DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

15-12-2022 18:01
SXEU31 DWAV 151800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 15.12.2022 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
In der Nacht im Süden erneut Unwetter durch Glatteis, Niederschläge später in
Schneefall übergehend. Zum Wochenende ruhiges, aber kaltes Winterwetter.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 12 UTC
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Aktuell ... liegt Deutschland im Bereich eines langwelligen Höhentroges, wobei
sich zwei stärkere Frontalzonen in dessen Einflussbereich, bzw. an dessen Rand
befinden. Über Deutschland befindet sich dabei die Grenze der hochreichend
kalten Arktikluft, die über dem Norden Deutschlands in 500 hPa um 36°C aufweist,
in 850 hPa um -8°C. Die zugehörige bodennahe Luftmassengrenze befindet sich im
äußersten Süden des Landes. Dort grenzt die Dauerfrostluft an eine etwas mildere
Luftmasse, die heute am Hochrhein und im Alpengebiet leichte Plusgrade
hervorbrachte.
Eine weitere stärkere Frontalzone befindet sich am Südrand eines vom oben
genannten Langwellentrog ausgehenden breiten Troges über Südwesteuropa, auf
dessen Vorderseite subtropische Luftmassen Richtung Süditalien vorstoßen.
Umfangreiche Warmluftadvektion auf dessen Vorderseite greift aktuell schon bis
nach Deutschland aus, was daran erkennbar ist, dass hohe Bewölkung schon wieder
von Süden her Richtung Norden vorankommt. Ein kurzwelliger Anteil läuft heute
Abend über den Löwengolf hinweg und sorgt für zusätzliche PVA in Richtung
Westalpen, so dass in Südfrankreich und Norditalien kräftige Niederschläge
eingesetzt haben.

Über der Mitte Deutschlands befindet sich eine flache Hochdruckzone, in deren
Bereich und an deren Nordrand heute teils sonnenscheinreiches Wetter war, teils
hat sich aber auch dichter Stratus gehalten, ganz im Gegensatz dazu, was uns die
Modellwelt verkaufen wollte. Am Südrand dieser Hochdruckzone frischt derzeit der
Wind etwas aus Nordost auf, da von Südwesteuropa her erwartungsgemäß der Druck
etwas fällt.

Im Bereich der Deutschen Bucht befindet sich ein flaches Tief (namens Dora),
dessen Entstehung wohl teilweise diabatisch erklärt werden kann, da es in seinem
Bereich eine aktive Schauerlinie gibt, in der es von Ostfriesland bis nach
Vorpommern mitunter recht kräftig schauert, im Binnenland als Schnee, so dass
örtlich durchaus bis zu 10 cm Neuschnee zusammen können. Des Weiteren wird das
flache Tief Dora aber auch durch etwas PVA auf der Vorderseite eines
kurzwelligen Troganteils gestützt. Auf der Südflanke des Tiefs gelangte heute
eine etwas feuchtere und bodennah mildere Luft in den Nordwesten Deutschlands,
so dass es bis zur Altmark sogar leichte Plusgrade gab. Ganz im Norden dreht der
Wind wieder auf Nordost.

In der Nacht zum Freitag vermag der nur sehr wenig progressive Kurzwellentrog im
Norden keine ausreichende Hebung mehr zu generieren, um Tief Dora am Leben zu
erhalten. Deswegen löst sich das Tief bei weiterer Südwärtsverlagerung über dem
Festland rasch auf. Da auch die Schauerlinie immer weiter nach Süden vorankommt,
verliert sie zumindest in ihrem Westteil ihren Zugriff auf die Wärme und Feuchte
des Meeres, so dass die Schauer über dem Norden Niedersachsens und im Süden
Schleswig-Holsteins immer schwächer werden. Wenige Zentimeter Neuschnee sind
aber noch örtlich möglich. Im Osten bleibt die Schauerlinie dagegen weiterhin
nahe der Ostseeküste, so dass dort mit etwas mehr Feuchtenachschub im
Küstenumfeld noch ein paar kräftigere Schauer unterwegs sein können und
zumindest lokal noch über 5 cm Neuschnee fallen können.

Südlich der Schauerlinie soll es in einer breiten Zone bei aufgelockerter
Bewölkung bleiben, bzw. der Himmel klar sein. Dies ist vor allem vom Westen bis
nach Brandenburg der Fall. Hier und da kann sich in diesem Bereich bei weiterhin
Hochdruckeinfluss und schwachem Wind Nebel bilden, vor allem im nordwestlicheren
Bereich, wo auch etwas mehr Feuchte zur Verfügung steht. In dieser Region ist
auch die Gefahr der Entstehung von Reifglätte etwas höher, während nach Süden
und Osten hin die sehr niedrigen Taupunkte allzu viel Reifbildung unterdrücken
sollten.

Im Süden des Landes greifen ab dem Abend vom Alpenvorland her Niederschläge nach
Norden aus, die zunächst von Warmluftadvektion und später auch durch PVA
generiert werden, da sich der südwesteuropäische Trog immer mehr nähert. In den
Regionen von den Alpen bis maximal in etwa zur Donau und zum südlichen
Bayerischen Wald kann vor allem zu Beginn des Niederschlagsereignisses noch eine
warme Nase vorhanden sein, wenngleich selbige nicht gesättigt sein sollte und
damit mit der Zeit abgebaut werden. Trotzdem muss in den genannten Regionen mit
gefrierendem Regen gerechnet werden, sofern der Boden gefroren ist, was
insbesondere am Bodensee und in den Alpen nicht überall der Fall sein dürfte.
Deswegen ist dort die Glatteisgefahr etwas geringer, so dass die am stärksten
unwettergefährdete Region sich von Oberschwaben ostwärts durchs Alpenvorland
zieht, bis in etwa in die Region München. In dieser Region muss auch durchaus
mit mehreren Millimetern Regen gerechnet werden, die auf gefrorenen Boden
fallen. Weiter nach Norden sind die Niederschläge schwächer und gehen schneller
in Schnee über. Insgesamt sollen die Schneefälle in etwa bis zur einer Linie
Karlsruhe-Wunsiedel ausgreifen, wobei am Nordrand nur wenig Schnee fällt. Der
meiste Schnee sollte im Bereich der Donauniederungen zwischen Ehingen und
Ingolstadt, bzw. im südlich angrenzenden Alpenvorland fallen, dort sind durchaus
regional 5 bis 10 cm Neuschnee vorstellbar, die teils in wenigen Stunden
niedergehen.

Zuletzt noch ein Blick auf die Temperaturen: Frostfrei soll es fast nirgends
bleiben. Im Süden und Nordwesten wird leichter Frost erwartet, ansonsten mäßiger
und bei Aufklaren über Schnee vielfach strenger Frost.

Am Freitag ... schwenkt der Trog bis in den zentralen Mittelmeerraum. Südlich
unseres Landes verlagert sich der tiefste Druck allmählich ostwärts und die
Tiefs (mehrkerniges Tief Erdmute) greifen auf der Trogvorderseite zunehmend bis
nach Südosteuropa und die Ukraine aus. Die schwache Hochdruckzone verlagert sich
dagegen langsam in die Nordhälfte Deutschlands. Im gesamten Süden setzen sich
damit schwache nördliche Winde durch, dies betrifft auch die untere Troposphäre
bis 850 hPa. Somit drückt die kalte Luft wieder von Norden gegen die Alpen und
räumt die Reste der milderen Luftmasse langsam aus. In 850 hPa geht am Alpenrand
die Temperatur wieder auf -6°C zurück und auch bodennah setzt sich im Laufe des
Tages die Frostluft wieder vollständig durch. Am Rande der Tiefentwicklung
verbleibt der Südosten Deutschlands im Bereich einer Hebungszone, in der es zu
anhaltenden, aber sich immer mehr abschwächenden Schneefällen kommt. Diese
greifen anfangs in etwa weiterhin bis zum Nordschwarzwald und Fichtelgebirge
aus, ziehen sich dann aber in der zweiten Tageshälfte allmählich in die Gebiete
südlich der Donau und in den Bayerischen Wald zurück. Dabei kann weiterer
Neuschneezuwachs erwartet werden, zwischen 1 cm am Nordwestrand und gut 10 cm im
südlichen und östlichen Alpenvorland. Unmittelbar am Alpenrand und ganz im
Südosten Bayerns hält der Schneefall auch noch bis Samstagfrüh an, dort können
in Summe auch 10 bis 15 cm fallen, in den Alpen in Staulagen teils auch bis 20
cm.

Über dem Nordwesten des Landes, in etwa zwischen Emsland und Vorpommern, sollen
Reste der Schneeschauerzone auch den Freitag über noch erhalten bleiben.
Allerdings sind dort die Schneefälle nur noch schwacher Natur, ganz lokal können
vielleicht noch einmal um 3 cm Neuschnee zusammenkommen.

Im übrigen Land gibt es teils auch größere Aufheiterungen und etwas Sonne, so
dass sich in einigen Landesteilen ein ruhiger Wintertag einstellt. Vielfach
verharren die Temperaturen im leichten Dauerfrostbereich, leicht über die
Nullgradmarke geht es noch an der See, ganz im Westen und in der ersten
Tageshälfte noch im äußersten Süden. Dagegen muss vor allem stellenweise in der
Mitte und in höheren Lagen des zentralen Berglands teils sogar mit mäßigem
Dauerfrost gerechnet werden.

In der Nacht zum Samstag lassen im Südosten die Schneefälle langsam nach, bis
auf die schon erwähnten Gebiete unmittelbar an den Alpen und ganz im Südosten
Bayerns. In der Folge setzen sich auch zunehmend Auflockerungen durch. Aus der
zunächst nur flachen Hochdruckzone wird zunehmend ein stattliches Hoch (Kaspar),
dessen Schwerpunkt sich allmählich in den Süden Deutschlands verlagert.
Demzufolge wird der Wind tendenziell sogar noch etwas schwächer als bisher. Nur
über der Nordsee weht er noch mäßig aus Südwest. Bei teils recht wenig Bewölkung
geht es mit den Temperaturen wieder in den Keller, allerdings wird zumindest
Richtung Nordwesten, wo etwas mehr Feuchte vorhanden ist, die Neigung zu Nebel
und Hochnebel etwas erhöht, zudem kann es dann auch etwas Reifansatz geben. Die
Tiefstwerte liegen dann je nach Bewölkung und Schneelage zwischen -5 und - 15°C,
milder bleibt es nur an der See und vielleicht noch im äußersten Südosten.

Am Samstag ... bestimmt Hochdruckeinfluss das Wetter. Die sich auf über 1030 hPa
aufplusternde Hochdruckzelle verlagert ihren Schwerpunkt in den Südosten
Deutschlands. Der Wind weht damit vielfach aus südlicher Richtung. Da auf der
Vorderseite eines zum Nordmeer schwenkenden Randtroges ein Tief entlang zieht,
verstärkt sich über der Nordsee der Druckgradient. Im Tagesverlauf kann es dann
auf Helgoland und den Nordfriesischen Inseln auch erste steife Böen aus Süd
geben.

Niederschläge sind nicht mehr zu erwarten, vielmehr stellt sich ein oftmals
sonniger, teils auch trüber und ruhiger Wintertag ein. Die Höchstwerte liegen
vielfach im Dauerfrostbereich zwischen -6°C im Süden und Osten und 0°C im
Westen. Rund um Nord- und Ostsee sowie am Niederrhein kann es leichte Plusgrade
geben.

In der Nacht zum Sonntag zieht der wetterbestimmende Trog allmählich nach Osten
ab. Damit nähert sich von Westen wieder eine etwas stärkere westliche
Höhenströmung unserem Land. Dies macht sich in höheren Luftschichten schon mit
ansteigenden Temperaturen bemerkbar, so dass im Südwesten in 850 hPa bis zum
Morgen schon bis zu 4°C erreicht werden. Das Hochdruckgebiet wird noch etwas
stärker, verlagert sich aber in östliche Mitteleuropa, so dass wir an dessen
Westrand in den Bereich eines etwas stärkeren Gradienten geraten. Deswegen wird
der östliche bis südöstliche Wind im Nachtverlauf im Binnenland etwas stärker.
Auf Helgoland und den Nordfriesischen Inseln (und auch den Halligen) muss weiter
mit steifen Böen aus Süd gerechnet werden.

Weiterhin hält sich teils tiefe Bewölkung, teils bildet sich wieder Nebel und
Hochnebel, was vor allem in der Osthälfte simuliert wird. Kältefans dürfen sich
wieder auf eine kalte Nacht mit Tiefstwerten zwischen -5°C im Nordwesten und
-15°C im Südosten freuen. Etwas milder bleibt es nur ganz im Nordwesten.
Reifglätte sollte nur kleinräumig in der Nähe von Feuchtequellen auftreten.

Am Sonntag ... weicht das Hoch über dem östlichen Mitteleuropa nur wenig zurück,
wohingegen sich von Westen ein atlantischer Tiefkomplex zu den Britischen Inseln
hin ausweitet. Damit verstärkt sich über Deutschland der Südostwind. Vor allem
über der Nordhälfte weht dieser dann mäßig. Über der Nord- und Ostsee kann es in
den wenigen südsüdostexponierten Lagen zum Abend steife Böen geben, auf
Helgoland stürmische Böen. Auch in den Mittelgebirgen muss in Kammlagen mit
steifen bis stürmischen Böen gerechnet werden und im Erzgebirge und im Lausitzer
Bergland frischt der Böhmische Wind auf, der auch durchaus mit stürmischen Böen
bis in die Täler durchgreifen kann.

Wetter gibt es zunächst kaum. Die Nebelfelder und Stratusgebiete sollten sich im
Tagesverlauf auflösen, dafür greift dann aber ab dem Mittag mehrschichtige
Bewölkung, getriggert durch mächtige WLA, auf den Westen Deutschlands über und
weitet sich rasch nach Osten aus. Ab dem Abend kann es ganz im Westen erste
Tropfen geben, vielleicht gibt es aber auch zunächst nur Oberschlag. Recht
unstrittig ist, dass Schnee nicht dabei sein wird, denn in der Höhe greift eine
mildere Luftmasse schon weit nach Osten aus. So soll in 850 hPa die
0-°C-Isotherme schon die Elbe erreichen, im Südwesten werden es 2 bis 4°C. Somit
bilden sich wieder schöne warme Nasen aus, denn bodennah setzt sich die
Milderung nur sehr zögerlich durch. So bleiben in weiten Teilen des Nordens, des
Ostens und des Südens die Höchstwerte noch unter dem Gefrierpunkt, teilweise
werden vom MOS sogar noch Höchstwerte knapp unter -5°C berechnet. Über den
Gefrierpunkt geht es dagegen schon ganz im Westen und erneut rund um die See, in
höheren Berglagen des Südens und Westens kann es sogar schon um +5°C mild
werden.

Trotzdem besteht bereits am Abend die Gefahr gefrierenden Regens, denn der Frost
sitzt tief im Boden und hält die Oberflächen kalt. Wenn sich dann in der Nacht
die Niederschläge nach Osten fortsetzen, könnte sich erneut eine
Unwetter-Glatteislage einstellen. Aber dazu in den nächsten Tagen mehr.



Modellvergleich und -einschätzung
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Die synoptische Entwicklung ist unstrittig. Alle Modelle zeigen den Übergang zu
milderer Witterung am Ende der Kurzfrist. Allerdings ist ICON was das
Übergreifen des Regens auf Deutschland betrifft, das schnellste Modell.

Bei den Niederschlagssummen zeigen vor allem ICON-D2, GFS und UK10 auch in den
nächsten Stunden noch sehr hohe Werte nördlich von Hamburg, so dass hier
weiterhin Ocker-Warnungen nötig werden könnten, auch wenn ein Teil der globalen
Modelle etwas zurückhaltender ist. Die Niederschlagssummen im Süden werden von
allen Modellen sehr ähnlich simuliert. Hier kommt es darauf an, wie schnell die
warme Nase verschwindet und was die Belagstemperaturen genau machen. Hier helfen
uns die Modelle nur bedingt weiter. Es wurde das wahrscheinlichste Szenario erst
einmal in Warnungen umgesetzt, es ist aber nicht unwahrscheinlich, dass im
Verlauf der Nacht noch etwas nachgesteuert werden muss.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl.-Met. Peter Hartmann