DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

20-11-2022 09:01
SXEU31 DWAV 200800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 20.11.2022 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Übergang zu T B und auch im Nordosten langsame Milderung.

Gebietsweise leichte, im Bergland auch kräftigere Schneefälle. Vor allem in der
Nacht zum Dienstag im Nordosten gefrierender Regen möglich.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 24 UTC
--------------------------------------------------------------
Sonntag... dauert die Grenzwetterlage mit kalter Luft über dem Norden und der
Mitte sowie milderer Luft im Südwesten weiter ab. Dabei verlagert sich südlich
eines blockierenden Hochs über Nordskandinavien ein Kaltlufttropfen über die
Ostsee nach Südschweden. Der Nordosten liegt dabei in hochreichenden Kaltluft,
in der die Temperaturen in 850 hPa bei -8°C, in 500 hPa nahe -35°C liegen.
Bodennah befindet sich ein schwaches Tief vor der Ostseeküste, um das
Schauerbänder (Schnee- und Graupelschauer) herumgeführt werden, die durch das
warme Meerwasser verstärkt werden. Die schauerartigen Schneefälle greifen dabei
bis ins mittlere Niedersachsen und nach Berlin Brandenburg aus. Unmittelbar an
der warmen Ostsee (T Wasser ~10°C) sind vereinzelt kurze Gewitter nicht
ausgeschlossen.

Weiter südlich, etwa vom Münsterland bis Sachsen, schließt sich in der von Osten
her eingeflossenen kalten Festlandsluft ein Bereich mit korrespondierenden
Absinken an, in dem es aufgelockert, teils auch heiter und niederschlagsfrei ist
und bleibt. Von morgens örtlich -10°C schaffen es die Temperaturen teils nur auf
Werte um den Gefrierpunkt.

Im Süden hält sich nach wie vor die Luftmassengrenze, an der durch kurzwellige
Tröge und frontale Effekte leichte Regen- und Schneefälle ausgelöst werden.
Diese schwächen sich im Tageserlauf ab und ziehen sich Richtung Bayerischer Wald
zurück, da sich von Westen her leichtes Absinken breitmacht und die
Tiefdruckrinne auffüllt. Die Glättegefahr nimmt tagsüber ab; auch weil mit
Winddrehung auf südliche bis südwestliche Richtung die Temperatur etwas über den
Gefrierpunkt ansteigt.
Noch weiter südlich, vom Hochrhein bis zum Alpenrand werden in der milderen,
inzwischen etwas gealterten Meeresluft Auflockerungen wieder wahrscheinlicher
und die Temperaturen liegen nahe +10°C.

Auf dem Atlantik hat sich derweil ein kräftiges Tiefdruckgebiet gebildet, dessen
okkludierendes Frontensystem nachmittags mit Regen auf den Westen Deutschlands
übergreift und die Luftmassengrenze, oder was davon übrig ist, nach Norden
verschiebt.
Dabei spaltet sich, beginnend schon Sonntagabend, vom Okklusionspunkt ein
kleines Tiefdruckgebiet ab, dass in der Nacht zum Montag von NRW über Nordhessen
nach Sachsen zieht.

Auf der kalten Seite fällt zunächst weiter Schnee, im Übergangsbereich kann es
in der Mitte zu gefrierenden Regen kommen, wobei die Signale diesbezüglich
uneinheitlich sind, die Prognosesoundings sehen nicht sehr danach aus.
Rückseitig wird dann wieder etwas Kaltluft angezapft, die sich allerdings nicht
mehr wirklich nachhaltig nach Süden durchsetzen kann. Vom nördlichen NRW, über
das südliche Niedersachsen bis Sachsen und in die Niederlausitz sind 1 bis 5 cm
Neuschnee möglich, in einigen (Stau)Berglagen eventuell auch 5 bis 10 cm, wobei
die Schwerpunkte modellseitig unterschiedlich gesetzt werden.

Der Kaltlufttropfen entfernt sich etwas nach Norden und bringt vor allem dem
Küstenumfeld noch Schneeschauer, aber auch dort mit abschwächender Tendenz. Wo
es in der Kaltluft im Norden aufklart, kann sich Nebel bilden, teils gefrierend.


Südlich des über die Mitte nach Osten ziehenden Tiefs nimmt der Druckgradient zu
und der Südwestwind frischt auf. Besonders im Bergland sind steife bis
stürmische Böen, exponiert Sturmböen nicht ausgeschlossen. In tiefen Lagen kommt
es gebietsweise zu Böen um 50 km/h. Die Schneefallgrenze sinkt mit Passage der
Ausläufer und eines Kurzwellentroges auch im Südwesten und Süden vorübergehend
auf 800m, entsprechend besteht auch im Hochschwarzwald und in den Alpen,
oberhalb von 1000m Glättegefahr durch etwas Neuschnee. Dazu ist die Luft unter
dem Trog instabil geschichtet, was im Südwesten einzelne Gewitter mit
stürmischen Böen zur Folge haben kann.
Der Westen und Süden bleibt ansonsten nach wie vor meist frostfrei, sonst gibt
es vielfach leichten Frost, wobei wegen der insgesamt zunehmenden Bewölkung und
der auch im Norden etwas feuchteren Luft (siehe Nebel) mäßiger Frost
unwahrscheinlicher wird.


Montag... schwächt sich das Hoch im Norden deutlich ab und zieht ins Nordmeer.
Vom neuen Atlantiktief ausgehend kommt es zu einen Trogvorstoß über Westeuropa,
wodurch die Strömung über Mitteleuropa auf Süd bis Südwest dreht und der
Kaltlufttropfen nach Skandinavien abgedrängt wird. In der Höhe stößt ein Keil
über Frankreich nach Mitteleuropa vor und es setzt kräftige Warmluftadvektion
ein, sodass die 850-hPa-Temperatur im Südwesten auf 0 bis +5°C steigt.
Allerdings hält sich im Nordosten auch noch die Kaltluft mit
850-hpa-Temperaturen von -7°C auf der Rückseite des nach Polen und Tschechien
abziehenden Tiefs. Vor allem an den Küsten und in Teilen Schleswig-Holsteins
gibt es noch Schneeregen- oder Schneeschauer, vor allem bis in den Vormittag mit
Glätte.

Anfangs fallen auch über dem Osten und Südosten noch Niederschläge, teils Regen,
teils Schnee des abziehenden Tiefs. Danach setzen sich mit dem Keil
Zwischenhocheinfluss und einige Auflockerungen, im Norden und ganz im Süden auch
kurze Aufheiterungen durch. Von Südwesten her setzt aber rasch wieder - vor den
nächsten Tiefausläufern mit dem nächsten Anlauf der milden Luft -
Bewölkungsverdichtung ein; die Niederschlagsneigung ist im Tagesverlauf noch
gering.

Abends und in der Nacht zum Dienstag greifen von Westen die Ausläufer eines
Tiefs über der westlichen Nordsee mit Niederschlägen über, die im östlichen
Bergland in Hochlagen höchstens anfangs teils als Schnee, im Norden, bzw. im
Nordosten dafür aber je nach Timing und vorheriger Ausstrahlung gebietsweise als
gefrierender Regen fallen können. Den letzten Läufen nach scheint dies in einem
Streifen von Schleswig-Holstein bis Sachsen-Anhalt am wahrscheinlichsten zu
sein. In den Soundings bildet sich eine entsprechende warme Nase ab, die
Hinweise werden auch von Warn Mos gestützt.

Der im Norden südöstliche, sonst eher südliche bis südwestliche Wind frischt
über der Nordsee auf mit teils
stürmischen Böen, in den Alpen und auf einigen Gipfeln im Südwesten sind
Sturmböen zu erwarten. In der Nordosthälfte gibt es gebietsweise leichten Frost,
sonst liegen die Minima bei 6 bis 1°C.

Der folgende Höhentrog kommt langsam nach Osten voran, weitet sich aber auch ins
Mittelmeer aus und führt dort zu einer starken Zyklogenese.


Dienstag... greift besagter Höhentrog auf Deutschland über, während das
Bodentief über der Nordsee nach Norden eindreht und beginnt sich abzuschwächen.
Die Ausläufer kommen bis in den Osten voran, die Wetteraktivität nimmt aber ab,
da die WLA nachlässt und der Trog nur zögernd folgt. Vor allem in der ersten
Tageshälfte besteht im Nordosten Glättegefahr, teils durch örtlichen
gefrierenden Regen, ganz im Nordosten kann auch die feste Phase vertreten sein.

Nachfolgend gibt es einige, wahrscheinlich in der feuchten Luftmasse aber nur
kurze Auflockerungen, bevor mit Annäherung der Trogachse im Westen schauerartige
Regenfälle folgen.
Im Nordosten erfolgt die Milderung nur zögernd, der Wind bleibt auf Südost und
es stellt sich eine Mischluftmasse ein, in der die Maxima zwischen +1 und +4°C
liegen dürften.
Ansonsten macht die Milderung deutlichere Fortschritte und bei südlichem bis
südwestlichem Wind, der im Bergland und an der Nordsee steife bis stürmische
Böen mitbringt, liegen die Maxima bei 5 bis 10°C.
Im Südosten wird die Passage der Niederschläge durch das Tief südlich der Alpen
verzögert. Vom Alpenrand bis zum Bayerischen Wald kann es längere Zeit regnen,
mit 10 bis 20 l/qm vor allem Richtung Alpen. GFS simuliert bis 30 mm, Signale
für Dauerregen sind auch in den probabilistischen Verfahren kaum vorhanden. Bei
entsprechender Andauer sinkt die Schneefallgrenze bis in tiefe Lagen, somit ist
dann auch kräftiger Schneefall möglich.
In den Alpen und südlich davon fallen die Niederschläge ungleich heftiger aus;
50 bis 100, im ICON 150 l/qm fallen in Teilen Norditaliens!

In der Nacht zum Mittwoch folgen mit dem Höhentrog, der unter Abschwächung auf
Deutschland übergreift, Schauer vom Westen und Südwesten nach Nordosten
ausgreifend. Die Regenfälle im Südosten ziehen sich zurück, am Alpenrand regnet
oder schneit es in Lagen über 1000m bis zum Morgen. Dazwischen lockern die
Wolken gebietsweise auf und es bildet sich stellenweise Nebel und die
Temperaturen gehen vor allem im Osten bis 0°C zurück, im Süden und Osten besteht
zudem die Möglichkeit von Bodenfrost. In den anderen Regionen bleibt es
frostfrei.

Da der Gradient aufweicht, langt es nur anfangs an der Nordsee und im höheren
Bergland für Windböen, exponiert im Bergland zu stürmischen Böen oder Sturmböen.


Modellvergleich und -einschätzung
--------------------------------------------------------------
Der grundsätzliche Fahrplan steht. Die Details bleiben unsicher. Schon für die
kommende Nacht sind im Bereich der Luftmassengrenze gefrierende Regenfälle nicht
ausgeschlossen, eher lokal und nach Schneefall sollten diese aber keine so große
Rolle spielen. In der Nacht zum Dienstag sind die Signale im Nordosten
deutlicher, die Temps passen besser und die vorherige Schneephase fehlt.
Entsprechend ist die Ausgabe markanter Warnungen wahrscheinlicher, ob auch
Unwetter gezogen werden muss, bleibt abzuwarten.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner