DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

19-11-2022 09:01
SXEU31 DWAV 190800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 19.11.2022 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
HNF z

Luftmassegrenze mit Schneefällen und Glätte. Im Norden und Osten gebietsweise
mäßiger Nachtfrost. An der Ostsee kräftige Schneeschauer. In der Nacht zum
Montag an einer Welle über der Mitte kräftige Schneefälle möglich.

Synoptische Entwicklung bis Montag 24 UTC
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Samstag... liegt ein blockierendes Hoch von Skandinavien bis Nordwestrussland.
Südlich daran ist die Strömung durch einen weiträumigen Trog, der von
Mitteleuropa bis ins Mittelmeer reicht zyklonal geprägt. Überlagert von einem
Kaltlufttropfen über der Ostsee gelangt an der Südflanke des Hochs kalte,
kontinentale Luft nach Westen und hat große Teile Mitteleuropas geflutet. Einige
Stationen in Ostdeutschland meldeten heute früh -7 bis -9°C. Dazu gab es
gebietsweise um 5cm Neuschnee.

Im Südwesten und Süddeutschland hält sich noch mildere Meeresluft, die zur
Kaltluft eine markante Luftmassengrenze aufweist, die in eine flache
Tiefdruckrinne eingelagert ist und kaum noch nach Süden vorankommt. Sie liegt
etwa von der Eifel bis zur unteren Donau. In der westnordwestlichen, zyklonalen
Höhenströmung bilden sich an der Luftmassengrenze flache Wellen, die zeitweise
die Niederschläge anfachen, sodass in ihrem Bereich etwa von Hessen über Franken
bis zum Bayerischen Wald weitere Schneefälle auftreten. Zur Eifel hin liegt die
Schneefallgrenze höher; dort ist es bis in höhere Lagen häufig Regen.
Ansonsten sind vor allem in Lagen oberhalb 300 bis 400m stellenweise um 5 cm
Neuschnee möglich, besonders vom Odenwald, Spessart Richtung Oberpfalz und
Bayerischer Wald. In tiefen Lagen akkumuliert sich, wegen der warmen Böden, nur
wenig oder es bleibt bei Schneematsch. Die betroffenen Regionen sollten im Auge
behalten werden, da bei kurzzeitig stärkeren Schneefällen bis ganz runter
zumindest vorübergehend eine Schneedecke möglich ist.

Weiter nördlich schließt sich ein Streifen mit kompensatorischen Absinken und
Aufheiterungen an. An der Vorderseite des Kaltlufttropfens hat sich ein flaches
Tief über der Ostsee gebildet. Höhenkaltluft bis -35°C auf 500 hPa kratzt dabei
an der Grenze zu Deutschland. In der labilen Luft bilden sich zahlreche Schnee-
und Graupelschauer, die durch den Lake-Effekt (Wassertemperaturen um 10°C, -8°C
in 850 hPa) verstärkt werden und bis ins Nord/Nordostdeutsche Binnenland ziehen.
Auch hier sollte der Fokus auf Nowcasting liegen, denn obwohl ICON-D2 aktuell
bis zum Abend auf stellenweise 5 bis 6 cm in Vorpommern erhöht hat, sind das
lokal wahrscheinlich immer noch zu wenig. Auch einzelne Gewitter sind nicht
auszuschließen. Im Bereich der Ostseeküste sind einzelne steife Böen aus
nördlicher Richtung möglich.
In der milden Luft im Süden werden noch bis zu 10 °C erreicht, hier regnet es ab
und zu leicht, bei einer Schneefallgrenze von ca. 1000 bis 1200m in den Alpen.
In der Kaltluft im Norden, Osten und der östlichen Mitte liegen die Höchstwerte
dagegen nur bei -3 bis 3°C, im Bergland teils um -5°C und von Thüringen bis
Sachsen und Oberfranken gibt es Dauerfrost.

In der Nacht zum Sonntag zieht der Kaltlufttropfen über die Ostsee Richtung
Südschweden, auch in Begleitung eines kleinen Bodentiefs im Bereich der
Ostseeküste. Im Norden, bis weit ins Binnenland sind weitere teils kräftige
Schnee- und Graupelschauer sowie Richtung Küste auch vereinzelte Gewitter
möglich. Bei Schauerstraßen sind küstennah auch größere Schneemengen und
erhebliche Glätte nicht ausgeschlossen.
An der Luftmassengrenze über der südlichen Mitte, bzw. über Teilen des Südens
kommt es zu weiteren Niederschlägen als Schnee oder Regen mit Glätte durch
Neuschnee (stellenweise erneut um 5 cm) oder Matsch auf der kalten Seite. Durch
die Bildung einer kleinen Welle über Westdeutschland, die in der Folge nach
Bayern ziehen könnte, können sich die Regen- und Schneefälle wiederum etwas
verstärken und die kältere Luft gewinnt im Westen etwas nach Süden an Raum.

Im Norden und über der Mitte ist bei Aufklaren mäßiger Frost, bis nahe -10°C
möglich, in Teilen des Südens und Südwestens bleibt es frostfrei.


Sonntag... verlagert sich der Kaltlufttropfen nach Westen und bis Nordwesten und
erreicht mit Zentrum Südschweden. Der Nordosten verbleibt dabei in der
hochreichenden Kaltluft. Bodennah liegt weiter ein schwaches Tief vor der Küste,
um das Schauerbänder (Schnee- und Graupelschauer) simuliert werden, die durch
die warme Ostsee noch verstärkt werden und auch kräftig ausfallen können. Die
schauerartigen Schneefälle greifen dabei bis ins mittlere Niedersachsen und nach
Berlin Brandenburg aus.
Weiter südlich schließt sich ein Bereich mit korrespondierenden Absinken an, in
dem es aufgelockert, teils auch heiter ist. Auch am Alpenrand gibt es
Auflockerungen.

Auf dem Atlantik hat sich mittlerweile ein kräftiges Tiefdruckgebiet gebildet,
dessen okkludierendes Frontensystem nachmittags mit Regen auf den Westen
Deutschlands übergreift und die Luftmassengrenze davor etwas nach Norden
verschiebt. An ihr kommt es meist nur noch zu leichten Niederschlägen, die
tagsüber in tieferen Lagen in Regen
Übergehen, da sich die Bodenrinne auffüllt der Wind vorderseitig der
okkludierenden Front auf Süd bis Südwest dreht.

Dies ändert sich, wenn in der Nacht zum Montag die okkludierende Front auf die
Luftmassengrenze trifft. Dabei spaltet sich, beginnend schon Sonntagabend, vom
Okklusionspunkt ein Tiefdruckgebiet ab, dass von NRW über Nordhessen entlang der
Luftmassengrenze nach Sachsen zieht.
Auf der kalten Seite fällt zunächst weiter Schnee, im Übergangsbereich kann es
in der Mitte zu gefrierenden Regen kommen, denn die bodennahe Kaltluft ist dort
noch ziemlich massiv. Rückseitig wird dann wieder etwas Kaltluft angezapft, die
sich allerdings nicht mehr wirklich nachhaltig nach Süden durchsetzen kann. Etwa
von NRW bis ins südliche Niedersachsen und Ostsachsen sind 1 bis 5 cm Neuschnee
möglich, in einigen Berglagen eventuell auch 5 bis 10 cm, wobei die
Niederschläge was Intensität und Lage noch unterschiedlich gehandhabt werden.
Der Kaltlufttropfen entfernt sich etwas nach Norden und bringt vor allem dem
Küstenumfeld noch Schneeschauer, exponiert an der See eventuell steife Böen. Wo
es in der Kaltluft im Norden aufklart, kann sich Nebel bilden, teils
gefrierender Nebel.
Auch im Süden und Südwesten nimmt der Druckgradient etwas zu und der Südwestwind
frischt auf. Besonders im Bergland sind steife bis stürmische Böen, exponiert
auch Sturmböen nicht ausgeschlossen. In tiefen Lagen kommt es gebietsweise zu
Böen um 50 km/h. Die Schneefallgrenze sinkt mit Passage der Ausläufer und eines
Kurzwellentroges auch im Südwesten vorübergehend auf 700 bis 800m, entsprechend
besteht auch im Hochschwarzwald eine gewisse Glättegefahr.
Der Südwesten bleibt ansonsten nach wie vor meist frostfrei, sonst gibt es
vielfach leichte Frost, wobei wegen der insgesamt zunehmenden Bewölkung und der
auch im Norden etwas feuchteren Luft (siehe Nebel) mäßiger Frost
unwahrscheinlicher wird.


Montag... schwächt sich das Hoch im Norden deutlich ab und zieht ins Nordmeer.
Vom neuen Atlantiktief ausgehend kommt es zu einen Trogvorstoß über Westeuropa,
wodurch die Strömung über Mitteleuropa auf Süd bis Südwest dreht und der
Kaltlufttropfen nach Skandinavien abgedrängt wird. In der Höhe stößt ein Keil
über Frankreich nach Mitteleuropa vor und es setzt massive WLA ein, sodass die
850-hPa-Temperatur im Südwesten auf 8 °C steigt.

Nur im Nordosten halten sich noch die Reste der Kaltluft mit
850-hpa-Temperaturen von -4 °C auf der Rückseite des sich über Polen auflösenden
schwachen Tiefs.

Anfangs fallen über dem Osten und Südosten noch Niederschläge, teils Regen,
teils Schnee des abziehenden Tiefs. Danach setzt sich mit dem Keil
Zwischenhocheinfluss und einige Auflockerungen durch; die Niederschlagsneigung
ist im Tagesverlauf nur noch gering. Auch im Norden werden die Schneeschauer
weniger, da sich die höhenkalte Luft nordwärts zurückzieht.

Abends und in der Nacht zum Dienstag greifen von Westen erneut Tiefausläufer mit
Niederschlägen über, die im östlichen Bergland in Hochlagen nur anfangs teils
als Schnee, im Norden dafür aber je nach Timing und vorheriger Ausstrahlung
gebietsweise als gefrierender Regen fallen können. Der im Norden südöstliche,
sonst eher südliche bis südwestliche Wind frischt über der Nordsee auf mit teils
stürmischen Böen, in den Alpen und auf einigen Gipfeln im Südwesten sind
Sturmböen zu erwarten.

In der Osthälfte gibt es gebietsweise leichten Frost, sonst liegen die Minima
bei 6 bis 1°C.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Lage wird großräumig sehr ähnlich simuliert. Details wie Lage der
Luftmassengrenze und der Niederschläge sind unsicher. Dies, wie auch die
Schneeschauer im Nordosten sind Nowcasting.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner