DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

10-01-2023 08:30
SXEU31 DWAV 100800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 10.01.2023 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
W z

Ab den Abendstunden wieder windiger, im Bergland und an der Nordsee Sturmböen.
Auch in den nächsten Tagen windig, zeitweise stürmisch, im höheren Bergland
Sturm. In Staulagen der Mittelgebirge und im Allgäu ab Donnerstag teils
unwetterartiger Dauerregen.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 24 UTC
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Dienstag... liegen wir unter einer westlichen Strömung in der aktuell ein
markanter Höhenrücken auf Deutschland übergreift, der den bis dato
wetterbestimmenden Trog nach Osten abdrängt. Durch kräftige Warmluftadvektion
wird er über Mitteleuropa zugeschüttet, der Rest tropft zur Adria und zum
südlichen Balkan ab. Die Schichtung stabilisiert über Deutschland zusehends und
oberhalb der Grundschicht trocknet die Luftmasse durch das Absinken stark aus.

Im Osten und Südosten braucht es dazu noch ein bisschen, weshalb es dort
(insbesondere im Südosten) noch bis in den
Nachmittag zu einzelnen, wenn auch schwächer werdenden Schauern kommt. Oberhalb
600-800 m fällt Schnee, allerdings bleibt davon nicht allzu viel liegen.
Lediglich an und in den Alpen kommen bis Mittag staubedingt 5 bis 10 cm
Neuschnee hinzu.
Im Bodendruckfeld schiebt sich ein von Südwesteuropa ausgehender Keil mit 1025
hPa nach Süddeutschland vor. Neben Quellwolken, die sich in der leicht
instabilen Grundschicht bilden, sind auch Aufheiterungen zu erwarten.
Allerdings greift im Tagesverlauf von Westen her mehrschichtige Bewölkung
vorderseitig einer Warmfront über, die für Wolkenverdichtung und am Nachmittag
im Westen für ersten Regen sorgt. Die Warmfront gehört zu einem Tief, das
nördlich an Schottland vorbei Richtung Färöer zeiht.

Unter dem Zwischenhoch hat der Wind soweit nachgelassen, das kein Warnbedarf
mehr besteht. Erst mit Ankunft der Warmfront nehmen Gradient und der auf Süd bis
Südwest drehende Wind wieder zu. Am deutlichsten auf den Nordseeinseln (Bft 7-8)
und den westlichen Mittelgebirgen inkl. deren Nordrändern (Lee, 7 Bft). Die
Tageshöchsttemperatur liegt wie gestern meist zwischen 4 und 10°C, im höheren
Bergland um den Gefrierpunkt.

In der Nacht zum Mittwoch wird der Höhenrücken durch den nächsten über GB
ostwärts schwenkenden Trog nach Südosten gedrückt und wir gelangen unter eine
südwestliche, meist noch indifferente Strömung. Das Tief bei den Färöern
vertieft sich auf ca. 965 hPa (ICON). Die Warmfront schwenkt mit stratiformem
Regen ostwärts durch, wobei der Warmsektor im
Norden aufgrund des fortschreitenden Okklusionsprozesses durch die nachfolgende
Kaltfront schmaler wird. Im Nordwesten sind in 12h verbreitet 5 bis 10, Richtung
Nordsee 10 bis 15 l/m² Regen möglich. Im Bergland fällt präfrontal der WF
anfangs Schnee, allerdings sorgen der rasche niedertroposphärische
Temperaturanstieg von leichten Minusgraden auf bis zu +5°C auf 850 hPa sowie
gute Durchmischung für einen Anstieg der Schneefallgrenze über die Kammlagen der
Mittelgebirge hinaus. Vom Erzgebirge über den ostbayerischen Mittelgebirgsraum
hinweg bis zum östlichen Alpenrand ist durch geringe Bewölkung am Abend eine
Entkopplung der Grundschicht und die Bildung einer dünnen Kaltluftschicht
wahrscheinlich, was bei Ankunft des Regens, bevor sich die mildere Luft
durchsetzt, für örtliches Glatteis sorgen kann. Wie viel es dort aber überhaupt
regnet, ist unsicher, da sich der Warmfrontregen abschwächt.

Die nachfolgende, etwas nach Südwesten zurückhängende Kaltfront hat zum Morgen
den Westen und Nordwesten passiert, was dort T850 wieder auf wenig über 0°C
sinken lässt. Im Warmsektor frischt der Süd-Südwestwind aufgrund der stabilen
Schichtung vor allem in höheren Lagen sowie auf offener See teils stürmisch auf.

Über der Deutschen Bucht sind schwere Sturmböen 10 Bft (aus ICON) nicht
ausgeschlossen und in einigen exponierten Kamm- und Gipfellagen sind schwere
Sturmböen bis Orkanböen 10-12 Bft drin. Im Laufe der Nacht, wenn die Schichtung
von Westen her labiler wird und der Wind auf Südwest bis West dreht, nimmt die
Wahrscheinlichkeit für Böen 7 bis 8 Bft auch in den Tieflagen Nord- und
Westdeutschlands deutlich zu.

Die Tiefstwerte liegen mit Ausnahme des Südostens und einiger Hochlagen, wo
leichter Frost angesagt ist, eingangs der Nacht zwischen 7 und 1°C. Bis zum
Morgen sorgen die WLA und verbesserte Durchmischung für einen Temperaturanstieg,
der im Westen in niedrige zweistellige Werte mündet.


Mittwoch... werden die Reste des Höhenrückens zügig nach Osten abgeschoben, was
den Weg für den Trog freimacht, der mit seiner Achse nachmittags auf Deutschland
übergreift. Zunächst wird die Kaltfront ost-südostwärts über Deutschland hinweg
gesteuert, während das Tief mit ca. 970 hPa die Norwegische See ansteuert.
Postfrontal gelangt ein Schwall erwärmter Meereskaltluft subpolaren Ursprungs in
die Nordwesthälfte, in der T850 auf 0 bis -2°C sinkt.

Die frontalen Regenfälle breiten sich im Tagesverlauf südostwärts aus, wobei die
gar nicht mal schwache KLA durch trogvorderseitige PVA überkompensiert wird.
Erneut fallen gebietsweise 5 bis 10 l/m² Regen in 6 bis 12 Stunden, in einigen
Staulagen über der Mitte und nach Südwesten hin punktuell mehr, bis 20 l/m². Die
Sonne lässt sich kaum blicken, nur postfrontal im Nordwesten und vor der KF am
Alpenrand sind ein paar Wolkenlücken, im Nordwesten auch größere Auflockerungen
vorstellbar.

Da der Gradient postfrontal auffächert, lässt der von Süd auf Südwest bis West
drehende Wind nach. Lediglich in exponierten Hochlagen inkl. dem Alpenvorland
bleibt er frisch und in Böen steif bis stürmisch unterwegs. Erst mit Annäherung
eines Bodentroges nimmt er in den Abendstunden an und auf der Nordsee wieder zu.


In der eigentlich "frischeren" Luftmasse werden dank guter Durchmischung 7 bis
12°C erreicht. Einzig im ost-südöstlichen Mittelgebirgsraum bleibt es etwas
kälter.

In der Nacht zum Donnerstag schwenkt der Höhentrog ostwärts durch. Von der
Nordsee folgt aber noch ein kurzer, recht scharf geschnittener Sekundärtrog
nach, der auf seiner Vorderseite ein ordentliches PVA-Maximum aufweist. Dieses
induziert ein schauerartiges Regengebiet, dass den Norden und Westen sowie Teile
der Mitte ostwärts überquert. In Nordseenähe ist ein kurzes Gewitter nicht
ausgeschlossen.

Kaum ist der eine (schauerartige) Regen durch, setzt von Westen her
(stratiformer) Regen an einer Warmfrontwelle über der südlichen Nordsee und
Frankreich ein, dessen kräftige WLA weit nach Osten ausgreift, wobei der Regen
schwerpunktmäßig über die Landesmitte nach Osten ausgreift mit stellenweise 5
bis 10 l/m².

Die Vorhersage für die Nacht ist noch mit größeren Unsicherheiten behaftet, weil
die Welle unterschiedlich simuliert wird. Das betrifft neben dem Regen auch den
Wind. Der soll aus Südwesten kommend vor allem in der Mitte und im Westen,
bedingt aber auch im Süden ordentlich zulegen mit Böen Bft 7, exponiert 8. Im
Bergland gibt es vermehrt Sturmböen oder schwere Sturmböen. Auch an den Küsten
bleibt es windig mit teils stürmischen Böen aus Südwest bis West.


Donnerstag... zieht das Wellentief zügig über die Norddeutsche Tiefebene
ostwärts hinweg und erreicht am Nachmittag bereits den Nordwesten Polens.
Diesmal sind es die externen Modelle, die dem Tief eine gewisse Entwicklung
zutrauen, während ICON nur einen Bodentrog durchgehen lässt.
Wie dem auch sei: der Gradient legt deutlich zu und der Wind frischt bis ins
Flachland stark bis stürmisch auf, exponiert vielleicht sogar bis 9 Bft aus
Südwest bis West. Im Bergland kommen häufiger schwere Sturmböen auf, exponiert
bis Orkanböen 12 Bft. Dazu gibt es verbreitet Regen mit 5 bis 10 l/m², in
Staulagen um 20 l/m² in 12 Stunden. Die Schneefallgrenze steigt auf ca. 1500m.
Insgesamt geht es aber Schlag auf Schlag weiter. Der Regen wird schon im
Tagesverlauf durch den Niederschlag an dem nächsten Frontensystem eines Tiefs
bei Schottland ersetzt. Die Warmfront kommt Donnerstagnachmittag, die Kaltfront
folgt in der Nacht auf Freitag. Es bleibt sehr windig, teils stürmisch auf
ähnlichem Level wie tagsüber und auch der Regen hält an, gebietsweise werden
Dauerregenwarnungen fällig. Sowohl die deterministischen Modelle, als auch die
Probabilistik liefern Signale für markante, lokal unwetterartige Regensummen
(Staulagen Allgäu, Schwarzwald). Details sind aber noch unsicher.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren ähnlich, divergieren dann was die Warmfrontwelle ab
Donnerstag angeht sowie in der Folge. Entsprechend werden die Niederschlags- und
Windprognosen unsicher. Dazu wurde im Text schon einiges geschrieben.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner