DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

23-10-2022 07:30
SXEU31 DWAV 230800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 23.10.2022 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
SW z

In den Alpen Föhn mit Sturmböen. Ab dem Abend von Frankreich her kräftige
Gewitter, auch unwetterartige Entwicklungen nicht ganz ausgeschlossen. Im Süden
nichtgewittriger Starkregen möglich. Am Montag einzelne Gewitter mit stürmischen
Böen, gebietsweise windig. Ungewöhnlich mild.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 24 UTC
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Sonntag... wölbt sich durch kräftige Warmluftadvektion vor einem Trog über
Westeuropa und dem Nordatlantik ein Höhenrückenrücken über Mitteleuropa auf, der
uns ostwärts überquert, was uns im Tagesverlauf auf die Vorderseite des
Höhentroges und in eine sehr milde Südwestströmung bringt.
Die WLA verstärkt sich sogar noch, womit niedertroposphärisch noch wärmere,
insgesamt ungewöhnlich warme und feuchte Luft nach Deutschland gelangt. In 850
hPa steigen die Werte auf 17°C im Süden und rund 10°C im Norden. Dass der
Anstieg im Süden so markant ausfällt, ist u.a. dem einsetzenden Südföhn
geschuldet. Während der Luftdruck nördlich der Alpen allmählich fällt, bleibt er
weiter südlich konstant. Die Differenz erreicht in der Spitze 6 bis 9 hPa (im
Westen (Profil Lugano-Zürich) mehr als im Osten (Profil Bozen-Innsbruck), was
ausreicht, das Föhngebläse spürbar in Gang zu bringen.
Auf den Bergen stehen Sturmböen 9 Bft, vereinzelt auch schwere Sturmböen 10 Bft
auf der Karte. Ab dem Mittag, wenn sich die Durchmischungsbedingungen bessern,
kann es der Föhn auch in anfällige Täler durchbrechen, allerdings mit gebremstem
Schaum (Böen 7-8 Bft).

Nach Auflösung der Nebel- und Hochnebelfelder, was durch die WLA aber etwas
dauern kann, scheint vor allem im Süden und Osten längere Zeit die Sonne, wobei
das Alpenvorland (Föhn), aber auch die Nordränder der Mittelgebirge etwas
bevorzugt sind. In den Mittelgebirgen äußert sich leichte föhnartige Effekte
auch in einigen stärkeren Böen Bft 6 bis 7 aus Süd bis Südost.
Im Westen und Nordwesten nimmt durch die Nähe zum Tief bei GB und durch die
Annäherung der Kaltfront die Bewölkung im Tagesverlauf zu und etwa ab Mittag
muss mit meist leichten Regenfällen gerechnet werden.

Die Temperaturen steigen auf 16 bis 22°C, am Alpenrand bei Föhn eventuell bis
nahe 25°C. Bei längerem Nebel/Hochnebel bleibt es etwas frischer.

Im Verlauf des Nachmittags, abends und in der Nacht zum Montag löst sich aus dem
Höhentiefkomplex ein eigenständiger
Randtrog, der sich gen westliche Nordsee orientiert. Vorderseitig verbleiben wir
unter der südwestlichen Höhenströmung, die nun aber zyklonaler wird. Damit wird
die Kaltfront, die ihrem Namen aber kaum gerecht wird, und die Luftmasse
präfrontal aktiviert.
Die Luftmasse an und vor dem Tiefausläufer wird noch feuchter (bis 30 mm) und
labiler. Es entsteht ML Cape bis über 500 J/kg, das bei sehr guten
Scherungsbedingungen in einzelne kräftige Gewitter umgesetzt wird. Dabei sind
von Frankreich her markante Gewitter wahrscheinlich, die abends auf den
Südwesten übergreifen und dann nachts unter Abschwächungen weiter nach Osten bis
Nordosten ziehen. Vor allem anfangs sind Starkregen, Hagel und Sturmböen dabei.
Selbst unwetterartige Entwicklungen sind nicht ganz ausgeschlossen, ICON D2 EPS
liefert Hinweise auf unwetterartigen Starkregen im Südwesten, ICON D2 und Super
HD simulieren fast schon superzellenverdächtige Reflektivitäten.

Zudem fällt an der Kaltfront gebietsweise schauerartig verstärkter Regen, der
sich bis in den Osten und Süden ausbreitet. Sie kommt nach Südwesten hin ins
Schleifen, was dort in der 2. Nachthälfte gebietsweise mehrstündigen Starkregen
möglich macht, vor allem im Schwarzwald.

Während der Föhn in den Alpen schwächer wird, nimmt der südliche Wind in Hoch-
und Leelagen der Mittelgebirge zu mit Böen Stärke 7-8 Bft. Erste steife Böen 7
Bft gibt es auch auf der Nordsee und ganz im Westen in windanfälligen Lagen. Auf
dem Brockenplateau geht´s hoch bis Stärke 9-10 Bft.
Dass die Kaltfront keine Abkühlung bringt, zeigen die Tiefstwerte, die aufgrund
guter Durchmischung und Bewölkung meist zweistellig ausfallen (16 bis 10°C).
Lediglich im Südosten, wo es längere Zeit klar ist und nicht windig, kühlt es
auf etwas unter 10°C ab.


Montag... schwenkt die Trogachse, verbunden mit einer Rinne am Boden über die
Nordsee nach Nordosten. Der Tiefkomplex insgesamt schwächelt vorübergehend,
beginnt sich später aber wieder durch einen Trogvorstoß über dem Atlantik zu
regenerieren. Die Höhenströmung dreht auf West-Südwest, was die Kaltfront in
ihrem nördlichen Teil rasch Richtung Polen befördert, während sie über
Süddeutschland weiterhin schleift. Von Südbaden bis Bayern regnet es noch
längere Zeit, wobei gebietsweise 10 bis 20 l/m² zusammenkommen. Stichhaltige
Hinweise auf warnwürdige Mengen gibt es nicht.

Im großen Rest des Landes stellt sich in der einfließenden, stark erwärmten
Atlantikluft (T850 9 bis 6°C => Tmax 15 bis 20°C, in föhnigen Leefenstern
darüber) wechselhaftes und vor allem nach Westen und Nordwesten hin mitunter
windiges Wetter ein.
Dabei erreicht der Süd-Südwestwind in Böen Stärke 7 Bft, in höheren Lagen 8 Bft,
Brocken bis 10 Bft. Zudem entwickeln sich Schauer und in einem vom
Südwestdeutschland bis in die östliche Mitte, vielleicht auch bis in den
Nordosten verlaufenden Streifen (gute Überlappung von Labilität, Feuchte und
Scherung) einzelne Gewitter, die mit stürmischen Böen 8 Bft einhergehen können.

Im Nordwesten ist die Gewitterwahrscheinlichkeit geringer, weil dort trockenere
Luft einströmt und weniger CAPE zur Verfügung steht, einzelne Blitze in den
Schauern kann es aber geben.

In der Nacht zum Dienstag zieht ein flacher, aber breiter Höhentrog über
Deutschland ostwärts. Gleichzeitig dreht der außer an der Nordsee wieder
nachlassende Bodenwind etwas nach rechts auf glatt Südwest, was mit der Zufuhr
etwas kühlerer Luft verbunden ist. Die Temperatur geht in 850 hPa auf 9 bis 5°C
zurück. Bei leicht labiler Schichtung bilden sich vornehmlich im Norden und über
der Mitte einzelne Schauer, vereinzelt sind auch Gewitter nicht ausgeschlossen,
die aber nicht sonderlich kräftig ausfallen. Im windschwachen Süden bilden sich
nach Abzug der letzten Regenfälle aus dem äußersten Südosten, bei längerem
Aufklaren örtliche Nebelfelder. Dort kühlt es auch am ehesten unter 10°C ab,
während sonst zweistellige Tiefstwerte überwiegen.


Dienstag... schwenkt der Höhentrog rasch durch bzw. wird durch einen von Westen
hereinlaufenden Rücken ersetzt. Dieser wölbt sich vor einer markanten Austrogung
von Grönland her auf, was auch zur weiteren Regeneration des Tiefs westlich von
Irland beiträgt und macht sich über Mitteleuropa durch leichten
Zwischenhocheinfluss bemerkbar, der sich von Südwesten her über Deutschland
ausbreitet. Durch das Absinken nimmt der Trend zu Aufheiterungen zu, wenn auch
vor allem im Norden und gebietsweise über den Mittelgebirgen auch noch dichtere
Wolken am Start sind und auch einzelne leichte Schauer nicht ausgeschlossen
werden können.
Die Zufuhr milder Luft setzt sich fort, wobei sie sich von Südwesten wieder
verstärkt und gestützt auch durch Absinken steigen die 850er Temperaturen dort
wieder über 10°C. Das mündet in landesweiten Maxima von 16 bis 21°C.

Dazu weht an der See ein mäßiger bis frischer Südwestwind mit exponiert
einzelnen Böen 7 Bft, Tendenz im Tagesverlauf nachlassend. Ansonsten sind im
höheren, bzw. exponierten Bergland Bft 7 bis 9 auf der Karte, im Tief/Flachland
ist der Süd- bis Südwestwind zwar spürbar, bedarf aber keiner Warnungen.

In der Nacht zum Mittwoch flacht der Höhenrücken etwas ab, durch von Westen her
überlaufende kurzwellige Tröge. Das Bodenhoch zieht sich etwas nach Südosten
zurück und zusammen mit recht kräftiger Warmluftadvektion setzt Hebung, die über
der Südwesthälfte starke Bewölkung und im Verlauf der Nacht auch leichten Regen
bringt.
Nach Osten hin hält sich noch schwacher Hochdruckeinfluss und bei aufgelockerter
Bewölkung bildet sich gebietsweise teils dichter Nebel.
Der Südwestwind nimmt vor allem im höheren Bergland wieder etwas zu, Bft 7 bis
8, Brocken 9, in tiefen Lagen ist es nach Süden und Osten hin schwachwindig. Die
Luft kühlt ab auf Werte zwischen 12°C im Westen und Südwesten und ca. 5°C im
Osten und Südosten.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die großräumigen Strukturen werden ähnlich simuliert. Die Details sehen immer
etwas anders aus, vor allem die simulierten Niederschläge. Die synoptische
Konstellation wäre im Sommer eine Unwetterlage, jetzt reicht es wahrscheinlich
"nur" noch für markante Gewitter, und das Ende Oktober!

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner