DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

14-12-2022 18:30
SXEU31 DWAV 141800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 14.12.2022 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Im äußersten Süden weiterhin teils Unwetter durch gefrierenden Regen, von Norden
her in Schnee übergehend und später nachlassend. Verbreitet winterlich kalt.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 12 UTC
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Aktuell ... liegt Deutschland am Südrand eines breiten Langwellentroges, der
weite Teile des Nordens und der Mitte überdeckt. Dabei liegen wir in einer
leicht zyklonal konturierten westlichen Höhenströmung. Während der Norden des
Landes ganz von der Höhenkaltluft (mit bis zu -37°C in 500 hPa über der Grenze
zu Dänemark) beeinflusst wird, liegt der Süden gänzlich außerhalb dieser
Höhenkaltluft an der anderen Seite der Frontalzone. Diese ist, wie es sich
gehört, geneigt, so dass bodennah die Kaltluft deutlich weiter nach Süden reicht
als in der Höhe und damit große Teile des Landes in 850 hPa noch unter -4°C
aufweisen und bodennah der Dauerfrost bis weit in den Süden reicht. Dort hat
sich aber, ausgehend von dem atlantischen Tief Efrain (internationaler Name) an
einer Warmfront das Wellentief Colleen I gebildet, welches sich durch einen
schwachen Kurzwellentrog in der Höhe etwas entwickelt und am Nordrand der Alpen
entlang zieht. Damit haben im äußersten Süden die Winde auf Südwest gedreht und
eine Luftmasse subtropischen Ursprungs eingesteuert, die im sonst so
winterverwöhnten Allgäu die Temperatur hat auf bis zu 5°C ansteigen lassen. Nur
wenig entfernt davon befindet sich aber schon die Dauerfrostzone, die aber
oberhalb der Grenzschicht (wir sprachen ja schon von der geneigten Frontalzone)
von milderer Luft überlagert wird, in der die Temperaturen auf über den
Gefrierpunkt angestiegen sind. Stichwort: Eine warme Nase vom feinsten, die der
heutige Mittagstemp von Oberschleißheim zeigt. Da das Tief auch für ordentlich
Hebung sorgt, ist die Luftmasse bis 500 hPa oder -20°C gesättigt, so dass es zur
Bildung von Schneefall reicht, der in der warmen Nase komplett schmilzt und dann
mit Raten bis durchaus 1,5 mm/h in die Frostluft hineinfällt, wobei Dank der
kalten Vorgeschichte auch die Böden gefroren sind. Das sorgte heute für eine
Glatteislage par excellence mit den entsprechenden Auswirkungen und natürlich
großräumig mit Unwetterwarnungen versehen, die bei einer solchen
Lehrbuchwetterlage unstrittig sind, wenn auch die genaue Positionierung
teilweise ins Nowcasting verlegt werden musste.

Doch genug zum Süden, Deutschland geht auch nördlich des 49. Breitengrades
weiter, und dort schließt sich erst mal eine flache Hockdruckzone an, die aber
in der Höhe von den Hebungsprozessen erfasst wurde, so dass dort heute etwas
Schnee hineinfiel, was bei der aktuell dauerfrostigen Lage sogar im
Rhein-Main-Gebiet (wo der Autor des Textes im Büro sitzt) für etwas
Winterfeeling sorgte. Weiter nach Norden hin gab es einen winterlich kalten
Strahlungstag. Und damit zum hohen Norden: Dort liegt man nahe eines
mehrkernigen Skandinavientiefs, so dass dort der kalte Wind aus westlicher
Richtung kommt und bei entsprechender Labilität über dem um 8°C warmen
Nordseewasser Schauer entstanden sind, aus denen auch immer wieder mal Blitze
gezuckt sind und die dem nördlichsten Nordfriesland kräftige Schneeschauer
gebracht haben.

Aber nun zur nahen Zukunft:
Bleiben wir mal im hohen Norden: Dort zeigt sich besonders in 500 hPa ein
kurzwelliger Höhentrog (mit eingelagertem Tief), der sich in der Nacht zum
Donnerstag westlich Norwegens südwärts verlagern soll. In seinem Vorfeld
schwenkt ein weiterer Kurzwellentrog schon in der Nacht über den Norden
Deutschlands hinweg ostwärts. Auf den Vorderseiten zieht ein kleines Tief in der
Nacht von Jütland nach Südschweden, ein weiteres (Dora) zieht von Norden her in
das Seegebiet westlich Jütlands. Letzteres lässt gegen Morgen an der Nordsee den
Südwestwind böig auffrischen, aber wohl noch unter den Warnschwellen. Zudem
sorgen beide Systeme für eine Intensivierung der Niederschläge, so dass in der
Nacht erst einmal meist nur recht schwache Schneeschauer über den Norden
Schleswig-Holsteins hinweg ziehen, am Morgen dann aber stärkere gewittrige
Schneeschauer die Nordfriesischen Inseln erreichen.

Weiter nach Süden hin ist in der frühwinterlichen Kaltluft weiterhin schwacher
Hochdruckeinfluss wetterbestimmend. Die Achse des Hochs liegt dabei grob entlang
von Mosel und Main. Während es im Norden wolkenarm bleibt, kommen auch weiter
nach Süden hin zunehmend Wolkenauflockerungen ins Spiel, teils bleibt es aber
auch noch stärker bewölkt. Insgesamt kann aber bei schwachem Wind durchaus in
vielen Regionen die Ausstrahlung wetterwirksam werden, was oftmals mäßigen Frost
zur Folge hat, über Schnee und wo sich die Kaltluft sammelt auch gebietsweise
strengen Frost. Örtlich kann sich auch Nebel bilden. Aufgrund der recht
trockenen Luftmasse und des schwachen Windes, sollte die Entstehung von Reif
auch in den Ausstrahlungsgebieten keine allzu große Rolle spielen. Nach Süden
hin ist es durch den gefallenen Schnee teils noch glatt.

Ganz im Süden ist nach wie vor die Luftmassengrenze wetteraktiv, wobei die
Kaltluft wieder etwas nach Süden vorankommt. Ein leichtes Hebungsgebiet sorgt
noch einmal für die Verstärkung der Niederschläge, die aber von Norden her
wieder in Schnee übergehen. Dabei können in Teilen des Alpenvorlandes durchaus
über 5 cm Schnee fallen. Aus flacher Bewölkung kann rückseitig auch noch etwas
gefrierender Sprühregen fallen. Der äußerste Süden, vom Südschwarzwald über den
Hochrhein und die Bodenseeregion sowie den Alpen und das unmittelbare Vorland,
verbleiben in der Höhe noch im Bereich milderer Luft. Da allerdings das flache
Bodentief nach Osten abzieht, dreht der Wind wieder auf nördliche Richtungen und
die Kaltluft sickert nach und nach wieder ein. Zudem kriecht auch der Frost
wieder aus dem Boden heraus, so dass mit Belagstemperaturen wieder teils unter
dem Gefrierpunkt gerechnet werden muss. Da dort weiterhin Regen fällt, muss
wieder mit Glatteis gerechnet werden, und zwar aufgrund der Niederschlagsraten
weiterhin in Unwetterstärke.

Am Donnerstag ... verbleiben wir am Südrand des breiten Langwellentroges. Dabei
erreicht der Kurzwellentrog von Nordwesten her die Küste Niedersachsens und
schwenkt dann in abgeschwächter Form noch über den Norden hinweg. Das zugehörige
Bodentief verlagert sich langsam über die Nordsee südwärts und erreicht mit
seinem Kern am Abend die Region um Borkum. Der Wind, der anfangs noch im Bereich
Ostfrieslands und bis nach Dithmarschen mit steifen Böen aus Südwest weht (was
für die Energieversorgung erfreulich ist, kommt doch auf diese Weise auch mal
was von den "Erneuerbaren" rein), schwächt sich am Abend ab. In
Schleswig-Holstein dreht er dann wieder auf Nordost. Mit diesem Tief verlagert
sich eine Schneeschauer- und Gewitterzone langsam nach Süden und erreicht die
Nordseeinseln, das Binnenland nördlich des Kanals und die Ostseeküste. Vor allem
in Schleswig-Holstein kann es bei anhaltender Schauertätigkeit durchaus auch mal
über 5 cm, vielleicht sogar 10 cm Neuschnee geben, denn für Labilität ist durch
die Höhenkaltluft weiterhin gesorgt und das Feuchteangebot der warmen Meere ist
schier unerschöpflich. Zudem verlagert sich die Schauerzone nur sehr langsam
südwärts.

Über der Landesmitte bleibt die Hochdruckzone erhalten, deren Ost-West-Achse
sich kaum verschiebt. Allerdings verlagert sich der Hochschwerpunkt etwas nach
Osten, so dass der Wind im Westen teils auf südliche Richtung dreht. Insgesamt
bleibt es aber über der Landesmitte windschwach. Zudem wird nur wenig Bewölkung
erwartet, so dass sich vielfach ein sonniger und kalter Wintertag einstellt.
Von Südwesten fällt aufgrund eines Tiefs, das von der Biskaya nach Frankreich
zieht, wieder der Druck, so dass vor allem im Raum Baden-Württemberg der
Nordostwind etwas auffrischt. Generell weht der Wind im Süden allgemein wieder
aus Nordost, so dass die Kaltluft wieder bis in die Alpen eindringt. In der Höhe
bleiben zwar die milden Luftmassen bestehen, da aber der Niederschlag im Laufe
des Vormittags nachlässt, endet die Glättesituation. Allerdings bleibt es bei
viel Bewölkung, zumal auf der Vorderseite des erwähnten Tiefs im Tagesverlauf
schon wieder die hohe und mittelhohe Bewölkung etwas nach Norden vorankommt.

Die Temperaturen bleiben in der Mitte und im Osten leicht im Frostbereich, im
Nordwesten sorgt der auffrischende Südwestwind für leicht positive Werte, im
Westen die Sonne. Auch ganz im Süden gibt es in der ersten Tageshälfte noch
einmal vorübergehend leichte Plusgrade, vor sich wieder die kältere Luft
durchsetzt.

In der Nacht zum Freitag nähert sich dem schon tagsüber im Norden aktiven
Kurzwellentrog ein weiterer Trog, der quasi in dessen Rücken hineinläuft und
auch weiter nach Süden ausgreift.

Damit zieht zum Einen Tief Dora ins nordwestliche Binnenland, allerdings bezog
es seine Energie zu guten Teilen aus diabatischen Prozessen, die natürlich über
dem Binnenland ausfallen, so dass es sich deutlich abschwächt. Das gilt auch für
die Schneeschauer, die sich nach ICON entlang einer Linie von Borkum über das
Schleswig-Holsteinische Binnenland hinweg bis nördlich Rügen organisieren.
Andere Modelle zeigen durchaus südlichere Varianten. Auf jeden Fall muss
zumindest in der ersten Nachthälfte noch mit teils recht starken Schneeschauern
gerechnet werden, so dass lokal durchaus nochmal 5 bis 10 cm fallen können. Der
Streifen mit Schnee wird aber von allen Modellen recht schmal simuliert.

Zum Anderen weitet sich die Tiefdruckzone südlich der Alpen nach Osten aus und
greift auch auf das südöstliche Mitteleuropa aus. Hebungsprozesse greifen dabei
von Süden und Südosten her auf Deutschland über, so dass Niederschläge
einsetzen. Dabei können zu Beginn durchaus noch warme Nasen vorhanden sein,
allerdings solche eher kleinerer Art und auch nicht komplett gesättigt, so dass
diese recht schnell abgebaut sein dürften und vielleicht auch teils zu Beginn
schon Schneeregen fällt. Allerdings besteht durchaus zumindest in Alpennähe
wieder die Gefahr von Glatteis, was wir in dieser Nacht dann hoffentlich "ocker"
über die Bühne bringen. Später weiten sich die Niederschläge als Schnee bis zum
Nordschwarzwald und Fichtelgebirge aus und bringen bis zu 5 cm Neuschnee, im
Alpenvorland evtl. sogar noch ein bisschen mehr.

Zwischen den beiden Systemen ist ruhiges und gebietsweise klares Wetter zu
erwarten. Dort sinkt die Temperatur wieder verbreitet in den mäßigen
Frostbereich, zumal auch der Wind schwach ist. Auch strenger Frost muss wieder
gebietsweise ins Kalkül gezogen werden. Die Glättegefahr ist in diesen Regionen
nicht so hoch. Leichten Frost gibt es in den übrigen Landesteilen. Frostfrei
bleibt es nur im Nordseebereich.

Am Freitag ... schwenkt der Höhentrog von Westen nach Deutschland herein. Allzu
stark ist aber die Hebung nicht und beschränkt sich im Wesentlichen auf den
Südosten des Landes. Im Westen ist dagegen wohl leichte Kaltluftadvektion
wetterwirksam und von Westen schiebt sich ein Hochkeil herein. Damit wird auch
Tief Dora komplett zugeschüttet. Die Winde werden damit ziemlich schwach und
drehen vielfach auf nördliche Richtungen. Im Südosten halten die Schneefälle
südöstlich der Linie Schwarzwald-Fichtelgebirge zunächst weiter an, schwächen
sich aber ab. Am Nachmittag ziehen sie sich dann an die Alpen zurück. Insgesamt
sollten aber nicht mehr als weitere 5 cm Neuschnee zusammenkommen. Im Norden
bleibt uns die Linie mit den Schauern erhalten. Sie soll noch etwas nach Süden
vorankommen, allerdings ist sie auch tagsüber nicht mehr so stark ausgeprägt.
Lokal kann es aber wieder einige Zentimeter Neuschnee geben. Regional ist dann
im Norden und Nordwesten etwas mehr Bewölkung anzutreffen, ansonsten wird es am
Freitag auch wieder in vielen Gebieten sehr sonnig werden.

In vielen Regionen muss wieder mit leichtem Dauerfrost gerechnet werden, leichte
Plusgrade gibt es in Küstennähe, ganz im Westen und örtlich noch im Süden, wo
trotz des Niederschlags die mildere Luft noch Höchstwerte knapp über 0°C
erlaubt.


In der Nacht zum Samstag schwenkt der Höhentrog nach Osten durch und auf der
Rückseite sorgt Absinken für weiteren Druckanstieg, so dass sich über der Mitte
Deutschlands ein immer stärkeres Hoch ausbildet. Dies sorgt für schwache und
umlaufende Winde. Im Südosten hängen bei leichtem Stau noch etwas Schneewolken
an den Alpen, die aber nicht mehr viel bringen. Die Schauerzone im Norden löst
sich dann endgültig auf. Teilweise wird die Nacht klar, im Süden und in der
Ex-Schauerzone hängen noch Restwolken und bei sehr schwachen Windverhältnissen
können sich auch ausgedehntere Nebelfelder bilden.

Abgesehen von wenigen Regionen unter Wolken ganz im Süden und unmittelbar an der
Küste muss verbreitet mit mäßigem Frost gerechnet werden. Wo Schnee liegt, in
Tälern und Mulden geht es auch teilweise etwas in den strengen Frostbereich
hinein. Abgesehen von etwas gefrierendem Schmelzwasser ist die Entstehung neuer
Glätte nur örtlich zu erwarten.

Am Samstag ... stellt sich unter Hochdruckeinfluss nach Auflösung von Restwolken
und Nebelfeldern ein vielfach sonniger Wintertag ein. Der Hochschwerpunkt
verschiebt sich etwas nach Osten, so dass im Nordwesten der Südwestwind im
Tagesverlauf etwas zunimmt und sich in Nordfriesland erste steife Böen
einstellen. Das Temperaturniveau ändert sich vorerst noch nicht.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle zeigen eine recht übereinstimmende Entwicklung. Die
Stärke der Niederschläge im Süden ist recht einheitlich simuliert, die größte
Frage sind die Belagstemperaturen, die schwer abzuschätzen sind. Die Lage des
Schauerstreifens im Norden ist leicht unsicher. Am Freitag besteht noch etwas
Unsicherheit bei den Neuschneehöhen im Süden.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl.-Met. Peter Hartmann