DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

27-11-2022 09:30
SXEU31 DWAV 270800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 27.11.2022 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Übergang von Sa zu HFz

Ruhiges Spätherbstwetter meist ohne markante Wetterelemente.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 24 UTC
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Sonntag... Ein kräftiger, von Südwesteuropa ausgehender Höhenkeil hat den
Westen und Nordwesten Deutschlands erreicht und schwenkt langsam weiter nach
Osten, wobei bis zum Abend seine Achse etwa an der westlichen Ostsee und über
den Westalpen anlangt. Das korrespondierende Bodenhochdruckgebiet über dem
östlichen Mitteleuropa nimmt dabei Verbindung auf zum blockierenden Hoch über
Nordwestrussland und nur in der Höhe befindet sich ein altes Höhentief an der
Ostgrenze des Baltikums, das sich nur wenig verlagert und als Kaltlufttropfen
bezeichnet werden kann. Das teilokkludierte Frontensystem des Zentraltiefs
südlich von Island, das zum Seegebiet östlich von Island zieht, greift mit
seinem Regengebiet auf den Westen und Nordwesten über, wobei die Kaltfront um 18
UTC erst die südwestliche Nordsee erreicht. Die damit verbundenen Regenmengen
liegen meist nur zwischen 0,5 und 5 l/qm. Im Osten und Süden lichten sich die
Nebelfelder nur zögern, gebietsweise scheint aber die Sonne, vor allem im Osten
und in höheren Lagen Süddeutschlands.
In einigen Gebieten wird es heute etwas frischer sein als gestern, z. B. von
Baden bis nach Hessen, da die Nacht kalt war und nun die Frontbewölkung
aufzieht. Insgesamt erreichen wir eine Temperaturspanne zwischen 5 Grad im Süden
und 10 Grad im Ruhrgebiet. Wenn sich der Nebel im Süden länger hält sind auch
Werte zwischen 2 und 4 Grad denkbar.
Der Wind weht präfrontal über der Nordsee recht kräftig mit steifen Böen auf
Helgoland. Ansonsten weht der Südostwind zeitweise mäßig, in Hochlagen frisch,
auf dem Brocken vielleicht mit einer stürmischen Böe.

In der Nacht zum Montag kommt der Höhenkeil nur noch wenig ostwärts voran und
erreicht mit seiner Achse eine Linie Rügen-Südostbayern. Der nachfolgende Trog
erfasst die Britischen Inseln und Westfrankreich, wodurch sich die vorgelagerte,
teilokkludierte Kaltfront, dem Westen Deutschlands weiter nähert. Die
Niederschläge, die mit diesem Frontenzug in Verbindung stehen, beschränken sich
weitgehend auf Schleswig-H., Niedersachsen (meist 2 bis 9 l/qm) sowie etwas
eingeschränkt Hessen und Rheinland-Pfalz (meist nur 0,5 bis 5 l/qm). Dort bringt
Warmluftadvektion noch etwas Hebung zustande. In Baden-Württemberg und dem
Westen Bayerns bringt die Front nur wenig Regen (meist nur zwischen 0,1 und 2
l/qm). Zudem fächert in der Westhälfte Deutschlands der Gradient auf, so dass
der Wind sich dort abschwächt und auch auf der Nordsee keine 7er Böen mehr
auftreten. Da im Osten noch das über dem Karpatenraum liegende Bodenhoch
dagegenhält, ist dann der kräftigste Gradient zwischen der Ostseeküste und den
östlichen Mittelgebirgen zu finden. Daher können in Ostsachsen, bedingt durch
"Böhmischen Wind", ausgangs der Nacht einzelne steife Windböen auftreten. Auch
in exponierten Kamm- und Gipfellagen der nördlichen und östlichen Mittelgebirge
kann dies der Fall sein. Leichter Frost sollte auf die östlichen Mittelgebirge
sowie die alpennahen Gebiete beschränkt bleiben. Südlich der
Mittelgebirgsschwelle ist es weiterhin relativ gradientschwach, daher können
sich erneut Nebelfelder bilden oder noch vorhandene Nebel- und Hochnebelfelder
verdichten.

Montag... verschiebt sich das Zirkulationsmuster unter Verkürzung der
Wellenlänge ein wenig nach Osten, so dass von dem Höhenkeil in Odernähe eine
Potentialbrücke übrigbleibt. Der Höhentrog tropft dadurch zur Normandie und zum
westlichen Mittelmeer ab. Demzufolge kommt die Kaltfront nur noch wenig weiter
nach Osten voran. So erreicht geringer Regen Mecklenburg und das westliche
Sachsen-Anhalt und auch von Nordwestdeutschland bis nach Baden regnet es örtlich
etwas.
Das Hoch über den Karpaten kann nunmehr als Keil des umfangreichen und kräftigen
blockierenden Hochs über Nordwestrussland (fast 1050 hPa) bezeichnet werden und
das Hoch blockiert die Front. Dies verringert die Wetterwirksamkeit der Front;
selbst in Staulagen der Mittelgebirge sind meist unter 5 mm Regen zu erwarten.
Nach Osten hin macht sich zusehends der Hochdruckeinfluss bemerkbar. Dort bleibt
nach wie vor der kräftige Gradient bestehen, so dass der Böhmische Wind in
Ostsachsen sich sogar noch etwas verstärkt. Dort kommen am ehesten ein paar
Wolkenlücken zustande, wogegen sich sonst meist mehrschichtige Bewölkung hält.
Während sich im Osten und Südosten eine südöstliche bodennahe Windkomponente
bemerkbar macht und die Temperaturen nur noch auf 2 bis 5 Grad steigen lässt,
sind sonst Temperaturmaxima zwischen 6 und 10 Grad zu erwarten.

In der Nacht zum Dienstag läuft der Abtropfprozess über Westeuropa weiter. Das
nördliche Höhentief zieht über Frankreich nach Süden zum Löwengolf, das südliche
Höhentief wandert ins Seegebiet zwischen Sizilien und Tunesien. Im
Bodendruckfeld ergibt sich dann eine schwachgradientige Lage, ohne dass eine
ausgeprägte Tiefdruckrinne zustande kommt. Dabei wird dann auch im Osten der
Gradient auseinandergezogen, so dass kaum noch warnrelevanten Böen im Erzgebirge
oder im Lausitzer Bergland auftreten sollten. Absinken lässt im Nordosten den
Himmel örtlich aufklaren, so dass dort (und auch in den Hochlagen der östlichen
Mittelgebirge) leichter Frost am wahrscheinlichsten ist.
Etwas Hebung zeichnet sich über Süddeutschland ab, wodurch dort der meiste
Niederschlag (wenn man das mal so nennen kann) fällt. Aber auch im Nordwesten
und über den nördlichen und zentralen Mittelgebirgen können ein paar Millimeter
Niederschlag fallen. Sowohl dort als auch in Alpennähe kommen selbst in
Staulagen nur maximal 5 l/qm in 12 Stunden Niederschlag zusammen. Dabei dürften
in und an den Alpen oberhalb von etwa 1000 m die Niederschläge in Schnee
übergehen.

Dienstag... zieht das nördliche Cut-Off-Tief vom Löwengolf zum Seegebiet
südwestlich von Sardinien und das südliche Tief zieht nach Sizilien. Damit
bilden diese beiden Tiefs einen Dipol. Nördlich davon formiert sich ein
schwacher Randtrog, in dem sich abends ein schwaches Höhentief über Oberitalien
einfindet. Der restliche Höhentrog über der Nordsee erreicht nur sehr langsam
Nordwestdeutschland. Der nicht besonders starke Höhenrücken über Ost- und
Nordosteuropa bleibt nahezu ortsfest und stützt weiterhin das kräftige
blockierende Hoch über Nordwestrussland.
Im Bodendruckfeld zeigt sich vor der Höhentrogspitze knapp nördlich der
Westfriesischen Inseln ein kleines Tief (etwa 1020 hPa bei ICON) und eine
schwache Tiefdruckrinne mit Okklusion könnte sich eventuell noch etwas nach
Osten bewegen etwa nach Thüringen und bis ins westliche Bayern. Letztlich ist da
aber bestimmt noch nicht das letzte Wort gesprochen. Insgesamt zeigen sich über
Deutschland nur geringe Luftdruckunterschiede. Einzig im Nordosten ergibt sich
im Randbereich des Russlandhochs ein ganz guter Gradient und bringt mäßigen
Südostwind mit Böen Bft 5 bis 6 an der Ostsee zustande. Dabei wird - und das ist
das eigentlich Interessante - langsam aber sicher aus dem Hoch ausfließende
Kaltluft herangeführt, die die Temperatur in weiten Teilen Ost- und
Nordostdeutschlands nur noch auf 2 bis 4 Grad steigen lässt. Nicht anders ergeht
es Ostbayern, wo sich die Kaltluft vor Ort gebildet hat. Von Baden-Württemberg
bis zum westlichen Niedersachsen, örtlich auch am Nordrand des Erzgebirges, ist
es mit 5 bis 9 Grad milder mit den höchsten Werten im Rheinland.

Noch kurz zum Wetter, das weiterhin von reichlich Bewölkung und zeitweiligen
leichten Niederschlägen geprägt ist. Was deren räumliche Verteilung angeht,
bestehen weiterhin Modelldiskrepanzen. Für das Gebiet von der Lausitz bis nach
Vorpommern deutet aber Vieles auf einen zumindest weitgehend trockenen
Wettercharakter hin. Interessant wird zunehmend die Frage nach dem
Aggregatzustand der Niederschläge, sinkt doch die 850-hPa-Temperatur langsam in
den leicht negativen Bereich. Anders ausgedrückt, die Schneephase könnte
zumindest im höheren Bergland wieder etwas mehr in den Blickpunkt geraten, auch
wenn es für Details allein schon wegen der heterogenen Niederschlagsprognosen
noch zu früh ist.

In der Nacht zu Mittwoch dürfte es ´dank´ der Bewölkung in den meisten Gebieten
noch frostfrei bleiben bei +1 bis +5 Grad. Nur ganz im Nordosten, wo die Wolken
aufgelockert sein könnten, besteht Frostgefahr. Oberhalb 600 m gibt es in den
östlichen, südöstlichen und zentralen Mittelgebirgen, im Schwarzwald und auf der
Alb aber relativ sicher geringen Frost. Stellenweise könnte es durch geringen
Schneefall glatt werden.

Modellvergleich und -einschätzung
Die synoptischen Basisfelder werden bei den externen Modellen bis morgen ähnlich
simuliert. Am Dienstag gibt es bei der flachen Druck- und Potentialverteilung
naturgemäß einige Unterschiede. Die Lage der sehr flachen Tiefdruckrinne ist
aber trotzdem recht ähnlich. Insgesamt sind die Hebungsbeträge und somit die
Niederschlagsmengen bei der schwachgradientigen Lage nur gering und beeinflussen
kaum das Warnmanagement.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Olaf Pels Leusden