DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

17-12-2022 11:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 17.12.2022 um 10.30 UTC



Wechselhaft und mild, dabei zunehmend windig bis stürmisch. Heiligabend Sturm
möglich.
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Synoptische Entwicklung bis zum Samstag, den 24.12.2022


Geht man dieser Tage an die Aufgabe ran, das Wetter der Mittelfrist zu
beschreiben, so kommt man nicht umhin, ein Wort über das Weihnachtswetter zu
verlieren. Verlieren ist dann gleich auch schon das Stichwort (nein, es geht
ausnahmsweise mal nicht um die deutsche Fußballnationalmannschaft), werden doch
wahrscheinlich alle, die auf weiße Weihnachten hoffen, eine Enttäuschung
erleben. Nach dem teils winterlichen Wetter der vergangenen Tage stehen die
Zeichen nun auf milderes und nasses Wetter bis zum und vermutlich auch
einschließlich dem in sieben Tagen beginnenden Weihnachtsfest.

Aber der Reihe nach. Zum Beginn der Mittelfrist am kommenden Dienstag wird sich
die Wetterlage bereits umgestellt haben, weil wir uns auf der Vorderseite eines
hochreichenden Tiefs zwischen Island und Schottland in einer südwestlichen
Strömung wiederfinden. Damit wird milde Atlantikluft zu uns transportiert,
sodass die T850 hPa auf 3 bis 8 Grad steigen. Das sind rund 10 bis 15 Kelvin
mehr als noch am heutigen Samstag, sodass sich winterliche Erscheinungen immer
weiter zurückziehen. Mit von der Partie sind Ausläufer des Tiefs, die uns von
Westen und Nordwesten her traktieren.

Am Mittwoch schwenkt das Höhentief wieder gekoppelt an die Höhenströmung als
Randtrog über die Nordsee hinweg nach Skandinavien und führt auch das Bodentief
dorthin. Im Zuge dessen überquert uns die Kaltfront des Tiefs, die Deutschland
von Westen her nachfolgend mit etwas kühlerer Atlantikluft versorgt, was bei
T850 hPa zwischen -2 und 2 Grad bei Winterwettergegnern aber kaum Angst und
Schrecken verbreiten kann.

Am Donnerstag und Freitag zonalisiert die Strömung weiter, womit neue Ausläufer
von Tiefs den Weg zu uns finden. Dadurch hält das wechselhafte Wetter an, bei
T850 hPa zwischen 0 und 8 Grad ist es für die Jahreszeit zu mild. Zudem beschert
uns die lebhafte Strömung recht windiges, vielleicht auch stürmisches Wetter.
UK10 liefert in seinen Vorhersagen einen Sturm in der Nacht zum Samstag (Böen
bis 100 km/h).

Am Samstag (Heiligabend) deutet dann auch EZMW einen Sturm an, den ein
Schnellläufer als Teiltief hinter einem über die Nordsee nach Osten ziehenden
Tief bringen könnte. Anschließend dreht die Strömung dann zumindest in der
Nordhälfte auf Nord bis Nordwest, sodass vorübergehend tatsächlich kühlere Luft
mit T850 zwischen 0 und -6 Grad in den Norden Deutschlands geschaufelt wird. Da
dies aber nur vorübergehender Natur ist, reicht die Abkühlung kaum aus, um sich
auch bodennah signifikant durchzusetzen.

In der erweiterten Mittelfrist hält das wechselhafte und zu milde Wetter bei
erneuter Zonalisierung der Strömung zunächst auch noch am Sonntag (1.
Weihnachtsfeiertag) an. Am Montag (2. Weihnachtsfeiertag) wölbt sich über den
Britischen Inseln ein Rücken auf, sodass der Druck bei uns steigt. Von Südwesten
könnte dann noch mildere Luft mit T850 hPa um 10 Grad einsickern. Winterliche
Optionen scheinen vorerst nicht mehr auf der Karte zu stehen.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die Konsistenz ist bis zum Donnerstag recht hoch. Danach lässt sie mehr und mehr
nach, um im neuen potenziellen Heiligabend-Sturm zu gipfeln, den die Vorläufe
nicht so stark und eher schon am Freitag simulierten. Allerdings weiß man auch
um die Schwierigkeiten, die Schnellläufer 7 Tage im Voraus den Modellen
bereiten, sodass der aktuelle Modelllauf noch nicht für bare Münze genommen
werden sollte. Es zeigt sich jedoch, und dieser Schluss wurde bereits am
gestrigen Freitag an dieser Stelle gezogen, dass Potenzial für eine Sturmlage
vorhanden ist.
Mit der zunehmend mangelnden Konsistenz ist eine Prognose in der erweiterten
Mittelfrist mit größeren Unsicherheiten behaftet. Ein Grundtenor lässt sich aber
dennoch extrahieren: Die Rückkehr winterlichen Wetters ist vorerst eher nicht zu
erwarten.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Bis zum Mittwoch sind die Unterschiede zwischen EZMW, GFS, ICON und UK10 nur
relativ gering, danach nehmen sie deutlich zu. Vor allem an den über die Nordsee
hinwegziehenden Tiefs ab Donnerstag scheiden sich die Geister, sowohl was den
zeitlichen Ablauf angeht als auch die Stärke bzw. die Auswirkungen auf den Wind
bei uns. Bei allen Modellen wird es windig, bei UK10 und EZMW stürmisch. Des
Weiteren hält beim GFS die Abkühlung am Heiligabend länger an, sodass zumindest
für den äußersten Norden eine kleine Schneeoption besteht.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


RAUCHFAHNEN:
Die Rauchfahnen des EZMW-Ensembles für diverse deutsche Städte sind zunächst eng
gebündelt und bestätigen den deterministischen Lauf. Am Mittwoch und Donnerstag
öffnen sich die Kurven ein wenig, danach deutlicer. Haupt- und Kontrolllauf
laufen zum Ende hin im Median an den oberen Rand der Streuungen, bei denen
wenige Mitglieder deutlich tiefer angesiedelt sind. Von daher ist die Option
erneuter Wintereinbruch in der erweiterten Mittelfrist trotz obiger Aussagen
vielleicht doch noch nicht ganz vom Tisch. Niederschlagssignale sind vor allem
am Dienstag und Donnerstag/Freitag vorhanden.

CLUSTER:
Zwischen t+120 und t+168 (Donnerstag bis Samstag) werden 3 Cluster ausgegeben
mit Regime NAO positiv. Die Unterschiede sind eher gering, sodass keine neuen
Lösungen ins Spiel kommen, im Detail bei den Tiefdruckentwicklungen aber kleine
Unterschiede zu sehen sind. Die Auswirkungen auf unser Wetter sind jedoch zu
vernachlässigen und negieren nicht obiges Szenario.
Zwischen t+192 und t+240 (Sonntag bis Dienstag) gibt es nur 2 Cluster, die beide
von NAO negativ zu NAO positiv wechseln. In C1 baut sich ein mächtiger Rücken
vom zentralen Mittelmeer bis nach Mitteleuropa auf. In C2 ist dieser deutlich
flacher und wird durch einen Randtrog über der Nordsee geschwächt. Damit
verbunden wäre nach C1 eher Hochdruckeinfluss-, nach C2 eher Tiefdruckeinfluss
vorherrschend mit unterschiedlich temperierten Luftmassen. C1 ist dabei mild, C2
kälter. Bei einem Kräfteverhältnis von 28 zu 23 Mitgliedern ist das Rennen
allerdings noch völlig offen.

FAZIT:
Die wechselhafte und eher milde Witterung in der Mittelfrist ist ziemlich
sicher. Ob sie auch zu einem Sturm führt, muss sich erst noch zeigen. Dass es
windiger wird, ist wiederum sicher. Zum Weihnachtsfest nimmt die
Vorhersageunsicherheit deutlich zu, eine genaue Aussage ist dann kaum noch
möglich. Der Trend geht eher zur Fortdauer der milderen Witterung ohne
signifikanten Temperaturrückgang. In Stein gemeißelt ist das aber noch nicht.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


WIND/STURM:
Ab Mittwoch sind in EFI schwache Signale mit Werten bis 0.7 für
überdurchschnittlich starken Wind vorhanden. Vor allem am Freitag wird das vom
EZMW-EPS mit erhöhten Wahrscheinlichkeiten für stürmische Böen Bft 8 bis ins
Tiefland quittiert. Für die See und das Bergland gilt das ab Mittwoch allgemein,
auf höheren Gipfeln sind Sturmböen Bft 9 oder schwere Sturmböen Bft 10 nicht
ausgeschlossen. Auf höheren Alpengipfeln ist es am Dienstag zudem noch föhnig.

DAUERREGEN:
Am Freitag weist EFI Signale für überdurchschnittlich viel Regen auf. Im
EZMW-EPS bleiben die Wahrscheinlichkeiten für mehr als 30 l/qm in 24 Stunden
aber (noch?) gering. Im deterministischen Lauf werden von EZMW in Staulagen
punktuell 30-40 l/qm in 24 Stunden gezeigt, beim GFS und ICON sogar bis zu 60
l/qm.
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Basis für Mittelfristvorhersage
MOSMIX, EZMW, EZMW-EPS
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Simon Trippler