DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

10-10-2016 21:00
SXEU31 DWAV 101800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 10.10.2016 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
"High-over-Low"; leicht unbeständig und kühl. An den Küsten Böen Bft. 7 bis 9
aus Nordost.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 12 UTC
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Aktuell ... ergibt sich beim Blick auf das 500 bzw. 300 hPa Geopotenzial nach
wie vor eine klassische High-over-Low Situation: Einer kräftigen
Höhenantizyklone über Nordskandinavien steht ein zonal ausgerichteter
Höhentiefdipol über dem südlichen Mitteleuropa gegenüber mit Drehzentren über
Belgien und Niederbayern. Im Laufe der Nacht verlagert sich der
Höhentiefkomplex, respektive Kaltlufttropfen (ein korrespondierendes Bodentief
ist nicht mehr auszumachen) allmählich etwas nach Süden, wobei es allmählich
seine Dipolstruktur verliert. Um 06 UTC sind lediglich in 500 hPa noch zwei
Drehzentren (Westschweiz und Südostösterreich) auszumachen.
Somit verbleibt die Südhälfte auch über Nacht noch im Einflussbereich der sich
innerhalb des Systems befindenden höhenkalten und somit leicht labil
geschichteten Luftmasse. Allerdings lässt die sowieso nicht allzu ausgeprägte
Schauertätigkeit tagesgangbedingt allmählich nach, ein kurzes Gewitter kann aber
vor allem in den Abendstunden nicht komplett ausgeschlossen werden. Insgesamt
lockern die Wolken dort im Laufe der Nacht auch mal stärker auf. Dann kann sich
Nebel bilden, zudem muss in ungünstigen Lagen mit leichtem Frost, zumindest aber
mit Bodenfrost gerechnet werden.
Niederschläge, allerdings skaliger Natur, gibt es ansonsten noch im Norden des
Landes. Diese sind WLA an der Nordflanke des Höhentiefs geschuldet und weiten
sich im Laufe der Nacht von der Ostsee her westsüdwestwärts, etwa bis zu einer
Linie südliches Emsland - Lausitz aus. Im Bodenfeld ist in diesem Bereich eine
Okklusion erkennbar, die sich, ausgehend von einem sich allmählich auffüllenden
Tiefdruckgebiet über Osteuropa, allmählich nach Norddeutschland ausweitet und im
Laufe der Nacht etwas nach Süden vorankommt. Die simulierten Mengen betragen
meist weniger als 5 mm, lediglich über Nord- und Ostsee und in
Schleswig-Holstein haben die Modelle höhere Mengen auf der Karte, bis hin zu
knapp über 10 mm in 12 Stunden gebietsweise im Bereich der Ostseeküste
Schleswig-Holsteins.
An der Nordflanke der Okklusion weitet sich das kräftige skandinavische
Bodenhoch ein wenig nach Süden aus, so dass sich an Nord- und Ostsee der
Gradient verschärft. Dort frischt im Laufe der Nacht der Wind aus Nordost bis
Ost auf mit steifen, in exponierten Küstenlagen auch mit stürmischen Böen (Bft.
7 bis 8).

Dienstag ... verlagert sich der in 500 hPa nach wie vor mit einem Dipol
ausgestatteter Höhentiefkomplex etwas nach Südosten und befindet sich abends mit
seinem Drehzentren über der Toskana bzw. über Ostösterreich/Slowakei. An dessen
Nordflanke zieht im Tagesverlauf ein kurzwelliger Randtrog mit seiner Achse von
Osten her bis zum Abend nach Westpolen. Zwar lässt der durch WLA generierte
Hebungsantrieb über Norddeutschland nach, dafür kommt es auf der diffluenten
Vorderseite des Randtroges zu PVA- induzierter Hebung und entsprechend auch zu
weiteren Niederschlägen vor allem in der Osthälfte des Landes, die sich auch auf
die mittleren Landesteile bis zu den westlichen Mittelgebirgen ausweiten. Nach
wie vor genügen die simulierten Mengen (meist 1 bis 5 mm in 12 Stunden,
punktuell darüber, vor allem im Harzstau) nicht den Warnkriterien. Auch über der
Nord- und Ostsee werden noch vermehrt schauerartige Niederschläge simuliert, die
einerseits einer zusätzlichen leichten Labilisierung über dem noch recht warmen
Oberflächenwasser geschuldet sind (vor allem COSMO-EU und GFS simulieren sogar
noch 50 bis 100 J/kg ML-Cape), andererseits aber wohl zumindest teilweise auch
dem leicht konvergenten Windfeld entlang der Küste (induziert durch die
verstärkte Reibung über Land) zugeschrieben werden können.
Allerdings dürften die Mengen aber auch dort nicht warnrelevant sein (maximal
zwischen 5 und 10 mm an der Ostseeküste Schleswig-Holsteins) und mangels
hochreichender Labilität (maximal bis 700 hPa) sind auch Gewitter eher
unwahrscheinlich.
Im direkten Einflussbereich des Höhentiefs bzw. Kaltlufttropfens über
Süddeutschland können sich im Tagesverlauf ebenfalls kurze Schauer entwickeln,
die meisten im Südosten Bayerns sowie an den Alpen, wo es durch leichte
Staueffekte auch mal etwas länger regnen kann. Auch dort bleibt die
Gewitterwahrscheinlichkeit nur sehr gering. Die Schneefallgrenze bewegt sich bei
Temperaturen um oder knapp unter 0 Grad in 850 hPa tagsüber um 1200 m.
An der Konstellation im Bodendruckfeld ändert sich im Tagesverlauf nur wenig -
vor allem nördlich der in etwa im Bereich der Norddeutschen Tiefebene liegenden
Okklusion bleibt der Druckgradient scharf ausgeprägt. Somit gibt es an den
Küsten von Nord- und Ostsee weiterhin steife, exponiert auch stürmische Böen
(Bft. 7 bis 8) aus Ost bis Nordost. Ganz vereinzelt ist vorübergehend auch mal
eine Sturmböe (Bft. 9) möglich.
Während es im Norden und Osten im Bereich der Okklusion bzw. des vorgelagerten
Regengebietes vielerorts ganztägig bedeckt bleibt, zeigt sich vor allem im
Südwesten auch häufiger mal die Sonne, dort bleibt es weitgehend trocken. Die
Temperatur macht nach wie vor keine großen Sprünge und bewegt sich zwischen 7
Grad am Erzgebirgs- und Alpenrand und 13, vielleicht knapp 14 Grad im Südwesten.


In der Nacht zum Mittwoch rotieren die beiden Dipole des Höhentiefs nach wie vor
entgegen dem Uhrzeigersinn um den gemeinsamen Schwerpunkt, Mittwochfrüh befindet
sich der nördliche über Tschechien, während der südliche sich über die Adria zum
Balkan verlagert. Der Randtrog verlagert sich über Norddeutschland hinweg nach
Benelux, wobei die Hebungsprozesse im Laufe der Nacht wieder abklingen. Vor
allem über den mittleren Landesteilen werden weiterhin leichte Niederschläge
simuliert, die sich noch ein wenig weiter nach Westsüdwest ausweiten. Nach wie
vor betragen die simulierten Mengen meist weniger als 5 mm, lediglich in den
Nordoststaulagen einiger Mittelgebirge sowie an den Alpen können auch bis nahe
10 mm fallen. Die Schneefallgrenze sinkt dabei noch ein wenig ab, auf etwa 1000
m, in windschwachen Tälern, vor allem der Alpen, kann es gebietsweise auch noch
etwas tiefer herab schneien.
Weitere schauerartige Regenfälle werden auch über Nord- und Ostsee und in
Schleswig-Holstein simuliert, die den bereits weiter oben beschriebenen
Phänomenen geschuldet sind. Gewitter sind dabei weiterhin aber unwahrscheinlich.

Vor allem im unmittelbaren Küstengebiet von Nord- und Ostsee bleibt der Gradient
scharf ausgeprägt, so dass weiterhin steife, exponiert auch stürmische Böen aus
Ost bis Nordost auftreten.
Überwiegend trocken bleibt es weiterhin im Südwesten, aber auch teilweise im
Bereich der Norddeutschen Tiefebene. Gebietsweise lockern die Wolken dort
stärker auf, dann kann sich Nebel bilden. Im Südwesten kann in ungünstigen Lagen
erneut leichter Frost oder Bodenfrost auftreten.

Mittwoch ... kommt der südliche Dipol des Höhentiefs bis zum Abend nach Rumänien
voran, der nördliche Teil zieht bis zum Abend nur zögernd westwärts, wobei sich
ein weiteres Drehzentrum über Westdeutschland ausbildet, so dass wir es streng
genommen sogar mit einem Tripol zu tun haben. An Lage und Intensität der
skandinavischen Höhenantizyklone ändert sich indes nur wenig.
Insgesamt sind zunächst kaum nennenswerte Hebungsantriebe auszumachen. Im
Bereich des Höhentiefs im Südosten und in der Mitte des Landes ist die Luftmasse
bei leicht angestiegener Temperatur in 500 hPa (um -24 Grad) bei nahezu
gleichbleibenden Temperaturverhältnissen in 850 hPa (0 bis -2 Grad) nur noch bis
in etwa 800 bis 700 hPa indifferent, maximal leicht labil geschichtet. Somit
entwickeln sich in der feuchten Grundschicht zwar wieder relativ verbreitet
Quellwolken, dabei reicht es aber höchstens nur für leichte Schauer. ICON-Nest
simuliert in 800 bis 750 hPa sogar eine leichte Inversion, an der sich die
Wolken horizontal ausbreiten können, wobei dann auch gebietsweise leichte Regen-
oder Nieselregenfälle möglich sind, vor allem in Mittelgebirgsstaulagen.
Insgesamt werden allerdings in diesen Regionen meist weniger als 1 bis 2 mm in
12 Stunden simuliert.
Niederschläge mit Mengen zwischen 1 und 5 mm, an der Ostseeküste auch mehr,
werden nach wie vor auch über der Nord- und Ostsee simuliert sowie in
Schleswig-Holstein. Dort ändert sich an der synoptischen Konstellation so gut
wie gar nichts, weshalb auch weiterhin mit steifen, in exponierten Küstenlagen
auch mit stürmischen Böen aus Ost bis Nordost zu rechnen ist. Insgesamt soll
sich das Windfeld aber etwas nach Norden verlagern, womit die vorpommersche
Ostsee- bzw. die ostfriesische Nordseeküste nicht mehr betroffen wären.
Im weiteren Tagesverlauf greift an der Nordostflanke des Höhentiefs erneut WLA
von Osten her auf die östlichen und mittleren Landesteile über. Vor allem von
der Lausitz bis zum Harz und zum Thüringer Wald werden bis zum Abend nach
COSMO-EU bereits um 5 mm, im Stau des Harzes auch bis 10 mm simuliert, nach
ICON-Nest erfolgt die WLA verzögert, wobei die Niederschläge erst im Laufe des
späten Nachmittags auf die Osthälfte übergreifen würden, nach GFS sogar erst
gegen Abend und auch nur auf den Süden und Osten Sachsens.
In der Norddeutschen Tiefebene abseits der Küsten sowie im Südwesten bleibt es
vielerorts trocken und vor allem vom Schwarzwald bis ins Allgäu kann auch mal
länger die Sonne scheinen. An den Temperaturen ändert sich nur wenig.

In der Nacht zum Donnerstag werden die beiden Dipol-Höhentiefs über Tschechien
und Westdeutschland Teil eines weiteren Höhentiefs über Südwesteuropa, wobei das
Drehzentrum des Höhentiefs über Westdeutschland zum Westausgang des Ärmelkanals
zieht, das über Tschechien aber keine Verlagerungstendenz zeigt und an Kontur
verliert. Zum 06 UTC- Termin am Donnerstag ist es eher Teil eines Randtroges,
der sich - ausgehend vom oben genannten Höhentief - über Benelux und er Mitte
Deutschlands hinweg bis nach Tschechien erstreckt. Damit dreht die Höhenströmung
über Süddeutschland auf Westsüdwest, nördlich der Trogachse in Nord- und
Ostdeutschland auf Südost, wobei sich die Höhenantizyklone über Skandinavien ein
wenig abschwächt.
Im Bodenfeld weitet sich, ausgehend von einem sich verstärkendem Tiefdruckgebiet
über der Biskaya bzw. Südwestfrankreich, eine Tiefdruckrinne bis nach
Südwestdeutschland aus. Dabei setzt dort kräftige mittel- und
niedertroposphärische WLA ein und die Temperaturen in 850 hPa steigt im
Südwesten bis Donnerstagfrüh bereits auf etwa +5 Grad. Insgesamt dreht die
Bodenströmung mehr auf Südost, wobei in die Osthälfte und die Mitte
niedertroposphärisch nach wie vor recht kalte Luft (um -2 Grad in 850 hPa)
advehiert wird. Vor allem dort führen Aufgleitprozesse weiterhin zu
Niederschlägen meist leichter Intensität, die im Laufe der Nacht aber allmählich
nachlassen. Insgesamt werden nur noch wenige mm simuliert (COSMO-EU bis 7 mm im
Harz), wobei es bis in Lagen um 1000 m herab leicht schneien kann. Insgesamt
simuliert GFS dabei noch geringere Niederschläge als die deutschen Modelle.
Auch die schauerartigen Niederschläge in Schleswig-Holstein werden mit der
Winddrehung auf Südost allmählich nach Nordwesten abgedrängt.
Nach wie vor bleibt der Druckgradient an den Küsten von Nord- und Ostsee scharf
ausgeprägt, so dass es dort steife bis stürmische Böen geben kann, allerdings
dreht der Wind allmählich auf Südost. Auch im Südwesten verschärft sich der
Druckgradient, auf exponierten Mittelgebirgsgipfeln kann es bereits erste
stürmische Böen geben. An den Alpen kommt leichter Föhn auf, ob es für
warnrelevante Böen im bayerischen Alpenraum reicht, ist aber noch fraglich.
Größere Wolkenlücken gibt es am ehesten im Südwesten und Süden, wobei sich dann
Nebel oder Hochnebel bilden kann. Nach wie vor ist in ungünstigen Lagen leichter
Frost möglich.

Donnerstag ... kommt der Randtrog über Deutschland allmählich nach Norden voran,
wobei er zum 18 UTC- Termin in 500 hPa gerade so die Elbe erreicht, da das
unverändert kräftige Höhenhoch über Skandinavien blockierend wirkt. Außer im
Nordosten dreht die Höhenströmung somit auf Südwest bis Süd.
Vor allem im Südwesten macht die niedertroposphärische Erwärmung weitere
Fortschritte, dort steigt die Temperatur in 850 hPa auf 2 bis 8 Grad, mit den
höchsten Werten aufgrund des Föhns am Alpenrand. Auch im Nordosten macht sich
leichte WLA bemerkbar, so dass die Temperaturen dort ebenfalls auf deutlich
positive Werte steigen, während sie im Bereich dazwischen, in etwa von der
Lausitz bis zur Deutschen Bucht, bei etwa 0 Grad verharren. Im Bereich dieser
Luftmassengrenze sind am ehesten auch noch leichte Niederschläge auszumachen,
wobei die Mengen nicht mehr nennenswert sind (allgemein unter 1 mm in 12
Stunden).
Im Bodendruckfeld verstärkt sich die Tiefdruckrinne im Südwesten und Süden
weiter, wodurch sich der Druckgradient verschärft, da im Nordosten, wenn
überhaupt, nur leichter Druckfall einsetzt. Im Küstenbereich wird diese
Gradientverschärfung in etwa kompensiert durch eine mehr ablandige
Windkomponente, so dass dort nach wie vor mit Böen Bft. 7 bis 8 aus Südost zu
rechnen ist. Dagegen frischt der Wind vor allem im Süden und Westen spürbar auf
und es kann auch in den Niederungen in freien Lagen steife Böen (Bft. 7) geben,
im ostbayerischen Bergland in einigen Tälern eventuell auch stürmische Böen
(Bft. 8). Auf den Bergen gibt es häufiger stürmische Böen aus Ost bis Südost,
auf exponierten Gipfeln reicht es vielleicht auch für Sturmböen (Bft. 9).
Selbiges gilt für die Alpengipfel aufgrund des Föhns, dort allerdings eher aus
Richtungen um Südost bis Süd.
Vorderseitig des Troges über Westeuropa soll nach Lesart der deutschen Modelle,
aber auch des ECMWF ab den Nachmittags- oder Abendstunden von Ostfrankreich her
zum Abend hin auch verstärkt WLA-induzierte Hebung auch auf den Südwesten des
Landes übergreifen. Entsprechend simulieren alle drei Modelle (ECMWF allerdings
noch der 00 UTC-Lauf) ab dem späten Nachmittag schauerartige Niederschläge im
Bereich Südschwarzwald. Die Mengen sind mit 1 bis 5 mm in 6 Stunden aber nicht
warnrelevant. GFS zeigt diese Entwicklung etwas weiter im Südwesten.
Während es im Bereich der Luftmassengrenze eher bewölkt bleibt, kommt sowohl im
Nordosten als auch und vor allem im Süden und Westen häufiger die Sonne zum
Vorschein. Allerdings hält sich bevorzugt im Süden gebietsweise schon hartnäckig
Nebel oder Hochnebel. Die Temperaturen ändern sich im Norden und Osten sowie in
der Mitte nur wenig. Im Süden kann es vor allem im Lee der Mittelgebirge mit
über 15 Grad milder werden, an den Alpen sind mit Föhnunterstützung sogar Werte
um 18 Grad nicht ausgeschlossen. Sollte sich gebietsweise der Nebel länger
halten, bleibt es allerdings deutlich kühler.



Modellvergleich und -einschätzung
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Im Großen und Ganzen simulieren alle vorliegenden Modelle eine ähnliche
Wetterentwicklung. Leichte Differenzen treten hauptsächlich bzgl. der
postulierten Niederschlagsmengen auf und sind meistens nicht prognose- und schon
gar nicht warnrelevant.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff