DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

05-11-2022 10:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 05.11.2022 um 10.30 UTC



Zunächst wechselhaft. Ab Donnerstag Übergang zu ruhigem Herbstwetter ohne
nennenswerte Niederschläge. Weiterhin relativ mild.
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Synoptische Entwicklung bis zum Samstag, den 12.11.2022


Am Dienstag liegt Deutschland am warmen Rand der kräftig mäandrierenden
Frontalzone. Ein darin eingelagerter Trog erreicht die Britischen Inseln,
vorderseitig dreht über Mitteleuropa die Strömung auf Südwest, wodurch sehr
milde Luft herangeführt wird. Eine schwache Kaltfront, die diesem Trog
vorgelagert ist, greift leicht schleifend mit zunächst geringen Niederschlägen
auf den Nordwesten Deutschlands über. Vorderseitig frischt der Wind auf, mit
geringer Wahrscheinlichkeit können an der Nordfriesischen Küste sowie auf
exponierten Gipfeln der westlichen und nördlichen Mittelgebirge stürmische Böen
zustande kommen. In der Nacht zum Mittwoch verlagert sich der Nordteil des o.g.
Troges ein wenig nach Osten, wogegen dessen südlicher Teil über der Iberischen
Halbinsel zurückhängt. Ein in der südwestlichen Strömung ablaufender
Kurzwellentrog aktiviert die schleifende Kaltfront in ihrem südlichen Teil,
wodurch auf den Südwesten Deutschlands verstärkt Niederschläge übergreifen,
wahrscheinlich aber, ohne Warnschwellen zu erreichen.
Am Mittwoch greift der Trog auf den Nordwesten Deutschlands über, was vor allem
in Nordseenähe mit einer regen Schauertätigkeit bis hin zu kurzen Gewittern
einhergeht. Stürmische Böen sind dabei nicht ganz auszuschließen. Im Südwesten
und im östlichen Mittelgebirgsraum sorgt die weiterhin schleifende Kaltfront für
zeitweise Niederschläge. In den Gebieten dazwischen lässt kompensierendes
Absinken die Bewölkung auflockern. In der Nacht zum Donnerstag tropft der
südliche Teil des Troges nach Andalusien und Marokko ab. Dessen nördlicher Teil
schwenkt nach Polen und überläuft die schleifende Kaltfront, was eine
Abschwächung der Niederschläge zur Folge hat. Diese dauern vor allem im
östlichen Bergland sowie an den Alpen noch an, ohne jedoch warnrelevant zu
werden. Im Bereich eines sich von Frankreich in den Süden Deutschlands
ausweitenden Hochs stellen sich in der Mitte und im Süden Deutschlands geringe
Luftdruckgegensätze ein.
Am Donnerstag gelangt Deutschland unter einen Höhenkeil, der sich, ausgehend von
einem Höhenhoch über der Biskaya, über Südschweden hinweg bis in die Barents-See
erstreckt. Dieser stützt das über Frankreich und Mitteleuropa liegende
Bodenhoch. Da an der Vorderseite des Keils zunächst noch eine steile
nordwestliche Strömung andauert, kommt es staubedingt in den östlichen
Mittelgebirgen und am östlichen Alpenrand noch zu geringen Niederschlägen, die
im Tagesverlauf nachlassen sollten. Insgesamt ist dann aber der Übergang zu
einer ruhigen Herbstlage vollzogen.
Über dem mittleren Nordatlantik erfolgt eine markante Austrogung, stromabwärts
und somit über West- und Mitteleuropa kräftigt sich das Höhenhoch, so dass sich
eine Blockierungslage ergibt. Dabei stellen sich bis Samstag deutschlandweit
geringe Luftdruckgegensätze ein. Großräumiges Absinken lässt im 850 hPa-Niveau
die Temperatur auf 6 bis über 10 Grad steigen, so dass sich eine für den Herbst
typische Inversionslage einstellt. Durch eine schwache Warmfront kann am Samstag
die Grundschicht etwas mit Feuchte angereichert werden. Die Folge ist dann ein
vielfach neblig-trüber Wettercharakter.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum tropfen sowohl der atlantische
als auch der über Osteuropa liegende Trog aus. Die Frontalzone setzt sich von
der Labradorsee über Island und Lappland hinweg nach Nordosten durch, liegt also
zunächst zu weit nördlich, als dass frontale Prozesse Mitteleuropa beeinflussen
könnten. Erst zum Dienstag hin drückt ein breiter Trog die Frontalzone deutlich
nach Süden, wodurch dann Niederschläge auf den äußersten Norden Deutschlands
übergreifen können. Von der Küste bis zu den Mittelgebirgen frischt dann der
Wind mit Sturmböen in höheren lagen sowie an der See auf. Zumindest im Süden
hält sich dann wahrscheinlich noch ruhiges Herbstwetter.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Bis einschließlich Freitag ist der aktuelle Modelllauf im Vergleich mit den
gestrigen Modellrechnungen weitgehend konsistent. Als einziger Unterschied lässt
sich herausarbeiten, dass das sich von Frankreich nach Deutschland ausweitende
Bodenhoch vom aktuellsten Modelllauf etwas kräftiger simuliert wird.
Am Samstag ergeben sich hinsichtlich der flankierenden Tröge Unterschiede. Nach
weiter zurückliegenden Simulationen wäre noch kein Austropfen dieser Tröge zu
erwarten gewesen.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum nimmt der aktuelle Lauf mit
der relativ weit nördlich erfolgenden Zonalisierung eine Außenseiterrolle ein.
Weiter zurückliegende Modellrechnungen ließen die Blockierung weiter bestehen.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Bis einschließlich Samstag stützen die verfügbaren Modelle die oben beschriebene
Entwicklung. Prognoserelevante Unterschiede lassen sich bis dahin nicht
ableiten. Lediglich die flankierenden Cut-Off-Tiefs werden unterschiedlich
positioniert. GFS und auch ICON verlagern das östliche dieser Tiefs auf die
Alpensüdseite, was der Blockierung zusätzliche Stabilität verleihen dürfte.
Im erweiterten mittelfristigen Vorhersagezeitraum wird die oben beschriebene
Version von GFS gestützt. Über dem Nordmeer erfolgt demnach die Entwicklung
eines Orkantiefs, das sich nach Mittelskandinavien verlagert und die Frontalzone
letztendlich wieder nach Süden drückt. Ein ähnliches Szenario ergibt sich nach
dem Modell des kanadischen Wetterdienstes, wenngleich die Zyklogenese bei diesem
Modell schwächer ausfällt.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Das EPS des GFS stützt am ehesten die oben beschriebene Version und weniger das
hauseigene deterministische Modell, d.h. es bildet auch eine relativ weit
nördlich liegende, aber recht "glatte" Frontalzone ab. Mit Beginn der dritten
Novemberwoche zeichnen sich zunächst im Norden und mit ein bis 2 Tagen
Verzögerung im Süden Deutschlands vermehrt Niederschlagssignale ab.
Bemerkenswert ist der hohe Spread des aktuellsten Modelllaufes, der größer ist
als bei weiter zurückliegenden Modellrechnungen. Dies ist als Chance zu sehen,
dass sich noch nicht alle EPS-Member mit einem Ende der Blockierungslage
abfinden.
Das EPS des EZMW lässt auch die Blockierung allenfalls bis Anfang der dritten
Novemberwoche hinein andauern, wenngleich die Zonalisierung gegenüber dem
deterministischen Lauf etwas ausgebremst wird. Abgesehen vom äußersten Norden
und dort in Grenznähe zu Dänemark werden im erweiterten mittelfristigen
Vorhersagezeitraum nur von Einzelmembern des EPS erste schwache Signale für
Niederschläge gezeigt, die im Wesentlichen auf den Norden Deutschlands
beschränkt sind. Immerhin lassen annähernd die Hälfte der EPS-Member auch zu
Wochenbeginn eindeutig die Blockierung andauern. Das Clustering gemäß
Großwetterlagen bringt mit Beginn der dritten Novemberwoche vermehrt Member ins
Spiel, die auf eine zyklonale West- oder Nordwestlage setzen. Der gestrige 12
UTC-Lauf hatte hier EPS-Läufe mit antizyklonalen Südlagen im Programm, die nach
dem neuesten Lauf nur noch bei Einzelmembern zu finden sind.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Am Dienstag und Mittwoch können an der Nordsee (und dort vor allem an der
Nordfriesischen Küste) sowie in exponierten Gipfel- und Hochlagen der nördlichen
und westlichen Mittelgebirge noch einzelne stürmische Böen auftreten. Zudem
besteht am Mittwoch mit dem Übergreifen des Troges in Nordseenähe die Gefahr
kurzer Gewitter, wobei ebenfalls stürmische Böen nicht auszuschließen sind.
Ab Donnerstag erfolgt der Übergang zu einer ruhigen Hochdrucklage, sehr
wahrscheinlich ohne markante Wettergefahren.
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Basis für Mittelfristvorhersage
EPS (EZMW), anfangs MOS
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Thomas Schumann