DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

14-11-2022 09:01
SXEU31 DWAV 140800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 14.11.2022 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Sa

Im Westen und auch an den Küsten sowie in exponierten Berglagen zunehmend
windig. Nachts anfangs gebietsweise frostig und neblig, allmählich nachlassende
Frostneigung.


Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 24 UTC
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Montag... bestimmt im Nordosten weiterhin ein Höhenrücken das Wettergeschehen,
der sich zwar etwas abschwächt, aber seine Lage kaum verändert und dessen Achse
über den Tag hinweg von Rumänien nach Südnorwegen verläuft. Auf seiner
Vorderseite stützt der Rücken ein Hochdruckgebiet, welches am Vormittag im
Bereich Baltikum/Belarus anzutreffen ist und dessen Schwerpunkt im Tagesverlauf
sehr zögerlich nach Südosten wandert. Da die Luftmasse im Bereich des Hochs
recht trocken und zusätzlich relativ stabil geschichtet ist, bleibt der Tag in
der Nordosthälfte und auch im Südosten trocken. Dabei werden dort Höchstwerte
von 9 bis 15°C erreicht, mit den höchsten Werten im Südosten Bayerns. Letzteres
ist einer leicht föhnigen Situation am Nordrand der Ostalpen geschuldet, wobei
in Föhntälern eventuell auch etwas mehr als 15°C möglich sein sollten. Anders
die Situation im Südwesten, wo aktuell ein Höhentief über Baden-Württemberg zu
finden ist. Dieses verlagert sich über den Tag hinweg über Rheinland-Pfalz bis
nach Benelux. Im 500 hPa-Niveau weist der Kaltlufttropfen eine Temperatur von
etwa -23°C auf, was auf eine nur mäßig ausgeprägte Labilität hindeutet. Die auf
der Nordflanke des Tropfens simulierte PVA wird durch KLA kompensiert, so dass
die Modelle unisono dort keine Niederschläge im Programm haben. Infolgedessen
ist die Südflanke der niederschlagsaffine Bereich. Dass es im Laufe des
Vormittages in Baden-Württemberg zu schauerartig verstärkten Regenfällen kommen
soll, darüber sind sich die Modelle einig. Die externen Modelle wie IFS, aber
auch UK10 oder Arome, lassen den Regen am Nachmittag dann auch bis nach
Rheinland-Pfalz und Südhessen ausgreifen, eine Sichtweise, die die Deutsche
Modellkette, aber auch GFS, nicht teilen. Nach den letztgenannten Modellen
sollen die Niederschläge dann auf den äußersten Südwesten beschränkt bleiben,
nach CON verläuft der Nachmittag sogar trocken. Einig ist man sich in der
Auffassung, dass Gewitter aufgrund der o.e. geringen Labilität wohl nicht
auftreten werden. Die Höchstwerte im Südwesten liegen in einer Spanne von 8 bis
14°C und damit eine Nuance niedriger als im Nordosten, auch frischt der Wind im
Südwesten mitunter böig auf, was seine Ursache in der Konvektion und einem etwas
schärferen Gradienten hat. So kommt es in den Hochlagen der westlichen
Mittelgebirge zu steifen Böen Bft 7, was anfangs auch noch für das Erzgebirge
und dessen Vorland gilt, wo sich der Böhmische Wind bemerkbar macht. In den
höheren Gipfellagen wie Brocken, Feldberg im Schwarzwald u.ä. sind auch einzelne
Sturmböen zu erwarten.

In der Nacht zum Dienstag zieht der Kaltlufttropfen auf die Nordsee. Er wird
dabei zunehmend in das Zirkulationsmuster eines großräumigen Langwellentroges
über dem Nordostatlantik einbezogen. Auf der Südflanke des Höhentiefs greift ein
im Bodendruckfeld wie auch im 500-hPa-Niveau erkennbarer Kurzwellentrog, in den
eine schwache Störung eingelagert ist, auf den Westen Deutschlands über. Damit
verstärken sich die Hebungsprozesse wieder und der Niederschlag gewinnt wieder
an Intensität. Während es in der ersten Nachthälfte etwa von Rheinland bis in
die Pfalz regnen soll, weitet sich der Regen in der zweiten Nachthälfte, dann
schon wieder unter Abschwächung, bis zum Hochrhein, nach Osthessen und ins
Münsterland aus. Während in der ersten Nachthälfte die 6-stündigen Regensummen
zumindest gebietsweise um 5 l/qm liegen können (punktuell erwarten Arome,
ICON-D2 und IFS auch um 10 l/qm), sind es in der zweiten Nachthälfte meist nur
noch um 1 l/qm. Da weder der Gradient merklich auffächert noch die Konvektion
nachlasst, bleibt auch der Wind auf dem Niveau des Montags, erst zum Morgen
nimmt er etwas ab. Abseits des Regens bildet sich im Südosten und, mit
Abstrichen, auch im Nordosten wieder Nebel bzw. noch vorhandene Nebelfelder
verdichten sich wieder. Im Südosten Bayerns liegen die Minima dabei gebietsweise
etwas unter dem Gefrierpunkt, Frost im Bodennähe ist von der Neiße bis zu den
Alpen en Thema.

Dienstag... kommt der Kaltlufttropfen zügig nach Nordwesten voran. Er verliert
dabei seine Eigenständigkeit, wird endgültig in das Zirkulationsmuster des
steuernden Langwellentroges eingebunden und ist am Abend nur noch als
Kurzwellentrog im Seegebiet zwischen Island, Norwegen und Schottland auszumachen
- ein Prozess, den GFS oder ICON noch etwas rascher ablaufen lassen als z.B.
IFS. Damit verringern sich über Deutschland die Geopotentialgegensätze,
allerdings gelangt Deutschland damit auch deutlich erkennbar auf die Vorderseite
des angesprochenen Langwellentroges. Dieser korrespondiert im Bodendruckfeld mit
einem Sturmtief (Ex-NICOLE, Kerndruck am Morgen unter 960 hPa), dessen
Frontensystem sich vom Atlantik rasch nähert. Zwar verdichtet sich im Zuge der
Annäherung von Westen die Bewölkung, aber nennenswerten Niederschlag ist mit
diesem Frontenzug noch nicht verbunden. Nur nach IFS greifen die geringen
Niederschläge an der Front bis zum Main und an den Oberlauf der Donau aus. Die
übrigen Modelle (z.B. ICON und seine Derivate, aber auch GFS oder Arome) können
sich geringen Regen allenfalls im äußersten Westen vorstellen. Dass der Tag
dennoch nicht trocken über die Bühne geht, ist der vorlaufenden, aus der Nacht
heraus noch vorhandenen Störung geschuldet, die in den Frontenprognosen als
Okklusion geführt wird. Sie sorgt am Vormittag im Südwesten für leichten,
eventuell auch mäßigen Regen, wobei die genaue Lage der Niederschläge von den
Modellen noch unterschiedlich gesehen wird. Zum Abend erreicht sie laut der
deutschen Modellkette mit deutlichen abgeschwächten Regenfällen (man könnte fast
von Restregenfällen reden) die Elbe, laut Arome sogar die Ostsee, wo
letztgenanntes Modell als Einzellösung sogar nochmal einen
Niederschlagsschwerpunkt über Mecklenburg und dem östlichen Schleswig-Holstein
herausarbeitet. Aus den synoptischen Feldern lässt sich diese Intensivierung nur
schwer erklären, und auch UK10 oder GFS lassen in der zweiten Tageshälfte kaum
noch Regen zu. Dies ist auch insofern plausibel, als sich sowohl der zugehörige
Kurzwellentrog in 500 hPa als auch der Bodentrog merklich glätten. Unstrittig
ist, dass der Gradient recht deutlich ausgeprägt bleibt. Er sorgt auf
exponierten Gipfeln (u.a. Feldberg im Schwarzwald, Brocken) für Böen Bft 7 bis
8, was allerdings wohl keine Warnungen veranlassen dürfte. Auch in der Eifel und
ihrem Nordlee sind einzelne Böen Bft 7 aus Süd nicht ausgeschlossen. Deutlich
aufleben soll der dort östlichen bis südöstliche Wind auf der offenen See, da
der Gradient dort von Ex-NICOLE und einem sich kräftigenden, blockierende Hoch
Nordeuropa, den Gradienten zusammenpressen. Letztendlich reicht es aber auch
dort allenfalls an der schleswig-holsteinischen Ostseeküste, wo der Wind
auflandig weht, oder eventuell auf Rügen für einzelne Böen Bft 7 am Tagesende.
Die Temperaturmaxima liegen im Südosten teils nur um 8°C, im Lee der Eifel, des
Erzgebirges und am Oberrhein könnte es für 15°C reichen.

In der Nacht zum Mittwoch greift von Westen der Langwellentrog auf Deutschland
über, seine Achse verbleibt bis zum Morgen nur knapp westlich von uns auf einer
Linie Nordirland - Ärmelkanal - Seealpen. Das vorlaufende, teilokkludierte und
sowohl im Theta-Feld als auch als Bodentrog im Druckfeld gut zu erkennende
Frontensystem erreicht zum Morgen dagegen die Mitte Deutschlands und erstreckt
sich dabei von Ostfriesland bi zu den Alpen. Bezüglich der damit verbundenen
Regenfälle herrscht bei den Modellen überraschende Einigkeit. Bis auf eine Linie
Schleswig-Holstein - Vogtland - Allgäu sollen diese nach Osten vorankommen, mit
kleineren Ungenauigkeiten natürlich. Etwas abweichend von der Mehrheitsmeinung
verlagert UK10 die Front im Norden zögerlicher, so dass nach diesem Modell der
Regen nur bis zur Deutschen Bucht vorankommt. Zumindest gebietsweise sollen sich
der Regen 12-stündig auf 5 bis 10 l/qm, lokal auch etwas mehr, akkumulieren. Und
apropos Deutsche Bucht: An den Küsten verschärft sich der Gradient weiter. Damit
erreicht der Ost-Südostwind in Böen an ablandigen Küstenbereichen durchaus die
Bft 7, an auflandigen Küstenabschnitten dagegen sogar Bft 8-9, eine
Größenordnung, die auch für exponierte Gipfel angesetzt werden kann. Die
zunehmende Durchmischung lässt sich auch an den nächtlichen Minima ablesen.
Allenfalls im äußersten Südosten sind Frost oder Bodenfrost noch ein Thema. Und
auch der Nebel sollte sich auf den Südosten beschränken.

Mittwoch... und in der Nacht zum Donnerstag versucht die Front, gegen das
blockierende Hoch über Skandinavien anzulaufen. Am Abend erreicht sie dabei die
Elbe und Schleswig-Holstein, kann aber in der Nacht zum Donnerstag kaum Boden
nach Osten gutmachen. Damit bleibt auch bis Donnerstagmorgen ein Streifen von
Vorpommern und Ostmecklenburg bis zur Oder, eventuell auch bis zur Lausitz,
trocken. Dabei schwächen sich die Niederschläge auch deswegen ab, weil die Front
vom Langwellentrog überlaufen wird und somit die Hebungsimpulse nachlassen.
Während es im Westen postfrontal tagsüber, von lokalen Schauern abgesehen,
trocken bleibt, zieht in der Nacht zum Donnerstag im den Westen wieder neuer
Regen. Dieser gehört zur Front eines kleinräumigen Schnellläufers, der am Morgen
einige hundert Kilometer südwestlich von Irland entsteht und auf einer
bogenförmigen Zugbahn am Donnerstagmorgen schon Schottland erreicht. Das Tief
sorgt mit seinem Druckfall u.a. dafür, dass der Gradient zum blockierenden
Skandinavienhoch weiterhin leicht angeschärft bleibt bzw. nach einer
vorübergehenden Entspannung im Tagesverlauf in der Nacht wieder etwas zulegt.
Damit sind in den Hochlagen der westlichen Mittelgebirge in der Nacht zum
Donnerstag wieder einzelne Böen Bft 7 möglich, an den Küsten wieder Südostböen
in der Spanne Bft 7 bis 9. Windschwach präsentieren sich in der Nacht vor allem
der Süden und die südöstliche Mitte. Damit ist dort, auch durch die
Niederschläge vom Vortag und die damit angefeuchtete Grundschicht, wieder dichte
Nebelfelder denkbar. Frost sollte aber, von ungünstigen Berglagen abgesehen,
kein Thema sein.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren die großräumigen synoptischen Felder recht ähnlich.
Dennoch haben sie schon heute mit der Einschätzung der mit dem Kaltlufttropfen
verbundenen Niederschlagsmengen und deren Verteilung ihre Schwierigkeiten (siehe
Text). Dies gilt auch für die kommenden Tage. Einheitlicher präsentiert sich das
Bild bezüglich des Windes. Die Modellunterschiede wurden teilweise im Text
angesprochen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Martin Jonas