DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

10-12-2022 08:01
SXEU31 DWAV 100800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 10.12.2022 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
HNa - es ist Winter, aber zunächst ohne markante Wettergefahren. Erst am Montag
im Erzgebirge und Lausitzer Bergland etwas mehr Schnee, teils auch über 10 cm
innerhalb 12 Stunden. Zudem in Hochlagen stürmische Böen und hierdurch
Verwehungen nicht ganz auszuschließen.

Synoptische Entwicklung bis Montag 24 UTC
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Samstag... liegt Deutschland unmittelbar an der Vorderseite eines Troges, der
von Skandinavien über Frankreich hinweg ins westliche Mittelmeer reicht. Dessen
Achse schwenkt in ihrem südlichen Teil rasch über die Westalpen hinweg ostwärts,
wodurch südlich der Alpen eine Zyklogenese induziert wird. Hierdurch
intensiviert sich das dort bereits vorhandene schwache Tief. An dessen
Nordflanke erfassen schwache Aufgleitprozesse auch den Süden Deutschlands.
Kurzwellige Keil-Trog-Strukturen, die in der trogvorderseitigen südwestlichen
Strömung über Deutschland hinweg nordostwärts gesteuert werden, bringen
zusätzliche Hebung ins Spiel, wodurch im Süden, d.h. vom Schwarzwald bis nach
Niederbayern und zu den Alpen, zeitweise leichte Schneefälle zu erwarten sind.
Dabei handelt es sich meist nur um wenige Zentimeter Neuschnee, lediglich in den
Staulagen der Alpen, so vor allem im Allgäu, können um 10 cm Schnee
zusammenkommen. Als weitere Region mit leichten Schneefällen kristallisieren
sich Teile der Mitte und des Erzgebirgsraumes heraus, aber dort reicht es nur
für wenige Zentimeter.
Im Bodendruckfeld lässt sich kaum ein Gradient ausmachen. Von antizyklonalem
Einfluss kann jedoch nicht so recht die Rede sein. Kräftige Hochs als
Aktionszentren halten sich über Westrussland und Grönland, wogegen
Südskandinavien und die Britischen Inseln eher leicht zyklonal beeinflusst
werden, wobei die dort liegenden schwachen Tiefs mit dem o.g. Trog
korrespondieren. Im Trogbereich ist die Schichtung labil, so dass über der
Nordsee einzelne kurze Gewitter zustande kommen können.
Größtenteils hält sich über Deutschland leichter Dauerfrost. Unmittelbar an der
See, am Niederrhein sowie in einigen tieferen Lagen Süddeutschlands sind
Temperaturmaxima bis +3 Grad zu erwarten.

In der Nacht zum Sonntag gelangt Deutschland in den Bereich der Trogachse, was
eine weitere gesamttroposphärische Abkühlung, so im 850 hPa-Niveau zum Teil
unter -10 Grad, mit sich bringt. In den o.g. Regionen sind noch weitere leichte
Schneefälle zu erwarten, wodurch an den Alpen nochmals um 10 und in der
Oberlausitz bis 5 cm Neuschnee hinzukommen können. Ansonsten reicht es nur für
ein paar Schneeflocken, aber vor allem im Bergland sind weitere geringe
Niederschläge vorstellbar, die teils als Schneegriesel, teils als Nebelnässen
durch die dort aufliegende Bewölkung zustande kommen. Einzelne Schauer (an der
Ostsee als Schnee, an der Nordsee eher als Regen oder Mischphase) sind auch an
der Küste möglich. Durch diese Schauer wie auch die sonstigen geringen
Niederschläge besteht Glättegefahr, aber in den Regionen, in denen es zuvor
niederschlagsfrei blieb, ist Glätte eher unwahrscheinlich. Deutschlandweit ist
leichter, im Bergland und zum Teil im Norden auch mäßiger Frost zu erwarten.

Sonntag... wird das Tief, das zuvor südlich der Alpen lag, über die Waldkarpaten
und die westliche Ukraine nordostwärts gesteuert und schlägt hierdurch eine
weiter östlich liegende Zugbahn ein, als dies weiter zurückliegende Modellläufe
gezeigt hatten. Das ist zu weit im Osten, als dass Hebungsprozesse, die diesem
Tief zuzuschreiben sind, das Vorhersagegebiet erfassen. Vielmehr ist für unser
Wettergeschehen der über Deutschland liegende Trog von Bedeutung, der mit
hochreichender Kaltluft ausgefüllt ist. Hierdurch "krümelt es faktisch aus jeder
Wolke". Für diese Niederschläge ist die Wahrscheinlichkeit im Osten und in
Teilen der Mitte am höchsten, aber ohnehin handelt es sich hierbei nur um
geringe Niederschläge, die allenfalls in den Mittelgebirgen ein paar Zentimeter
Schnee ergeben. Etwas größere Schneemengen sind durchaus an der Ostsee möglich,
auch wenn dies in den Prognosen noch nicht unbedingt zu sehen ist. Die
Voraussetzungen für den Lake Effekt sind gegeben, die Troposphäre ist
hinreichend labil und kalt; zudem werden durch eine nordöstlich bodennahe
Windkomponente sich über der Ostsee bildende Schauer ins nordöstliche Binnenland
nach Vorpommern und Ostholstein verfrachtet.
Wie bereits am Vortag sind Wolkenlücken eher selten und beschränken sich auf den
Südwesten und Teile Norddeutschlands. Abgesehen von den Gebieten entlang von Ems
und Rhein hält sich auch tagsüber leichter und im Bergland durchweg mäßiger
Dauerfrost.

In der Nacht zum Montag verlagert sich die Hauptachse des wetterbestimmenden
Troges zu den Ostalpen. Ein weiterer Vorstoß arktischer Polarluft in Richtung
Südwesten bewirkt eine erneute Trogbildung über Schottland. Diese Prozesse haben
jedoch auf die Temperatur- und Druckverteilung über Deutschland keinen Einfluss.
Allerdings wird das sich über Osteuropa hinweg sich nach Norden verlagernde Tief
von einem Kurzwellentrog umlaufen, der sich vor allem in unteren
Troposphärenschichten ausmachen lässt. Dieser schwenkt über den Nordosten
Deutschlands hinweg südwärts. Hebung, die zunächst durch positive
Vorticityadvektion und später (wie bei einem Kaltlufttropfen) durch
Warmluftadvektion induziert wird, führt zu einer leichten Intensivierung der
Schneefälle im Osten Deutschlands. In diesen Gebieten können auch mehr als 5 cm
Neuschnee innerhalb von 12 Stunden zusammenkommen. Sehr wahrscheinlich dürfte
die unterste Warnstufe hinreichend sein.
Ansonsten bleibt es, abgesehen von etwas Schneegriesel, niederschlagsfrei. Auch
die Nebelneigung und die Glättegefahr ist gering, Nebel, der sich vor allem in
Flussniederungen bilden kann, friert meist aus.
Flächendeckend ist leichter, im Süden und im Bergland mäßiger Frost zu erwarten.
Über Schnee muss mit strengem Frost unter -10 Grad gerechnet werden.

Montag... schwenkt der wetterbestimmende Trog mit seinem Südteil weiter nach
Osten, so dass sich dessen Achse am Abend von der Nordsee nach Südosteuropa
erstreckt. Der neu entstandene Teiltrog verbleibt noch über Schottland. Über
Mitteleuropa ergibt sich in der hochreichend kalten Luft Zwischenhocheinfluss.
Das über Osteuropa nordwärts ziehende Bodentief setzt sich über den Baltischen
Staaten fest und ergibt dort mit dem korrespondierenden Höhentief, das in dem
wetterbestimmenden Trog eingelagert ist, eine nahezu achsensenkrechte Lage. Der
Gradient an dessen Westflanke lässt im Norden und Osten Deutschlands den Wind
auffrischen. Warnrelevante Böen sind mit geringer Wahrscheinlichkeit an der
Vorpommerschen Küste vorstellbar. Allerdings können in den Kamm- und Gipfellagen
des Erzgebirges und Lausitzer Berglandes Wind- und stürmische Böen zustande
kommen. Da im Osten die leichten Schneefälle andauern, sind in freien Hochlagen
Verwehungen nicht ganz auszuschließen. Von der Niederlausitz bis zum Erzgebirge
können (ohne Berücksichtigung von Verwehungen) durchaus mehr als 5, in Staulagen
vor allem des Osterzgebirges um 10 cm Neuschnee hinzukommen.
Ansonsten reicht es nur für ein paar Schneeflocken. Vermehrt lockern die Wolken
auf, im Westen und Südwesten sind dann auch längere sonnige Abschnitte möglich.

Im Norden bewegen sich die Tageshöchsttemperaturen um 0 Grad, am Niederrhein
sind bis +2 Grad möglich. Ansonsten hält sich leichter, im Bergland mäßiger
Dauerfrost.

In der Nacht zum Dienstag bringt sich die relativ weit südlich liegende
Frontalzone, die sich vom Azorenraum über das Mittelmeer hinweg bis ins
westliche Schwarzmeergebiet erstreckt, in Erinnerung. Ein darin eingelagertes
Tief wird bis vor die Bretagne gesteuert. Vorderseitige Warmluftadvektion und
der hieraus resultierende Hebungsantrieb lässt im Südwesten und Westen hohe und
mittelhohe Bewölkung aufziehen, ohne dass bereits Niederschlag fällt. Druckfall,
der über Süd- und Mittelfrankreich ansetzt, lässt im Süden Deutschlands eine
schwache östliche bodennahe Windkomponente aufkommen.
Im Bereich des nach wie vor über Deutschland liegenden Zwischenhochs sind die
Luftdruckgegensätze gering. Absinken sorgt auch für ein Nachlassen der ohnehin
nur leichten Schneefälle im Osten. Abgesehen vom Westen und Südwesten
Deutschlands klart es verbreitet auf. Im Nordosten lässt der noch vorhandene
Gradient die Luftmasse noch nicht so recht zur Ruhe kommen, so dass dort
allenfalls leichter Frost zu erwarten ist. Ansonsten stellt sich mäßiger, im
Bergland und über schneebedeckten gebieten strenger Frost ein.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle stützen weitgehend die oben beschriebene Entwicklung.
Anhand der synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten
Unterschiede ableiten.
Unsicher ist jedoch die Zugbahn des sich in der Nacht zum Dienstag der Bretagne
nähernden Tiefs. UK10 und auch EZMW verlagern dieses Tief etwa 200 bis 300 km
weiter südlich als ICON. Allerdings wird dieses Tief erst im mittelfristigen
Vorhersagezeitraum für unser Wettergeschehen relevant.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann