DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

13-01-2023 09:01
SXEU31 DWAV 130800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 13.01.2023 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
W z

Windig bis stürmisch. Ab Samstag in Staulagen wieder Dauerregen. Sonntag im
Norden Sturm. Zunächst noch mild.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
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Freitag... schwenkt in der kräftigen westlichen Strömung ein markanter Trog, der
ausgehend von einem Höhentief bei der norwegischen Küste sich nach Süden
ausdehnt, über Deutschland nach Osten. Am Boden wird die Kaltfront des
entsprechenden Tiefs über Südnorwegen auch über den Südosten Richtung Österreich
und Alpen gesteuert. Postfrontal flutet wieder mal eine frischere - maritime,
labil geschichtete Polarluft, mit 500 hPa Werte um -30°C und 850 hPa
Temperaturen um -2°C unseren Raum.
Der frontale Regen, in den durch starke Scherung zeitweise eine markante
Schauerlinie eingebettet ist, verlagert sich in die Südhälfte. Dabei fallen
meist 2 bis 5, regional an die 10 l/m², in einigen Staulagen (Allgäu,
Schwarzwald, Bayerischer Wald) sind 15 bis 20 l/m² möglich. Die Schneefallgrenze
sinkt abends an den Alpen auf etwa 1000 m, entsprechend muss ab dann mit Glätte
und Neuschnee gerechnet werden. Nach Passage der Kaltfront geht die
Dauerregenlage auch im Bergland über der Mitte und nach Südosten hin zu Ende.
Ansonsten dominiert windiges Schauerwetter mit rasch wechselnder Bewölkung. Vor
allem im Norden und Nordwesten werden wiederholt Schauerbänder um das Tief
herumgewickelt. Dort, wie auch im Südosten bleibt es meist bedeckt, sonst kann
es kurze Auflockerungen geben. Auch einzelne Gewitter mit Graupel sind nicht
ausgeschlossen. Bei einer Schneefallgrenze um 800m tut sich selbst auf den
Gipfeln in Sachen Schnee oder Glätte kaum etwas.

Der Wind frischt nach kurzer postfrontaler Pause wieder auf und bleibt in weiten
Landesteilen warnwürdig. Mit Ausnahme einiger Regionen im Südosten gibt es Böen
der Stärke Bft 7 bis 8, im Norden in den Schauern/Gewittern auch Sturmböen Bft
9, da die kräftigen Oberwinde (40 bis 50 kt in 850 hPa) runtergemischt werden
können. An der Nordsee sind einzelne schwere Sturmböen drin und auf exponierten
Berggipfeln sind schwere Sturmböen bis Orkanböen (10-12 Bft) zu erwarten. Aber
auch in den windschwächeren Regionen sind in Verbindung mit Schauern einzelne
steife Böen durchaus möglich.

Die Temperaturen steigen - bestens durchmischt - auf 8 bis 12°C im Südwesten.

In der Nacht zu Samstag schwächt sich der Trog ab, wobei die Achse ostwärts nach
Polen schwenkt. Auf der Rückseite wird ein flacher Rücken in unseren
Vorhersagebereich geschoben, der für kurzen Zwischenhocheinfluss und eine
Wetterberuhigung sorgt. Bevor es soweit ist und die Niederschläge abklingen,
sorgen die Schauer in den Hochlagen des Bayerischen Waldes und an den Alpen, wo
sie sich etwas länger stauen, in Lagen oberhalb von 800 bis 1000 m für etwas
Schnee und bei leichtem Frost für lokale Glätte, auch durch gefrierende Nässe.
An den Alpen sind stellenweise bis 5cm Neuschnee möglich, ansonsten ist die
Glättegefahr selbst in Gipfellagen der Mittelgebirge nur gering.

Der Wind lässt im Verlauf der Nacht langsam nach, allerdings gibt es an den
Küsten anhaltend steife, exponiert stürmische Böen aus West bis Südwest. Auch
auf den Bergen bleibt es windig bis stürmisch, auch hier mit abnehmender
Tendenz.


Samstag... geht die Westlage weiter und das nächste Tief greift rasch über. Es
zieht von den Hebriden in die nördliche Nordsee und vertieft sich abseits des
Jets nur wenig auf etwas unter 980 hPa. Das okkludierende Frontensystem läuft
mit weit nach Osten ausgreifender kräftiger WLA rasch auf Mitteleuropa zu, was
nicht zuletzt daran liegt, dass der o.e. Höhenrücken unter Abflachung rasch nach
Osten durchgewunken wird und nachfolgend die Höhenströmung zonalisiert. Außerdem
nimmt sie zu, da sich ein Jetstreak bis zur südlichen Nordsee vorschiebt.

Schon am Vormittag setzt von Westen stratiformer Regen ein, der sich im
Tagesverlauf rasch nach Osten ausbreitet. Dabei kommen im Westen und Nordwesten
häufig 5 bis 10, in Staulagen der westlichen Mittelgebirge und vielleicht im
Harz um 15 l/m², im Bergischen Land um 20 l/m² in 12h zusammen. Mit dem was bis
in die Folgenacht fällt, sind wir dort wieder bei Dauerregen von 30 bis 35 l/m²
in 18 bis 24h.
Weitgehen trocken hingegen bleibt es bis zum Abend in der Oder-Neiße-Region, im
Osterzgebirge/Zittauer Gebirge sowie im Südosten Bayerns. Dort ist es auch noch
längere Zeit aufgelockert mit Sonnenschein, insbesondere vom Werdenfelser Land
bis hinüber zum Chiemgau.

Der auf südliche Richtungen rückdrehende Wind frischt von West nach Ost merklich
auf und erreicht in Böen Stärke 7, vereinzelt 8 Bft. Böen 8 bis 9 Bft sind es an
der Küste, wo an der Nordsee zum Abend hin mit Kaltfrontdurchgang die Drehung
auf Südwest bis West erfolgt. Stürmisch geht es weiter im höheren Bergland mit
Böen 10 bis 12 Bft in exponierten Kamm- und Gipfellagen. Der Südosten bleibt vom
Wind teilweise ausgespart.

Temperaturmäßig geht´s hoch auf rund 6°C in Teilen Ostbayerns und bis zu 12°C am
Oberrhein.

In der Nacht zum Sonntag zieht das Tief vor die südnorwegische Küste, während
sich die Kaltfront süd-südostwärts verlagert und zum Morgen den Südosten
Deutschlands erreicht. Die Kaltluftadvektion in ihrem Bereich wird durch
kräftige positive Vorticityadvektion überkompensiert, so dass es nun über der
Mitte und im Süden kräftig regnet. Meist mit 5 bis 15, in den Mittelgebirgen 10
bis 20 l/m² und in einigen Staulagen (z.B. im Schwarzwald, Bayerischer Wald)
sind lt. ICON allein 12 stündig warnrelevante 30 bis 35 /m² möglich. Die anderen
Modelle sind defensiver, die Ensembles stützen den Dauerregen aber mit Signalen
für markante Werte in 18 bis 24h bis Sonntagvormittag.

Postfrontal lockert es im Nordwesten postfrontal auf, es trocknet ab und auch
der der westliche Wind lässt nach. Präfrontal und an der Front kommt es aber zu
weiteren steifen bis stürmischen Böen aus Südwest, im Bergland zu Sturmböen 9-10
Bft und exponiert bis 12 Bft. Auch zum Morgen frischt der Wind etwas rückdrehend
im Nordwesten wieder stark auf. Ein markanter Höhen- und Bodentrog nähert sich
von Westen. Dessen Sturmfeld greift über und bringt im Binnenland erste
stürmische Böen, an der Nordsee teils schwere Sturmböen.

Abgesehen von wenigen höheren Lagen in den Mittelgebirgen bleibt es frostfrei.


Sonntag... dehnt sich der langwellige Höhentrog, angeführt durch den markanten
kurzwelligen Anteil, der sich vom Höhentief beim Skagerrak nach Süden erstreckt,
über Mitteleuropa ostwärts aus, wobei die scharfen Boden- und Höhentröge über
Norddeutschland ostwärts schwenken und abends den Nordwesten Polens erfassen.
Der Übergang in eine Troglage ist somit insbesondere im Norden mit einer
Sturmlage verbunden.
Das Bodentief verlagert sich vom Skagerrak nach Mittelschweden und sein
okkludiertes Frontensystem überquert auch den Südosten Deutschland Richtung
Alpen. Es wird von einer Zyklogenese im Bereich des Golfs von Genua etwas
gebremst, aber nicht aufgehalten.

Der Wind weht zunächst frisch bis stark und frischt tagsüber vor allem im Norden
stark auf. An der Küste und im Bereich der norddeutschen Tiefebene wird es
stürmisch aus Südwest bis West. Auf den Nordseeinseln und in exponierten
Küstenlagen sind orkanartige, vereinzelt Orkanböen nicht ausgeschlossen. Im
Binnenland des äußersten Nordens sind Sturmböen und schwere Sturmböen dabei.
Nach Süden schwächt sich die Sturmlage etwas ab, in Böen stürmisch kann es aber
auch im Süden werden. Im Bergland bleibt es bei Sturmböen bis Orkanböen
(exponiert). Im Verlauf des Nachmittags fächert der Gradient von Westen wieder
auf und der Wind lässt nach.

Im Bereich der Front, ganz im Süden, gibt es weitere Niederschläge, die vor
allem im Bereich zwischen Schwarzwald und Allgäu etwas ergiebiger ausfallen
können (über 10 mm/m² in 12 Stunden). Allerdings sinkt mit der hinter der Front
einfließenden kalten Meeresluft polaren Ursprungs (-5°C in 850, -30 bis -35°C in
500 hPa) auch die Schneefallgrenze von Nord nach Süd auf 500 bis 800 m. Somit
können in den Hochlagen des Schwarzwaldes und des Allgäus über 5 cm Schnee
fallen, in Staulagen evtl. auch darüber. Ansonsten akkumuliert sich noch nicht
so viel.

Im Rest des Landes gibt es Schauer, vereinzelt Graupelgewitter und über der
Mitte und dem Norden gebietsweise Auflockerungen.
Die Temperaturen steigen auf 5 bis 10°C mit den höchsten Werten im Süden.

In der Nacht zum Montag ziehen die Tröge ab, ein weiterer stößt aber nach
Frankreich vor und induziert auf seiner Vorderseite ein Tief, das zum Morgen
Benelux erreicht. Dessen Ausläufer und Niederschläge greifen dabei auf den
Westen über. Der Wind frischt aus Süd bis Südost auf mit steifen, exponiert
stürmischen Böen, im Bergland Sturmböen. Milde Luft ist nicht mehr involviert.
Vielmehr liegt die Schneefallgrenze bei 400 m, sodass im Bergland bei
Temperaturen um den Gefrierpunkt mit Glätte durch gefrierenden Nässe und durch
Schnee (bis ca. 5 cm in 6h) gerechnet werden muss. Bei stärkeren Niederschlägen
kann die Schneefallgrenze bis ganz runter sinken.
Ansonsten lockern die Wolken gebietsweise stärker auf und vor allem im Süden
gibt es leichten Frost und Glätte.
Auch der Wind lässt weiter nach, am längsten warnrelevante Böen sind an der
Ostsee und im Bergland zu erwarten, wo es anfangs Sturmböen, exponiert im
Bergland schwere Sturmböen bis Orkanböen geben kann.


Modellvergleich und -einschätzung
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Der grundsätzliche Fahrplan steht. Die Unterschiede in den Basisfeldern sind
überschaubar. Details für den Sturm am Sonntag und teils auch für den Dauerregen
von Sa. auf So. sind noch unklar. Die entsprechenden Warnungen können dennoch
beginnend ab heute Nachmittag, eventuell morgen ausgegeben werden.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner