DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

27-10-2022 07:30
SXEU31 DWAV 270800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 27.10.2022 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: SWa (Südwest antizyklonal)

Fortdauer der nicht ganz störungsfreien, dafür sehr milden und tagsüber
stellenweise sommerlich anmutenden Hochrandlage.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 24 UTC
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Donnerstag... ist das großräumige Potenzialmuster nicht nur nahezu stationär,
sondern auch ziemlich klar strukturiert: über dem Ostatlantik ein positiv, also
nach Südwesten geneigter LW-Trog, über dem europäischen Kontinent ein breiter,
nicht überbordend amplifizierter Rücken, das war´s im Grunde schon. An dieser
Konstellation ändert sich in den nächsten Tagen nur wenig, so dass wir die
letzten Oktobertage mit hoher Wahrscheinlichkeit unter dem Rücken verbringen,
sprich, im Wesentlichen antizyklonal bestimmt sind. Wo die Schwachstellen dabei
liegen, dazu im Folgenden mehr.

Zunächst mal zur korrespondierenden Bodendruckverteilung, bei der das
mehrkernige Tiefdrucksystem IRIS über dem nahen Atlantik und dem Europäischen
Nordmeer das umfangreiche Hoch ZACHARIAS über dem östlichen Mitteleuropa bzw.
Süd-Südosteuropa gegenübersteht. Auch an dieser Verteilung ändert sich in den
nächsten Tagen nur sehr wenig, so dass wir bei uns von einer stark antizyklonal
geprägten Hochrandlage sprechen können. Zwar verlagert sich die Hauptachse des
Höhenrückens heute etwas nach Osten, über Westeuropa wird gleichzeitig aber ein
neuer Keil generiert, der in die Presche springt und den Rücken zum Freitag hin
sogar scheinbar retrograd erscheinen lässt.
Viel Text um wenig Wetter, das heute Morgen in der Mitte und im Süden entweder
von (Hoch)Nebel oder einem gering bewölkten bis klaren Himmel geprägt ist. Im
Norden dagegen ist Nebel seltener, dafür findet sich mehr Gewölk, insbesondere
hohes Gewölk (Ci). Im Laufe des Tages wird sich an dieser Verteilung insofern
was ändern, als dass Nebel und Hochnebel immer weniger werden, was allerdings
´ne Zeit lang dauern kann. Die Sonne allein hat aufgrund ihres schon recht
niedrigen Standes Ende Oktober mächtig zu knapsen an den Grauschleiern.
Willkommen wäre in diesem Fall etwas Wind, der heute auch nicht abgeneigt ist,
etwas mitzuhelfen. Aus Ost bis Süd kommend lebt er im Tagesverlauf etwas auf,
allerdings ohne die ganz großen Akzente zu setzen. So kann es teilweise bis in
den Nachmittag dauern, bis sich Nebel und Hochnebel auflösen, vor allem in
geschützten (Fluss)Tälern sowie im Luv der Mittelgebirge. Nicht ausgeschlossen,
dass es lokal gar nicht klappt mit der Auflösung. Ansonsten scheint aber den
ganzen Tag die Sonne, die allenfalls von ein paar hohen und transparenten
Schleierwolken flankiert wird.

Im Norden und Nordwesten, die am stärksten unter der südwestlichen Höhenströmung
liegen, tummeln sich WLA-bedingt mehr Wolken am Himmel, aus denen am Nachmittag
im westlichen Niedersachsen, vielleicht auch in Westfalen etwas Regen fallen
kann. So oder so wird es einmal mehr ein milder bis sehr milder, in einigen
Orten am frühen Nachmittag sogar als warm zu bezeichnender Tag. 17 bis 23°C, im
Südwesten punktuell noch etwas mehr, hat man nicht alle Jahre Ende Oktober.
Lediglich dort, wo es mit der Nebelauflösung nicht so richtig oder auch erst
spät klappen will, bleibt es naturgemäß kühler, was in den MOS-Prognosen nicht
berücksichtigt wird.

In der Nacht zum Freitag ändert sich wenig bis nichts an der Großwetterlage,
wenn man mal davon absieht, das die Achse des neuen Höhenkeils dichter an den
Vorhersageraum herankommt. Dadurch kann aber nicht verhindert werden, dass hohe
Wolken über weite Teile des Vorhersageraums hinwegziehen. Im Norden und
Nordwesten ist auch mittelhohes "Zeug" am Start, aus der es hin und wieder
leicht regnet. Nebel ist da kein Thema, der wird sich insbesondere im Südosten
sowie im Donautal neu bilden bzw. wieder ausbreiten. Bemerkenswert sind die
Tiefsttemperaturen im Westen und Norden, die nicht nur überwiegend zweistellig
sind, sondern an der einen oder anderen Stelle sogar über 15°C liegen. Im
Rheinland und im Ruhrpott bietet MOS stellenweise sogar 17 oder 18°C als Minimum
an, was Rekord (höchstes Minimum) für die 3. Oktoberdekade wäre. Deutlich
frischer wird es im Südosten, wo es z.T. auf Werte um 5°C abkühlt.


Freitag... löst sich aus dem LW-Trog über dem nahen Atlantik ein relativ scharf
konturierter Randtrog, der es bis nach UK respektive zur nördlichen Nordsee
schafft. Dabei lässt er nicht nur die Kaltfront einer der vielen IRIS (gemeint
ist hier der Kern westlich der Hebriden) dichter an Nordwestdeutschland
heranrücken. Zudem "drückt" er den o.e. Hochkeil regelrecht nach Osten, was
diesen unweigerlich bis zu uns bringt. Das ändert aber nichts an der Tatsache,
dass hohe, teils auch mittelhohe Wolken über weite Teile des Vorhersageraums
hinwegziehen. Die meisten Modelle simulieren da und dort sogar etwas Regen in
homöopathischer Dosis, wobei aber fraglich ist, ob dieser angesichts der hohen
Wolkengrenze unten überhaupt ankommt. Hinsichtlich der Auflösung von Nebel und
Hochnebel zeigt sich die Numerik relativ optimistisch, auch wenn es stellenweise
etwas dauern kann. Ursache dafür könnte der gegenüber heute etwas stärker
simulierte, weiterhin vornehmlich aus südlichen Richtungen kommende Wind sein,
der für verbesserte Durchmischungsbedingungen sorgt. In exponierten Hochlagen
werden gar Böen 6-7 Bft und auf dem Brocken 8-9 Bft erwartet.

Am Ende des Tages dürfte ein sogenanntes "nach teils zögernder Auflösung von
Nebel und Hochnebel teils sonnig/heiter, teils wolkig und weitgehend trocken"
bilanziert werden. Am interessantesten ist ohnehin die Frage, wie hoch es morgen
mit der Temperatur geht. Die auf 850 hPa angebotenen Werte sind mehr als üppig
und könnten ohne aufzufallen auch im Hochsommer auftreten. Im Süden und mit
Abstrichen auch in der Mitte geht´s hoch auf 16/17°C, aber auch sonst sind 12
bis 15°C ein echtes Pfund für Ende Oktober. Dass diese hohen Werte zu dieser
Jahreszeit nicht mehr 1:1 nach unten durchgereicht werden, ist evident. Trotzdem
sind MOS, aber auch der DMO verschiedener Modelle der Meinung, dass es am
Nordrand der Mittelgebirge, am Alpenrand sowie in Teilen BaWüs örtlich für einen
Sommertag mit 25°C oder sogar etwas mehr reicht. MOS-Mix hat seine Prognosen im
Südwesten auf bis zu 27°C hochgetunt, was ex natura aber erstmal bestätigt
werden muss. Neben der morgendlichen Startwerte, die z.T. ja ziemlich hoch sind,
könnte die o.e., mal mehr, mal weniger dichte Bewölkung zum Zünglein an der
Waage werden. Ins Spiel kommt zudem (gilt auch für Samstag) auch Saharastaub,
der sich von Süd-Südwest langsam nordwärts ausbreitet. Am Ende dürfte es für
einige Stations-Dekadenrekorde, für einen Dekaden-Allzeitrekord wohl nicht
(28,6°C am 26.10.2006 in Emmendingen-Mundingen (BaWü)). Dort, wo kein Sommertag
erreicht wird, was mehrheitlich ja der Fall sein wird, stehen 19 bis 24°C auf
der Karte. Nur stellenweise im Südosten sowie direkt an der See wird es nicht
ganz so warm.

In der Nacht zum Samstag verstärkt sich Hoch ZACHARIAS auf über 1030 hPa auf und
wölbt gleichzeitig einen Keil bis zur Nordsee auf. Zuvor schafft es allerdings
die o.e. Kaltfront, nach Nordwestdeutschland einzudringen, wo sie aber bald
rückläufig wird und in die Warmfront eines weiteren Tiefs west-südwestlich von
Irland übergeht. Gegen morgen kommt im äußersten Westen und Nordwesten leichter
Regen auf.
Ansonsten gestaltet sich die Nacht wolkig bis gering bewölkt, teils auch klar,
wobei sich erneut Nebel oder Hochnebel bildet. Das
Nordwest-Südost-Temperaturgefälle bleibt erhalten, wobei es in mittleren
Hochlagen Süddeutschlands in der nächtlichen Inversion allerdings sehr mild
bleibt (teils über 15°C).

Samstag... wird der weiterhin über Mitteleuropa liegende Höhenrücken in seinem
Nordteil etwas abgehobelt. Dadurch gelangt Norddeutschland unter eine relativ
glatte, nicht überbordend lebhafte Zonalströmung. Gleichzeitig schwenkt die o.e.
Warmfront sehr zögerlich über den Norden hinweg, wobei sie neben mehrschichtiger
Bewölkung mitunter auch etwas Regen bringt. Auf der "kalten" Seite der Front ist
T850 auf 10 bis 7°C zurückgegangen, was sich auch in den Tageshöchstwerten
widerspiegelt. Die werden etwa nördlich einer Linie Meppen-Verden-Ballerstedt
unterhalb der 20°C-, aber auch oberhalb der 15°C-Marke liegen.

Ansonsten gilt es zu konstatieren, dass die Temperatur im großen antizyklonalen
Warmsektor auf 850 hPa noch etwas zulegt auf fast schon sagenumwobene 18/19°C im
äußersten Süden und Südwesten. Einen Zuschlag in 2 Meter Höhe soll es gegenüber
dem Vortag aber nicht geben, trotzdem dürfte in den nachmittäglichen
Bundesligaspielen angesichts apostrophierter Höchstwerte von 20 bis 25°C, ganz
im Süden bis zu 27°C eine Trinkpause eingeschoben werden;). Wettertechnisch
scheint nach teils schleppender Auflösung von Nebel und Hochnebel die Sonne, die
mal mehr, mal weniger von durchziehenden Cirren, möglicherweise aber auch durch
Saharastaub getrübt wird. Wenn´s ganz dumm kommt, fallen die Cirren durch den
Staub dichter aus als jetzt noch simuliert, was dann natürlich eine dämpfende,
im worst case sogar spürbar dämpfende Wirkung auf die Höchsttemperatur hat.
Abgesehen von einigen exponierten Hochlagen weht der Wind meist nur schwach aus
Südost bis Süd.

Die wichtigste Nachricht für die Nacht zum Sonntag lautet: Zurückstellen der Uhr
auf Winterzeit, eine Stunde länger schlafen. Das Wetter dürfte es hingegen nicht
in die Schlagzeilen schaffen. Bei weiterhin antizyklonalen Rahmenbedingungen -
die Warmfront im Norden sucht das Weite - wird es vielfach gering bewölkt oder
klar und niederschlagsfrei mit den typischen Nebel-/Hochnebelprozessen. Dabei
kann sich im Gegensatz zu den Vornächsten auch im Norden gebietsweise Nebel
bilden (feuchte Grundschicht durch vorherigen Regen, Wolkenauflockerungen,
schlapper Wind).

Modellvergleich und -einschätzung
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Die Basisfelder werden modellübergreifend nahezu kongruent gerechnet. Die
Kernfragen, die numerisch nicht vollständig beantwortet werden, beziehen sich
auf den Nebel (wo und wie lange) und die Temperatur (vor allem wie hoch am
Freitag und am Samstag). Näheres dazu wurde im Text bereits angerissen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann