DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

12-10-2016 09:00
SXEU31 DWAV 120800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 12.10.2016 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Anfangs HNFz (Hoch Nordmeer-Fennoskandien zyklonal), ab Donnerstag Übergang
zu SEz (Südost zyklonal)

Heute an der See noch ein paar 7er-Böen. Kommende Nacht besonders im Süden
Nebel- und/oder Frostgefahr. Ab Donnerstag an den Alpen sich einstellende
Föhnlage. Auch sonst zunehmender Wind, vor allem in den Hochlagen und an der
Küste.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 24 UTC
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Mittwoch... befindet sich Deutschland nach wie vor auf der Südflanke des
umfangreichen Hochs über dem Nordmeer und Fennoskandien in einer
ost-nordöstlichen Grundströmung, in der die Zufuhr feuchtkalter Luftmassen
zunächst noch andauert. Die Luftmassen werden überlagert von einem zyklonal
strukturieren Höhenwindfeld, das im Wesentlichen von einem heute früh mit seinem
Drehzentrum über dem nordwestlichen Balkan liegenden Höhentief (HT) generiert
wird. Dieses HT weist anfangs noch eine sehr kreisähnliche Geometrie auf, wird
sich im Laufe des heutigen Tages aber mehr und mehr "auseinanderziehen". Dabei
driftet der westliche Teil - aktuell durch einen bis nach Nordfrankreich
reichenden Randtrog markiert - bis Mitternacht gen Benelux bzw. südwestliche
Nordsee, wo er sich mit einem HT knapp westlich der Iberischen Halbinsel
verbindet. Währenddessen hat der Hauptteil des HTs Rumänien erreicht, was bei
uns einen Potenzialanstieg zur Folge hat. Konkret, von Polen her schiebt sich
ein Keil des nordeuropäischen Hochs bis in die östlichen Landesteile vor, wo er
Fühlung mit einem über dem westlichen Mittelmeer positionierten Höhenrücken
aufnimmt.
Klingt kompliziert, aber was bedeutet das nun für unser Wetter. Zunächst mal
wenig Sonne, bestimmen doch trotz allmählicher Antizyklonalisierungstendenzen in
der Höhe weiterhin leichte Hebungsprozesse das Geschehen vor Ort. Im äußersten
Norden hat sich bedingt durch konfluente Windstrukturen (Küstenkonvergenz) sowie
mit Hilfe eines nach Westen schwenkenden Randtrogs eine Schauerstraße gebildet,
die von der Ostsee über SH hinweg unter Abschwächung bis in die Deutsche Bucht
reicht. Dieser schmale Korridor wird sich im Laufe des Tages allmählich
nordwärts verschieben, bevor er in der kommenden Nacht wahrscheinlich ganz von
der Bildfläche verschwindet.
Ansonsten kommt es von Osten her zunächst noch zu überwiegend leichten
Niederschlägen (Regen, Nieselregen, oberhalb 1000-1200 m Schneefall), die
aktuell bis in die westliche Mitte (NRW) ausgreifen, bis zum Abend aber langsam
abnehmen bzw. ganz aufhören werden. Lediglich nach Osten hin sorgt von Polen und
Tschechien übergreifende schwache WLA weiterhin für etwas Regen oder
Nieselregen. Im Südwesten hingegen stehen die Chancen gar nicht mal so schlecht,
dass sich nach Auflösung letzter Dunst- und Nebelfelder auch mal die Sonne
zeigt, insbesondere vom Schwarzwald bis hinüber ins Allgäu. Ein paar wenige
Wolkenlücken dürfte es auch im Norden geben, während in der Mitte die "Schotten"
dichtbleiben (Berge vielfach in Wolken => Nebel). Temperaturmäßig landen wir am
Nachmittag bei 6 bis 12°C, im SW lokal bis zu 14°C. Der O-NO-Wind nimmt an der
Küste etwas ab, an und auf der Nordsee sowie an der schleswig-holsteinischen
Ostseeküste sind aber noch einzelne Böen 7 Bft, anfangs exponiert auch 8 Bft
drin.

In der Nacht zum Donnerstag fällt im O und NO hier und da noch etwas Regen oder
Nieselregen, Tendenz eher abnehmend. Dagegen lockert die Wolkendecke im S und SW
vielerorts auf, was in der relativ feuchten Grundschicht Nebel und Hochnebel zur
Folge hat. Außerdem muss gebietsweise mit Bodenfrost, Richtung Alpen sowie in
einigen Mittelgebirgen auch mit Luftfrost (bis zu -3°C) gerechnet werden. Der
mittlerweile auf rein Ost gedrehte Wind lässt an der Küste etwas nach, nur
vereinzelt treten noch 7er-Böen auf (freie Nordsee, Darß bis Rügen).

Donnerstag... beginnt sich die Großwetterlage allmählich umzustellen von HNFz
(Hoch Nordmeer-Fennoskandien zyklonal) hin zu SEz (Südost zyklonal). Das o.e. HT
über Benelux und der südwestlichen Nordsee und das "iberische" HT formieren sich
zu einem nord-süd-ausgerichteten Trog, der zum Tagesende Verbindung zu einem
weiteren, vom mittleren Nordatlantik in Richtung Westeuropa schwenkenden
Höhentrog Verbindung aufnimmt. Unter dem Strich steht am Ende ein umfangreicher
Trogkomplex zu Buche, der große Teile des nahen Ostatlantiks abdeckt und bis
hinunter nach NW-Afrika reicht. Auf der anderen Seite beginnt die Längsachse des
nordeuropäischen Hochs mehr und mehr zu kippen, will heißen, sie büßt ihre
anfangs noch weitgehend zonale Ausrichtung auf Kosten einer zunehmend
meridionalen Exposition ein. Um 24 UTC reicht die Achse (500 hPa, ICON) etwa von
der Norwegischen See bis nach Ostpolen.
Die Folgen dieser Entwicklung für unseren Raum sind recht eindeutig: Die
Höhenströmung dreht auf südliche Richtungen und es setzt gesamttroposphärisch
WLA ein, die sich bis zum Abend auf ganz Deutschland ausbreitet. Findet man am
Morgen vielerorts noch 500-hPa-Temperaturen um oder unter -20°C und
850-hPa-Werte um 0°C, so sind diese in der Südhälfte bis zum späten Abend auf
etwas über -15°C (500 hPa) und 5-11°C in 850 hPa angestiegen.
Zwischen dem nach wie vor über Nordeuropa positionierten Bodenhoch und tiefem
Luftdruck über SW-Europa verschärft sich der Gradient über dem Vorhersageraum
wieder etwas, wobei sich über Süddeutschland eine föhnbedingte Tiefdruckrinne
ausbildet. Die aus dem Gradient resultierende Windzunahme kapriziert sich bei
zunehmend stabiler Schichtung zunächst mal auf höhere Lagen, exponierte Leelagen
sowie die offene See bzw. den unmittelbaren Küstenstreifen, wo der O-SO-Wind in
Böen Stärke 7-8 Bft, zum Abend hin in exponierten Kamm- und Gipfellagen auch 9
Bft erreicht. Dann sind auch in tieferen Lagen zumindest an windanfälligen
Stellen 7er-Böen möglich.
Wettertechnisch setzt sich im S und SW nach teils zäher Auflösung von Nebel oder
Hochnebel zeitweise die Sonne durch, wobei von S bzw. SW her mal mehr, mal
weniger dichte hohe Wolkenfelder durchziehen. Im großen Rest des Landes ist es
wechselnd bis stark bewölkt aber im Großen und Ganzen trocken. Die Temperatur
erreicht Höchstwerte von 7 bis 9°C bei starker Bewölkung in den östlichen
Landesteilen und bis zu 14°C im SW sowie an den Alpen, falls der Föhn
durchbricht.

In der Nacht zum Freitag liegen wir trogvorderseitig unter einer relativ glatten
südlichen Höhenströmung, während weiter unten der Wind aus Osten bis Südosten
weht. Dabei ist sowohl an und auf der See sowie in den Hochlagen von einer
weiteren Windzunahme auszugehen. An ost-exponierten Küstenabschnitten sind Böen
9 Bft möglich ebenso wie in einigen Kamm- und Gipfellagen der Mittelgebirge, wo
es auf dem Fichtelberg vielleicht sogar für eine 10 Bft reicht. Auf den
Alpengipfeln erreicht der Föhn in Böen Windstärke 10 bis 11 Bft, in
prädestinierten Alpentälern sind Böen 8 Bft möglich. Ob es auch im norddeutschen
Binnenland für einige 7er-Böen reicht, wie von COSMO-EU simuliert, ist
angesichts der stabilen Schichtung fraglich. Andere Modelle, aber auch die
Probabilistik agieren jedenfalls zurückhaltender.
Nebel bildet sich am ehesten in windschwachen Regionen Süddeutschlands (z.B.
obere Donau, Bodensee). Frost ist kein großes Thema mehr.

Freitag... verbleibt der Vorhersageraum zwischen dem Trogkomplex
west-südwestlich und dem langgezogenen Höhenrücken knapp östlich von uns unter
einer südlichen Höhenströmung. Darunter fällt der Luftdruck, wodurch der
Gradient von SW her allmählich aufweicht. In den Alpen bleibt der Föhn zumindest
tagsüber aber noch erhalten, und auch im Norden und Osten, wo sich der Gradient
vorübergehend sogar noch etwas verschärft - weht ein mäßiger bis frischer
Ostwind mit einzelnen Böen 7 Bft, an der Küste sowie in exponierten Hochlagen
8-9 Bft. Im sächsischen Elbtal und Umgebung kommt der Böhmische Wind in Gang, so
dass dort ebenfalls Böen 8 Bft möglich sind.
Ansonsten gilt es zu konstatieren, dass die WLA weitere Fortschritte macht. So
steigt die 850-hPa-Temperatur bis zum Abend verbreitet auf 10 bis 15°C (die
10°C-Isotherme kommt bis in die Lüneburger Heide voran), im Alpenvorland z.T.
sogar noch etwas darüber. Einzig im äußersten N und NO verharren die
850-hPa-Werte bei 3 bis 5°C. Wettermäßig bleibt es deutschlandweit weitgehend
trocken, einzig im äußersten SW könnte es im Tagesverlauf für ein paar Tropfen
reichen. Ansonsten lockert die Wolkendecke teilweise auf, vornehmlich aber nicht
ausschließlich im Lee der Mittelgebirge sowie der Alpen. Apropros Alpen, dort
sind bei Föhndurchbruch lokal durchaus 20 oder 21°C möglich, aber auch sonst
steigt die Temperatur auf 10 bis 15°C, bei längerem Sonnenschein im S und SW
teils auf 16 bis 18°C.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die geschilderte Entwicklung wird von den externen Modellen nicht wesentlich
anders gesehen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann