DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

04-11-2022 08:01
SXEU31 DWAV 040800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 04.11.2022 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Tr M - Warnlage nicht sehr herausfordernd, aber kompliziert zu beschreiben.

WIND/STURM:
An der Nordsee zunächst Sturmböen Bft 8/9 an der ostfriesischen und vermehrt
auch an der nordfriesischen Küste. Allmählich abflauend.
Erneute Windzunahme in der Nacht zum Sonntag mit stürmischen Böen an der Nordsee
sowie auf exponierten Berggipfeln der nördlichen und westlichen Mittelgebirge.
Windsituation am Sonntag wie beschrieben andauernd, ab Sonntagabend dann auch in
den übrigen Mittelgebirgen Gefahr von Sturmböen Bft 8/9. Mit Trogpassage an der
Nordsee und in der zweiten Nachthälfte auch an der Ostseeküste einzelne
Sturmböen Bft 8/9. Außerdem bis ins nordwestliche Binnenland hinein einzelne
kurze Gewitter, dabei Sturmböen Bft 8/9 nicht auszuschließen.

DAUERREGEN:
In den Staulagen des Erzgebirges und des Lausitzer Berglandes mit hoher, der
Alpen bis in die Nacht zum Samstag mit geringer Wahrscheinlichkeit gebietsweise
Dauerregen mit mehr als 30 l/qm in 18 bis 24 Stunden.


Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
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Freitag... gelangt Deutschland unter einen in mehreren Schritten austropfenden
Trog. Einer dieser Austropfprozesse erfolgt ins westliche Mittelmeer und
induziert südlich der Alpen eine markante Zyklogenese, wodurch sich südlich des
Alpenhauptkammes und dort vor allem in Südtirol, Venetien bis hin zu den
Karawanken unwetterartige Regenfälle von teils mehr als 100 mm innerhalb von 12
Stunden induziert.
Ein weiterer Austropfprozess ist über der Nordsee in Gange, das resultierende
Tief intensiviert sich noch etwas über der Deutschen Bucht und wird im
Tagesverlauf in Richtung Südnorwegen gesteuert. An dessen Südflanke frischt
vorübergehend der Wind an der Nordseeküste mit Sturmböen Bft 8/9 und im
küstennahen Binnenland mit Windböen Bft 7 auf. Mit der Verlagerung des Tiefs
nach Norden setzt bereits am Vormittag wieder ein Abflauen des Windes ein.
Letzte warnrelevante Böen treten an der Nordfriesischen Küste gegen Abend auf.
Ein weiterer Kurzwellentrog läuft über die Ostalpen nach Norden ab. Da die
Dynamik in Verbindung mit diesem Kurzwellentrog am schwächsten ausgeprägt ist,
reicht es nur für Druckfall, der als Verbindung zwischen dem Tief südlich der
Alpen und dem nach Südnorwegen ziehenden Tief eine flache Tiefdruckrinne
zustande bringt. Von einer Zyklogenese oder gar von einer Vb-artigen Lage lässt
sich nicht so recht reden. Aufgleiten an der Westflanke dieser Rinne sorgt im
Osten Deutschlands für länger andauernde Niederschläge. In den Staulagen der
sächsischen Gebirge und mit geringerer Wahrscheinlichkeit auch am östlichen
Alpenrand können die Warnschwellen für Dauerregen überschritten werden.
Im Westen macht sich der Trog mit einer regen Schauertätigkeit bemerkbar. Kurze
(Kaltluft)gewitter können im Südwesten nicht ganz ausgeschlossen werden,
wenngleich die Wahrscheinlichkeit hierfür sehr gering ist.
Dazwischen, d.h. in einem breiten Streifen von Schleswig-Holstein über die Mitte
Deutschlands hinweg bis etwa nach Oberschwaben, erfolgt kompensierendes
Absinken, wodurch allenfalls geringe Niederschläge zu erwarten sind. Für ein
paar Wolkenlücken reicht es nur im Nordwesten und Westen. Die
Tageshöchsttemperaturen erreichen 7 bis 13 Grad.

In der Nacht zum Samstag verlagert sich das südliche Cut-Off-Tief in Richtung
Sardinien, wodurch sich auch das korrespondierende Bodentief südwärts absetzt.
Das über der Nordsee liegende Bodentief wird von dem verbleibenden Resttrog
überlaufen und wird unter beginnender Auffüllung in Richtung Oslofjord
gesteuert. Somit wird der Platz frei für einen Bodenhochkeil. Dieser weitet
sich, gestützt durch Kaltluftadvektion, von Frankreich her nach Süddeutschland
aus.
Weitere Niederschläge fallen staubedingt dann noch im Südwesten, in Alpennähe
sowie im östlichen Bergland, wenngleich dann Warnschwellen sehr wahrscheinlich
nicht mehr überschritten werden. An den Alpen sinkt die Schneefallgrenze je nach
Intensität auf 1200 bis 1000 m. Aber auch an der Nordsee sind einzelne Schauer
nicht ganz auszuschließen. In den anderen Gebieten, d.h. vor allem im Norden, in
Teilen der Mitte und gebietsweise auch im Westen, kann es aufklaren, wodurch
gebietsweise teils dichter Nebel entsteht.

Samstag... verlagert sich der Resttrog unter beginnender Auffüllung in den
Nordosten Deutschlands. Von Westen her nähert sich ein Rücken, durch welchen der
über dem Süden Deutschlands liegende Bodenhochkeil gestützt wird. Dieser weitet
sich nach Osten aus, so dass sich eine Brücke ergibt, die sich vom Azorenhoch
über die Iberische Halbinsel, Süddeutschland und Polen hinweg bis zu einem Hoch
über Westrussland erstreckt.
Bedingt durch die trogrückseitige relativ steile nordwestliche Strömung sind im
vor allem Süden und Südosten und dort vor allem zu den Alpen hin weitere
staubedingte Niederschläge zu erwarten. Diese sind jedoch fernab von jeglicher
Warnrelevanz, wesentlich mehr als 10 mm sollten selbst in Staulagen nicht
zusammenkommen. Und aufgrund der Nähe zur Frontalzone bleibt es auch in
Küstennähe nicht ganz niederschlagsfrei. Dort dürfte zum Abend hin der Wind mit
Böen bis Bft 7 etwas auffrischen.
Im Norden und teils auch in der Mitte sowie in den Leegebieten der Mittelgebirge
besteht die Chance für größere Auflockerungen. Dies ermöglicht
Tageshöchsttemperaturen zwischen 10 und 14 Grad. Im Süden (bei noch länger
andauerndem, aber nur wenig intensivem Regen) sowie in Gebieten mit zähem Nebel
sind nur 5 bis 9 Grad zu erwarten.

In der Nacht zum Sonntag erreicht ein flacher Rücken das Vorhersagegebiet.
Dieser wird durch Warmluftadvektion überlaufen, was in Nordseenähe geringe
Niederschläge aufkommen lässt. Der nachfolgende Trog nähert sich bereits den
Britischen Inseln. Vorderseitiger Druckfall erfasst auch die Nordsee, was über
dem Norden und Westen Deutschlands sowie Teilen der Mitte eine Gradientzunahme
bewirkt. An der Nordsee sowie in einigen exponierten Berglagen (Brocken,
Nordeifel) sind dann stürmische Böen möglich, an der Ostsee reicht es für
Windböen Bft 7. Nebel und Hochnebel sollten in diesen Gebieten kein Thema sein.
Im Süden bleiben die geringen Luftdruckgegensätze bestehen. In der ersten
Nachthälfte lassen die letzten Niederschläge auch am östlichen Alpenrand nach
und es klart auf. Nachfolgend entsteht relativ rasch erneut teils dichter Nebel.



Sonntag... erfolgt über dem mittleren Nordatlantik eine markante Austrogung.
Dies lässt den Trog von den Britischen Inseln als Sekundärtrog rasch ostwärts
bis nach Nordfrankreich schwenken. Vorderseitig steilt die südwestliche Strömung
über Mitteleuropa auf. Das diesem Trog vorgelagerte und weitgehend okkludierte
Frontensystem arbeitet sich schleifend bis in den Nordwesten Deutschlands vor,
was dort wie auch im Westen erneut Niederschläge aufkommen lässt. Abgesehen vom
Süden und Südosten Deutschlands legt der Gradient noch ein wenig zu, so dass an
der See und im höheren Bergland Windböen, an der Nordfriesischen Küste sowie in
exponierten Lagen der nördlichen und westlichen Mittelgebirge stürmische Böen zu
erwarten sind.
Ansonsten hält sich noch der Einfluss der weiter oben beschriebenen Hochbrücke.
Während sich in einigen Tallagen Süd- und Südostdeutschlands ganztägig Nebel und
Hochnebel halten, sind in den Hochlagen der östlichen Mittelgebirge sowie der
Alpen und im alpennahen Vorland längere sonnige Abschnitte zu erwarten. Auch in
den Leegebieten vor allem der östlichen und süddeutschen Mittelgebirge stellen
sich größere Auflockerungen ein. Gegenüber den Vortagen ist keine
Temperaturänderung in Sich.

In der Nacht zum Montag überquert der Trog von Nordfrankreich kommend
Deutschland ostwärts. Mit dessen Passage konzentriert sich das
Niederschlagsgeschehen auf den Küstenbereich, vor allem in Nordseenähe können
mehr als 10 mm innerhalb von 12 Stunden zusammenkommen, was durch den insgesamt
leicht konvektiven Charakter bedingt ist. Auch kurze Gewitter sind bis ins
nordwestliche Binnenland hinein nicht ganz auszuschließen. Niedertroposphärische
wie auch hochreichende Scherung sind Indizien für organisiertere konvektive
Strukturen, die vielleicht sogar staffelartig auftreten können. Der Oberwind im
850 hPa-Niveau erreicht in diesen Gebieten 45 kt, d.h. in Verbindung mit kurzen
Gewittern besteht die Gefahr von Sturmböen.
Aber auch ohne Konvektion legt, bedingt durch den im Norden durchschwenkenden
Bodentrog, der Wind noch etwas zu. An der Nordsee treten mit dessen Passage
vermehrt stürmische Böen und einzelne Sturmböen Bft 9 auf. An der Ostseeküste
ist dies in der zweiten Nachthälfte der Fall. Mit Windböen muss bis ins
küstennahe Binnenland hinein gerechnet werden. Auch auf höheren Berggipfeln der
nördlichen, zentralen, westlichen und südwestdeutschen Mittelgebirge sind
Sturmböen Bft 8/9 nicht ganz auszuschließen.
Abgesehen von der Donauregion und den Gebieten südlich davon sollte aufgrund der
Gradientzunahme Nebel kein Thema mehr sein.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle stützen weitgehend die oben beschriebene Entwicklung.
Anhand der synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten
Unterschiede ableiten.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann