nach Abzug des Bodentroges rasch wieder ab.
Im Rest des Landes verläuft der Tag wettertechnisch weitgehend unspektakulär.
Vorderseitig eines im Tagesverlauf auf Frankreich übergreifenden
Kurzwellentroges hat sich ein flacher Rücken aufgewölbt, der auf die Südhälfte
des Vorhersagegebietes übergreift. WLA führt zu einer deutlichen Stabilisierung
der Luftmasse, so dass es nach Abzug vereinzelter (Schnee)schauer zunächst
weitgehend trocken bleibt. Vor allem im Westen, in der Mitte und im Südosten
kann sich auch mal länger die Sonne durchsetzen. Im Südwesten macht sich dagegen
bereits die WLA in Form von Aufgleitbewölkung bemerkbar, die zu einem flachen,
über Frankreich allmählich ostsüdostwärts ziehenden Bodentief gehört. Am
späteren Nachmittag bzw. Abend setzen in Südbaden und im Südschwarzwald dann
auch erste Niederschläge ein, die oberhalb von etwa 200 bis 400 m als Schnee
fallen. Der Neuschneezuwachs bleibt aber noch gering.
Innerhalb der nach wie vor halbwegs gut durchmischten Meeresluftmasse steigen
die Temperaturen auf Höchstwerte zwischen 3 und 7 Grad. Lediglich im höheren
Bergland, oberhalb von etwa 600 bis 800 m, im Süden eher 1000 m, gibt es
leichten Dauerfrost.

In der Nacht zum Mittwoch kommt der Langwellentrog kaum weiter nach Osten voran,
weitet sich aber noch etwas nach Süden aus. Der in mehrere kurzwellige Anteile
zerfallende Randtrog über Frankreich markiert in etwa die Hauptachse des Troges
und kommt allmählich nach Westdeutschland voran. Auf dessen Vorderseite ist WLA
aktiv, die aber kaum dynamisch gestützt wird.
Das Bodentief über Frankreich verliert mehr und mehr an Kontur, weitet sich aber
über Süddeutschland und den Alpenraum nach Osten aus, wobei es in mehrere
kleinräumige Drehzentren zerfällt. Vor allem an dessen Nordflanke weiten sich
die leichten Niederschläge über Südwestdeutschland allmählich auf die gesamte
Südhälfte aus. Wo wieviel fällt, ist im Detail noch unklar, dennoch werden kaum
mehr als 1 bis 5 l/qm in 12 Stunden simuliert und gebietsweise bleibt es sogar
weitgehend trocken. Insgesamt dürften die Niederschläge fast überall als Schnee
fallen (lediglich im Oberrheingraben könnte noch örtlich die flüssige Phase
dominieren), wobei meist nur wenige Zentimeter Neuschnee zu erwarten sind,
lediglich im Schwarzwald sowie (erste Nachthälfte) an den Alpen fallen örtlich
mehr als 5 cm in 6 Stunden.
Die Niederschläge erfassen neben weiten Teilen Baden-Württembergs sowie den
Süden und Westen Bayerns vielleicht noch die Südpfalz und in den Frühstunden
setzen an der Westflanke eines nach Südpolen ziehenden Teiltiefs von Tschechien
her auch in der Oberpfalz und in Oberfranken leichte Schneefälle ein, weiter
nördlich bleibt es aber generell trocken.
Lediglich an den Küsten, insbesondere im Nordseeumfeld, kann es im
Einflussbereich der höhenkältesten Luftmasse noch einzelne Schneeregen- und
Graupelschauer geben.
Der Wind frischt in den Hochlagen der Alpen und im Hochschwarzwald aus Südwest
auf, eventuell reicht es auf exponierten Gipfeln für Böen Bft 8 bis 9. Auch an
den Küsten kann es noch einzelne steife Böen geben. Ansonsten ist er aber nicht
warnrelevant.
Vor allem im Norden und in der Mitte lockern die Wolken stärker auf, im Süden
bleibt es dagegen eher stark bewölkt bis bedeckt. Im Küstenumfeld sowie im
südlichen Oberrheingraben bleibt es teilweise frostfrei, sonst gibt es
verbreitet leichten, bei Aufklaren über eventuellen Schneeflächen im zentralen
bzw. nördlichen Mittelgebirgsraum auch mäßigen Frost. Stellenweise kann Glätte
durch Überfrieren auftreten.

Mittwoch... greift die Achse des Troges auch auf Nordafrika (Algerien) über,
kommt aber weiterhin kaum nach Osten voran und verläuft grob bzw. zerfallen in
mehrere kurzwellige Anteile auch über das Vorhersagegebiet hinweg südwärts.
Insgesamt hält sich der trogvorderseitige dynamische Hebungsantrieb sehr in
Grenzen, dennoch kann sich das kleinräumige, in den Frühstunden auf Südpolen
übergegriffene Bodentief vorübergehend etwas verstärken und zieht bis zum Abend
nach Litauen. An dessen Südwestflanke reicht eine flache Tiefdruckrinne nebst
eingelagerter teilokkludierter Front bis nach Süddeutschland, so dass es dort,
vor allem vom Schwarzwald bis zur Oberpfalz bzw. nach Oberfranken, vielleicht
noch bis ins östliche Bergland reichend zu weiteren leichten Schneefällen kommt.
Die höchsten Mengen werden mit ca. 10 l/qm in 12 Stunden seitens des ICON-EU in
Teilen von Oberfranken (Fränkische Schweiz, Fichtelgebirge) simuliert, nach
Lesart des IFS eher im Thüringischen Vogtland, GFS hat - bei ähnlicher
räumlicher Verteilung wie ICON - geringere Mengen auf der Agenda. Am ehesten
dort sind also markante Mengen über 10 cm in 12 Stunden denkbar, in den übrigen
Regionen kommen aber kaum mehr als 5 cm zusammen und südlich der Donau bleibt es
sogar vielerorts trocken (außer wohl die Regionen von Südbaden bis ins Allgäu,
dort haben die meisten Modelle ebenfalls etwa 1 bis 5 l/qm auf der Agenda).
Im übrigen Land bleibt es zunächst, abgesehen von einzelnen Schneeregen- und
Graupelschauern im Nordseeumfeld, weitgehend trocken und vor allem im Nordwesten
bzw. Westen kann es durchaus auch mal längere sonnige Abschnitte geben. Mit
abschwächendem Wind passt es nicht mehr so gut mit der Durchmischung, so dass es
trotz ähnlicher 850 hPa-Temperaturen (-4 bis -7 Grad in 850 hPa) und nach
kälterer Vornacht etwas kühler als am Vortag bleibt mit Höchstwerten zwischen 0
und +4 Grad, im Nordseeumfeld vielleicht etwas darüber. Ab etwa 400 bis 800 m
gibt es leichten Dauerfrost. Der Wind spielt warntechnisch wohl keine Rolle.
Zum Abend hin deutet sich allerdings über der Nordsee eine interessante
Entwicklung an: Von der westlichen Nordsee schwenkt ein markanter Kurzwellentrog
bis zum Abend ins Seegebiet knapp westlich der Deutschen Bucht. Daran gekoppelt
ist eine kleinräumige, aber kräftige Bodentiefentwicklung, die sogar einen
"warme Kern" aufweist und somit eine Art "Polar Low" darstellt. Nach Lesart des
ICON-EU und auch des IFS erreicht das Polartief abends mit einem Kerndruck von
etwa 985 hPa die südliche Nordsee, GFS und UKMO simulieren es mit ähnlichem
Kerndruck weiter nördlich, knapp nordwestlich der Deutschen Bucht. Vorderseitig
des Tiefs dreht der Wind im Nordwesten auf Süd zurück und frischt abends auf,
für mehr als Bft 7 reicht es aber wohl auch über der offenen Nordsee noch nicht.


In der Nacht zum Donnerstag greift der Kurzwellentrog auf Norddeutschland über,
verliert dabei aber etwas an Kontur. Das zugehörige Polartief zieht nach Lesart
des ICON-EU und IFS in etwa zur Elbmündung, nach GFS und UKMO nach Süddänemark
und beginnt sich allmählich aufzufüllen. Dennoch greift an dessen Südflanke des
Windfeld auf Nordwestdeutschland über; je nach Modell mit steifen bis
stürmischen Böen aus Südwest, später West im Weser-Ems-Gebiet (ICON, IFS) bzw.
im Bereich Deutsche Bucht, nördliches Niedersachsen, Schleswig-Holstein (GFS).
In den Kammlagen der nördlichen Mittelgebirge reicht es wohl ebenfalls noch für
steife bis stürmische Böen, auf dem Brocken eventuell für Sturmböen, ansonsten
sollte der Wind kaum eine Rolle spielen.
Mit Annäherung des Tiefs greifen schauerartige Niederschläge auf den Westen und
Nordwesten des Landes über, die teilweise bis in tiefe Lagen mit Schnee
vermischt sind bzw. als Schnee fallen. Die Mengen bleiben mit 1 bis 5 l/qm aber
nur gering, so dass auch in den westlichen Mittelgebirgen kaum mehr als 5 cm
zusammenkommen und in den Niederungen höchstens Glätte durch Schneematsch
auftritt.
Auch im Süden sowie im östlichen Bergland gibt es noch weitere leichte
Schneefälle, die allmählich nach Südosten abziehen. Dabei kann es am ehesten im
Oberallgäu im Laufe der ersten Nachthälfte vorübergehend etwas kräftiger
schneien, so dass dort mehr als 5 cm zusammenkommen, ansonsten sind es aber
meist nur wenige Zentimeter und bis morgens dürften die Niederschläge weiter
nachlassen.
Im Rest des Landes verläuft die Nacht wettertechnisch ruhig. Erneut gibt es,
außer in einigen Regionen West- und Nordwestdeutschlands, verbreitet leichten,
bei aufgelockerter Bewölkung im zentralen Mittelgebirgsraum auch mäßigen Frost
und gebietsweise Glätte durch Überfrieren.

Donnerstag... bleiben wir nach wie vor im Achsenbereich des Langwellentroges,
dessen Südteil inzwischen auf das Tyrrhenische Meer bzw. auf Tunesien
übergreift. Der kurzwellige Troganteil über Norddeutschland kommt zur südlichen
Ostsee voran und verliert weiter an Kontur, ein weiterer Kurzwellentrog erreicht
abends Benelux und Westdeutschland.
Das kleinräumige, sich weiter auffüllende, inzwischen Ex-Polartief zieht zur
südlichen Ostsee bzw. (UKMO) nach Südschweden. An dessen Südflanke verschärft
sich auch über den mittleren Landesteilen der Gradient, für steife Böen aus
Südwest bis West reicht es aber lediglich ganz im Norden bzw. an den Küsten, in
freien Lagen bzw. in Schauernähe, in den Hochlagen einiger Mittelgebirge kann es
vorübergehend stürmische Böen bzw. Sturmböen geben.
Die schauerartigen, meist aber nur wenig ergiebigen Niederschläge (lediglich
unmittelbar an der Südwestflanke des Bodentiefs fallen in der Norddeutschen
Tiefebene örtlich mehr als 5 l/qm in kurzer Zeit) greifen weiter südostwärts
aus, in weiten Teilen der Osthälfte sowie im Südosten Bayerns bleibt es aber
trocken. Bei auf -6 bis -8 Grad zurückgehenden 850 hPa-Temperaturen fällt auch
in den Niederungen oft Schnee, Schneeregen oder Graupel, die Mengen reichen aber
höchstes für vorübergehende Glätte durch Schnee- bzw. Graupelmatsch. In den
Mittelgebirgen, oberhalb von etwa 400 m, können einige Zentimeter Neuschnee
fallen, in Staulagen auch um 5 cm in nur wenigen Stunden. Mit Annäherung des
oben erwähnten Kurzwellentroganteils sinkt die 500 hPa-Temperatur im Westen auf
etwa -39 Grad, so dass vor allem dort auch ein kurzes Gewitter nicht
ausgeschlossen ist.
Etwas Sonne gibt es am ehesten in der Osthälfte sowie im Südosten und mit
Höchstwerten zwischen 0 und 4 Grad bleibt es nasskalt, oberhalb von etwa 400 bis
600 m gibt es leichten Dauerfrost.

In der Nacht zum Freitag zieht das nur noch flache Bodentief ostwärts ab und die
leichten Schneeschauer können noch Teile der Südosthälfte erfassen, schwächen
sich aber weiter ab, so dass es maximal für wenige Zentimeter Neuschnee reicht.
Derweil greift ein weiteres kleinräumiges Bodentief auf die südliche Nordsee
(ICON-EU) bzw. auf das Seegebiet nördlich der Deutschen Bucht (GFS, IFS) über,
so dass es auch im Westen bzw. im Nordseeumfeld einzelne Schauer, meist bis in
tiefe Lagen als Schnee und/oder Graupel geben kann, aber auch dort steht kein
nennenswerter Neuschneezuwachs ins Haus.
Ansonsten passiert nachts aber nicht allzu viel; die Wolken lockern auf und es
bleibt vielerorts trocken. Außer an den Küsten sowie in tiefen Lagen
Westdeutschlands gibt es verbreitet leichten, im Bergland örtlich auch mäßigen
Frost.


Modellvergleich und -einschätzung
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Im Großen und Ganzen fahren die Modelle einen einheitlichen Kurs. Unterschiede
betreffen in erster Linie die genaue Zugbahn des Polartiefs ab Mittwochabend,
was vor allem Einfluss auf die Windentwicklung in der Nacht zum und am
Donnerstag hat. Markante Böen sind allerdings kaum und, wenn überhaupt, wohl
lediglich im Nordseeumfeld, im Weser-Ems-Gebiet sowie in einigen Hochlagen zu
erwarten.
Bzgl. der räumlichen Verteilung und Intensität der Aufgleitschneefälle am
morgigen Mittwoch gibt es ebenfalls noch kleinere Differenzen. Markante Mengen
(mehr als 5 cm in sechs Stunden) sind aber, wenn überhaupt, lediglich
kleinräumig in Teilen Oberfrankens (ICON-EU) bzw. des Thüringischen Vogtlandes
(IFS) zu erwarten und können entweder mit länger laufenden Schneefallwarnungen
oder im Nowcastbereich abgehandelt werden.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff