DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

17-12-2022 08:01
SXEU31 DWAV 170800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 17.12.2022 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
B M, Übergang zu SW z.
Abgesehen von teils strengem Frost in den Nächten und in den Frühstunden vorerst
keine markanten Wettergefahren. Ab Sonntag in den Kamm- und Gipfellagen der
Mittelgebirge sowie durch Böhmischen Wind in der Lausitz teils stürmische Böen,
exponiert auch Böen bis Sturmstärke. Darüber hinaus über der offenen Nordsee
sowie an der Vorpommerschen Ostseeküste, insbesondere auf Ostrügen, zeitweise
stürmische Böen.
Montagfrüh beginnend einsetzender Regen und daher verbreitet UNWETTER durch
Glatteis, im Osten wahrscheinlich den ganzen Tag über andauernd.

Synoptische Entwicklung bis Montag 24 UTC
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Samstag... liegt Deutschland am Rande eines nach Osteuropa abziehenden Troges.
Zwischen diesem und einen weiteren Trog, der sich von Grönland nach Südwesten
bis in das Seegebiet westlich der Azoren erstreckt, kommt ein flacher Rücken
zustande. Durch diesen Rücken wird ein kräftiges Bodenhoch gestützt, das sich
über Mitteleuropa etabliert hat. In dessen Bereich konnte die zuvor
eingeflossene arktische Polarluft zur Ruhe kommen. Letzte leichte Schneefälle,
nicht viel mehr als ein paar Flocken, die aus dem o.g. Trog resultieren, ziehen
aus dem Bayerischen Wald und dem Erzgebirgsraum nach Osten ab.
Infolge der geringen Luftdruckgegensätze bedingt wird unser Wettergeschehen
durch Grundschichtprozesse geprägt. Verbreitet konnte sich Nebel oder tiefe
St-Bewölkung bilden, die sich tagsüber nur sehr zögernd und zum Teil auch nicht
mehr auflösen wird. Verbreitet tritt strenger Frost auf, was auch in Gebieten
der Fall ist, in welchen kein Schnee liegt. Der Tagesgang der Temperatur ist nur
wenig ausgeprägt, so dass, abgesehen vielleicht von einigen Regionen am
Niederrhein, erneut ein Tag mit leichtem bis mäßigem Dauerfrost zu erwarten ist.

Bedingt durch die Verlagerung eines Bodentiefs in die Norwegische See erfolgt
über der Nordsee eine leichte Gradientzunahme, so dass im Tagesverlauf an der
Nordfriesischen Küste erste Windböen und über der offenen Nordsee zum Abend hin
auch stürmische Böen aufkommen. Ansonsten ist der Wind vorerst nicht
warnrelevant.

In der Nacht zum Sonntag verlagert sich der Schwerpunkt des wetterbestimmenden
Bodenhochs zu den Beskiden. Da hierdurch noch keine signifikante Gradientzunahme
erfolgt, entsteht vor allem im Osten und Süden Deutschlands, wo nach wie vor die
Luftdruckgegensätze gering sind, erneut Nebel oder Hochnebel oder es verdichten
sich noch vorhandener Nebel. Zudem stellt sich noch einmal verbreitet (und zwar
nicht nur über schneebedeckten Gebieten) strenger Frost ein.
Im Norden und Westen zieht jedoch der Gradient ein wenig an, so dass dort die
Nebelneigung geringer ist. Für warnrelevante Böen reicht es jedoch nicht. Zudem
kommt kräftige Warmluftadvektion in Gang, die sich im Westen und Südwesten
Deutschlands oberhalb der Grundschicht durch eine Erwärmung in den positiven
Temperaturbereich bemerkbar macht. Daher werden diese Gebiete wahrscheinlich von
strengem Nachtfrost verschont.

Sonntag... verlagert sich das Bodenhoch unter weiterer Kräftigung (bis über 1040
hPa) mit seinem Schwerpunkt zu den Waldkarpaten. Warmluftadvektion, die rasch
auch die östlichen Landeteile erfasst und sich zudem von Westen her verstärkt,
bringt von Nordwesten her Druckfall in Gang. Der Gradient legt zu, so dass in
den Kamm- und Gipfellagen der meisten Mittelgebirge wind- und stürmische Böen
und exponiert Böen bis Sturmstärke aufkommen. Zudem kommt der Böhmische Wind in
Gang, was auch in Teilen der Lausitz und vor allen in den hierfür anfälligen
Tälern Wind- und stürmische Böen mit sich bringt. Ein von Westen her rasch
ostwärts übergreifender Aufzug mittelhoher und hoher Bewölkung schiebt einer
raschen Erwärmung den Riegel vor. Bedingt durch die südöstliche bodennahe
Windkomponente wird weiterhin Kaltluft advehiert. Abgesehen vom Nordwesten und
tieferen Lagen Westdeutschlands ist weiterhin leichter bis mäßiger Dauerfrost zu
erwarten. Eine Erwärmung erfolgt nur oberhalb der Grundschicht. Im 850
hPa-Niveau verbleibt bis zum Abend nur der Nordosten Deutschlands noch im
Bereich negativer Temperaturen.

In der Nacht zum Montag verabschiedet sich das wetterbestimmende Hoch nach
Osteuropa. Von Westeuropa her greift ein Rücken unter weiterer Kräftigung auf
Mitteleuropa über. An dessen Nordflanke erfolgt über Deutschland weiterhin
kräftige Warmluftadvektion. Diese steht in Verbindung mit der Warmfront eines
Sturmtiefs bei Island und lässt, beginnend ab der zweiten Nachthälfte, ganz im
Westen erste Niederschläge aufkommen, die von Anfang an als Regen fallen.
Aufgrund des auch dort bis über 20 cm tief gefrorenen Bodens entsteht Glatteis,
auch wenn ein rascher Temperaturanstieg auf positive Werte erfolgt. Allerdings
ist im Nordwesten und im Westen die Glatteislage mit der Drehung der bodennahen
Winde auf Süd bis Südwest ausgestanden, so dass unwetterartige Auswirkungen
wahrscheinlich örtlich eng begrenzt sind. Anders sieht es östlich der Weser und
südlich des Rheinlandes aus. Dort dauert die südöstliche Windkomponente an, so
dass die bodennahen Temperaturen nicht so rasch aus dem negativen Bereich
herauskommen (vom tief gefrorenem Erdboden ganz zu schweigen). Daher steht
diesen Gebieten eine Unwetterlage durch Glatteis bevor.
Im Osten und größtenteils auch im Süden Deutschlands ist erneut mäßiger, im
östlichen Bergland und in Alpentälern auch strenger Frost zu erwarten. Ansonsten
stellt sich meist leichter Frost ein.
Gegenüber Sonntagnachmittag und -Abend ist die Windlage weitgehend unverändert.
Im Nordwesten und Norden erfolgt eine weitere leichte Gradientzunahme, so dass
an der Nordsee (vor allem der Nordfriesischen Küste) vermehrt Windböen und über
der offenen Nordsee und auf Ostrügen stürmische Böen auftreten. Der Böhmische
Wind legt auch noch etwas zu, so dass in den hierfür anfälligen Tälern vermehrt
stürmische Böen auftreten; auch einzelne Böen bis Sturmstärke sind nicht
auszuschließen.
Warnrelevanter Nebel sollte auf Teile der Donauniederung und Niederbayerns, wo
die Gradientzunahme noch nicht so recht greifen kann, beschränkt bleiben.

Montag... gelangt Deutschland voll in den Genuss des breiten Warmsektors eines
Sturmtiefs bei Island. Hierdurch setzt sich eine kräftige bodennahe südwestliche
Strömung bis zum Abend auch in die nordöstlichen Landesteile durch. Allerdings
lässt sich dort (und auch bzw. erst recht im Südosten) die Drehung der Winde auf
südliche oder vielleicht sogar südwestliche Richtungen Zeit. Hierdurch ergibt
sich von der Mitte aus nordwärts eine großflächige unwetterartige Glatteislage.
Mehrere mm (in der Spitze 5 bis 10 mm) flüssiger Niederschlag auf gefrorenem
Boden und bei zumindest bis in den Vormittag hinein noch vielfach negativen
Temperaturen bringen eine dicke Eisschicht auf allen Oberflächen zustande.
Während sich größtenteils gegen Mittag mit der Winddrehung auf Süd und einer
Erwärmung eine Entspannung andeutet, ist dies im Nordosten und dort vor allem an
Oder und Neiße erst zum Abend hin der Fall.
Unsicher ist noch, wie weit diese Niederschläge nach Süden ausgreifen, ob dies
bis zur Mainlinie der Fall ist oder nur die zentralen und östlichen
Mittelgebirge hiervon gestreift werden. Jedenfalls sollten im Grenzbereich
unwetterartige Auswirkungen aufgrund der sehr geringen Niederschläge nur lokal
auftreten.
Die weiter südlich liegenden Gebiete bleiben von der Glatteislage sehr
wahrscheinlich verschont. Dort lässt sich zwar die Winddrehung die meiste Zeit,
aber es fällt kein Niederschlag. Da nach wie vor der Gradient relativ schwach
ist, sind weiterhin Grundschichtprozesse für das Wettergeschehen maßgeblich.
Zudem hält sich dort leichter Dauerfrost, wogegen im weitaus größten Teil
Deutschlands ein Temperaturanstieg auf 2 bis 8, an Ober- und Niederrhein bis 10
Grad erfolgt.
Gegenüber Sonntagabend bleibt die Windlage nahezu unverändert.

In der Nacht zum Dienstag bleibt über Mitteleuropa gesamttroposphärisch eine
südwestliche Strömung bestehen, mit welcher auch bodennah sehr milde Luft
advehiert wird. Aufgrund der Nähe zur Frontalzone wird der Nordwesten und Norden
Deutschlands von einem Niederschlagsband erfasst, ohne dass sich warnrelevante
Niederschlagsmengen abzeichnen. Bei weitgehend unverändertem Gradienten sind
nach wie vor in den Kamm- und Gipfellagen der meisten Mittelgebirge Wind- und
stürmische Böen sowie exponiert Böen bis Sturmstärke zu erwarten. Zudem dauert
der Böhmische Wind mit stürmischen Böen in den hierfür anfälligen Tälern an.
Im Südosten Deutschlands bleibt die kalte Grundschicht noch weitgehend
unangetastet, bei geringen Luftdruckgegensätzen kann sich dort erneut Nebel oder
Hochnebel bilden oder es verdichten sich noch vorhandene Nebelfelder. Geringe
Glättegefahr besteht nur lokal durch Reif oder gefrierendes Nebelnässen. Zudem
ist auch wieder leichter bis mäßiger Frost zu erwarten. Das betrifft insgesamt
die Gebiete von der Bodenseeregion bis nach Oberfranken, Südthüringen, den
gesamten Erzgebirgsraum und die Oberlausitz.



Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle stützen die oben beschriebene Entwicklung. Anhand der
synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten Unterschiede
ableiten. Unsicher ist noch, wie weit und mit welchen Mengen die Niederschläge
am Montag auf die Gebiete südlich der Mittelgebirgsschwelle übergreifen. Hiervon
ist abhängig, wie weit die dann unvermeidliche Unwetterwarnung nach Süden
ausgedehnt werden muss.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann