DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

28-12-2022 08:30
SXEU31 DWAV 280800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 28.12.2022 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
W z

Zeitweise stürmisch, vor allem an der Nordsee und im Bergland, vorübergehend
auch in tieferen Lagen, vor allem nach Westen hin. Ungewöhnlich mild.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 24 UTC
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Mittwoch... liegen wir unter einer westlichen Strömung, in der mehr oder weniger
gut ausgeprägte Wellen uns nach Osten überqueren. Dabei gelangen Luftmassen vom
Nordatlantik zu uns, die milde Temperaturen bringen und dem Winter keine Chance
lassen. Im Verlauf der Kurzfrist nimmt die Strömung sogar noch an Fahrt auf und
die Zufuhr einer Meeresluftmasse subtropischen Ursprungs setzt ein.

Aktuell überquert ein eher schwächerer Trog Mitteleuropa ostwärts, der schon
mittags abgezogen ist und gefolgt wird von einem Höhenrücken. Dieser wird durch
kräftige Warmluftadvektion vor einem weiteren, vor die Tore des Kontinents
ziehenden Trog gestützt und verstärkt sich dabei. Abends liegt die Achse dieses
Rückens schon an der polnischen Grenze.

Tiefausläufer überlagert von Warmluftadvektion schleifen dabei über
Norddeutschland und bringen vor allem der Nordhälfte starke Bewölkung und
zeitweilige leichte Regenfälle. Sie schwächen sich mit Passage des Rückens ab
und ziehen sich nach Norden zurück, weil die Strömung nach Südwest dreht und die
Kaltfront eines über die Ostsee abziehenden Tiefs in die Warmfront des nächsten
nach Schottland ziehenden Tiefs übergeht.

Dabei verstärkt sich die Zufuhr milder Meeresluft wieder, in der die Temperatur
in 850 hPa auf +1 bis +5°C steigt, nur im Nordosten halten sich Reste einer
kälteren Luftmasse. Die feste Phase spielt übrigens bei den Niederschlägen nur
eine untergeordnete Rolle, lediglich anfangs sind im höheren Bergland ein paar
Schneeflocken möglich, für Glätte reicht es kaum.
Der Gradient fächert nach Abzug des Tiefs etwas auf. Im Nordwesten bis ins
Binnenland hinein, im Westen und in den mittleren Regionen bevorzugt in Leelagen
der Mittelgebirge sind aber zunächst Windböen Bft 7, an der Nordsee Bft
8 zu erwarten. In Kamm- und Gipfellagen der Mittelgebirge treten Sturmböen Bft
8-10 (Brocken Bft 10-12) auf. In den südöstlichen Mittelgebirgen ist die
Wahrscheinlichkeit für Sturmböen geringer. Im Tagesverlauf lässt der Wind
vorübergehend wieder nach und dreht von Westen her etwas nach Süd zurück. Bevor
der Wind zum Abend beginnend über der Nordsee wieder zulegt.
Größere Auflockerungen zeichnen sich am ehesten nach Süden hin, am Rand der
Hochdruckzone über dem Mittelmeerraum ab. Etwa vom Schwarzwald bis nach
Niederbayern sind sonnige Abschnitte möglich. Anfängliche lokale Glätte oder
Nebel im Südosten haben sich bald erledigt. Die Temperatur steigt meist auf 6
bis 11, am Oberrhein bis 13°C.

In der Nacht zum Donnerstag zieht das Sturmtief von Schottland unter leichter
Verstärkung an den Shetlands vorbei ins Nordmeer. Die Warmfront überquert den
Norden mit Regenfällen, die dann folgende Kaltfront erfasst uns von Nordwesten
mit schauerartigen Regenfällen. Sie überquert den Norden zügig, gelangt nach
Südwesten hin aber ins Schleifen und lässt wohl den Südosten noch außen vor.
Die Niederschlagsmengen bleiben überschaubar, selbst in Staulagen werden nur bis
10 l/qm in 12 Stunden erreicht, zumal sich die Regenfälle, da von Westen her
Kaltluftadvektion übergreift im Verlauf der Nacht abschwächen. Im Süden und
Osten kommt ohnehin nicht viel an, auch weil sich nach Süden hin die Nähe der
Hochdruckzone über dem Mittelmeerraum bemerkbar macht. Postfrontal folgt eine
bis ca. 600/700 hPa hinauf labile Meeresluft in der noch einige Schauer folgen.

Der Gradient nimmt derweil noch etwas zu und der zunächst südliche bis
südwestliche Wind frischt wieder auf. Über dem Westen, Nordwesten und über die
Mitte ausgreifend nach Osten sind in Böen Stärke 7, exponiert 8 auf der Karte.
An der Nordsee und im höheren Bergland werden Sturmböen wahrscheinlicher und
exponiert sind in Kamm- und Gipfellagen, laut ICON auch an der nordfriesischen
Küste schwere Sturmböen nicht ausgeschlossen. Einige exponierte Gipfel sehen Bft
11 bis 12.
Der leichte Hochdruckeinfluss wird aus dem Südosten verdrängt und Auflockerungen
in trockener Luft beschränken sich auf Südostbayern. Dort gibt es stellenweise
leichten Frost, aber kaum Nebel oder Glätte; sonst bleibt es frostfrei, im
Nordwesten bei Minima teilweise um +8°C.


Donnerstag... verlagert sich das dann hochreichende, steuernde Tief nur noch
langsam weiter ins Nordmeer. An seiner Südflanke nähert sich ein markanter Trog
von Westen her, bleibt aber noch westlich, sodass wie in eine südwestliche
Strömung gelangen. Die Kaltfront schleift dabei über Süddeutschland, etwa im
Bereich zwischen Donau und Main. Am Tiefausläufer regnet es zunächst nur wenig;
mit Annäherung des Troges wird die Front aber wieder aktiviert und die
Regenfälle verstärken sich von Südwesten her. Präfrontal bleibt der äußerste
Südosten, wo es leicht föhnige Aufheiterungen geben kann.
Postfrontal fließt eine Meereskaltluft ein mit 0 bis -2°C in 850 hPa, die
Schichtung bleibt bis 700/750 hPa labil und es gibt, außer im Nordosten, bei
wechselnder Bewölkung Schauer, vereinzelt auch Gewitter mit Graupel.

Der Gradient bleibt so gut aufgestellt, dass außer im Südosten verbreitet
Windböen, nach Nordwesten hin, in einigen Leelagen und bei Schauern stürmische
Böen aus Südwest bis West auftreten können. An der Nordsee sind, ebenso wie im
Bergland Sturmböen zu erwarten. Auf exponierten Bergen können teils schwere
Sturmböen bis Orkanböen auftreten. Erneut ist ICON was die Böen über der Nordsee
angeht, besonders forsch und lässt hier auch schwere Sturmböen zu. Zum Abend hin
lässt der Wind vor allem im Binnenland deutlich nach und fällt meist unter die
Warnschwellen, was freilich nicht für die Küsten, vor allem nicht für die
Nordsee, und Berge gilt.

Die Luft ist sehr gut durchmischt, so dass es mit Höchstwerte von 10 und 16°C
für einen sehr milden Tag gibt. In den Mittelgebirgen und im Küstenbereich ist
es nur wenig kühler.

In der Nacht zum Freitag schleift die Kaltfront über dem Süden, sodass dort aus
starker Bewölkung gebietsweise weiterer Regen fällt, der sich mehr und mehr in
die Regionen südlich der Donau verlagert (5-10, Stau 15 l/qm). Ansonsten
beruhigt sich das Wetter kurzzeitig durch einen flachen Rücken, der über uns
nach Osten wandert. Die Wolken lockern gebietsweise stärker auf, teils ist es
gering bewölkt und die Schauer klingen ab.

Der Wind ist im Binnenland meist nicht mehr warnwürdig, auch an den Küsten lässt
der Wind nach, vor allem an der Nordsee sind aber auch über die Nacht hinweg
starke bis stürmische Böen aus Südwest möglich. Im höheren Bergland muss weiter
mit stürmischen bis Sturmböen, exponiert mit schweren Sturmböen gerechnet
werden.
In feucht milder Luft und trotz nachlassenden Windes vor allem nach Norden und
über der Mitte teils gut durchmischt, spielt Frost keine Rolle.


Freitag... zieht der Rücken nach Osten ab. Dahinter stellt sich eine glatte,
aufgrund einer neuen Austrogung über dem Nordatlantik langsam auf Südwest
aufsteilende Höhenströmung ein. Die Frontalzone verschärft sich an der Flanke
des neuen Troges, was in einen markanten Jet-Streak mündet, der sich vom
Nordatlantik bereits bis zu den Britischen Inseln ausweitet. Das nächste Tief
zieht über Schottland in die nördliche Nordsee, dessen Warmfront mit Regenfällen
über Deutschland ostwärts schwenkt. Lediglich der Südosten und Osten bleiben bis
zum Abend außen vor, dort bleibt es trocken und vor allem in der ersten
Tageshälfte zeitweise sonnig.

Natürlich zieht auch der Wind wieder an. Vom Südosten und von Osten abgesehen
muss verbreitet mit starken, in Leelagen des Westens mit stürmischen Böen
gerechnet werden. Sturmböen bleiben aufgrund der stabilen Grenzschicht den
höheren Lagen und der Nordsee vorbehalten. Die exponierten Gipfel warten wieder
vermehrt mit Böen Bft 10-12 auf.
Im Westen und Südwesten werden erneut Höchsttemperaturen von 11 bis 15°C
erreicht, die 7 bis 11 in den anderen Landesteilen sind aber auch alles andere
als kühl.

In der Nacht zu Silvester geht die über den Norden schleifende Kaltfront des
Nordmeertiefs in die Warmfront einer Welle bei Irland über.
Im Warmsektor breitet sich eine sehr milde Subtropikluft über Deutschland aus,
die Temperaturen auf 850 hPa steigen auf 3 bis 7°C. In der zudem außerordentlich
feuchten Luft (spezifische Feuchte von knapp 8 g/kg bis 500 m kann schon fast
als sommerlich bezeichnet werden), bleibt es dicht bewölkt und gebietsweise
nieselt es. An den Tiefausläufern und nach Westen hin fällt zeitweise Regen. Im
äußersten Norden bleibt es auf der kalten Seite meist trocken und auch im
äußersten Süden kommt nicht viel Regen an. Ob in einigen Staulagen im Westen
oder Südwesten (die Lage ist noch unsicher) Warnschwellen vor Dauerregen fallen,
sei es 12 oder 24 stündig, ist noch unsicher.

Im Norden schwächt sich der Wind im Laufe der Nacht ab, im Binnenland unter die
Warnschwellen. Über der Mitte und nach Süden hin legt der Gradient noch leicht
zu und trotz stabiler Schichtung sind bis ganz runter einzelne stürmische Böen
möglich, im Bergland Sturmböen und exponiert 10-12 Bft. Hier wiederum bleibt der
Südosten etwas außen vor, wo es nicht zu warnwürdigen Böen reicht.
Die Nacht wird mit +10 bis +3°C mild. Die niedrigeren Werte werden im Südosten
erwartet, im Westen und Südwesten sind in einigen Regionen auch Minima von 13
bis 10°C möglich.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren weitgehend ähnlich ohne relevante Unterschiede. Ob es ab
Freitag in Staulagen der westlichen Bergländer für Dauerregen reicht, ist
unsicher. Eine markante Sturmlage zeichnet sich aktuell nicht.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner