DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

10-11-2022 18:30
SXEU31 DWAV 101800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 10.11.2022 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Anfangs an einigen Küstenabschnitten noch windig. Ansonsten spätherbstliches
Hochdruckwetter mit nächtlichem Nebel und örtlichem Frost auf insgesamt noch
sehr mildem Temperaturniveau.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 12 UTC
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Aktuell ... baut sich im Bereich Nordfrankreichs eine mächtige Höhenantizyklone
auf, die bis morgen früh in ihrem Schwerpunkt, der dann über Lothringen liegen
soll, 585 gpdam (500 hPa-Fläche) aufweisen soll. Dieses Geschehen ist mit
kräftigem Absinken verbunden, was sich aktuell schon an einem Hoch mit
Schwerpunkt im Alpenraum (mit dem Namen Charly, was sich wahrscheinlich auf den
Hund eines Kollegen zurückführen lässt, der aber wesentlich weniger umfangreich
ist als das Hoch; also der Hund, nicht der Kollege) ablesen lässt. Auch dieses
Hoch soll sich bis morgen früh noch verstärken und dann in seinem Schwerpunkt
einen reduzierten Druck von über 1035 hPa aufweisen. Während die Südhälfte
Deutschlands bereits im schwachgradientigen Zentrumsbereich des Hochs liegt,
befindet sich der Norden noch im Übergangsbereich zu Tief Quisina, das seinen
tiefsten Kern östlich von Island besitzt. Vor allem hohen Norden Deutschlands
ist deswegen etwas Druckgradient vorhanden, was über der See frischen
Südwestwind zur Folge hat und zumindest an der Nordseeküste und im Norden
Schleswig-Holsteins treten auch steife Böen auf, in südwestexponierten Lagen
auch stürmische Böen. Die Ostsee ist dagegen allenfalls in sehr exponierten
Lagen von einzelnen steifen Böen betroffen. Auch der Brocken darf beim Wind
nicht fehlen und bekommt Böen im Bereich 8 bis 9 Bft zu spüren. Insgesamt ändert
sich an der Windsituation bis morgen früh erst mal nicht viel.

Nochmal zum großräumigen Bild: Nicht unerwähnt bleiben soll der Trog, der jüngst
unser Land überquert hat. Dieser dehnt sich über dem Osten Europas immer weiter
nach Süden aus, bis sich dann morgen früh über Rumänien ein Kaltlufttropfen
abspaltet, über den auch im weiteren Verlauf wieder gesprochen werden muss. Die
Warmfront des Tiefs Quisina überquert in den Abendstunden die Ostsee mit ein
paar Spritzern Regen. Im darauffolgenden Warmsektor wird sehr viel dichte
Bewölkung in den Norden Deutschlands gesteuert, aus der dann aber kein Regen
mehr fallen soll. Natürlich hat Quisina auch eine Kaltfront, die aber nur bis
etwas Schottland vorankommt, bevor sie von einer Welle, die heute Nachmittag im
Bereich der Azoren entstanden ist, an weiterer Progression gehindert wird.

Was passiert beim Wetter in der kommenden Nacht? Über den noch etwas windigen
und bewölkten hohen Norden haben wir schon geschrieben. Auch im übrigen Land
macht sich Tief Quisina mit einzelnen Schleierwolken bemerkbar, die den noch
immer ziemlich vollen Mond schmücken, starke Ausstrahlung aber bei der
windschwachen (Mitte) bis windstillen (Süden) Situation nicht verhindern können.
Somit sinken die Temperaturen bis zum frühen Morgen im Süden vielfach auf 5 bis
0°C ab, in den Mittelgebirgen und in den Alpen muss stellenweise mit geringem
Frost gerechnet werden, Frost in Bodennähe tritt etwas häufiger auf. Zur Mitte
hin bleibt es schon deutlich milder, in der nördlichen Mitte bleiben wir trotz
wenig Bewölkung vielfach bei über 5°C, unter den dichten Wolken im hohen Norden
sogar über 10°C. Gleichzeitig setzt sich überall starkes Absinken durch, das die
Temperaturwerte in 850 hPa bis zum Morgen auf 7°C im Osten und bis 12°C im
Westen steigen lässt. Das hat die Entstehung kräftiger Inversionen zur Folge,
wobei in der Mitte Boden- und Absinkinversion nicht so markant und auch noch
nicht vereint sind, während sich ganz im Süden eine markante tief liegende
Inversion mit um die 10°C Temperaturdifferenz ausbildet. Unter dieser wird die
recht feuchte bodennahe Luft eingesperrt und zur Kondensation gezwungen, so dass
sich im Verlauf der Nacht der Mond in den tiefer liegenden Regionen hinter
ausgedehnten Nebelfeldern versteckt. In der Mitte werden davon immerhin noch die
berüchtigten Tallagen der Mittelgebirge betroffen sein, während nach Norden die
bodennahe Sicht noch gut bleibt.

Am Freitag ... verstärkt sich die Höhenantizyklone weiter und dehnt sich immer
weiter nach Norden in Richtung Skandinavien aus, so dass sie eine immer stärkere
werdende Blockierung verursacht. Ihr Schwerpunkt wandert dabei im Tagesverlauf
in die Mitte Deutschlands. Da das Absinken weiter anhält, wird auch das
Bodenhoch immer stärker und ausgedehnter, wobei es mehrere Schwerpunkte
aufweisen soll, die sich vom südöstlichen deutschen Bergland bis zu den Karpaten
erstrecken sollen. Auch im Norden Deutschlands steigt der Druck immer mehr und
die stärkeren Druckgradienten werden immer weiter nach Norden verschoben, so
dass der Wind noch etwa bis zum Mittag die gleiche Stärke wie in der Nacht
aufweist, sich im Laufe des Nachmittags dann aber rapide abschwächt, so dass
weder auf der See noch auf dem Brocken noch Windwarnungen nötig sind. Ansonsten
weht der Wind in der nördlichen Mitte immerhin noch spürbar aus Süd, im Norden
noch lange mäßig aus Südwest. Im Süden bleibt es dagegen praktisch windstill.

Was das für die Nebelfelder bedeutet, ist hinreichend bekannt: Diese halten sich
unter der mächtigen Inversion äußert zäh, immerhin kommt aber bereits mäßig hoch
gelegenen Regionen zu Gute, dass die Inversion extrem tief liegt, so dass bis
zum Abend anhaltender Dauernebel auf die besonders anfälligen Niederungen
beschränkt bleiben sollte, namentlich das Donaugebiet incl. den Oberpfälzer
Niederungen, der Bodenseeraum, die Oberrheinische Tiefebene und einigen Modellen
zufolge auch die Mainregion. Insbesondere UK10 zeigt ein sehr realistisch
anmutendes Szenario. Vielleicht hat das Modell ja hier seine Stärke? Immerhin
sollte in dieser Jahreszeit noch so viel Strahlung durch den Nebel durchkommen,
dass tagsüber die Sichtweiten auf nicht zu warnendes Niveau ansteigen. In etwas
höher gelegenen Regionen und insbesondere von der Mitte bis in die Norddeutsche
Tiefebene setzt sich dagegen die Sonne durch und es ist ein wunderschöner und
milder Novembertag zu erwarten ("Martinisommer") Ganz im Norden lässt dagegen
die Zufuhr von feuchter Meeresluft nicht nach, so dass in Seenähe und zwischen
den Meeren tiefe Bewölkung dominiert.

Das Absinken lässt über ganz Deutschland die Temperatur in 850 hPa auf Werte um
12°C steigen, etwas Sonne und Wind lassen die 2-m-Temperaturen in den davon
profitierenden Regionen in der fortgeschrittenen Jahreszeit auf immerhin 12 bis
17°C steigen. Auch ganz im Norden wird es um 14°C mild. Bei später
Nebelauflösung bleiben dagegen die Höchstwerte bei Werten um 10°C hängen, bei
Dauernebel und kaltem Ausgangsniveau muss man sich in einigen Niederungen
Süddeutschlands teils auch mit 5°C zufriedengeben.

In der Nacht zum Samstag wandert der Schwerpunkt der Höhenantizyklone langsam
ostwärts und erreicht am Morgen die Oder. Das Bodenhoch dehnt sich noch weiter
nach Norden aus, wobei die 1030er-Isobaren den äußersten Norden des Landes
erreicht. Nur dort ist noch spürbarer Süd- bis Südwestwind zu erwarten. Ein
Schwerpunkt des Hochs verbleibt im Bereich des südöstlichen Berglands (mit
erwarteten 1036 hPa), dort schläft der Wind vollkommen ein, und auch bis in die
nördliche Mitte weht der zumeist südliche Wind nur äußerst schwach.

Damit wird das Wetter überwiegend von den lokalen Strahlungsbilanzen gesteuert,
was in den Abendstunden erst mal einen ordentlichen Temperaturrückgang zur Folge
hat, die Tiefstwerte fallen dann aber aufgrund des hohen Ausgangsniveaus für die
Jahreszeit immer noch recht gemäßigt aus. Meist werden zwischen 6 und -2°C
erwartet, wobei die höheren Werte nach Norden hin und im höheren Bergland
erwartet werden, die tieferen Werte in Tallagen der Mittelgebirge und generell
im süddeutschen Flachland, mit Ausnahme der Regionen, in denen es schon von
Beginn an hochnebelartig bewölkt sein wird. Ansonsten darf aber in der zweiten
Nachthälfte auch in den übrigen Regionen wieder mit Nebelfeldern gerechnet
werden, wobei die Prognosen für Samstagfrüh denen für Freitagfrüh stark ähneln.
Sieht man sich die Morgentemps an, so finden sich in den Norden bis nach Hamburg
sehr starke und wahrscheinlich sehr markante und äußerst tiefliegende
Inversionen. Insofern sollte auch bis in die Norddeutsche Tiefebene hinein
zumindest mit lokalen und flachen Nebelfeldern gerechnet werden, so dass die
Warnkarte ganz schön gelb werden könnte. Im alleräußersten Norden bleibt noch
die tiefe Bewölkung, die vom Meer heranzieht, wetterbestimmend. Dort liegen die
Tiefstwerte bei 10 bis 7°C.

Am Samstag ... verlagert sich der Schwerpunkt der Höhenantiyzklone langsam
weiter nach Osten und auch der Bodenhochschwerpunkt ist zunehmend nur noch im
Karpatenraum zu finden. Südlich des Hochdrucksystems bewegt sich der oben schon
beschriebene Kaltlufttropfen jetzt gen Westen und erreicht die südliche Adria.
Bei uns in Deutschland ändert sich dagegen fast nichts. Wir verbleiben unter
Hochdruckeinfluss in einem fast landesweit nur schwachgradientigen Umfeld. Die
schwachen resultierenden Winde drehen aber leicht in Richtung Ost. Über den
äußersten Norden und Nordosten ziehen nach wie vor tiefe Wolkenfelder. Aus Süden
ziehen mit der nun aufkommenden sehr schwachen südlichen Höhenströmung einige
hohe und mittelhohe Wolkenfelder auf. In 850 hPa verharrt die Temperatur bei
etwa 12°C deutschlandweit.

Damit ist es an der nur noch tief stehenden Sonne, etwas aus dem Tag zu machen,
was ihr in mittleren und höheren Berglagen zweifellos gelingen wird. Auch von
der nördlichen Mitte bis in den Norden, wo allenfalls flache Nebelfelder am
Morgen vorliegen, sollte sich ein sehr sonniger Tag einstellen. In den
Niederungen des Südens wird die Sonne dagegen einige Mühe haben, den Nebel
aufzulösen und in einigen der bereits am Vortag beschriebenen Regionen wird ihr
das abermals nicht gelingen. Interessanterweise bringt MOSMIX die geringsten
Sonnenscheindauern in mittleren Lagen des Alpenvorlandes zwischen München und
dem Unterallgäu.

Die höchsten Temperaturen zwischen 15 und 17°C werden in mittleren und höheren
Berglagen erwartet, ebenso wie in Regionen mit schwachen Leeeffekten in der
nördlichen Mitte. Ansonsten werden bei Sonne und ganz im Norden unter den Wolken
meist 11 bis 14°C erwartet. Bei langsamer Nebelauflösung oder wenn es trüb
bleibt, bleibt es wieder deutlich kälter. Dabei sind die für den Donauraum
prognostizierten 8°C sicherlich sehr optimistisch, eher sollten 5°C bei
Dauernebel angesetzt werden.

In der Nacht zum Sonntag ist kaum etwas zu erwarten, was nicht schon vorher
geschrieben worden wäre. Die Wetterlage ändert sich kaum, auch die Nebelfelder
sollen in etwa wieder in den gleichen Regionen entstehen bzw. sich verdichten
wie in den Vornächten. Mit den Temperaturen geht es auch im Norden immer weiter
runter, so dass abgesehen von den Küsten und vom äußersten Norden Tiefstwerte
zwischen 5 und -2°C zu erwarten sind, mit der größten Frostgefahr in den
Tallagen der Mittelgebirge. Bodenfrost kann es bei klarem Himmel fast landesweit
geben.

Ein bisschen Unsicherheit ergibt sich noch im Osten: UK10 lässt sehr viel
Stratus von Polen her nach Deutschland ziehen, bzw. sich nach Deutschland
ausbreiten, denn der Wind ist sehr schwach. Ähnliches zeigt auch IFS in Teilen
der Nordosthälfte. Dagegen belässt ICON den Stratus noch über Polen. GFS bekommt
von den Grenzschichtprozessen überhaupt nichts mit und zeigt Deutschland in
tieferen Schichten wolkenfrei. Sollte da tatsächlich viel Stratus von Osten her
aufziehen, würde es natürlich in den entsprechenden Regionen etwas milder
bleiben und über Bodenfrost müssten wir dann auch nicht sprechen. Aber dazu mehr
in den nächsten Tagen...

Am Sonntag ... zieht sich der Schwerpunkt des Höhenhochs weiter nach Osten
zurück, zudem schwächt es sich allmählich etwas ab. Der Schwerpunkt des
Bodenhochs verbleibt über dem Südosten Europas, aus einem in Richtung
Skandinavien gerichteten Hochkeil entwickelt sich aber zunehmend ein neuer
Hochschwerpunkt im Norden Europas. Deutschland liegt am Südwestrand dieser
Hochdruckzone, wobei die nach wie vor überwiegend aus östlicher Richtung
wehenden bodennahen Winde etwas zunehmen, aber in den meisten Regionen weit weg
von warnwürdigen Stärken bleiben. Lediglich rund um das östliche Bergland könnte
sich zunehmend etwas Böhmischer Wind (sowohl in Sachsen als auch in Bayern)
bemerkbar machen, der vielleicht dann in einzelnen prädestinierten Lagen (also
ostwindanfälligen) in Böen die Stärke 7 erreicht.

Mit etwas mehr Wind steigen am Sonntag auch die Chancen auf weitgehende
Nebelauflösung. Allerdings besteht nach wie vor die Möglichkeit, dass von Osten
weiterhin der Stratus hereinzieht. Zudem zeigen UK10 und ICON recht zähe tiefe
Bewölkung im westlichen Alpenvorland und am südlichen Oberrhein. Allzu viel
sollte aber heute noch nicht über die Bewölkung am Sonntag spekuliert werden,
bis dahin verdunstet und kondensiert noch so manches Wassertröpfchen...

Das Temperaturniveau ändert sich im Vergleich - jeweils ähnliche
Sonnenscheinverhältnisse vorausgesetzt - kaum. Für viele geht also der sehr
milde November erst einmal weiter.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle sind sich bezüglich der kurzfristigen Entwicklung auf
synoptisch-skaliger Ebene einig. Die Rückkehr des Kaltlufttropfens wirft noch
ein paar Fragen auf, gehört aber aktuell noch in die Mittelfrist.

Bezüglich der tiefen Bewölkung wurden die Unterschiede oben schon erwähnt.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl.-Met. Peter Hartmann