DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

24-11-2022 18:01
SXEU31 DWAV 241800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 24.11.2022 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Leicht wechselhaft, dabei aber kaum markante Wettergefahren. Vor allem in der
Nacht zum Samstag an den Alpen ab 1000 m etwas Schnee. Verhältnismäßig mild, vor
allem aber in der kommenden Nacht und in der Nacht zum Sonntag in der Südhälfte
vielerorts Frost und stellenweise Glätte.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 12 UTC
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Aktuell ... dauert das Blocking (für uns in Form einer "winkelförmigen
Westlage") weiter an. Das blockierende Hochdruckgebiet befindet sich über
Nordwestrussland und streckt seine Fühler bis weit nach Skandinavien bzw. zur
mittleren Ostsee aus, und daran wird sich auch erst einmal nicht so schnell
etwas ändern.
Derweil zieht ein quasistationäres Höhentief - seinerseits blockiert durch den
an das Hoch gekoppelten Höhenrücken über Osteuropa - über dem Osten/Südosten
Polens seine Kreise. Es führt schon seit einiger Zeit dazu, dass von Westen her
auf Mitteleuropa übergreifende, dann meist bereits okkludierte Frontensysteme
kaum mehr nach Osten vorankommen und spätestens über dem östlichen Mitteleuropa
"das Zeitliche segnen".
Eine solche Okklusion löst sich aktuell über dem Nordosten Deutschlands auf,
nennenswerte Niederschläge treten dort nicht mehr auf. Sie vermochte aber nicht,
die dort noch lagernde, recht kalte Festlandsluft (eigentlich ist es eher eine
"Mischluftmasse") komplett zu verdrängen, so dass die Höchstwerte in
Ostvorpommern und in weiten Teilen Brandenburgs die 5 Gradmarke nicht erreicht
haben.
Der Front folgte ein Schwall leidlich labil geschichteter Höhenkaltluft (T500
hPa bis -29 Grad bei um oder knapp unter 0 Grad in 850 hPa), so dass sich vor
allem im Südosten noch allerdings wenig ergiebige Schauer entwickeln konnten,
die sich mit Annäherung eines Bodenhochkeils von Frankreich her und der damit
niedertroposphärisch auf Nordwest drehenden Strömung an den Alpen stauten und
dort noch bis aktuell oberhalb von etwa 1000 bis 1200 m einige Zentimeter
Neuschnee brachten.
Vorderseitig eines im Laufe der kommenden Nacht auf die Britischen Inseln
übergreifenden Höhentroges wölbt sich aufgrund von WLA allerdings ein schmaler
Höhenkeil über Mitteleuropa auf und schwenkt im Laufe der Nacht allmählich über
das Vorhersagegebiet hinweg ostwärts, wobei er ebenfalls eingebremst wird und
sich mit seiner Achse in den Frühstunden über der Osthälfte befindet. Er stützt
den bereits erwähnten Bodenhochkeil, der über Süddeutschland hinweg ostwärts
schwenkt und dort aufgrund von Absinken für eine rasche Wetterberuhigung sorgt.
Letzte Schauer lösen sich in Kürze auf und die Wolken bekommen dann, wie bereits
im Westen und in der Mitte, auch im Südosten und Osten größere Lücken. Innerhalb
der feuchten Luftmasse breiten sich allerdings in den Niederungen vielerorts
Nebel- und Hochnebelfelder aus. Leichten Frost gibt es vor allem im Süden und
Südosten Bayerns sowie in den Mittelgebirgen. Dort kann stellenweise Glätte
durch Überfrieren auftreten.
Der Westen und Nordwesten des Landes gelangen nach Durchschwenken des
Höhenkeiles dagegen zunehmend auf die Vorderseite des westeuropäischen
Höhentroges. Ein erster kurzwelliger Randtrog erreicht morgens Benelux sowie den
Nordosten Frankreichs. Diesem ist einmal mehr eine Okklusion vorgeschaltet, die
mit schauerartigen Regenfällen im Laufe der zweiten Nachthälfte die Mosel und
die Eifel, weite Teile NRWs sowie das Weser-Ems-Gebiet und vielleicht noch die
Westküste Schleswig-Holsteins erfasst. Mit 1 bis 5 l/qm in 6 Stunden, bleiben
die Mengen aber überschaubar und mangels Frost (Minima meist zwischen 2 und 7
Grad) spielt das Thema Glätte keine Rolle.
Allerdings legt mit Frontannäherung der Wind wieder etwas zu und dreht mit
Passage von Südost auf Süd bis Südwest. Warnrelevante Böen gibt es am ehesten
über der Nordsee (Bft 7 über der offenen See bzw. an Küstenabschnitten mit
auflandigem Wind, Helgoland eventuell auch Bft 8) und auf dem Brocken (Bft 8,
eventuell auch Bft 9).

Freitag ... schwenkt der inzwischen breit angelegte Höhentrog von den Britischen
Inseln bis zum Abend allmählich nach Mitteleuropa. Er verliert dabei aber mehr
und mehr an Kontur bzw. wird zögernd aufgefüllt, da sich bis zum Abend knapp
westlich der Britischen Inseln aufgrund kräftiger WLA vorderseitig des sich über
dem Seegebiet westsüdwestlich von Island regenerierenden hochreichenden
Zentraltiefs ein recht robust aufgestellter Höhenrücken aufwölbt.
Im Bodenfeld kommt die dem Trog unmittelbar vorgeschaltete Okklusion zögernd
ostwärts voran und erreicht gegen Abend die Osthälfte. Mit Frontpassage fällt
über mehrere Stunden etwas Regen, die 5 l/qm werden aber höchstens stellenweise
erreicht bzw. knapp überschritten und Richtung Oder bzw. Neiße sowie im
äußersten Südosten Bayerns kommt bis zum Abend kaum etwas an. Die 850
hPa-Temperatur schwankt um 0 Grad, so dass es an den Alpen (mit Einsetzen der
Niederschläge am späten Nachmittag bzw. Abend, nach Osten zu auch erst in der
Nacht) oberhalb von etwa 1000 bis 1200 m etwas schneien kann, ebenso auf den
höchsten Mittelgebirgsgipfeln.
Postfrontal folgt im Trogbereich erneut ein Schwall leidlich labiler
Höhenkaltluft, innerhalb derer sich vor allem im Westen und Nordwesten,
vereinzelt auch noch im zentralen Mittelgebirgsraum einzelne Schauer entwickeln.
Vor allem über der Nordsee wird auch etwas Cape simuliert, so dass kurze
Gewitter nicht ausgeschlossen sind.
Der Wind flaut nach Frontpassage allmählich wieder ab, über der Nordsee kann es
anfangs noch steife, auf dem Brocken stürmische Böen aus Südwest geben,
nachmittags sollte er aber kaum mehr warnrelevant sein.
Präfrontal kann sich vor allem an den Alpen sowie in der Lausitz noch einmal die
Sonne durchsetzen, postfrontal lockern die Wolken dann in der Westhälfte
zeitweise auf. Die Höchsttemperaturen erreichen Werte zwischen knapp 5 Grad an
der Oder bzw. in einigen Regionen mit beständigem Hochnebel im Südosten und 11,
vielleicht knapp 12 Grad am Niederrhein.

In der Nacht zum Samstag überquert der Höhenrücken die Britischen Inseln bzw.
die Biskaya und greift morgens auf Westfrankreich bzw. die westliche Nordsee
über. Der zunehmend konturarme und lediglich noch thermisch gut ausgeprägte
Höhentrog über Mitteleuropa kommt nur zögernd nach Osten voran und dockt als
Randtrog an das inzwischen in einen von der südlichen Ostsee über Ostpolen bis
zur Ukraine reichenden Höhentrog umgewandelte Höhentief an. Somit wird auch die
Okklusion über dem Osten/Nordosten des Landes eingebremst und erreicht wohl erst
in den Frühstunden des Freitags den Westen Polens. Vor allem im Osten und
Südosten dauern die leichten Niederschläge deshalb noch länger an und klingen
erst in der zweiten nachthälfte bzw. in den Frühstunden allmählich von Westen
her ab. Dabei fallen meist nur wenige l/qm, lediglich im Stau der Alpen sind es
gebietsweise bis nahe 10 l/qm. Die mit der Front einströmende maritim erwärmte
Subpolarluft vermischt sich mit der alternden Festlandsluft und kühlt in 850 hPa
auf etwa -2 bis -3 Grad ab, so dass die Schneefallgrenze - je nach Intensität -
auf etwa 1100 bis 800 m sinkt. Vor allem im Stau der Alpen fallen dabei bis in
den Samstag hinein gebietsweise an die 10 cm Neuschnee.
Der Okklusion folgen mit dem thermischen Trog noch Schauer, die sich von den
mittleren Landesteilen in den Südosten verlagern. Von Westen her setzen aber mit
Annäherung des Höhenrückens deutliche Stabilisierung und großräumiges Absinken
ein. Dabei schiebt sich auch im Bodenfeld ein recht kräftiger Hochkeil von
Frankreich her ins Vorhersagegebiet mit einer geschlossenen 1030 hPa-Isobare
über Südwestdeutschland. Vor allem in der Westhälfte und im Südwesten, später
auch in den mittleren Landesteilen lockern die Wolken somit deutlich auf, wobei
sich Nebel- und Hochnebelfelder ausbreiten. Die Minima liegen meist zwischen 6
und 1 Grad, eventuell gibt es in einigen Mittelgebirgstälern bei länger
aufgelockerter Bewölkung leichten Frost.

Samstag ... schwenkt der Höhenrücken über Westeuropa nur zögernd ostwärts, wird
dabei durch den inzwischen mit seinem Drehzentrum über dem Baltikum bzw.
Weißrussland angelangten, fast quasistationären Höhentrog über Osteuropa
eingebremst und befindet sich mit seiner Achse abends noch immer knapp westlich
des Vorhersagegebietes.
Im Bodenfeld löst sich die Okklusion über dem Westen Polens allmählich auf. In
Kombination mit dem thermischen Trog entwickeln sich bei meist starker,
teilweise auch hochnebelartiger Bewölkung aber im äußersten Osten und Südosten
des Landes noch einzelne unergiebige Schauer, an den Bayerischen Alpen fällt
nach Osten zu bis in den Nachmittag hinein oberhalb von etwa 1000 m noch etwas
Schnee.
Das Bodenhoch über Süddeutschland kann sich noch etwas verstärken und verlagert
seinen Schwerpunkt zunächst kaum nach Osten. Vor allem an dessen Nordwestflanke
bekommt die Wolken- und Hochnebeldecke mit etwas auflebenden Winden aus Süd bis
Südwest größere Lücken, am ehesten setzt sich die Sonne im Westen und Südwesten
auch mal länger durch.
An den Höchsttemperaturen ändert sich insgesamt nur wenig. Im Westen werden
Werte um 10, am Niederrhein vielleicht auch 11 Grad erreicht, an den Alpen sowie
an der Oder werden die 5 Grad kaum überschritten.

In der Nacht zum Sonntag kommt der Höhenrücken nun doch zögernd bis in den
Westen des Vorhersagegebietes voran. Derweil überquert, ausgehend vom
Zentraltief südwestlich von Island, ein markanter Kurzwellentrog die Britischen
Inseln rasch nordostwärts. Das daran gekoppelte Frontensystem greift unter
fortschreitendem Okklusionsprozess morgens bereits auf die Nordsee über.
Das Bodenhoch über dem Süden Deutschlands wird allmählich etwas nach Osten
abgedrängt und schwächt sich ein wenig ab. Somit dreht die Strömung
niedertroposphärisch überall mehr und mehr auf südliche Richtungen. Vor allem im
Westen/Nordwesten verschärft sich der Gradient, eventuell reicht es morgens für
erste steife Böen aus Süd bis Südost über der offenen Nordsee.
Ansonsten verläuft die Nacht wettertechnisch ruhig. Die tiefe, teils
hochnebelartige Bewölkung in weiten Teilen der Osthälfte und im Südosten löst
sich teilweise auf bzw. weicht in den Niederungen Nebel- und Hochnebelfeldern.
Im Westen und Nordwesten ziehen mit Annäherung der Front im Laufe der Nacht
wieder dichtere hohe, eventuell auch mittelhohe Wolkenfelder durch, es bleibt
aber noch trocken.
Vor allem in der Südhälfte gibt es bei länger klarem Himmel vielerorts leichten,
in einigen Alpen- und Mittelgebirgstälern auch mäßigen Frost und stellenweise
Glätte.

Sonntag ... verlagert das zentralsteuernde Tief über dem mittleren Nordatlantik
sein Drehzentrum allmählich etwas südsüdostwärts ins Seegebiet nordwestlich von
Irland. Der zugehörige Höhentrog kommt bis zur westlichen Biskaya voran, der
vorgelagerte Höhenrücken kann sich somit zögernd über das Vorhersagegebiet
hinweg ostwärts verlagern und erreicht mit seiner Achse abends den Süden und
Osten des Landes. Somit gelangen der Westen und Nordwesten auf die Vorderseite
des westeuropäischen Höhentroges unterhalb einer leicht diffluenten
südwestlichen Höhenströmung.
Insgesamt dauert die Blockadesituation durch das nach wie kräftige
Hochdruckgebiet über Nordosteuropa weiter an, so dass die Okklusion über der
Nordsee nur sehr zögerlich nach Osten vorankommt. Wohl erst gegen Abend erreicht
sie in etwa den Westteil der Deutschen Bucht sowie die Westgrenze Deutschlands.
Im Vorfeld werden die Wolken im Westen und Norden mit der kräftigen WLA
allmählich dichter und am Nachmittag fällt in etwa vom Niederrhein über das Ems-
und Ostfriesland bis nach Nordfriesland etwas Regen. Insgesamt schwächt sich die
Okklusion bereits ab und auch der Gradient verschärft sich voraussichtlich nicht
mehr wesentlich, so dass sich warnrelevante Böen aus Süd bis Südost wohl auf die
offene Nordsee beschränken, wenn überhaupt.
Im Rest des Landes dominiert dagegen der Einfluss des sich nach wie vor nur sehr
zögerlich nach Osten zurückziehenden und sich etwas abschwächenden Hochs.
Gebietsweise lösen sich die Nebel- und Hochnebelfelder nur zögernd, vor allem in
den Niederungen Süddeutschlands örtlich auch gar nicht auf. Ansonsten wechseln
sich aber Sonne und lockere Wolkenfelder ab, vor allem an den Nordrändern der
süddeutschen und östlichen Mittelgebirge sowie der Alpen scheint auch länger die
Sonne. In einigen Lee-Lagen vor allem im Westen reicht es für Höchstwerte um
oder knapp über 10 Grad, sonst werden etwa 4 bis 9 Grad erreicht, in den Nebel-
bzw. Hochnebelregionen Süddeutschlands werden die 0 Grad dagegen kaum
überschritten.



Modellvergleich und -einschätzung
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Anhand der synoptischen Basisfelder lassen sich keine signifikanten
Modellunterschiede ausmachen. Erst die Okklusion am Sonntag wird noch mit
kleineren Differenzen, was deren Progression angeht, simuliert (nach Lesart des
IFS und UKMO bleibt es auch im Westen/Nordwesten noch bis zum Abend weitgehend
trocken, GFS ähnlich wie ICON, lediglich mit einem etwas schärferen Gradienten
ausgestattet, so dass es über der Nordsee häufiger steife, auf Helgoland
vielleicht sogar stürmische Böen geben könnte), diese sind aber nicht weiter
warnrelevant.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff