DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

02-01-2023 09:01
SXEU31 DWAV 020800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 02.01.2023 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Südwest zyklonal (SWz)
Heute wechselhaft und windig, morgen Wetterberuhigung. Am Mittwoch regnerisch
und stürmisch. Durchgängig mild, wenngleich nicht mehr so extrem.


Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 24 UTC
--------------------------------------------------------------
Am heutigen Montag... befindet sich weiterhin ein Höhenrücken im Süden Europas,
der sich von Algerien ausgehend nach Osten abbiegend bis zum Schwarzen Meer
erstreckt. Auch Deutschland liegt aktuell noch am Rande dieses Rückens in
antizyklonal gekrümmten Umfeld auf der warmen Seite der Frontalzone. Höhentröge
liegen dagegen im Nordosten Europas und im Bereich der Britischen Inseln.
Tiefdruckgebiete ziehen weiterhin vom Atlantik her über die nördliche Mitte und
den Norden Europas ostwärts, während der generell hohe Luftdruck im gesamten
Mittelmeerraum auch seine Fühler zu uns ausstreckt. Insgesamt handelt es sich um
eine zyklonale Südwestlage, auch wenn die mittlere Troposphäre eher einen
antizyklonalen Eindruck erweckt.

Schauen wir aber genauer ins Bodendruckfeld, so sehen wir das Randtief
Magdalene, das heute früh über der Deutschen Bucht liegt und sich im
Tagesverlauf recht rasch nordostwärts über Dänemark und Südschweden hinweg in
die Ostsee verlagern soll. Magdalene ist auch mit einem Frontensystem
ausgestattet, wobei die Warmfront derzeit den Norden Deutschlands nach Norden
hin verlässt, die Kaltfront mit deutlichem Windsprung von Südwest auf West liegt
aktuell an der Grenze zu den Niederlanden, soll aber bis zum Abend in etwa eine
Linie von Vorpommern bis zum Schwarzwald erreichen. Insbesondere im Bereich vor
der Kaltfront ist auch der Druckgradient ziemlich stark, hinter der Front
fächert er auf. Im Flachland reicht es nur für mäßig auffrischenden Wind, weil
aber - bei stabiler Schichtung - der Wind mit der Höhe rasch zunimmt, gibt es im
Bergland sowie auch in den zugehörigen Leelagen verbreitet steife bis stürmische
Böen. Nur an der Kaltfront selbst kann es bei leichter Konvektion auch mal im
Tiefland steife Böen geben. Sturmböen gibt es nur auf einzelnen exponierten
Gipfeln, der Brocken bekommt insbesondere im unmittelbaren Vorfeld der
Kaltfront, die dort am Nachmittag durchgeht, auch einzelne orkanartige Böen oder
sogar Orkanböen ab, weil dort ein Low-Level-Jet erwartet wird. Rückseitig der
Kaltfront, wenn das Tief in die Ostsee zieht, nimmt am Nachmittag der Gradient
im Nordosten Deutschlands zu, allerdings reicht es wahrscheinlich nicht ganz für
warnwürdige Böen.

Im Südosten ist der Gradient generell schwächer, somit konnten sich dort heute
Nacht einzelne Nebelfelder ausbilden und die Temperatur sogar stellenweise in
den Frostbereich zurückgehen. Die abgekoppelte Schicht ist aber äußerst flach
und so zeigen sich heute früh insbesondere im höheren Alpenvorland teils extreme
Temperaturunterschiede auf kleinstem Raum. So stand das Thermometer heute früh
um 06:30 Uhr in Trauchgau in der Lechebene auf -3°C, in Kempten im Tal der Iller
auf +1°C, im nahen Oy-Mittelberg-Petersthal auf den alpenvorländischen
Moränenhügeln dagegen auf +13°C. Im Südosten Deutschlands scheint heute auch
wieder länger die Sonne, erst im Tagesverlauf zieht immer mehr hohe Bewölkung
auf, so dass dort die Temperaturen wieder auf Werte zwischen +9° in den
Donauniederungen und örtlich noch einmal +17°C am Alpenrand steigen kann.

Im Westen und Norden fällt dagegen im Tagesverlauf immer wieder Regen, am
Nachmittag zieht dann die Kaltfront mit den Regenfällen zunehmend weiter
südostwärts. So können einige Regionen in der Mitte zumindest noch etwas Sonne
abbekommen, ganz im Nordwesten bleibt es dagegen trüb. Auf der Rückseite der
Kaltfront erreicht am Abend der nördliche Teil des im Süden weit zurückhängenden
Troges (der vorhin bei den Britischen Inseln beschrieben wurde) die Nordsee und
sorgt mit PVA und zunehmender Labilisierung für Schauer im Nordwesten. Insgesamt
bleiben die Niederschlagssummen meist unter 5 mm, nur im Raum NRW können im
Tagesverlauf gebietsweise noch einmal 5 bis 10 mm zusammenkommen, insbesondere
vom Niederrhein über das westliche Ruhrgebiet bis ins Bergische Land werden
teils auch über 10 mm simuliert.

Am wärmsten wird es heute in einem Streifen vom Südwesten bis in den Osten
Deutschlands, wo etwas Sonne und Wind (von hohem Temperaturniveau ausgehend) die
Temperatur noch einmal auf 14 bis 18°C treiben können. Weiter im Nordwesten, wo
es die ganze Zeit regnet und bald die Advektion kühlerer Luft einsetzt, ist
ausgehend von den aktuell gemessenen 11 bis 13°C nur noch wenig Luft nach oben.

In der Nacht zum Dienstag schwenkt der Trog mit der Höhenkaltluft im Norden
recht flott über den Norden Deutschlands hinweg ostwärts, nach Süden hin hängt
er weiterhin weit zurück. Dabei kommt es im Norden des Landes zu einigen
Schauern, wobei IFS, Arome und UK10 etwas mehr Regen zeigen als ICON und GFS,
vor allem im Raum NRW und Südniedersachsen. Für Gewitter dürfte es nicht
reichen.

Von Süden steigt der Druck deutlich an, denn von Westen her schiebt sich ein
Keil des Azorenhochs in den Süden unseres Landes. Damit fächert in den meisten
Regionen der Gradient auf und der Wind lässt nach, nur ganz im Norden und vor
allem noch lange im Nordosten bleibt der Gradient stärker. Steife Böen
erscheinen vor allem vom Darß bis nach Rügen wahrscheinlich, können aber auch
örtlich in Nordfriesland oder anderen Abschnitten der Ostsee auftreten. In
exponierten Lagen sind stürmische Böen nicht ausgeschlossen. Da auch der
Höhenwind rückseitig der Kaltfront in die Knie geht, lässt auch der Wind auch
der Wind auf den Gipfeln rasch nach, lediglich auf dem Brocken kann es noch bis
zum Morgen Sturmböen geben.

À propos Kaltfront, diese kommt, vor allem durch den Höhenwind angetrieben,
weiter nach Südosten voran und bleibt im Alpenvorland liegen. Sie bringt meist
nur wenig Regen, nur im äußersten Süden können ein paar Millimeter
zusammenkommen. Da sich die Kaltluft sich nicht ganz bis zu den Alpen
durchsetzt, geht die Schneefallgrenze nur bis etwa 1500 m zurück, in 850 hPa
bleiben wir an den Alpen noch leicht über 0°C. Im Norden kühlt es dagegen in 850
hPa auf -4°C ab. Bodennah gibt es in der kommenden Nacht keinen Frost, dagegen
wieder recht einheitliches Temperaturniveau in Deutschland mit etwa 7 bis 3°C.

Am Dienstag... zieht der Trog in der Höhe und mit ihm die Kaltluft im Norden
rasch nach Osten ab, der nach Süden zurückhängende Troganteil kommt aber
weiterhin nur schleppend voran. Er zeigt zudem kaum Wetterwirksamkeit, denn der
Keil des Azorenhochs mit kleinen abgeschlossenen Kernen ist im Süden
dominierend. Somit spielt auch der Wind keine Rolle mehr, er weht im Süden
schwach, sonst teils noch mäßig und dreht wieder von West auf Südwest, denn von
der Nordsee her fällt der Druck am Nachmittag schon wieder deutlich. Dies hängt
mit einem Tief zusammen, dass von Westen her auf der Vorderseite eines flachen,
aber äußerst rasch heranziehenden Höhentroges die Hebriden erreicht. Starke WLA
über der Nordsee sorgt auch für die Bildung hoher und mittelhoher Wolken, die am
Nachmittag im Nordwesten aufziehen, aber noch keinen Regen bringen (nach ICON).
Dagegen regnet es im südlichen Alpenvorland im Bereich der Kaltfront noch
unergiebig, Schnee fällt weiterhin nur oberhalb etwa 1300 bis 1400 m. Die
Kaltfront selbst bewegt sich kaum noch und löst sich im Bereich des
Hochdruckkeils erwartungsgemäß unter Absinken langsam auf. In den großen
Regionen dazwischen beginnt der Dienstag mit reichlich Stratocumulusbewölkung,
die aber im Laufe des Tages Lücken bekommen soll. Somit kommt zumindest
gebietsweise auch mal die Sonne zum Vorschein.

Das Temperaturniveau fällt in der eingeflossenen erwärmten Polarluft deutlich
niedriger und damit jahreszeitgemäßer aus als bisher. Es werden zwischen 5°C im
östlichen Bergland und 12°C am Oberrhein erwartet.

In der Nacht zum Mittwoch zieht dann das erwähnte Tief vom Bereich der Hebriden
zu den Shetland-Inseln und kann sich noch etwas vertiefen. Gleichzeitig schwächt
sich unser Hoch nur wenig ab und zieht sich auch kaum zurück, so dass sich der
Gradient über der gesamten Nordwesthälfte deutlich verstärkt. Dies hat natürlich
ein Auffrischen des Südwindes zur Folge, der bis ins nordwestliche Binnenland
hinein und an der Ostsee gegen Morgen schon mit steifen Böen weht. An der
Nordsee gibt es zum Morgen schon stürmische Böen bis Sturmböen. Auch in 850 hPa
legt der Westwind über der Nordwesthälfte wieder bis 50 kt zu, so dass es auch
auf den Bergen wieder stürmisch wird. Allgemein kann es in den höheren Lagen der
westlichen und zentralen Mittelgebirge dann stürmische Böen geben, in Leelagen
ebenso steife Böen. Auf dem Brocken steigert sich der Südwestwind schon bis hin
zu orkanartigen Böen.

Die Warmluftadvektion auf der Vorderseite des Tiefs weitet sich über weite Teile
des Landes aus, so dass sich im Verlauf der Nacht die hohen und mittelhohen
Wolken in alle Regionen außer dem Südosten ausweiten. Zudem sorgt die Warmfront
des Tiefs für Regen teils durchaus mäßiger Stärke, der in etwa bis zu einer
Linie Eifel-Vorpommern vorankommt. In Schleswig-Holstein können bis zum Morgen
teils schon über 10 mm fallen.

Im Süden und Südosten des Landes ist noch der Hochdruckeinfluss wetterwirksam.
Dort löst sich die Kaltfront endgültig auf und die Regenfälle hören auf, nach
vorübergehender Wolkenauflockerung muss dann aber mit ausgedehnten Nebel- und
Hochnebelfeldern gerechnet werden.

Im Süden sinkt dann auch die Temperatur auf Werte um den Gefrierpunkt, so dass
es auch gebietsweise leichten Frost bis -2°C gibt. Im übrigen Land kühlt es
meist 7 bis 2°C ab, mit den höchsten Werten im Nordwesten.

Am Mittwoch... schwenkt der Höhentrog, der anfangs noch rückseitig des
wetterbestimmenden Tiefs lag, rasch weiter nach Osten durch bis nach Südschweden
und überläuft das Tief damit, das nur bis zur Norwegischen Küste vorankommt. Es
findet aber eine Teiltiefentwicklung im Oslofjord statt. Das Bodenhoch wird
etwas nach Süden gedrückt und bildet eine zonal orientierte Hochdruckzone, die
sich von westlich der Iberischen Halbinsel bis zum Balkan erstreckt. Damit
liegen der Norden und die Mitte Deutschlands in einem recht starken Gradienten,
wo es zumindest im Norddeutschen Flachland und in sämtlichen Leelagen weiterhin
zu steifen Böen aus Südwest kommt (nach ICON). An der Nordsee sowie in höheren
Berglagen muss mit stürmischen Böen bzw. Sturmböen gerechnet werden. Auf dem
Brocken kommt es wieder zu Orkanböen. Im Süden ist dagegen generell nur das
höhere Bergland von steifen, eventuell stürmischen Böen betroffen.

Auch von Fronten sind nur der Norden und die Mitte betroffen, nämlich von der am
Vormittag den Norden überquerenden Warmfront und der ab dem Mittag von der
Nordsee her übergreifenden thermisch kaum definierten Kaltfront, die den Norden
ebenso rasch überquert, aber nur wenig nach Süden vorankommt und bis zum Abend
im Bereich der Mitte Deutschland zonal zu liegen kommt. Weitere stratiforme
Regenfälle an der Warmfront und kräftige schauerartige Regenfälle bringen in der
Mitte vielfach 3 bis 10 mm, im Norden tendenziell 5 bis 15 mm. In
Schleswig-Holstein sind nach IFS und UK10 bis zu 30 mm innert 24 Stunden
möglich. Später sind auch im Bergischen Land ähnliche Summen nicht
ausgeschlossen.

Im Süden bleibt es dagegen weitgehend trocken und Richtung Alpen darf man sogar
mit aufgelockerter Bewölkung rechnen. Im übrigen Land sollte man dagegen kaum
auf Sonne hoffen. Die uns zufließende Luftmasse weist in 850 hPa etwa 1 bis 4°C
auf und kühlt auch rückseitig der Kaltfront kaum ab. Die Höchstwerte liegen
somit dann wieder allgemein zwischen 7°C im östlichen Bergland und 13°C im
Nordwesten.

In der Nacht zum Donnerstag übernimmt das östliche Teiltief die Regie und
verlagert sich zum Baltikum. Das Hoch im Süden verstärkt sich vor allem in
seinem Westteil über der Iberischen Halbinsel, so dass insgesamt die Strömung
etwas Richtung Nordwest dreht und der bodennahe Wind etwas nach West dreht. Mit
dieser leicht drehenden Strömung gelingt es auch der Kaltfront, nach Süden bis
zu den Alpen vorzudringen. Im Süden kommt es dadurch zu teils schauerartigen
Regenfällen, im Norden in etwas weniger stabiler Luftmasse zu weiteren Schauern.
Insbesondere im Stau der Mittelgebirge können stellenweise auch mal mehr als 10
mm Regen zusammenkommen.

Der Gradient schwächt sich insgesamt nur zögernd ab und damit lässt der Wind
auch nur langsam nach, im Laufe der Nacht sollten dann aber nur noch im Bergland
und an den Küsten steife bis stürmische Böen auftreten. Lediglich im
Alpenvorland frischt der Wind im Vorfeld der Kaltfront noch einmal stärker auf.
In den Hochlagen bleibt uns der Sturm in der Nacht weiterhin erhalten.

Bei meist stark bewölktem bis bedecktem Himmel liegen die Tiefstwerte meist
zwischen 9 und 4°C, mit den tiefsten Werten im Südosten.

Modellvergleich und -einschätzung
--------------------------------------------------------------
Die vorliegenden Modelle zeigen bis zur Nacht zum Donnerstag auf der
synoptischen Skala ein sehr einheitliches Bild. Was die Regenfälle angeht gibt
es noch kleine Unsicherheiten. Insbesondere in Schleswig-Holstein und im
Bergischen Land könnten wir am Mittwoch nahe an eine Dauerregenwarnung kommen.
Insofern lohnt es sich, diese Regionen im Auge zu behalten. Noch größere
Unsicherheiten bzw. Modellunterschiede gibt es bezüglich der Böen am Mittwoch,
obwohl die Druckfelder sehr homogen simuliert werden. Hier scheinen die
Unterschiede eher aus der Modellphysik zu kommen. Hoffentlich gleichen sich die
Windprognosen in den nächsten Tagen noch an!

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl.-Met. Peter Hartmann