DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

18-11-2022 11:01
SXEU31 DWAV 180800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 18.11.2022 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Hoch Nordmeer-Fennoskandien zyklonal (HNFz)
Von Nordosten her Schneefälle und nachfolgend frühwinterlich kalt. Auch
Glättegefahr durch Überfrieren. Ganz im Süden durchgehend mild. In der Nacht zum
Montag von Westen her wieder Milderung mit Schneefällen, die in Regen übergehen
und Glatteisgefahr.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
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Am Freitag... ist die Wetterlage durchaus komplex. Die eigentliche Frontalzone
verläuft in unserem Raum derzeit weit südlich im Bereich des Mittelmeerraums.
Gleichzeitig liegt über dem nördlichen Skandinavien und dem Nordmeer eine
blockierende hochreichende Antizyklone (entspricht Hoch Erik). In unserem Raum
erstreckt sich dagegen rinnenartig von West nach Ost ein Gebiet niedrigen
Geopotentials mit mehreren eingelagerten Höhentiefkernen unterschiedlicher
Größe. Dominierend ist ein umfangreiches Höhentief über Belarus, das auch mit
viel Kaltluft angefüllt ist. Bodennah liegt zwischen dem Azorenhoch und Hoch
Erik ebenso eine Rinne tiefen Luftdrucks, die sich über Deutschland von Nordwest
nach Südost erstreckt, wobei das dominierende Tief bei Schottland (Regina)
liegt. Die Achse der Rinne liegt derzeit auf einer Linie vom Niederrhein bis zum
Fichtelgebirge. In dieser Konstellation hat sich auch eine Luftmassengrenze
gebildet, da in den Südwesten Deutschlands mit südwestlichem Wind milde und
feuchte Luft einfließt, während in den Nordosten am Rande des Hochs kalte (T850
hPa bis -6°C) und trockene Luft gelangt. Dabei fällt aber die Luftmassengrenze
nicht mit der Rinne zusammen, weil die Kaltluft sich bei weitem noch nicht so
weit nach Südwesten durchgesetzt hat.

Ganz im Nordosten liegt schon die trocken-kalte Luft, dort hat sich heute früh
Frost eingestellt und der Himmel ist klar. In dieser Region ist heute ein
weitgehend sonniger, aber mit Höchstwerten um 3°C recht kalter Tag zu erwarten,
nur an der Ostsee ist es milder. Dort macht sich aber im Tagesverlauf schon der
Einfluss des Höhentiefs über Belarus etwas bemerkbar, wobei wir zunächst noch an
seinem Rande liegen. Allerdings ist über der warmen See die Schichtung bis 700
hPa labil, was für relativ flache Schauer spricht, die durchaus auch mit Schnee
und Graupel vermischt sein können. Diese beschränken sich aber zunächst aufs
Küstengebiet, wo von unten die entsprechende Zufuhr von Feuchtigkeit und Wärme
gegeben ist.

Weiter nach Südwesten hin befindet sich die Luftmassengrenze, die mit den schon
erwähnten östlichen bis nordöstlichen Winden im Tagesverlauf nach Südwesten
vorankommt und bis zum Abend in etwa eine Linie vom Emsland bis nach Oberfranken
erreichen sollte. Damit erreicht diese allmählich auch die Konvergenz in der
Rinne. An der Luftmassengrenze kommt es zu Niederschlägen, die zumindest in
Richtung kalter Seite als Schnee bis in tiefe Lagen fallen. In den tiefsten
Lagen dürfte es tagsüber wohl kaum für die Bildung einer Schneedecke reichen,
dafür sind Globalstrahlung und Bodenwärmestrom noch zu hoch, zudem dürften auch
die 2-m-Temperaturen meist im knapp positiven Bereich liegen. Allerdings kann
nicht ganz ausgeschlossen werden, dass bei stärkeren Schneefällen auch im
Tiefland zumindest vorübergehend mal etwas Schnee liegen bleibt. Wenn wir in
mittlere Lagen des Berglandes kommen, so ab 300 bis 400 m, sieht die Lage anders
aus, da dürfte es vielerorts auch tagsüber für ein paar cm Neuschnee reichen. In
Hochlagen können es stellenweise 5 bis 10 cm werden, wobei das tagsüber nur den
Harz und die östlichen Teile des Erzgebirges betrifft. Vorsicht bei den
MOS-Höchstwerten: Diese treten jetzt am Vormittag auf, im Tagesverlauf liegt die
Temperatur nur noch knapp über dem Gefrierpunkt, im höheren Bergland darunter.

Südwestlich der Luftmassengrenze ist die milde Luftmasse labil geschichtet, was
zu zahlreichen Schauern und auch einzelnen Gewitter führt. Diese können lokal
auch mal Graupel bringen oder mal Niederschlagssummen um 10 mm, bleiben aber
damit noch gelb. Die Schneefallgrenze liegt im Südwesten bei etwa 1200 m, so
dass es nur in den Alpen etwas Neuschneezuwachs gibt. Die Temperaturen steigen
dort allgemein auf 7 bis 12°C.

Nun noch zum Wind: Im Norden herrscht zwischen Regina und Erik noch ein recht
kräftiger Gradient, der zu starkem Ostwind führt. Damit müssen im Küstenumfeld
allgemein steife Böen aus Ost erwartet werden, in entsprechend exponierten Lagen
auch stürmische Böen, auf Helgoland Sturmböen. Da sich aber Regina langsam
auffüllt, nimmt der Wind im Tagesverlauf tendenziell etwas ab. Im Süden herrscht
in höheren Lagen noch ein recht starker Gradient, so dass es auf den
Schwarzwaldgipfeln und in den höheren Lagen der Alpen zu Sturmböen kommen kann.

In einigen Staulagen des Südens ist aktuell noch eine Warnung vor Dauerregen
gültig. Insbesondere im Nordschwarzwald ist auch schon recht viel Regen
gefallen, zudem können heute noch einmal teils 10 bis 15 mm hinzukommen, so dass
die Warnung weiter gerechtfertigt ist.

In der Nacht zum Samstag kommt das Höhentief von Belarus langsam nach Westen
voran, wobei gegen Samstagmorgen Vorpommern in den Bereich von Höhenkaltluft
gerät, in 500 hPa geht die Temperatur auf -34°C zurück. Damit kommt es zu einer
Labilisierung der Schichtung bis in etwa 500 hPa, so dass es zu immer
kräftigeren Schneeschauern kommen kann, die auch zunehmend auf Land übergreifen,
zumal dort am Rande eines kleinen Tiefs, das sich auf der Ostsee von Osten her
nähert, der Nordwind etwas auffrischt. Bei entsprechend niedrigem
Temperaturniveau, das nur unmittelbar am Wasser knapp über 0°C verbleibt, können
dann je nach Schauerstärke auch mal einige Zentimeter Schnee liegen bleiben. Im
küstennahen Binnenland sinkt die Temperatur auf etwa -2 bis -4°C.

Daran anschließend wird es in der Nacht ein große Auflockerungs- bzw. klare
Region geben, die bis zum Morgen weite Teile Norddeutschlands umfasst. In der
eingeflossenen kalten (-6 bis -8°C in 850 hPa) und trockenen Luftmasse geht bei
zudem noch recht schwachem Wind die Temperatur verbreitet in den leichten
Frostbereich zurück, in der Osthälfte muss auch mit mäßigem Frost gerechnet
werden. Wo noch Restnässe vorhanden ist, also wahrscheinlich vor allem in einem
Streifen von Sachsen bis Niedersachsen, muss mit überfrierender Nässe gerechnet
werden, da hilft angesichts der erwarteten Temperaturen auch kein
Bodenwärmestrom mehr.

Kommen wir weiter nach Südwesten: Die Luftmassengrenze rutscht allmählich
komplett in die Rinne hinein und erreicht bis zum Morgen in etwa eine Linie vom
südlichen Niederrhein bis nach Niederbayern. In den daran unmittelbar nördlich
angrenzenden Regionen muss in den Nachtstunden mit in Schneefall übergehendem
Regen (am Niederrhein bleibt es bei Regen) gerechnet werden, wobei durchaus auf
einem Streifen 5 bis 10 mm erwartet werden, der sich vom Bayerischen Wald bis
nach Niederbayern erstreckt. In den Mittelgebirgen sind es eher 10 bis 15 mm,
Richtung Bergisches Land auch bis über 20 mm, dort fällt aber das meiste noch
als Regen. Trotzdem muss in den angesprochenen Regionen vom Bergischen Land bis
in den Südosten bis in tiefe Lagen mit zumindest Schneematsch oder einer dünnen
Neuschneeauflage gerechnet werden, weiter nach Nordosten hin und allgemein in
Lagen ab etwa 300 m muss durchaus gebietsweise mit Neuschneeauflagen um 5 cm
gerechnet werden, in höheren Lagen ab etwa 500 m sind in einigen Mittelgebirgen
auch 10 bis 15 cm Neuschnee vorstellbar, wobei aktuell die Schwerpunkte von den
Modellen noch etwas uneinheitlich gesetzt werden, so dass man sich mit einer
Ocker-Warnung schwer tut. In der angesprochenen Region bleibt es ganz nach
Südwesten hin noch knapp frostfrei, Richtung zentrales Bergland geht es dagegen
in höheren Lagen durchaus bis -5°C runter.

Ganz im Südwesten verläuft die Nacht bewölkt und es kann noch etwas regnen. Dort
liegen die Tiefstwerte meist bei 5 bis 2°C.


Am Samstag... verlagert sich der Kern des Höhentiefs weiter westwärts bis in die
östliche Ostsee. Das oben erwähnte Bodentief nistet sich im Bereich der Ostsee
vor dem Westen Polens ein, so dass insbesondere im Bereich der Vorpommerschen
Küste recht kräftiger, aber wahrscheinlich nicht warnwürdiger Nordwind erwartet
wird. Insbesondere in der ersten Tageshälfte ist es dabei mit Höhenkaltluft ganz
im Nordosten sehr labil, später zieht die kälteste Luft wieder etwas nach
Südosten ab, so dass vor allem in der ersten Tageshälfte Gewitter möglich sind.
Den ganzen Tag über können aber über der Ostsee durch den Lake-Effekt (wir haben
Wassertemperaturen von 11 bis 12°C (!), -7°C in 850 hPa und unter -30°C in 500
hPa) kräftige Schauer entstehen, die an der Küste wohl sowohl Regen als auch
Graupel und Schnee bringen können, im Binnenland dürfte aber der Regen kein
großes Thema mehr sein. Somit können mit dem Nordwind Schauer bis ins
Landesinnere eindringen, eventuell bilden sich auch Schauerstraßen. Zumindest
vorübergehend kann es auch tagsüber etwas Neuschnee geben, vielleicht gibt es
auch noch Überraschungen. Ansonsten stellt sich in der Nordhälfte ein
freundlicher, teils sogar sonniger Tag ein, wobei die Temperaturen nur noch
knapp über den Gefrierpunkt steigen, in der etwas kälteren Luftmasse im Osten
(und dort bei teils vorhandener Schneedecke) kann es nicht nur im Bergland
leichten Dauerfrost geben. Der Wind weht im Norden abseits des genannten Tiefs
meist nur schwach aus unterschiedlichen Richtungen.

Die Bodenrinne wird im Laufe des Tages immer schwächer, lässt sich aber bis zum
Abend noch identifizieren. Sie soll im Westen noch etwas nach Süden vorankommen
und am Abend zwischen Mosel und Bayerischen Wald liegen. In einer Region von der
Eifel und vom Hunsrück bis ins östliche Bayerische Bergland werden meist 2 bis 5
mm Niederschlag erwartet, im westlichen Bergland gebietsweise 5 bis 10 mm.
Zumindest an der Nordkante des Niederschlagsgebiets kann es auch tagsüber bis in
tiefe Lagen schneien, wenn auch tagsüber kaum was liegen bleiben wird. Sonst
kann es auch Regen oder Schneeregen sein. Im höheren Bergland, also allgemein
deutlich über 400 m, kann sich auch tagsüber Neuschnee akkumulieren, wobei auf
den Straßen wahrscheinlich der Bodenwärmestrom noch ordentlich dagegenhält. Aber
auf Wiesen können durchaus teils 5 bis 10 cm Neuschnee liegen bleiben.

Ganz im Süden wird mit dem schwachen Westwind noch sehr milde Luft zugeführt,
diese ist auch sehr feucht, allerdings regnet es allenfalls noch ganz leicht.
Das Temperaturniveau ist mit Höchstwerten um 8°C noch sehr mild.

In der Nacht zum Sonntag zieht der Kaltlufttropfen über die Ostsee Richtung
Südschweden. An der Luftmassengrenze über der südlichen Mitte kommt es zu
weiteren Niederschlägen als Schnee oder Regen mit Glätte durch Neuschnee oder
Matsch auf der kalten Seite. Im Norden und über der Mitte ist bei Aufklaren
mäßiger Frost möglich, in Teilen des Südens und Südwestens bleibt es frostfrei.


Am Sonntag... verlagert sich das elliptisch geformte Höhentief von der
westlichen Ostsee nach Südschweden. Davon ausgehend hat sich durch eine
Austrogung über Westeuropa über uns ein Trog ausgebildet, der sich bis nach
Sizilien erstreckt. Unsere Luftmassengrenze am Boden existiert weiterhin und
liegt nach ICON über der südlichen Mitte, sie schwächt sich aber im Tagesverlauf
ab. Grund dafür ist eine Okklusionsfront, die mit einem Teiltief, das von
England sich bis zum Abend in die Niederlande verlagert. Das Niederschlagsband
an der Okklusion erreicht am Nachmittag den Westen. die vorgelagerte WLA sorgt
dafür, dass die Schneefallgrenze auf über 800 m ansteigt. Die prognostizierten
Mengen liegen allerdings nur bei max. 5 mm/12h. Im Bergland oberhalb 800 m muss
mit ein paar cm Neuschnee gerechnet werden. Bevor das Wolkenband der Okklusion
auch den Osten erfasst kann es dort und im Südosten auch heitere Abschnitte
geben.

Weiterhin nimmt in den Höhenlagen der Mittelgebirge der Wind wieder zu und es
gibt steife Böen aus Südwest. In exponierten Gipfellagen können auch Böen der
Stärke 8 bis 9 auftreten. Die Temperaturen steigen auf Werte zwischen 10°C am
Oberrhein und 1°C in Vorpommern.

In der Nacht zum Montag erreicht die Achse des Langwellentrogs die Mitte von
Deutschland. Das Regengebiet erreicht im Laufe der Nacht auch die Mitte den
Osten Deutschlands. Die Mengen sind jedoch kaum warnwürdig. Mit der Okklusion
steigt auch die T850 wieder an. Die Schneefallgrenze steigt auch im Osten bis
zum Morgen auf 600 m an. In den Hochlagen der Berge über 600 bis 800 m kann es
trotzdem noch etwas Schnee geben. Zudem kann es aufgrund der recht kalten
Vorgeschichte im Osten auch stellenweise gefrierenden Regen geben.

Der Wind bleibt in den Bergen ein Thema, in den Hochlagen kann es steife,
teilweise auch stürmische Böen aus Südwest geben. Die Temperaturen sinken im
Bergland und im Nordosten auf Werte bis -2°C ab. In der gesamten Nordosthälfte
einschließlich der Mittelgebirge und dem Alpenvorland muss zudem mit leichtem
Bodenfrost gerechnet werden.


Modellvergleich und -einschätzung
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Interessant sind vor allem die Unterschiede bezüglich der Niederschlagssummen,
die ja auch massiven Einfluss auf potentielle Neuschneeakkumulation haben.
Insgesamt haben sich die Modelle zwar angeglichen, allerdings simuliert
insbesondere IFS die Lage der Luftmassengrenze etwas weiter südlich als die
anderen Modelle. Die Summen werden dagegen (abgesehen von den üblichen
Unschärfen) weitgehend einheitlich simuliert.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl.-Met. Peter Hartmann