DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

25-10-2022 08:01
SXEU31 DWAV 250800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 25.10.2022 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Übergang zu SWa (Südwest antizyklonal)

Fortdauer der "herbstlichen Hitze". Dabei zunehmend antizyklonal, aber nicht
gänzlich störungsfrei.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 24 UTC
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Dienstag... Schaut man sich zur Dienstübernahme heute früh die Temperaturen von
04 UTC an, was kraft seines Amtes unbedingt geschehen sollte, könnte man meinen,
wir seien jahreszeitlich irgendwo im Sommer oder im Frühjahr unterwegs, aber
nicht an einem 25. Oktober. Zweistellige Werte zwischen 10 und 15°C, so weit das
Auge reicht. Lediglich im Süden präsentiert sich der Morgen etwas frischer, aber
auch nicht wirklich kalt. Wir sehen also, die für Ende Oktober ungewöhnlich, im
Zuge des Klimawandels zukünftig vielleicht aber auch gewöhnlich milde Luftmasse
hat weiterhin Bestand und wird uns sehr wahrscheinlich auch bis in den nicht
mehr allzu fernen Novemberanfang begleiten.

Zur Lage, die eindeutig geprägt ist von einem fetten Höhentrog über dem
Ostatlantik, der sich ständig regeneriert und damit die Rolle einer schier
unumstößlichen Konstante im Gleichungssystem "Großwetterlage" einnimmt.
Eingelagert in den Trog ist ein hochreichendes Drehzentrum mit dem Bodentief
IRIS, das die nur noch rudimentär erkennbare Vorgängerin HELGARD (int. Beatrice)
abgelöst hat. IRIS befindet sich heute Mittag mit einem Kerndruck von etwas
unter 985 hPa gut 1000 km west-nordwestlich von Irland, wo sie sich in der Rolle
eines zentralsteuernden Tiefs sichtlich wohlzufühlen scheint. Wie ein großer
Schaufelbagger - diesen Begriff initiierte übrigens vor langer Zeit mal der
inzwischen pensionierte ZDF-Meteorologe Dieter Walch - schaufeln Trog und Tief
weiterhin reichlich Warmluft in weite Teile Europas, wodurch kalte Luftmassen
sehr weit nach Norden ausweichen müssen.
Bei uns hat sich etwas abgesetzt vom Trog eine leicht mäandrierende
Zonalströmung eingestellt, in der aktuell ein flacher Randtrog damit beschäftigt
ist, Deutschland von West nach Ost zu überqueren. Vor allem im Norden und in der
Mitte entfaltet er dabei sogar eine gewisse Wirkung, indem er die feuchte und
leicht labil geschichtete Luftmasse anhebt und etwas Konvektion entfacht.
Aktuell ist das ausschließlich in Form von Schauern der Fall, mit Hilfe des
Tagesgangs kann aber ab dem Vormittag bis in den Nachmittag hinein im Osten und
Nordosten ein kurzes Gewitter mit Böen 7 Bft nicht ausgeschlossen werden. Zwar
steht nur wenig CAPE zur Verfügung und die Labilitätsfläche ist auch eher sehr
schmal, trotzdem lassen sich ein paar elektrische Entladungen nicht
ausschließen. Die Nachtaufstiege von Greifswald und Lindenberg zeigen "skinny"
Labilität" immerhin bis 350 hPa, was als Indiz für wenn auch nicht überbordendes
konvektives Potenzial gewertet werden kann.

Wie auch immer, der Trog wird bereits in der Mittagszeit den Grenzübertritt nach
Polen antreten und dabei auch die (gewittrigen?) Schauer mehr und mehr in den
Osten und Nordosten mitnehmen. Ihm folgt von Westen her ein durch kräftige WLA
gepushter, zunächst noch relativ flacher Rücken, dessen Hauptachse in den
Abendstunden den Grenzbereich zu Frankreich und Benelux erreicht. Bereits jetzt
steigt der Luftdruck landesweit an, wodurch sich das über den Alpen
positionierte 1020-hPa-Hoch ZACHARIAS peu a peu nach Norden ausweiten kann.
Damit hat die Weichenstellung für einen antizyklonal geprägten Wetterabschnitt
in den nächsten Tagen begonnen, was in der Folge noch etwas genauer beleuchtet
wird.

Und wie sieht es heute mit der zur Mittagszeit partiell vom Mondschatten
bedeckten Sonne aus? Nun, die Chancen, das Naturschauspiel live zu erleben,
stehen in Süddeutschland dank ZACHARIAS am besten. Zwar fallen am Morgen im
südlichen Alpenvorland noch ein paar Tropfen, am Mittag sollte es aber trocken
sein und Nebel/Hochnebel bzw. nächtliche Restbewölkung weitgehend verschwunden
sein. In großen Rest des Landes braucht´s ein bisschen Glück, ist doch der
Wolkenanteil ungleich höher als im Süden. Auf der anderen Seite sollte man aber
auch nicht zu pessimistisch sein, offenbaren sich doch immer wieder mal mehr,
mal weniger große Lücken in der Wolkendecke. Im Norden weht zudem ein mäßiger,
Richtung Küste teils frischer Südwestwind, steife Böen 7 Bft sind aber eher die
Ausnahme, so dass sich eine Warnung abgesehen von Helgoland nicht unbedingt
aufdrängt. Am Nachmittag nimmt der Wind mit Gradientauffächerung ohnehin
allmählich ab. Bei 850-hPa-Temperaturen, die am Mittag zwischen 4 (Nord) und
8°C(Süd) liegen, sind in 2 m Maxima von 15 bis 20°C, im Oberrheingraben lokal 21
oder 22°C zu erwarten.

In der Nacht zum Mittwoch arbeitet der Höhenrücken weiter an seiner
Amplifizierung bei gleichzeitiger Verlagerung gen Osten. Am frühen Morgen teilt
seine Hauptachse Deutschland in eine West- und eine Osthälfte, heißt, der Rücken
legt sich genau über den Vorhersageraum. Ganz ruhig wird "sein Schlaf" aber
nicht ausfallen, was einem kleinen aber feinen Sekundärtrog geschuldet ist.
Dieser maßt sich an, den großen Rücken zu unterminieren, sprich, sich von
Frankreich her regelrecht in ihn hineinzubohren, was als tollkühnes und bei
oberflächlichem Hinschauen vielleicht als wenig erfolgversprechendes Unterfangen
angesehen werden kann. Allerdings lässt sich nicht leugnen, dass der Trog
gewisse Teilerfolge erzielt, die der Rücken sicherlich gerne verhindert hätte.
Kurzum, bereits in den Abendstunden ziehen in Südwestdeutschland hohe Wolken
auf, bevor in der Nacht mehrschichtige Bewölkung nachfolgt, aus der es zwischen
Rheinland und Oberschwaben sowie süd-südwestlich davon leicht anfängt zu regnen.


Im großen Rest des Landes bleibt es vielfach gering bewölkt oder klar, was
gebietsweise Nebel zur Folge hat. Legt man das bei Nebelprognosen häufig gut
performende Warn-MOS zugrunde, sind vor allem die Mitte und der Südosten von
teils dichtem Nebel betroffen. Aber auch im Norden können örtliche Nebelfelder
nicht ausgeschlossen werden. Mit 12°C im Westen und Südwesten bis zu lokalen 4°C
im Norden und Osten wird die Nacht im Schnitt etwas frischer als die Vornächte.


Mittwoch... manifestiert sich der Höhenrücken über Mitteleuropa, wobei er seine
Amplitude noch etwas vergrößert. Trotzdem verläuft das Wetter bei uns nicht ganz
ungestört, was im Wesentlichen zwei Gründe hat. Erstens schafft es der tapfere
Sekundärtrog, das Zentrum des Rückens zu durchbohren, auch wenn der dabei an
Kontur einbüßt. Am Vormittag überquert er mit leichtem Regen und vielleicht mal
einem kurzen Gewitter (etwas CAPE ganz im Süden) die Südhälfte ostwärts, bevor
er am Nachmittag ausgelaugt und gezeichnet in Tschechien und Österreich
aufschlägt. Rückseitig lockert die Wolkendecke von Frankreich und der Schweiz
her zügig wieder auf, so dass insbesondere in BaWü, aber auch in bayerisch
Schwaben noch für längere Zeit die Sonne scheint.

Zweitens, womit wir wieder bei den Störfaktoren wären, verlagert das Bodenhoch
sein Zentrum etwas nach Osten und Südosten. Damit wird der Weg frei für die
Warmfront eines neuen Tiefs (IRIS II), das bereits heute als Randtief von IRIS
knapp westlich von Irland auf die Welt kommt und sich bis morgen Mittag zu einem
veritablen 985-hPa-Wirbel knapp westlich der Hebriden mausert. Die Warmfront
überquert Deutschland langsam und völlig nonchalant nordostwärts, wobei sie sich
um den Rücken wenig bis gar nicht schert. Zwar bringt sie keinen oder
bestenfalls marginalen Regen, für hohe und mittelhohe, bedingt auch tiefe Wolken
reicht es aber allemal. Bevor diese im Osten und Nordosten ankommen, scheint
dort - sobald sich potenzielle Nebelfelder aufgelöst haben - zunächst noch die
Sonne. Rückseitig der Front wird niedertroposphärisch wieder wärmere Luft
advehiert, bis zum Abend steigt T850 auf 8 (Küstenumfeld) bis 12°C (Hochrhein).
Der Jahreszeit und der Bewölkung entsprechend wird diese Erhöhung nicht 1:1 nach
unten weitergegeben, trotzdem bleibt es mit 15 bis 20°C mild bis sehr mild. Im
Südwesten, wo die Sonne trog- und frontrückseitig früh wieder um Zuge kommt,
werden sogar über 20°C, am Oberrhein punktuell 23 oder sogar 24°C erreicht. Der
südliche bis westliche Wind müht sich zwar, ein paar Akzente zu setzen, die
Ausbeute bleibt aber mager. Nicht mal auf Deutschlands windigster Höhe, dem
Blocksberg im Harz, wird es wahrscheinlich keine Böen 8 Bft oder mehr geben.

In der Nacht zum Donnerstag zieht die Warmfront nach Nordosten ab, der
Höhenrücken bleibt. Dabei verstärkt sich das Hoch wieder, auch wenn der
Schwerpunkt nach wie vor ost-südöstlich von uns verbleibt. Somit steht in den
meisten Landesteilen eine ruhige Nacht ins Haus, in der sich vornehmlich in der
Mitte und im Süden teils dichter Nebel bildet. Weiter im Norden ist Nebel
aufgrund zeitweiliger Bewölkung weniger wahrscheinlich. Im Nordseeumfeld, wo
sich die auf die Warmfront nachfolgende Kaltfront nähert, könnte es sogar für
ein paar gewittrige Schauer reichen. Noch ist die Prognose aber unsicher, da die
Front durch eine Wellenbildung westlich der Biskaya gebremst wird und
möglicherweise gar nicht nahe genug an die Deutsche Bucht herankommt.
Entsprechend simulieren auch nicht alle Modelle diese Schauer.

Donnerstag... bleibt der Höhenrücken über Mitteleuropa das Maß der Dinge, auch
wenn sich tendenziell eine kleine Verlagerung gen Osten abzeichnet. Über
Westeuropa ist aber bereits der nächste Schub WLA wirksam, der einen zweiten
Keil generiert, welcher zum Freitag hin wahrscheinlich den Hauptpart übernimmt,
wodurch der Rücken scheinbar retrograd wird. Wie auch immer, wir verbringen den
Tag am Rande des umfangreichen Bodenhochs über dem östlichen Mittel- respektive
Südosteuropa in einer antizyklonalen Süd- bis Südostströmung. Da diese aber
nicht allzu kräftig ist, wird es in einigen Gebieten (vor allem in Flusstälern
sowie im Luv einiger Mittelgebirge) ´ne Zeit lang dauern, bis sich Nebel und
Hochnebel lichten und schließlich auflösen. Wenn das geschehen ist bzw. dort, wo
sich keine Grauschleier gebildet haben, scheint die Sonne und erwärmt die Luft
(T850 inzwischen auf 8°C in Vorpommern und bis zu 15°C im südlichen Alpenvorland
angestiegen) auf 16 bis 22°C, im Rheintal sowie in Alpennähe z.T. 23 oder 24°C.
Nur dort, wo sich der Nebel erst am frühen Nachmittag auflöst, könnte es mit dem
Erreichen der 16°C eng werden.

Etwas in der Hinterhand sind am Donnerstag der Norden und vor allem der
Nordwesten. Hier sorgen WLA sowie eine über Westeuropa nordwärts schwenkende
Warmfront für mehr Wolken und gebietsweise (westliches NDS, Nordseeumfeld,
wenn´s dumm läuft auch noch Teile Westfalens) leichten Regen. Auf die Temperatur
hat das aber nur wenig Einfluss, auch dort wird es mit 16 bis 20°C alles andere
als kalt/kühl.

In der Nacht zum Freitag überquert die Warmfront, die übrigens zu einer flachen,
von der Keltischen See zur nördlichen Nordsee ziehenden Welle gehört, den Norden
Deutschlands mit etwas Regen. In den übrigen Regionen herrscht business as
usual, sprich, herbstlich-antizyklonale Grundschichtphänomene mit der üblichen
Nebelbildung. Die Tiefstwerte liegen zwischen sommerlich anmutenden 15 oder 16°C
in Teilen West- und Nordwestdeutschlands bis zu 5°C im Südosten. Straßenglätte
unwahrscheinlich!

Modellvergleich und -einschätzung
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X Modelle, 1 Meinung. So soll´s sein.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann