DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

26-10-2022 07:30
SXEU31 DWAV 260800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 26.10.2022 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: SWa (Südwest antizyklonal)

Mildes bis sehr mildes Endoktoberwetter mit lokalen Sommertagen (> 25°C) am
Freitag.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 24 UTC
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Mittwoch... hat sich über Mitteleuropa ein Höhenrücken festgesetzt, der da nicht
so leicht wieder wegzukriegen ist. Im Gegenteil, er wird sich heute und in den
nächsten Tagen noch weiter kräftigen respektive seine Amplitude vergrößern. Mit
anderen Worten, die letzten Oktobertage sind auf antizyklonal ausgerichtet, auch
wenn nicht alles Affenhochglanz ist und immer mal wieder Störfaktoren am Werk
sind. Heute sind es derer gleich zwei: ein kleiner, aber im wahrsten Sinne des
Wortes NASSforscher Randtrog, der den Rücken unterminiert. Er überquert den
Alpenraum und Süddeutschland im Laufe des Vormittags ohne Probleme ostwärts, als
gäbe es den Rücken gar nicht. Der Trog interagiert - und damit wären wir bei
Störfaktor #2 - mit einer Warmfront, die den Südwesten in den Frühstunden
erreicht hat, um von dort im Tagesverlauf nordostwärts zu schwenken. Die Front
gehört zu einem komplexen Frontensystem über dem nahen Atlantik (siehe
Nachtanalyse), das in den nächsten Stunden aber zu einem "normalen" System mit
Warm-, Kalt- und Okklusionsfront umgebaut wird. Das Frontensystem ist
Bestandteil eines Doppeltiefs über dem nahen Atlantik west-nordwestlich von
UK/Irland, das den Namen IRIS I und II trägt. Beide Ladies, von denen es IRIS II
heute Mittag knapp westlich der Hebriden auf satte 980 hPa Kerndruck bringt,
liegen unter einem breiten, leicht positiv (also nach Südwesten) geneigten
Langwellentrog, der immer regeneriert wird und hauptverantwortlich dafür ist,
dass permanent Warmluft in weite Teile Europas gepumpt wird.

Auch Deutschland ist natürlich dabei, wobei die Warmfront heute kräftig
mithilft. Im Süden ist die "frische" Warmluft mit T850 um 10°C schon angekommen,
während im Nordosten nur rund 5°C auf der Karte stehen. Das wird sich bis heute
Abend aber angleichen, dann werden landesweit 8 bis 11°C registriert. Darüber
hinaus gilt es zu konstatieren, dass das schmale frontale Regenband
(Stundensummen meist unter 1 mm), welches die Mitte und den Nordosten Bayerns
erreicht hat, kaum noch vorankommt und in den nächsten Stunden kaputtgeht, was
der Entkopplung vom Randtrog geschuldet ist. Die frontale Bewölkung macht im
Gegensatz zum Regen noch etwas Boden nach Nordosten hin gut, wobei hier vor
allem von den hohen Wolken die Rede ist. Kurzum, nach dem sich die Nebelfelder
aufgelöst haben, scheint insbesondere zwischen Ostsachsen und der Ostsee häufig
die Sonne von einem allerdings nicht immer gänzlich ungetrübten Himmel.

Vor Nordosten noch mal zurück in den Süden, wo die feuchte Luftmasse durch den
Trog etwas labilisiert wurde, was sich in Form schauerartiger Regenfälle
widerspiegelt. Diese verlagern sich in den nächsten Stunden ostwärts, wobei im
Süden und Südosten Bayerns auch ein kurzes Gewitter oder ein gewittriger Schauer
nicht ausgeschlossen sind. Eine schmale Labilitätsfläche reicht etwa bis 550
hPa, aus der laut Numerik 100 bis 200 J/kg CAPE generiert werden können. Ob
diese tatsächlich in elektrische Entladungen transformiert werden kann, ist
grenzwertig. Das große Feuerwerk ist auf alle Fälle nicht zu erwarten. Hinter
den abziehenden Schauern lockert die Wolkendecke von Frankreich und der Schweiz
her rasch auf, was der Sonne die Gelegenheit gibt, die brandneue Warmluft auf
20°C und mehr zu erwärmen. Im südlichen Oberrheingraben kann es gar hochgehen
auf bis zu 24°C. Aber auch im großen Rest des Landes ist es mit
Tageshöchstwerten von 15 bis 20°C alles andere als kalt. Der südliche bis
westliche Wind lebt tagsüber mitunter zwar etwas auf, ohne dabei aber
nennenswerte Akzente zu setzen. Einzig in Verbindung mit Konvektion sind im
Süden einzelne 7er-Böen nicht ausgeschlossen.

In der Nacht zum Donnerstag regeneriert sich der Rücken und auch das Bodenhoch
mit Schwerpunkt über dem Balkan (ZACHARIAS) verstärkt sich respektive weitet
sich wieder nach Nordwesten aus. Entsprechend lösen sich die Wolken mit Ausnahme
des Nordens und Nordwestens mehr und mehr auf, was in der feuchten Grundschicht
Nebel und Hochnebel auf den Plan ruft. Insbesondere zwischen Donau und
Werra/Fulda dürfte es für einige dichte Nebelfelder mit Sichtweiten unter 150 m
reichen. Unsicher ist derzeit noch, ob es in der zweiten Nachthälfte im
äußersten Nordwesten bzw. über der Deutschen Bucht für ein paar Schauer oder
strichweise etwas Regen reicht, die der Annäherung der Kaltfront respektive
einer möglichen kurzen Welle in der ansonsten antizyklonal konturierten
südwestlichen Höhenströmung geschuldet sind. Die Spanne der nächtlichen
Tiefsttemperatur reicht von 13/14°C im Westen sowie an der See bis zu 5°C im
Süden und Südosten.

Donnerstag... ändert sich wenig an der Großwetterlage. Über dem Ostatlantik
kreiselt das mehrkernige Tiefdrucksystem mit dem überlagerten LW-Trog, über
Mitteleuropa verlagert der Höhenrücken seine Achse geringfügig nach Osten. Dabei
stützt er weiterhin das umfangreiche Hoch ZACHARIAS, dessen ausladende
1025-hPa-Isobare vom Osten und Süden des Landes bis hinunter nach Süditalien und
im Osten bis zum Schwarzen Meer und Belarus reicht. Am seinem Rand wird eine
meist schwache, nach Westen und Nordwesten hin teils mäßige südöstliche Strömung
generiert, mit der zumindest niedertroposphärisch noch wärmere Luft herangeführt
wird. Bis zum Abend steigt T850 auf 9°C in MV und bis zu 15°C im Alpenvorland.

Wettertechnisch muss morgen erstmal reichlich Kärnerarbeit geleistet werden, um
die nächtlichen Nebel- und Hochnebelfelder zu tilgen. Das kann in einigen
Flussniederungen sowie in Luvlagen durchaus bis in den Nachmittag dauern und
wenn´s ganz blöd läuft, bleibt es zumindest stellenweise auch den ganzen Tag
grau - schließlich haben wir Ende Oktober, wo das allein aus klimatologischer
Sicht nichts Außergewöhnliches wäre. Ansonsten scheint im Süden und in der Mitte
aber die Sonne, wobei höhere Lagen und Leelagen in der Vorhand sind. Insgesamt
wolkiger gestaltet sich der Tag im Norden und Nordwesten, wo leichte WLA wirksam
ist und vor allem hohe und mittelhohe Wolkenfelder durchziehen. Am
Spätnachmittag und Abend kann es im äußersten Nordwesten sogar etwas regnen,
weil eine flache, von der Biskaya kommende Welle sich entschieden hat, die
Nordsee anzusteuern.
So oder so, es bleibt mild bis warm mit 17 bis 22°C, am Oberrhein lokal bis nahe
25°C. Lediglich da, wo es mit der Auflösung des Nebels und Hochnebels nicht so
richtig klappen will, bleibt es frischer.

In der Nacht zum Freitag bleibt die Großwetterlage erzkonservativ. Das einzig
Erwähnenswerte ist die flache Welle, die rasch die Nordsee erreicht, im Norden
aber für reichlich Bewölkung und auch etwas Regen sorgt. Außerdem frischt der
südliche Wind in höheren Lagen auf, für Sturmböen 8-9 Bft reicht es wohl aber
nur auf dem?? - richtig, dem Brocken. In den unteren Troposphärenschichten spürt
man davon wenig bis nichts, hier treten die üblichen herbstlichen
Grundschichtphänomene auf den Plan. Heißt, Nebel und Hochnebel breiten sich
wieder aus bzw. bilden sich neu. Bei den Tiefstwerten nähern wir uns im Westen
langsam einer Tropennacht, 16, lokal 17°C werden von MOS angeboten, was dicht am
Rekord für das höchste Minimum in der 3. Oktoberdekade wäre. Der liegt - noch -
bei 16,7°C, gemessen am 24.10.1966 in Lahr am Oberrhein. Standesgemäß dagegen
die Abkühlungsrate im Süden und Südosten, wo es z.T. bis auf 5 oder 4°C
runtergeht.

Freitag... bleibt die Hochrandlage bestehen. Der Höhenrücken bzw. seine
Hauptachse scheinen sich nach Osten verabschieden zu wollen, von Westen her
folgt aber bereits ein neuer Keil nach. Entsprechend ändert sich nicht allzu
viel. Auf der einen Seite zähe Nebel- und Hochnebelfelder, auf der anderen Seite
trotz lockerer, häufig hoher Wolken Sonne, die nun auch im Norden vermehrt
Einzug hält. Zwar nähert sich dort im Tagesverlauf eine Kaltfront von Benelux
her, für mehr als ein paar dichtere Wolken wird es aber kaum reichen.
Schlagzeilenträchtig sind auf alle Fälle die Temperaturen, die abseits der
Nebelgebiete mächtig in die Höhe schnellen und im Südwesten sowie lokal am
Nordrand der Alpen bzw. der Mittelgebirge (Leeeffekte) 25 oder gar 26°C
erreichen, was per definitionem einen Sommertag bedeutet. Ansonsten stehen
abzüglich der Nebel- und Hochnebelgebiete 18 bis 24°C auf dem Zettel. Übrigens,
der Dekadenrekord für das höchste Tagesmaximum liegt bei 28,6°C, gemessen am
26.10.2006 in Emmendingen-Mundingen (BaWü).

Kurz noch die Nacht zum Samstag, die weitgehend antizyklonal geprägt bleibt mit
einigen Wolken (Norden), aber kaum Regen sowie Nebel und Hochnebel.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren im Konsens, was erfreulich ist.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann