DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

18-12-2022 09:30
SXEU31 DWAV 180800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 18.12.2022 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
SWa
Übergang vom ruhigen winterlichen Hochdruckwetter zu milderem und windigem
Tiefdruckeinfluss. Beim Übergang ab der Nacht zum Montag und am Montag
gebietsweise Glatteis (Unwetter).

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 24 UTC
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Sonntag... beginnt sich die Wetterlage allmählich umzustellen. Zunächst aber
schwenkt von Westen her noch ein Rücken über Deutschland hinweg. Dessen positiv
geneigte Achse nimmt mittags etwa eine Linie Pyrenäen - Vogesen - Südschweden
ein, um bis zum Abend bis auf eine Linie Löwengolf - Erzgebirge - Baltikum
voranzukommen. Der Rücken stützt Bodenhoch KASPAR, das sich mit der progressiven
Verlagerung des Rückens langsam ostwärts zurückzieht.
Jedenfalls steht der heutige Sonntag noch einmal im Zeichen des
Hochdruckeinflusses und der stark heruntergekühlten Luftmasse, die mit östlicher
bis südöstlicher Bodenstromkomponente noch keine wesentliche Modifikation
erfährt. Das hat für viele Gebiete ein Anhalten des Dauerfrosts zur Folge
(Eistag mit leichtem Frost zwischen 0 und -5 Grad), im Süden schafft es die
Temperatur vor allem bei länger anhaltendem Nebel oder Hochnebel zum Teil nicht
über -5 Grad hinaus. Aus dem Frost heraus kommen vermutlich aber einige Regionen
im Nordwesten und Westen (0 bis 4 Grad) sowie direkt an der Küste (knapp über 0
Grad).
Oberhalb der Grenzschicht allerdings tut sich schon etwas, dreht die Strömung
dort bereits auf Südwest und bringt mildere Luft mit T850 hPa über 0 Grad heran.
Deshalb könnte die Temperatur auch in einige höher gelegenen Regionen im Süden
und Südwesten (Schwarzwald, Alpen) im Bereich der warmen Nase über 0 Grad
steigen, ganz oben kann es sogar bis zu 6 Grad warm werden.
Unter dem Hochdruckeinfluss ist es zunächst häufig noch sonnig, sieht man von
den Regionen mit länger anhaltendem Nebel oder Hochnebel vor allem im Süden ab.
Im Laufe des Tages nehmen die Sonnenscheinanteile von Westen her sukzessive ab,
was durch den Aufzug hoher und mittelhoher Bewölkung verursacht wird und im
Zusammenhang mit aufkommender kräftiger und den Rücken überlaufender WLA steht.
Niederschlag fällt dann noch nicht, da Hebung durch den Rücken zunächst noch
verhindert wird.
Erwähnenswert ist sonst noch der Wind, der durch den zunehmenden Gradienten
zwischen dem abziehenden Hoch KASPAR und dem Tief FRANZISKA (dazu gleich mehr)
zulegt und sich gelegentlich bis in tiefe Lagen spürbarer bemerkbar macht als in
den Vortagen. Auf einigen Gipfeln reicht es dann schon für starke Böen Bft 7,
auf dem Brocken und einigen Alpengipfeln für stürmische Böen Bft 8.

In der Nacht zum Montag gelangen wir auf die Rückseite des Rückens und damit
mehr und mehr in eine südwestliche Strömung auf der Vorderseite eines Trogs über
dem Nordostatlantik. Dieser ist mit dem steuerndem Tief FRANZISKA verbunden,
dessen Zentrum Montagfrüh rund 750 km südwestlich von Island liegt. Die
Warmfront des Tiefs dringt in der südwestlichen Strömung unter anhaltend
kräftiger WLA in den Nordwesten Deutschlands ein.
Das hat zur Folge, dass von Westen her Niederschläge aufkommen, die bei weiter
steigenden T850 hPa auf 1 bis 7 Grad durch die dann große warme Nase
mehrheitlich als Regen und nur anfangs vielleicht noch als Schnee fallen werden.
Bodennah hält jedoch die östliche bis südöstliche Strömung an, was fast
landesweit mit leichtem bis mäßigem Frost zwischen 0 und -9 Grad, im Südosten
bei längerem Aufklaren nochmals mit lokal strengem Frost unter -10 Grad
verbunden ist.
Regen, Frost und tiefgefrorene Böden bilden eine unheilvolle Allianz, dessen
Resultat gefrierender Regen und Glatteis sein wird. Zunächst sind davon die
Gebiete vom südlichen Emsland bis zur Eifel betroffen, in denen es kurz vor
Mitternacht losgehen dürfte. Dann stellt sich allerdings die Frage, wieviel von
dem Niederschlag unten ankommt, könnten die warme Nase und die trockene
Grundschicht durch Verdunstung des Niederschlags doch einen Strich durch die
Rechnung machen. Hinzu kommt im Laufe der Nacht im Westen eine bodennahe
Erwärmung, weil die Durchmischung bei auffrischendem Wind zunimmt. So steigt die
Temperatur im Westen bis zum Morgen in 2 m bereits auf 0 bis 5 Grad, einige
Gebiete bleiben vermutlich sogar frostfrei. Bei tief gefrorenen Böden besteht
trotz positiver Lufttemperaturen allerdings zunächst Glättegefahr, die den
Modellen zufolge aber nicht all zulange andauern soll. Zwischen Emsland und
Münsterland simulieren die Modelle weniger gefrierenden Regen, sodass dort
bisher auf eine Vorabinformation verzichtet wurde.
In der zweiten Nachthälfte dehnt sich der Niederschlag bis auf die Gebiete
Nordsee - Harz - Thüringer Wald - Unterfranken - und das nördliche
Baden-Württemberg aus, wobei sich erneut die Frage der Verdunstung stellt und
wann unten tatsächlich was ankommt. Mit jedem Kilometer nach Osten wird die
Gefahr für Glatteisregen größer. Bei Regenmengen von 1 bis 2, lokal bis 3 l/qm
pro Stunde dürfte sich teilweise ein dicker Eispanzer bilden. Prädestiniert sind
vor allem windgeschützte Tal- und Muldenlagen in den Mittelgebirgen, wo die
Erwärmung am längsten auf sich warten lässt. Im Norden deutet sich an, dass die
Glättesituation nach Einsetzen der Niederschläge recht bald überwunden wird
(Dauer 2 bis 3 Stunden), da die Durchmischung bei zunehmendem Gradienten besser
funktioniert. Dennoch muss mit erheblichen Behinderungen der Infrastruktur
gerechnet werden, insbesondere wenn das Glatteis im morgendlichen Berufsverkehr
aufkommt. Deshalb wurde für diese Bereiche eine Vorabinformation herausgegeben.
Im Osten und Süden bleibt es postfrontal bei zunehmender Bewölkung noch trocken.

Bleibt noch der Wind, der im Westen und Nordwesten deutlich auffrischt und vor
allem im Westen vereinzelt starke Böen Bft 7 bis ins Tiefland bringt. Auf den
Bergen und den Nordseeinseln treten diese häufiger auf, auf dem Brocken sind
schwere Sturmböen Bft 10 möglich. Darüber hinaus kommt in Sachsen bei
südöstlicher Anströmung Böhmischer Wind auf, der zu starken, mitunter sogar
stürmischen Böen Bft 7 bis 8 und Schneeverwehungen führen kann.

Montag... zeigen sich die Höhengebilde weiter mit leicht progressiver
Verlagerung, womit der Rücken weiter nach Osten abwandert. Das verschafft der
Warmfront von Tief FRANZISKA südlich von Island Gelegenheit, über den Osten
Deutschlands hinwegzuziehen.
So kommen auch dort Regenfälle auf, die auf dort ebenfalls gefrorene Böden
treffen und Glatteis verursachen. Die Regenmengen bleiben ähnlich wie in der
Nacht, sodass weiterhin von Unwettern auszugehen ist. Wie in der Nacht deutet
sich an, dass die Glatteislage im Tiefland nicht allzu lange andauert (meist
nicht mehr als 3 Stunden), da die Erwärmung sich durch die gute Durchmischung
relativ rasch bemerkbar macht und die Lufttemperaturen bereits auf 1 bis 5 Grad
steigen. So trifft es erneut vor allem windgeschützte Tal- und Muldenlagen in
den Mittelgebirgen. Im Nordwesten und Westen dürfte sich die Lage dann bereits
entspannt haben, wobei der Regen im Westen nachlässt und die Lufttemperaturen
auf 4 bis 11 Grad ansteigen.
Im Süden bleibt es sowieso meist trocken, wobei es häufig stark bewölkt oder
neblig ist. Weil die südöstliche Strömung bodennah noch anhält, wird die kalte
Luft gar nicht ausgeräumt. Die Gebiete im südöstlichen Bayern verharren deshalb
weiterhin im leichten Dauerfrost.
Der Wind weht in der Nordhälfte mäßig und in Böen frisch bis lokal stark, im
Bergland und an der See und bei Böhmischen Wind in Sachsen mit starken bis
stürmischen Böen, auf dem Brocken mit schweren Sturmböen oder sogar orkanartigen
Böen.

In der Nacht zum Dienstag wandert der Rücken zwar noch etwas weiter nach Osten,
wir befinden uns dann aber nach wie vor auf der Vorderseite des Trogs über dem
Nordostatlantik, aus dem ein Höhentief Richtung Schottland wandert. FRANZISKA
dreht sich um das Höhentief und kommt damit kaum in eine Richtung voran.
Bodennah verbleiben wir folglich im Warmsektor des Tiefs.
Damit regnet es in der Nordwesthälfte weiterhin zeitweise (Regenmengen 1 bis 10
l/qm in 12 Stunden), letztes Glatteis ist anfangs noch ganz im Osten möglich. In
der zweiten Nachthälfte sollte die Glatteislage dann spätestens beendet sein.
Im Südosten bleibt es trocken bei häufig dichten Wolken und gebietsweisem Nebel.

Der Wind weht in der Nordhälfte weiterhin mäßig und teils böig, mit starken bis
stürmischen Böen an der See und im Bergland, auf dem Brocken mit schweren
Sturmböen oder vereinzelt orkanartigen Böen. Der Böhmische Wind hält auch noch
an.
Die Temperaturen sinken auf 8 bis 1 Grad, im Südosten auf 1 bis -8 Grad.

Dienstag... ändert sich zunächst nicht allzu viel an der Wetterlage. Damit
bleibt die Wetterzweiteilung erhalten: Im Nordwesten zeitweise Regen (weiterhin
1 bis 10 l/qm in 12 Stunden), im Südosten häufig stark bewölkt, aber trocken bei
örtlich länger anhaltendem Nebel.
Beim Wind können die Aussagen des Vortages benutzt werden, dafür bitte im Text
nach oben scrollen.
Die Temperaturen steigen auf 5 bis 13 Grad, im Südosten trotz noch südöstlichem
Wind auf 0 bis 5 Grad, womit es höchstens lokal noch Dauerfrost gibt.

In der Nacht zum Mittwoch erreicht die Kaltfront des Tiefs den Nordwesten, womit
die Regenfälle allgemein etwas nach Südosten gedrückt werden. Trocken bleibt es
bis zum Morgen noch im Südosten Bayerns. Zum Morgen hin trocknet es auch an der
Nordsee ab. Dazwischen sind erneut 1 bis 10, in Staulagen der westlichen
Mittelgebirge 15 bis 20 l/qm in 12 Stunden zu erwarten.
Der Wind schwächt sich leicht ab, auf den Bergen und an der See treten aber
weiterhin starke bis stürmische Böen und auf dem Brocken schwere Sturmböen auf.

Die Temperaturen gehen auf 8 bis 1, in Südostbayern nochmals auf 1 bis -6 Grad
zurück.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren sehr ähnlich, im Detail gibt es aber vor allem bezüglich
der räumlichen Verteilung der Niederschläge bzw. des gefrierenden Regens
Unterschiede. Eine Ausdehnung der Vorabinformation nach Osten hin ist jedoch auf
jeden Fall notwendig. Auch die Regionen vom Niederrhein bis zum Rheinland haben
mittlerweile erhöhtes Potenzial für Glatteis (niedrigere Belagstemperaturen),
sodass eine Ausdehnung auch dorthin geplant ist. Für Akutwarnungen sollen die
Mittagsläufe abgewartet werden.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Simon Trippler