DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

11-12-2022 08:30
SXEU31 DWAV 110800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 11.12.2022 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
TrM bzw. HNa
Winterlich kalt, vielerorts Dauerfrost und regional leichte Schneefälle. Außer
bei aufgelockerter Bewölkung örtlich auftretendem strengen Frost keine
signifikanten Wettererscheinungen.


Synoptische Entwicklung bis Dienstag 24 UTC
--------------------------------------------------------------
Sonntag... befindet sich Deutschland unterhalb eines umfangreichen und mit
mehreren Drehzentren ausgestatteten Höhentroges, der von der Barentssee über
Skandinavien bis nach Mittel- und Westeuropa reicht und dessen Hauptachse heute
im Tagesverlauf den zentralen Mittelmeerraum ostwärts überquert, wobei er vor
allem über Südosteuropa für ordentlich "Bambule" in Form kräftiger Regenfälle
und Gewitter sorgt. An dessen Südflanke verläuft die Frontalzone sehr weit
südlich vom Seegebiet knapp südlich der Azoren über die Iberische Halbinsel bis
in den zentralen Mittelmeerraum.
Hierzulande gestaltet sich der Wetterablauf dagegen einigermaßen unspektakulär.
Im südlichen Kernbereich des Höhentrogkomplexes gelegen, etabliert sich im
Tagesverlauf aus einem flachen Randtrog ein kleinräumiges Höhentief mit
Drehzentrum (in 500 hPa) über Thüringen und kommt nur sehr zögerlich nach Osten
voran. Schwache Hebungsprozesse an dessen Nord- und Ostflanke führen aktuell und
auch tagsüber vor allem von der Lausitz über Sachsen bis in den Osten Bayerns
bzw. am Alpenrand zu leichten Schneefällen, wobei bis zum Abend aber maximal
wenige Zentimeter Neuschnee zusammenkommen. An der Westflanke des Höhentiefs
haben sich im Bereich der hochreichend leicht labil bis indifferent
geschichteten maritimen Polarluft (um -10 Grad in 850 hPa, bis -37 Grad in 500
hPa) auch über der "südlichen" Mitte einzelne Schneeschauerstraßen gebildet, die
sich von Südhessen südostwärts Richtung Schwäbische und Fränkische Alb verlagern
und ebenfalls gebietsweise einige Zentimeter Neuschnee bringen.
Ansonsten verstärkt sich im Bereich einer recht ausgeprägten Küstenkonvergenz im
Nordosten (Nordostwind über der südlichen Ostsee, Nordwestwind im angrenzenden
Binnenland) mit Unterstützung durch Lake Effekt die Schneeschauertätigkeit im
Nordosten, so dass insbesondere vom östlichen Vorpommern bis nach
Nordbrandenburg, aber auch im Bereich der Mecklenburger bzw. Lübecker Bucht
durchaus einige Zentimeter Neuschnee fallen können, örtlich auch mehr als 5 cm.
Ansonsten ist das Bodendruckfeld im Vorhersagegebiet eher antizyklonal
konturiert mit einer flachen Hochdruckbrücke, die eine ebenso flache, von der
Biskaya über weite Teile der Britischen Inseln bis zur Nordsee reichenden
Tiefdruckrinne von einem kräftigen, von Rumänien bis zum Abend über die
Westukraine in den Süden Weißrusslands ziehenden Tiefdruckgebiet trennt. Vor
allem im Südwesten, aber auch von Schleswig-Holstein bis ins nordöstliche
Niedersachsen (leichter Skandenföhn) kann sich zeitweise die Sonne durchsetzen.
Im übrigen Land bleibt es dagegen stark bewölkt mit nur wenigen Lücken,
teilweise auch bedeckt. Somit macht die Temperatur innerhalb der hochreichend
kalten Luftmasse keine großen Sprünge. An den Küsten sowie in den Niederungen
Westdeutschlands wird der Gefrierpunkt knapp überschritten, im übrigen Land
bleibt es bei Höchstwerten zwischen -3 und 0 Grad, im Bergland teilweise auch
bei mäßigem Dauerfrost.

In der Nacht zum Montag zieht unser kleines Höhentief allmählich weiter ins
Böhmische Becken, während das kräftige Tief über Weißrussland allmählich
nordwärts zieht und sich bis in die mittlere Troposphäre "bohrt", so dass es mit
"unserem" Höhentief einen Dipol bildet. An dessen Westflanke setzt über der
Osthälfte des Landes WLA ein, so dass sich die leichten Schneefälle geringfügig
intensivieren bzw. etwas verbreiteter auftreten. Auch die Küstenkonvergenz wird
in die Zirkulation des Tiefs einbezogen, die Grundströmung dreht über der
Osthälfte auf nördliche Richtungen, wobei sich der Gradient ein wenig verschärft
und entsprechend vor allem ausgangs der Nacht an Erz- und Zittauer Gebirge ein
leichter Staueffekt einsetzt. Dort können bis in die Frühstunden gebietsweise
mehr als 5 cm Neuschnee fallen, sonst sind es insbesondere von Ostvorpommern
über weite Teile Brandenburgs, dem östlichen Sachsen-Anhalt bis nach Sachsen und
Ostthüringen sowie im nordöstlichen und östlichen Bayern nur etwa 1 bis 5 cm
Neuschnee.
Der große Rest des Landes verbleibt unterhalb des Troges im Einflussbereich der
hochreichend kalten Luftmasse (nach wie vor -34 bis -38 Grad in 500 hPa und -8
bis -11 Grad in 850 hPa), wobei sich an Lage und Ausrichtung der flachen
Hochdruckbrücke ebenfalls nur wenig ändert. Vielerorts bleibt es somit stark
bewölkt bis bedeckt mit ein paar Schneeflocken. Vor allem dort, wo bereits
tagsüber die Sonne durchkam, also im Südwesten, zunehmend auch am Alpenrand
sowie in Teilen Schleswig-Holsteins bis ins östliche Niedersachsen, zeigt sich
der Himmel aufgelockert, teils auch gering bewölkt. In diesen Regionen gibt es
auch in den Niederungen mäßigen Frost, über Schnee werden gebietsweise sogar die
-10 Grad knapp unterschritten. Ansonsten liegen die Tiefstwerte meist zwischen
-1 und -6 Grad, an den Küsten teilweise um 0 Grad. Dass dabei gebietsweise
Glätte durch Überfrieren, ein paar Schneekrümeln und ganz vereinzelt auch durch
Reif auftreten kann, ist unstrittig.

Montag... nistet sich das hochreichende Tief über Osteuropa im Tagesverlauf über
dem Baltikum ein und nimmt zunehmend eine zentralsteuernde Position ein. Der
Höhentiefdipol über Tschechien füllt sich auf und zieht als Randtrog allmählich
ostwärts ab. Gleichzeitig kommt ein kräftiges Tief über dem Seegebiet nördlich
der Azoren ebenfalls nach Osten voran, wobei sich eine Tiefdruckrinne samt
eingebetteten Teiltiefs bis zum Abend zur Biskaya vorarbeitet. An dessen
Nordostflanke wölbt sich im Tagesverlauf ein flacher Höhenkeil über Benelux zur
Nordsee auf und vorderseitig kann sich die meridionale Hochdruckzone über dem
Vorhersagegebiet ein wenig verstärken, ohne, dass sie ihre Lage und Ausrichtung
großartig ändert.
Somit klingen die leichten Schneefälle in der Osthälfte allmählich ab, im Stau
von Erz- und Zittauer Gebirge können bis zum Nachmittag aber durchaus noch mehr
als 5 cm Neuschnee fallen und es bleibt überwiegend stark bewölkt bis bedeckt.
Ob es an der vorpommerschen Küste bei vorübergehend auffrischendem (aber wohl
nicht warnrelevantem, lediglich auf Rügen ist vielleicht eine Bft 7 nicht
ausgeschlossen) Nord- bis Nordwestwind durch Lake Effekt noch für ein paar
Schneeschauer reicht, kann nicht ausgeschlossen werden.
Weiter westlich macht sich dagegen verstärkt Absinken bemerkbar und vor allem im
Westen, Südwesten, an den Alpen sowie im Vorland kann sich gebietsweise auch
länger die Sonne durchsetzen.
An den Temperaturen ändert sich nur wenig. In den tiefen Lagen West- und
Südwestdeutschlands sowie an den Küsten werden die 0 Grad knapp überschritten,
ansonsten bleibt es bei leichtem, in einigen Mittelgebirgslagen auch mäßigem
Dauerfrost.

In der Nacht zum Dienstag kommt das Randtief über der Biskaya allmählich
ostsüdostwärts Richtung Südfrankreich vor, wobei sich eine bis in den westlichen
Mittelmeerraum reichende Tiefdruckrinne ausbildet. An deren Nordflanke setzen in
zunehmend barokliner Umgebung Aufgleitprozesse ein, die das Vorhersagegebiet
aber zunächst nicht weiter tangieren, höchstens in Form, hoher Wolkenfelder, die
morgens auf den Südwesten des Landes übergreifen.
Ansonsten ändert sich wettertechnisch nicht allzu viel. Die flache
Hochdruckbrücke bleibt noch erhalten, der von Südwesten einsetzende Druckfall
hält sich noch sehr in Grenzen. Vor allem im Nordosten und Osten hält sich
vielerorts weiterhin dichte Bewölkung, aus der hier und da ein paar Krümel
Schnee fallen. Im Rest des Landes bekommt die Wolkendecke dagegen durchaus mal
größere Lücken, teilweise ist es gering bewölkt oder wolkenlos. Somit gibt es
vielerorts mäßigen, in ungünstigen Lagen bei klarem Himmel über Schnee auch
strengen Frost. Lediglich im Nordosten sowie an den Küsten bleibt es bei
leichtem Frost. Glätte tritt ebenfalls stellenweise auf.

Dienstag... beginnt sich die Wetterlage umzustellen, hin zu einer südlichen
Westlage, die letztendlich ab der Folgenacht, vor allem aber in der Mittelfrist
etwas mehr Potenzial bietet. Verantwortlich dafür ist das kräftige Tief über dem
nahen Ostatlantik, welches sein Drehzentrum allmählich ins Seegebiet südwestlich
von Irland verlagert.
Die Frontalzone verläuft zwar weiterhin weit südlich, über die Iberische
Halbinsel bis in den zentralen bzw. südlichen Mittelmeerraum, ein Sekundärast
reicht aber an der Südflanke des sein Hauptdrehzentrum bis zum Abend vom
Baltikum zum Finnischen Meerbusen verlagernden Höhentiefs vom Süden der
Britischen Inseln südostwärts über Benelux und Südwestdeutschland bis ins
südöstliche Alpengebiet und kommt im Tagesverlauf etwas nach Norden voran. Dabei
wird vor allem über der Südwesthälfte des Landes zunehmend WLA wirksam.
Der flache Höhenkeil über dem westlichen Mitteleuropa bzw. der Nordsee schwenkt
dabei allmählich zur östlichen Nordsee bzw. nach Norddeutschland und wird
abgebaut.
Im Bodenfeld verstärkt sich somit der Druckfall von Südwesten her allmählich und
die flache Hochdruckzone wird zögernd ostwärts abgedrängt, reicht aber auch am
Abend noch von Tschechien bis nach Norddeutschland. Die Tiefdruckrinne über
Südwesteuropa kann sich zwar etwas nach Norden vorarbeiten, verliert aber
zunehmend an Kontur. Immerhin führt die WLA über der Südwesthälfte des Landes
zum Aufzug zunehmend dichter hoher und mittelhoher Wolkenfelder, bis zum Abend
bleibt es nach Lesart aller Modelle noch weitestgehend trocken, lediglich in
Südbaden kann es dann eventuell schon einige Schneeflocken bzw. Regentropfen
geben.
Regen deshalb, da es dort niedertroposphärisch deutlich milder wird, bis zum
Abend steigt die 850 hPa-Temperatur auf Werte zwischen -1 Grad im Breisgau und
etwa -9 Grad an Oder bzw. Neiße.
In den Höhenlagen Süd- und Südwestdeutschlands beginnt der Wind aus südlichen
Richtungen aufzufrischen, ob es auf exponierten Schwarzwald- und Alpengipfeln
für warnrelevante Böen reicht, ist fraglich.
Ansonsten verläuft der Tag wettertechnisch ruhig. Vor allem in einem breiten
Streifen vom Westen über die Mitte bis in den Südosten des Landes scheint (neben
örtlich beständigen Hochnebelfeldern) auch mal länger die Sonne, während es im
Osten und Nordosten eher bewölkt bleibt. Trotz leichter mitteltroposphärischer
Milderung ändert sich an den Höchstwerten nur wenig.

In der Nacht zum Mittwoch greift von der Nordsee her ein recht breit angelegter
Randtrog auf Nordwestdeutschland über. An dessen Südflanke stellt sich über
weiten Teilen des Landes eine recht kräftige westliche Höhenströmung ein, wobei
sich die WLA weiter intensiviert.
Im Bodenfeld kommt die über Südwestfrankreich verlaufende Tiefdruckrinne nun
doch etwas weiter ostnordostwärts voran und kann mit dem Randtrog interagieren.
Morgens erfasst sie dann auch den westlichen Alpenraum und Südwestdeutschland.
Dabei beginnen die Modelle nun ziemlich auseinanderzulaufen, was sich
wettertechnisch aber wohl erst Mittwoch tagsüber so richtig bemerkbar macht. GFS
lässt die Rinne bereits etwas weiter nach Norden vorankommen und hat eine
intensivere Entwicklung auf der Agenda als die aktuellen ICON- und IFS-Läufe.
Wie auch immer - modellübergreifend setzen im Laufe der Nacht im Südwesten
Niederschläge ein, die sich auf quasi ganz Baden-Württemberg und auch auf den
Südwesten bzw. Süden Bayerns ausweiten und nordwärts eventuell noch das
Saarland, die Pfalz bzw. Südhessen erfassen können (nach GFS sogar noch Eifel
und Westerwald). Die Niederschläge beginnen - außer im äußersten Südwesten -
noch meistens als Schnee, mit zunehmend niedertroposphärischer Erwärmung (je
nach Modell morgens 0 bis +3 Grad in 850 hPa im äußersten Süden) gehen diese -
außer an der Nordflanke - meist in Regen über, eventuell gibt es aber auch
Regionen, wo sie gleich in flüssiger Phase einsetzen. Da gebietsweise mehr als 5
l/qm in 6 Stunden zu erwarten sind, könnte das eventuell auch eine
Glatteisregen-Unwetterlage zur Folge haben. Darüber und vor allem welche
Regionen davon betroffen sein werden, lässt sich aktuell aber nur spekulieren.
Dort, wo Schnee fällt, kommen einige Zentimeter Neuschnee zusammen, im
Schwarzwald in Staulagen eventuell auch bis zu 10 cm. Anzusprechen ist noch der
Wind, der in den Hochlagen der Alpen und des Schwarzwaldes in Böen eventuell
Sturmstärke aus Süd bis Südwest erreicht.
Im Norden und in der Mitte bleibt es dagegen wettertechnisch ruhig. Vor allem im
Norden ist es teilweise auch gering bewölkt, ansonsten macht sich die WLA doch
in Form dichterer hoher und mittelhoher Wolkenfelder bemerkbar. Somit ist es
fraglich, ob es irgendwo noch für strengen Frost reicht. Leichten bis mäßigen
Frost gibt es aber nahezu überall.


Modellvergleich und -einschätzung
--------------------------------------------------------------
Bis auf die bereits im Text angesprochenen Differenzen ab der Nacht zum
Mittwoch, die aber erst in der Mittelfrist so richtig zum Tragen kommen, fahren
die Modelle eine weitgehend einheitliche Linie.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff