DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

12-01-2023 11:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 12.01.2023 um 10.30 UTC



Unbeständig, anfangs windig bis stürmisch. Im Verlauf zunehmend nasskalt mit
Schnee ins höhere Flachland.
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Synoptische Entwicklung bis zum Donnerstag, den 19.01.2023


Ein ausgeprägtes Sturmtief mit Kern über Südskandinavien greift mit seinem
Sturmfeld auf Deutschland über und leitet eine Änderung der Großwetterlage von
West zyklonal (Wz) auf Trog-Mitteleuropa (TrM) ein. Dabei wird zunehmend
maritime Polarluft zu uns herangeführt. Der Berglandwind kehrt somit zurück.

Zu Beginn des mittelfristigen Zeitraums am kommenden Sonntag liegt Deutschland
im Einflussbereich eines Langwellentroges, wobei die Trogachse noch westlich von
uns bleibt. Im Langwellentrog eingebettet tobt ein umfangreiches Sturmtief mit
Kern über Südskandinavien. Sein Sturmfeld erfasst ganz Deutschland und die
dazugehörige Kaltfront erreicht am Nachmittag die Alpen. Während der Süden unter
den frontalen Niederschlägen liegt, gelangt Norddeutschland in die hochreichende
Kaltluft an der Rückseite des Sturmtiefs mit Schauern und kurzen
Graupelgewittern. Mit der einfließenden maritimen Polarluft (T-850 hPa sinkt auf
Werte um -4 Grad) sinkt die Schneefallgrenze auf 400 bis 600 m ab. Nicht zum
Vergessen ist der Wind, denn er weht stark bis stürmisch. An der Nordsee und im
Bergland treten schwere Sturmböen auf. Auf einigen Berggipfeln sind sogar
Orkanböen möglich. An der Nordsee kann es dann zu einer Sturmflut kommen.

Am Montag liegt der Haupttrog mit seiner Achse über Deutschland. Dabei verlagert
sich das korrelierende Bodentief nach Finnland. Es folgt ein Randtief, das dann
über Norddeutschland hinweg zieht. Das Schauerwetter bleibt uns erhalten, einige
Graupelgewitter sind auch dabei. Die Schneefallgrenze liegt zwischen 400 und 600
m. Der Wind lässt zwar nach, aber es ist noch spürbar unterwegs. In der Nacht
zum Dienstag klingen die meisten Schauer ab. Aufgrund der nächtlichen Abkühlung
sinkt die Schneefallgrenze auf 200 bis 400 m. Frost wird dann häufig das Thema
sein. Entsprechend muss mit Glätte durch überfrierende Nässe gerechnet werden.

Am Dienstag schwenkt ein Kurzwellentrog auf Süddeutschland durch. Am Boden
korrespondiert ein Tief mit Kern über Ostfrankreich, die unter Abschwächung nach
Süddeutschland zieht. Dabei greift ein Niederschlagsgebiet auf Süddeutschland
über, die am Abend die Mitte erreicht. Da die Temperatur im 850 hPa zwischen -2
und -7 Grad liegt, kann man die feste Phase auch in tiefere Lage erwarten, auch
weil der Wind weiter nachlässt und sich eine gewisse Isothermie einstellt. Im
Norden dürfte es wettermäßig wenig passieren. Außer an der See tritt in der
Nacht zum Mittwoch leichter bis mäßiger Frost auf. Vor allem in der Mitte und im
Süden muss dann mit Glätte gerechnet werden.

Am Mittwoch erfolgt vom Langwellentrog, der sich bis nach Algerien erstreckt,
teilweise ein Abtropfprozess über Nordwestitalien. Dabei bildet sich ein
Genuatief, das dann mit seinen Aufgleitniederschläge als Schnee auf
Süddeutschland übergreifen. An der See treten einzelne Schauer auf, dazwischen
entsteht ein "Niemals Land", wo es trocken bleibt. Im Bergland und im Süden
unter den Schneefällen bleibt es bei leichtem Dauerfrost, sonst steigen die
Temperaturen auf Werte wenig über 0 Grad an.

Am Donnerstag vergrößert der Langwellentrog seine Amplitude weiter und liegt
förmlich eingekesselt zwischen zwei Rücken. Die Schneefälle an den Alpen lassen
nach, dann ist fast in ganz Deutschland trocken. Um den nordatlantischen Rücken
nähert sich eine Warmfront nach Westdeutschland, die von kräftige WLA gestützt
ist. Die Niederschläge als Schnee erreichen die westlichen Landesteile in der
Nacht zum Freitag.

Spannend ist es im weiteren Verlauf, ob sich die milde Luft mit der Warmfront
bis nach Deutschland durchsetzt. Nach dem jüngsten Lauf ist nicht der Fall. Da
die Achse des atlantischen Rückens positiv geneigt ist, kommt es zu einer
Blockierung und mit der Bildung eines Hochs über Skandinavien dreht die Strömung
sogar aus Nordost. Somit bleibt es kalt bzw. kann es noch kälter werden.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die Konsistenz der IFS-Läufe ist zum Beginn der Mittelfrist recht gut. Ein
ausgeprägtes Sturmtief mit Kern über Südskandinavien greift mit seinem Sturmfeld
auf Deutschland über und leitet eine Änderung der Großwetterlage von West
zyklonal (Wz) auf Trog-Mitteleuropa (TrM) ein. Dabei wird zunehmend maritime
Polarluft zu uns herangeführt. Der Berglandwind kehrt somit zurück. Im Laufe der
neuen Woche ist die Konsistenz einigermaßen gut. Deutschland bleibt im
Einflussbereich des Langwellentrogs in der hochreichenden Kaltluft. Allerdings
schwenken um den Langwellentrog kurzwellige Anteile durch, die die Prognose im
Detail schwierig macht, denn sie werden von Lauf zu Lauf unterschiedlich
gerechnet.

Zusammengefasst kann man aber sagen, dass Deutschland nach einer milden
Witterung in eine nasskalte Witterungsphase gelangt. Dies scheint als sicher zu
sein.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Bei Betrachtung anderer Globalmodelle ist die Konsistenz zu Beginn der
Mittelfrist noch gut. Im Laufe der nächsten Woche nehmen die Diskrepanzen
deutlich zu. Zwar alle Modelle zeigen den Langwellentrog über Mitteleuropa, aber
die Amplitude, die Neigung der Achse und die Position der Randtröge werden von
den anderen Modellen (GFS, ICON und GEM) unterschiedlich gerechnet. Aber alle
haben was gemeinsam: die Umstellung in eine nasskalte Witterungsphase mit
Schneefällen bis in tiefere Lagen.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Rauchfahnen verschiedener Städte in Deutschland zeigen bis einschließlich
Montag bei einem recht geringen Spread eine hohe Vorhersagegüte. Ab Dienstag
spreizt sich das IFS-EPS langsam, wobei beide Läufe, Kontroll- und Hauptlauf,
für die Temperatur in 850 hPa im unteren Bereich liegen (kalt mit Temperatur
zwischen -6 und -10 Grad). Einige Member bleiben ebenfalls kalt, jedoch gibt es
Members, die ab Mitte nächster Woche eine Milderung vorweisen. Beim Geopotential
bleibt der Spread bis Mittwoch gering. Zu diesem Zeitpunkt wird auch der
Tiefpunkt erreicht, danach steigt das Geopotential wieder. Dies korreliert mit
der Niederschlagsentwicklung: von einem recht wechselhaften Regime zu mehr
hochdrucklastigen Wetterlagen und Abnahme der Niederschläge ab Mittwoch nächster
Woche.

Die Clusteranalyse zeigt bis t+168 h die Umwandlung von NAO positiv zu mehr NAO
neutral Regime mit dem Ausbau eines atlantischen Rückens und mit der
Amplifizierung und der Verlagerung des Langwellentroges von West- nach
Mitteleuropa. Im Zeitraum von +192 bis +240h werden 3 Cluster benötigt, um die
Unsicherheiten im ENS ausreichend zu beschreiben. Festzuhalten ist, dass in
diesem Zeitraum eine Abtropfung über dem zentralen Mittelmeerraum zeigen.
Hierzulande würde sich bodennah resultierend eine Hochdruckbrücke ausbilden.
Insgesamt sind die Entwicklungen aber sehr unsicher.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Der EFI zeigt am Sonntag im Vergleich zum vieljährigen Modellklima gewisse
Signale für Sturm (vor allem im Norddeutschland). Ab Montag gibt es auch Signale
für Schnee.

Am Sonntag sehr windig bis stürmisch mit Böen 7 bis 8 Bft, an der See und im
Bergland schwere Sturmböen bis 10 Bft. Auf einigen Berggipfeln Orkanböen 12 Bft.


Ab Montag nachlassender Wind.

Ab Sonntagabend auf 400 bis 600 m sinkende Schneefallgrenze. Vor allem im
Bergland in Lagen oberhalb 600 m nennenswerte Schneemengen um 10 bis 15 cm in 12
bis 24 Stunden. Es gibt auch gewisse Möglichkeit im Süden und in der Mitte für
Schnee auch bis in tiefe Lagen.
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Basis für Mittelfristvorhersage
det. IFS, IFS-EPS, ICON, GEM, GFS, MosMix
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Marco Manitta