DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

11-10-2016 11:00
SXEU31 DWAV 110800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 11.10.2016 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Wetterlage: Hoch Nordmeer/Fennoskandien zyklonal, HNFz;
Weiterhin häufig bewölkt und recht kalt. An den Küsten windig. Im Südwesten
kommende Nacht gebietsweise (Boden-)Frost und Nebel.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 24 UTC
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Dienstag... bestimmt eine High-over-Low-Lage das Wettergeschehen im zentralen
Europa. Einem umfangreichen und hochreichenden Hoch über Fennoskandien und dem
Europäischen Nordmeer steht ein Kaltlufttropfen über dem Alpenraum, Oberitalien
und der nördlichen Adria gegenüber. Bodennah ist südlich von uns kein
ausgeprägter Tiefdruckkern zu finden, die Strömung wird demnach von dem
kräftigen Hoch nördlich von uns bestimmt, so dass bodennah nordöstliche Winde
vorherrschen. In diese Strömung ist ein als Okklusion analysiertes Frontensystem
eingelagert, das aktuell über dem Norden Deutschland liegt. Aktuell ist hier
auch noch eine schwache bodennahe Windkonvergenz zu finden, die für etwas
Hebungsantrieb sorgt. Hebungsantriebe aus der Höhe sind dagegen marginal. Im
Laufe des Tages verschwindet allerdings diese Konvergenz, so dass sich die
Hebung abschwächt. Dabei kommt die Okklusion noch langsam südwärts voran.
Während auf ihrer Südseite der Wind allgemein schwach ist, ist der Gradient im
Norden, zum Hoch hin, deutlich stärker. Dementsprechend muss an windzugewandten
Küstenabschnitten mit Böen 7 Bft gerechnet werden, an exponierten Abschnitten
der Ostseeküste auch vereinzelt mit Böen 8 Bft aus Ost bis Nordost. Zurück zur
Okklusion: Diese bringt aktuell den Gebieten nordöstlich von Elbe und Havel
leichten Regen. Dieser verlagert sich im Tagesverlauf allmählich südwärts und
erreicht bis zum Abend einem Streifen von der Lausitz bis ins Weserbergland,
weiter westlich ist es sehr schwach. Auch in den Südosten wird von Osten her
etwas Regen gesteuert, der Hebungsprozessen durch kleinräumige PVA-Gebiete am
Nordrand des Kaltlufttropfens geschuldet ist. Dabei bleiben die Mengen aber sehr
gering, nur im Stau der Alpen sind verbreitet einige Millimeter Regen zu
erwarten. Dort fällt bei 850-hPa-Werten um 0 Grad oberhalb etwa 1200 m Schnee,
dieser dürfte etwa ab 1300 bis 1400 m auch liegen bleiben. Auch in den anderen
Regionen Deutschland liegen die 850-hPa-Werte in diesem Bereich, was heute im
Osten und Süden bei meist geschlossener Bewölkung Höchstwerte von etwas unter 10
Grad zur Folge hat. Auch im Norden ist kaum an Wolkenauflockerungen zu denken,
allerdings sorgt hier die warme See für Werte etwas über 10 Grad. Im Westen und
Südwesten kann sich dagegen - nachdem sich die gebietsweisen Nebel- und
Hochnebelfelder aufgelöst haben - zeitweise die Sonne zeigen, so dass auch hier
Höchstwerte zwischen 10 und 14 Grad zu erwarten sind.

In der Nacht zum Mittwoch bildet der Kaltlufttropfen einen zunehmend deutlicher
markierten Kern aus, der über Österreich zu liegen kommt. Der Kaltlufttropfen
weitet sich dabei insgesamt etwas nach Norden aus und sorgt gebietsweise für
etwas stärkere PVA. Zudem greift von Osten her WLA auf den äußersten Osten
Deutschlands über. Somit bleibt uns das Niederschlagsgeschehen erhalten. Es
konzentriert sich auf 3 Regionen. Ein breiter Streifen vom westlichen Bergland
bis zu Oder und Neiße, wo sich die Okklusion allmählich auflöst. Ein weiteres
Gebiet südlich der Donau und am Bayerischen Wald, wo weiterhin vor allem im Stau
Regen fällt. Mit einer leichten Abkühlung der niederen Troposphäre (um -2 Grad
in 850 hPa) kann die Schneefallgrenze noch etwas sinken, in etwa auf 900 m in
den Alpen und im Bayerwald und noch etwas niedriger im Erzgebirge. In den Alpen
kann sich in Lagen oberhalb 1000 m vor allem im östlichen Bereich eine
Neuschneedecke von einigen Zentimetern bilden. Ein drittes Niederschlagsgebiet
soll sich - das wird modellübergreifend simuliert - auf einem Streifen von der
Ostsee über Schleswig-Holstein hinweg bis zu den Ostfriesischen Inseln bilden.
Hier scheint der Hebungsantrieb vor allem durch die Küstenkonvergenz generiert
zu werden, es werden in diesem Bereich auch geringe CAPE-Werte und etwas
Scherung simuliert, wobei letzteres auch langlebigere Schauerstrukturen
unterstützt. Somit sind dort zumindest stellenweise 5 bis 10 mm Regen zu
erwarten, punktuell sicherlich auch noch etwas mehr, wobei Warnschwellen nicht
erreicht werden sollten. Bei all den Regengebieten bleibt kaum Platz für
Wolkenlücken, letztere werden modellübergreifend im Südwesten simuliert. Dort
kann es dann auch in Tallagen des Berglandes wieder geringen Luftfrost geben,
Bodenfrost ist bei längerem Aufklaren auch in tiefen Lagen möglich. Auch Nebel
kann sich dort wieder gebietsweise bilden, zudem sind deutschlandweit höhere
Berglagen in Wolken. Die Windsituation an den Küsten ändert sich kaum,
allenfalls eine leichte Abschwächung ist zu erwarten.



Mittwoch... ändert sich die Lage nur wenig. Der Kaltlufttropen spaltet sich auf,
wobei sein stärkerer Kern nach Südosten abzieht. Ein schwächerer Kern, der sich
vor allem in 300 hPa zeigt, zieht dagegen nordwestwärts Richtung Benelux. Dieser
sorgt vor allem im äußersten Norden von Ost nach West für Hebung, was das
Schauerband von den Ostfriesischen Inseln bis in die Ostsee weiter erhält. Zudem
werden dort nach wie vor geringe CAPE-Werte simuliert, bei zunehmend auf Ost
drehendem Wind schwächt sich aber die Küstenkonvergenz etwas ab. Nach Vergleich
der Modelle sind durchaus wieder 5 bis 10 mm Regen stellenweise vorstellbar,
Euro4 simuliert punktuell erheblich mehr. Auch wenn das sicherlich nicht ganz
ernst zu nehmen ist, so scheint es zumindest nicht ganz unrealistisch, dass sich
im Verlauf mehrerer Stunden oder einen halben Tages bei anhaltender
Schauertätigkeit mal kleinräumig um 20 mm akkumulieren könnten. Im übrigen Land
lassen die Hebungsprozesse nach, so dass im Tagesverlauf die ohnehin meist
schwachen Regenfälle von Südwesten her nachlassen. Die Schneefallgrenze steigt
dabei wieder leicht an. Ab dem späteren Nachmittag greift dann ein WLA-Gebiet
auf den Osten Deutschlands über, so dass dort wieder Regen einsetzt. Die besten
Chancen auf Wolkenauflockerungen bestehen im Südwesten, wenn sich dort der Nebel
gelichtet hat. Auch in Küstennähe simuliert MOSMIX - trotz der Schauer - etwas
Sonne, während es sonst landesweit fast bedeckt bleiben soll. Am
Temperaturniveau ändert sich im Vergleich zum Vortag kaum etwas. Bedingt durch
stärkeren Druckfall über Frankreich dreht der Wind ein wenig nach Ost zurück.
Seine Stärke ändert sich kaum, so dass an den Küsten weiterhin gebietsweise Böen
7 Bft auftreten, in exponierten Lagen sind immer noch 8 Bft möglich.

In der Nacht zum Donnerstag verlagert sich der westliche Kaltlufttropfen
Richtung Südengland, während der östliche über den Ukraine zu finden ist. Der
westliche nimmt Kontakt zu einem Höhentief über Spanien auf, so dass sich ein
umfangreicher Höhentiefkomplex bildet. Diesem steht ein unverändert starkes Hoch
über dem Nordmeer und Skandinavien gegenüber. Da der Luftdruck bodennah über
Spanien und Frankreich weiter fällt nimmt vor allem im deutschen Binnenland der
östliche Wind zu. An den Küsten wird er dagegen noch etwas schwächer, so dass
möglicherweise keine Warnschwellen mehr erreicht werden. Dagegen muss in den
Höhenlagen der Mittelgebirge zunehmend mit Böen 7 Bft gerechnet werden, im
Schwarzwald auch mit Böen 8 Bft. Mit Abzug des westlichen Höhentiefkerns und
Abschwächung des Windes an den Küsten werden die Bedingungen für Konvektion im
Norden schlechter, so dass sich das Schauerband im Verlauf der Nacht abschwächt.
Auch das WLA-Gebiet aus dem Osten verlagert sich unter deutlicher Abschwächung
in die Mitte. Somit greifen die Regenfälle in der Nacht noch Richtung
Sachsen-Anhalt und Niedersachsen aus, lassen dann aber nach. Von Südwesten
setzen sich Wolkenauflockerungen bzw. teils klarer Himmel allmählich bis zur
Mitte durch. Allerdings kommt WLA-bedingt in der zweiten Nachthälfte im
Südwesten schon wieder hohe Bewölkung auf. Trotzdem kann die Temperatur in
höheren Tallagen sowie in Teilen des Alpenvorlandes wieder den Frostbereich
erreichen, Bodenfrost ist in Süddeutschland verbreitet möglich. Auch Nebel kann
sich stellenweise wieder bilden. Allerdings ist durch den verstärkten Wind die
Nebelneigung im Vergleich zur Vornacht etwas geringer.


Donnerstag... stellt sich die Lage allmählich um: Das Hoch verlagert seinen
Schwerpunkt etwas nach Osten und bedingt durch WLA auf der Vorderseite des
iberisch-französischen Tiefs wird der Höhentiefkomplex über Deutschland
gespalten. Somit kommt Deutschland zum Abend hin sogar unter antizyklonalen
Einfluss. Da das Tief sich noch etwas nordostwärts ausweitet und das Hoch
keineswegs weicht nimmt der östliche Wind über Deutschland weiter zu. Im
Bergland und eventuell auch teils im Flachland muss dann verbreitet mit Böen 7
Bft, in Hochlagen mit Böen 8 Bft und auf exponierten Bergen (Brocken,
Fichtelberg, Alpengipfel) 9 Bft gerechnet werden. An den Alpen wird es zunehmend
föhnig. Auch an den Küsten legt der Wind wieder zu, verbreitet sind dort dann
Böen 7 bis 8 Bft, an Ost-exponierten Küstenabschnitten auch 9 Bft möglich. Von
Süden und Norden lockern die Wolken auf, während entlang der Achse, an der das
Höhentief auseinandergezogen wird über der Mitte Deutschlands noch dichte
Bewölkung verbleibt und es dort noch - mit abnehmender Tendenz - geringfügig
regnen kann. Über den Süden ziehen WLA-bedingt im Tagesverlauf wieder verstärkt
hohe Wolkenfelder hinweg. Durch die Advektion milderer Luft und höhere
Sonnenanteile steigt das Temperaturniveau wieder leicht an.

In der Nacht zum Freitag stellt sich in der mittleren Troposphäre eine Südlage
ein, bodennah verbleiben wir in einer Ostströmung. Der stärkste Gradient
verschiebt sich dabei immer mehr in den Nordosten, während der Südwesten in
zentralere Bereiche des tiefen Druckes mit schwächerem Gradienten gerät.
Niederschlagsprozesse greifen dabei kaum auf Deutschland über. Zwar kommt es
über weiten Teilen des Landes zu kräftiger WLA in der Höhe, die auch viel hohe
und mittelhohe Bewölkung generiert, daraus fallender Regen kommt aber kaum am
Boden an. In tieferen Schichten wird nämlich teilweise sehr trockene Luft
advehiert. Somit lösen sich dann die tiefen Wolken auch verbreitet auf. Frost
und Nebel sind ebenso kein großes Thema mehr, allenfalls Nebel könnte im
Südwesten wieder auftreten, wo sich der Wind schon wieder abgeschwächt hat.
Kommen wir zum Wind: An der Küste stellt sich zunehmend eine Sturmlage aus Ost
ein, verbreitet sind dann in Böen 8 bis 9 Bft möglich. Auch im nördlichen
Binnenland sind 7 Bft zu erwarten. Über den Bergen der Osthälfte sind Böen 9 Bft
zu erwarten. An den Alpen stellt sich eine Föhnlage ein, wobei über den Gipfeln
Böen 10 bis 12 Bft aus Südost bis Süd zu erwarten sind. Bodennah stellt sich
über die Alpen hinweg ein Druckgradient von etwa 8 hPa (nach ICON-EU) ein, was
durchaus auch stürmische Böen in den Föhntälern möglich werden lässt.


Modellvergleich und -einschätzung
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Auf synoptischer Skala lassen sich keine signifikanten Modellunterschiede
finden. Auch bezüglich der Warnparameter sind sich die Modelle recht einig.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Peter Hartmann