DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

06-11-2022 18:01
SXEU31 DWAV 061800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 06.11.2022 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
WIND/STURM:
Zunächst auf einigen Gipfeln stürmische Böen Bft 8, auf dem Brocken Sturmböen
Bft 9. In der Nacht zum Montag an der Nordsee Windzunahme Sturmböen Bft 8/9 aus
Südwest. Auch im Bergland stürmischen Böen Bft 8, auf Gipfeln Sturmböen Bft 9,
auf dem Brocken schwere Sturmböen Bft 10.

Am Montag zunächst abflauender Wind, im Tagesverlauf über der offenen Nordsee
sowie im Bergland stürmische Böen, exponiert sowie bei leichtem Föhn auch auf
Alpengipfeln Sturmböen Bft 9, bis Mittwochfrüh in Kamm- und Gipfellagen der
nördlichen und westlichen Mittelgebirge wahrscheinlich andauernd.

GEWITTER:
In Nordseenähe am Abend und in der kommenden Nacht sowie erneut im Laufe des
Mittwochs einzelne kurze Gewitter mit stürmischen Böen.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 12 UTC
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Aktuell ... liegt Deutschland unter einer antizyklonalen Westströmung. Über dem
mittleren Nordatlantik hält sich ein Trog, der wiederholt regeneriert wird.
Gegenspieler ist ein blockierender Höhenrücken über Westrussland. Anfangs hält
sich, gestützt durch einen flachen Rücken, noch antizyklonaler Einfluss.
Allerdings wird dieser Rücken durch Warmluftadvektion überlaufen, was zu dessen
Abflachung führt.
Diesem Rücken folgt ein Kurzwellentrog, der, in der Nacht zum Montag den
Nordwesten und Norden Deutschlands streifend, nordostwärts gesteuert wird.
Vorderseitige Hebung lässt ab dem Abend im Westen Niederschläge aufkommen, die
jedoch fernab von jeglicher Warnrelevanz sind. Zudem setzt vorderseitig über der
Nordsee Druckfall ein, was eine Gradientzunahme bewirkt. Der Wind frischt daher
auf, an der Nordsee setzen Sturmböen Bft 8/9 aus Südwest ein. In höheren
Berglagen sind Wind- und stürmische Böen, exponiert (vor allem in den nördlichen
und westlichen Mittelgebirgen) Sturmböen Bft 9 (auf dem Brocken schwere
Sturmböen Bft 10) zu erwarten.
Bedingt durch den hereinschwenkenden Trog erfolgt im Nordwesten eine
Labilisierung. Bei Temperaturen, die im 500 hPa-Niveau um -25 Grad und in 850
hPa um 3 Grad liegen, sind die Voraussetzungen für Konvektion gegeben. Zudem ist
die Nordsee noch hinreichend warm. Daher sind in Nordseenähe und durchaus auch
etwas bis ins nordwestliche Binnenland hinein kurze Gewitter zu erwarten, eine
relativ hohe niedertroposphärische Scherung (bis über 15 m/s im untersten
Kilometer) ist als Indiz für organisiertere, vielleicht auch staffelartige
Anordnung der Konvektion zu sehen. Der Oberwind, der im 850 hPa-Niveau 40 kt
erreicht, ist zudem für Böen bis Sturmstärke, die in Verbindung mit diesen
Gewittern auftreten können, hinreichend. Erst in den Frühstunden des Montags
setzt von der Nordsee her mit dem Abzug des Troges Stabilisierung ein.
Der Süden bleibt von diesen Entwicklungen noch verschont. Ein auch dort etwas
zunehmender Gradient lässt im Zusammenspiel mit hoher und mittelhoher Bewölkung
Nebel und Hochnebel nur noch eine untergeordnete Rolle spielen.

Montag ... verabschiedet sich, gefolgt von einem weiteren Rücken, der Trog nach
Nordosten. Bedingt durch diesen Trog sind bis in den frühen Vormittag hinein vor
allem im nördlichen Schleswig-Holstein noch einzelne kurze Gewitter möglich.
Auch dieser erneut auf Deutschland übergreifende Rücken wird durch
Warmluftadvektion überlaufen, die in Verbindung mit einem Warmfrontrest steht,
der den Norden Deutschlands streift. Hierdurch kommen vor allem in Nordseenähe
geringe Niederschläge zustande.
Im Bodendruckfeld zeigt der Rücken nur wenig Wirkung, wodurch im Norden und in
der Mitte Deutschlands der Gradient kaum auseinandergezogen wird. Daher sind in
höheren Berglagen weiterhin Wind- und stürmische Böen (Brocken Bft 9) zu
erwarten. Auch an der Küste kommt es zu Windböen Bft 7, über der offenen Nordsee
zu stürmischen Böen. Zudem sind im küstennahen Binnenland Windböen Bft 7 nicht
ganz auszuschließen.
Auflockerungen kommen am ehesten im Osten und Süden zustande. Im alpennahen
Vorland zeichnen sich, bedingt durch leicht föhnigen Einfluss, auch längere
sonnige Phasen ab. In hierfür anfälligen Gipfellagen können daher Sturmböen Bft
8/9 nicht ganz ausgeschlossen werden. Die Tageshöchsttemperaturen erreichen 12
bis 16, in tieferen Lagen Südwest- und Süddeutschlands bis 18 Grad.

In der Nacht zum Dienstag verlagert sich der Rücken nach Deutschland. Der
nachfolgende Trog nähert sich den Britischen Inseln, was im Nordwesten und
Westen Deutschlands relativ rasch die Strömung wieder steil auf Südwest drehen
lässt. Dies lässt die Niederschläge aus dem Norden Deutschlands nordwärts
abziehen.
Insgesamt weicht der Gradient etwas auf. Windböen sind auf die offene Nordsee,
Wind- und stürmische Böen auf wenige Kamm- und Gipfellagen der nördlichen und
westlichen Mittelgebirge beschränkt. Im Süden klart es verbreitet auf, so dass
sich bei den dort vorherrschenden geringen Luftdruckgegensätzen alsbald dichter
Nebel bildet. Zudem stellen sich dort niedrige einstellige Temperaturminima ein,
gebietsweise ist in Bodennähe leichter Frost zu erwarten.

Dienstag ... ist auch dieser Rücken bereits wieder Geschichte, so dass das
gesamte Vorhersagegebiet unter eine südwestliche Strömung gelangt. Mit dieser
wird sehr milde Luft advehiert. Der nachfolgende Trog kommt nur wenig nach Osten
voran. Die diesem Trog vorgelagerte Kaltfront hält sich schleifend über der
Nordsee. Präfrontal erfassen erste relativ schwache Niederschläge zum Abend hin
die westlichen Landesteile.
Während sich aufgrund der südwestlichen und in Bodennähe nahezu südlichen
Strömung im größten Teil Deutschlands milde Luft durchsetzt (was aufgrund des
Gradienten vor allem in den Hochlagen der nördlichen und westlichen
Mittelgebirge sowie an der Nordfriesischen Küste mit Wind- und stürmischen Böen
(Brocken Sturmböen Bft 9) einhergeht, bleibt im Süden und Südosten die
Gradientzunahme aus, was dort die feuchtkalte Grundschicht konserviert. Nebel
und Hochnebel lösen sich nur sehr zögernd und zum Teil nicht mehr auf. Abgesehen
von diesen Gebieten sind größere Auflockerungen, in Hochlagen sowie in den
Leegebieten der Mittelgebirge auch längere sonnige Abschnitte zu erwarten.
Aufgrund der etwas ausgeprägteren Durchmischung erfolgt ein leichter
Temperaturanstieg auf 14 bis 18 Grad. In Gebieten mit zähem Nebel oder sehr
später Auflösung von Nebel oder Hochnebel sind nur Höchstwerte zwischen 5 und 10
Grad zu erwarten.

In der Nacht zum Mittwoch greift der Trog auf die Britischen Inseln über, was
die weiterhin leicht schleifende Kaltfront nach Deutschland vorankommen lässt.
Während im Norden die Frontpassage durch Kaltluftadvektion überlaufen wird und
daher nur mit geringen Niederschlägen einhergeht, wird diese Front im Südwesten
aktiviert. Dies erfolgt durch kurzwellige Sekundärtröge, die auf die Westalpen
und nachfolgend auf Südwestdeutschland übergreifen. Dies lässt von Südwesten her
zeitweise Niederschläge aufkommen, die ausgangs der Nacht bis auf die mittleren
Landesteile ausgreifen können. In Staulagen können durchaus über 10 mm innerhalb
von 12 Stunden zusammenkommen, aber für eine Überschreitung von Warnschwellen
reicht es nicht.
Die Windsituation bleibt gegenüber Dienstag weitgehend unverändert, d.h. Wind-
und stürmische Böen sind auf einige exponierte Berglagen und auf die
Nordseeküste beschränkt.
Im Südosten und im äußersten Süden, d.h. bis etwa zur Donauregion, kann sich
erneut Nebel- oder Hochnebel bilden oder bereits vorhandene Nebelfelder
verdichten. Bedingt durch die Alterung der Luftmasse wird es dort nicht mehr so
kalt wie in der Nacht zuvor, leichter Frost in Bodennähe sollte dann nur noch in
Teilen von Niederbayern auftreten.

Mittwoch ... verlagert sich der über den Britischen Inseln liegende Trog nur
wenig nach Osten, so dass über Mitteleuropa die südwestliche Strömung bestehen
bleibt. Dies lässt das Schleifen der über Deutschland liegenden Kaltfront
andauern. In einem breiten Streifen vom Südwesten und Westen Deutschlands bis
zur Oder und bis nach Vorpommern sind daher länger andauernde, aber nicht allzu
intensive Niederschläge zu erwarten. Die kurzwelligen Anteile in dieser Strömung
sind zu schwach ausgeprägt, als dass hierdurch kräftigere Hebung ausgelöst
werden könnte. Zudem erfolgt eher schwache Kaltluftadvektion. Daher kommen im
Bereich des breiten, faktisch diagonal über Deutschland liegenden
Niederschlagsbandes nur einige bis etwa 10, in Staulagen um 15 und im
Schwarzwald bis 20 mm Regen innerhalb von 12 Stunden zusammen. Eine
Überschreitung warnrelevanter Schwellenwerte ist eher unwahrscheinlich.
In Nordseenähe erfolgt, bedingt durch den sich etwas annähernden Trog, eine
leichte Labilisierung, was dort die Niederschläge einen konvektiven Charakter
annehmen lässt. Einzelne kurze Gewitter sind dort nicht auszuschließen. Für den
Südosten und den äußersten Süden Deutschlands ergibt sich keine Änderung. Die
feuchtkalte Grundschicht bleibt in diesen Gebieten weitgehend unangetastet.
Gegenüber den Vortagen wird dann der Gradient etwas auseinandergezogen. Daher
nimmt insgesamt die Wahrscheinlichkeit für warnrelevante Böen ab. Windböen sind
daher auf die Nordseeküste und höhere Berglagen beschränkt, selbst in
exponierten Kamm- und Gipfellagen sollte es nicht mehr über Bft 8 hinausgehen.
Zum Abend hin dürfte der ohnehin schwache Wind weiter abflauen.
Auflockerungen kommen am ehesten in Alpennähe, rund um den Bayerischen Wald
sowie rückseitig der Front auch im Nordwesten und Westen Deutschlands zustande.
Ansonsten hält sich mehrschichtige und meist geschlossene Bewölkung. Insgesamt
bleibt es mit Tageshöchsttemperaturen zwischen 11 und 16 Grad noch relativ mild.
Unter zähem Nebel im Südosten, aber auch bei länger andauendem Regen sind nur
Temperaturmaxima zwischen 5 und 10 Grad zu erwarten.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle stützen weitgehend die oben beschriebene Entwicklung.
Anhand der synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten
Unterschiede ableiten.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann