DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

16-11-2022 11:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 16.11.2022 um 10.30 UTC



Anfangs Grenzwetterlage, dann milder. Wechselhaft.
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Synoptische Entwicklung bis zum Mittwoch, den 23.11.2022


Am Samstag liegt ein blockierendes Hochdruckgebiet über Nordskandinavien an
dessen Südrand kalte Festlandsluft in den Norden und die Mitte Deutschlands
gelangt. Diese wird durch eine markante Luftmassengrenze, die in eine flache
Tiefdruckrinne eingelagert ist, von milderer Meeresluft im Süden getrennt, wobei
es an derselben teils bis in tiefe Lagen schneit mit der entsprechenden
Glättegefahr, vor allem nachts, im Bergland auch tagsüber. In der Kaltluft gibt
es gebietsweise auch tagsüber leichten und in den Nächten mäßigen Frost. Vor
allem an den Küsten frischt der Ostwind teilweise stark auf. Im Süden und
Südwesten bleibt es dagegen mild und auch in den Nächten häufig frostfrei. In
der Nähe eines Kaltlufttropfens über der Ostsee sind im Nordosten, vor allem
aber an den Küsten Schnee- und Graupelschauer, zum Teil auch kurze Gewitter
möglich.
Am Sonntag wird der Kaltlufttropfen von einem Langwellentrog über Westeuropa
eingefangen und nach Nordwesten gesteuert. Die Strömung dreht damit mehr und
mehr auf Südwest und der Einfluss des blockierenden Hochs wird nach Nordosten
zurückgedrängt. Die Ausläufer eines Tiefs über der Nordsee greifen von Westen
her mit Regen und milder Luft auf Deutschland über und drängen die
Luftmassengrenze nordostwärts, wobei die kalte Luft aber noch nicht vollständig
ausgeräumt wird. Bezüglich der Lage der Luftmassengrenze und der Niederschläge
daran bestehen noch einige Unsicherheiten. In den Nächten gibt es gebietsweise
Nebel, zum Teil auch gefrierenden Nebel.
Am Montag zieht der Trog unter Verkürzung seiner Wellenlänge ostwärts, gefolgt
von einem Höhenrücken. Die Wetterberuhigung ist aber nur von kurzer Dauer, da
von Westen her sich rasch die Ausläufer eines Sturmtiefs bei Irland nähern. Mit
südlichen bis südwestlichen Winden wird milde Meeresluft in die meisten
Landesteile gelenkt, nur im Osten und Norden hält sich eine etwas kältere
Luftmasse, in der es aber auch über die 0°C Marke hinaus geht. Vor allem an den
Küsten, nach Westen hin und im höheren Bergland bleibt es teilweise windig, aber
ohne, dass eine Sturmlage ansteht.
Am Dienstag zieht das Tief unter Abschwächung in die Nordsee. Die Ausläufer und
der Regen ziehen nach Nordosten ab, der nachfolgende Höhentrog bringt mit der
Labilisierung der Schichtung Schauerwetter. In stark erwärmter Meeresluft ist es
recht mild, vor allem in der Nordwesthälfte zeitweise auch windig.
Am Mittwoch bleiben wir insgesamt auf der Vorderseite eines Langwellentroges
über dem Nordatlantik in einer milden südwestlichen Strömung. Die nächsten
Tiefausläufer folgen bald mit Regen und einem neuen Schwall milder Luft. Die
feste Phase beschränkt sich aufs höhere Bergland in den östlichen Landesteilen.
Besonders im Westen, im Bergland und an den Küsten ist es teilweise windig.
Für die erweiterte Mittelfrist deutet sich unbeständiges und meist mildes Wetter
an.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die Konsistenz des europäischen Modells ist aktuell nicht gut. Schon zu Beginn
wird der Kaltluftlufttropfen am Südrand des blockierenden Hochs inkonsistent
simuliert. Nach aktueller Lesart streift er am Samstag Norddeutschland mit sehr
kalter Luft, in den Vorläufen lag er 500 bis 1000 km weiter östlich. Eine
markante Luftmassengrenze quer über Deutschland ist gegenüber den Vorläufen noch
etwas weiter nach Südwesten verschoben. Die Unsicherheiten bleiben auch in der
Folge. Der neueste Lauf lässt die milde Luft nach Nordosten durchbrechen, die
Vorläufe hatten für den Nordosten eine Hochdruckrandlage, teils mit kalter Luft
auf der Karte. Entsprechend sind die Unsicherheiten im Nordosten am größten,
nach Südwesten hin, wo die milde Witterung am wahrscheinlichsten ist, nehmen sie
ab.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Die Unsicherheiten bleiben auch mit Blick auf die anderen globalen Modelle. Das
Modell des englischen Wetterdienstes schlägt sich einigermaßen auf die Seite der
Europäer, während ICON und GFS den Nordosten im Randbereich des blockierenden
Hochs über Osteuropa und im Zustrom der kalten Luft belassen. Der große Rest
Mitteleuropas fungiert dabei als Frontenfriedhof, auf dem die von Westen
hereinziehenden Tiefausläufer unter Abschwächung liegen bleiben. Hiernach wären
im Osten und Norden auch immer mal wieder leichte Schneefälle und zumindest ein
Hauch von Winter möglich. Letztlich muss aber die gesamte mittelfristige
Prognose mit Fragezeichen versehen werden.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Anhand der Rauchfahnen stützen die Ensembles die Aussagen des Hauptlaufs und
lassen die Milderung, zwar zeitlich verzögert, aber dennoch auch auf den
Nordosten übergreifen. Gleichzeitig nimmt auch dort die Niederschlagsneigung
wieder zu bei Winddrehung auf südliche Richtungen. Die Kurven für Temperatur und
Niederschlag verlaufen bis zum Ende einigermaßen gebündelt, mit relativ geringem
Spread.
Die Clusterung zeigt für die ersten beiden Zeitschritte jeweils 6 Cluster. Bis
+96h sind die Unterschiede über Mitteleuropa gering. In der Folge wird der
blockierende Höhenrücken jeweils anders gelegt, von der Mehrzahl wie im
Hauptlauf, wird der Rücken nach Osten gedrückt, es gibt aber auch Lösungen, die
das nur abgeschwächt und zeitlich verzögert zeigen. Entsprechend ist auch aus
Sicht der Ensembles im Nordosten eine Andauer der kalten Ostströmung, wie es ja
auch ICON und GFS andeuten, zumindest nicht ausgeschlossen.
In der erweiterten Mittelfrist geht es wahrscheinlich unbeständig weiter. Die
meisten Cluster tendieren zu West zyklonal, oder in Richtung einer südlichen
Westlage. Nur Cluster 4 (von 5) mit 9 Membern zeigt die erneute Bildung einer
Blockinglage.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Markant dürfte mittelfristig bestenfalls der Wind an der Nordsee und im höheren
Bergland werden, wo es Signale für ein paar stürmische Böen oder Sturmböen gibt.
Die Niederschläge an der Luftmassengrenze zu Beginn dürften insgesamt nicht für
markante Warnungen reichen. Für größere Schneemengen ist die Vorgeschichte zu
warm und die Niederschläge sind nicht kräftig genug. Ein Hauch von Winter dürfte
es in einigen Regionen aber geben, auch wenn die prognostischen Unsicherheiten
noch groß sind.
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Basis für Mittelfristvorhersage
MosMix, IFS (EPS)
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Bernd Zeuschner