DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

21-10-2022 07:30
SXEU31 DWAV 210800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 21.10.2022 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
SW z. Mild bis sehr mild.

WIND-/STURMBÖEN:
In den Kamm- und Gipfellagen einiger Mittelgebirge sowie anfangs auch auf
Alpengipfeln teils Sturmböen Bft 8/9 um Süd. In der Nacht zum Samstag in
Ostsachsen in exponierten Lagen sowie auf dem Brocken auch noch stürmische Böen
um 65 km/h (Bft 8). Nachlassend. Danach erst wieder im Laufe des Sonntags in
einigen Hochlagen auflebender Wind, exponiert mit Sturmböen Bft 8/9.

GEWITTER/STARKREGEN:
Im Laufe des Tages von Westen/Südwesten über die Mitte hinweg nach Nordosten
ausgreifend schauerartiger Regen, zum Abend im Norden etwa die Elbe, im Osten
die Neiße erreichend. Dabei vereinzelt eingelagerte Gewitter und lokal eng
begrenzt Starkregen über 20 l/qm in wenigen Stunden sowie stürmische Böen um 65
km/h (Bft 8) nicht ausgeschlossen. Im Westen und Südwesten nach Abzug des Regens
am Nachmittag und Abend noch einzelne kräftige Gewitter möglich, lokal eng
begrenzt mit Hagel, dabei Gefahr von stürmischen Böen und Starkregen.
In der Nacht zum Samstag im Norden anfangs noch letzte Gewitter mit geringer
Wahrscheinlichkeit für Starkregen, rasch nachlassend bzw. nach Nordosten
abziehend.
Am Sonntag ab dem späten Nachmittag bis in die Nacht zum Montag hinein von
Südwesten her bis auf den zentralen und östlichen Mittelgebirgsraum erneut
Gewitter, dabei Starkregen und Sturmböen nicht auszuschließen.


Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
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Freitag... liegt Deutschland an der Westflanke eines über Polen hinweg ostwärts
abziehenden und allmählich abflachenden Keils. In Verbindung mit einem über dem
nahen Ostatlantik liegenden Langwellentrog ergibt sich über Mitteleuropa eine
südwestliche und leicht mäandrierende Strömung. Ein darin eingelagerter, nach
Nordosten ablaufender Kurzwellentrog bewirkt von Südwesten und Westen her eine
Intensivierung der Niederschläge, die bis Mittag auf die mittleren Landesteile
und bis zum Abend auch auf den Nordosten Deutschlands übergreifen. Diese
Niederschläge, die an eine das Vorhersagegebiet nach Nordosten überquerende
Welle gekoppelt sind, weisen einen hohen konvektiven Anteil auf, wobei aktuell
und im Tagesverlauf selbst bis nach Nordosten hin Gewitter eingelagert sein
können. Der bis auf etwa 30 mm ansteigende und damit noch etwas zunehmende
Gehalt an niederschlagbarem Wasser lässt Starkniederschläge (teils auch
mehrstündig) etwas wahrscheinlicher werden als dass dies am Vortag der Fall ist.
Auch können in Verbindung mit diesen Gewittern stürmische Böen nicht
ausgeschlossen werden. Bedingt durch die markante Scherung (hochreichend,
niedertropsophärisch im Südwesten und von dort etwas nordostwärts ausgreifend
bis über 20 m/s) sind durchaus organisiertere Strukturen hochreichender
Konvektion vorstellbar, wie es sich aktuell über Frankreich bereits abzeichnet.
Im Sommer würde sich aus dieser Konstellation eine ausgewachsene
Schwergewitterlage ergeben.
Postfrontal zeichnen sich im späteren Tagesverlauf von Westen her Auflockerungen
ab. Der nachfolgende Kurzwellentrog, der den Westen und Nordwesten Deutschlands
streift, lässt jedoch im Westen und Nordwesten und gegen Abend auch im Norden
die Konvektion bis hin zu kurzen Gewittern erneut aufleben. Durch diesen Trog
erfolgt in diesen Gebieten eine zusätzliche Labilisierung; CAPE (KK, MU) steigt
auf über 1000 J/kg; auch die Scherung ist noch signifikant, so dass auch in
diesen Gebieten Gewitter vorstellbar sind. Starkregen sollte dabei nur noch eine
untergeordnete Rolle spielen; jedoch besteht die Gefahr von stürmischen Böen.
Bedingt durch den nach wie vor bestehenden Gradienten können in den Gipfellagen
der Mittelgebirge sowie auf Alpengipfeln Sturmböen Bft 8/9 auftreten, wobei sich
ab dem Abend eine abschwächende Tendenz abzeichnet.
Für ein paar Wolkenlücken reicht es allenfalls später am Tag im Südwesten und
vielleicht noch am Alpenrand sowie im Nordosten Deutschlands. Ansonsten hält
sich mehrschichtige und meist geschlossene Bewölkung. Die
Tageshöchsttemperaturen erreichen 14 bis 19 Grad.

In der Nacht zum Samstag wird die südwestliche Strömung vorübergehend etwas
antizyklonaler. Dies macht sich auch im Bodendruckfeld bemerkbar. Der Gradient
weicht auf, so dass selbst in den Hochlagen der Mittelgebirge wahrscheinlich
keine warnrelevanten Böen mehr auftreten. Die Niederschläge ziehen daher
nordostwärts ab, von Westen her setzen sich Auflockerungen teils auch in den
mittleren Gebieten durch, worauf alsbald teils dichter Nebel entsteht.
Ein weiterer, relativ weit südlich ablaufender Kurzwellentrog lässt jedoch im
Südwesten und Süden Deutschlands erneut Niederschläge aufkommen. Allerdings ist
dort die Schichtung am stabilsten, so dass es sich eher um skalige Niederschläge
handeln dürfte. Länger andauernder Regen fällt dabei im äußersten Südwesten. Im
südlichen Schwarzwald, am Hochrhein und mit geringerer Wahrscheinlichkeit im
Allgäu können die Schwellenwerte für Dauerregen leicht überschritten werden.
Hier sei bemerkt, dass sich in diesen Gebieten die Signale für 12-std.
Dauerregen von Modelllauf zu Modellauf vor allem bei den probabilistischen
Verfahren eher leicht verstärkt hatten. Wie weit diese Niederschläge nach Norden
ausgreifen, ist noch unsicher. Sehr wahrscheinlich werden hiervon die Gebiete
bis etwa zur Mainlinie und bis zur Oberpfalz erfasst, wobei dort die
Niederschläge fernab von jeglicher Warnrelevanz sind.

Samstag... überquert der Kurzwellentrog bereits am Vormittag weitgehend den
Süden Deutschlands, wodurch die durch trogvorderseitige Hebung induzierten
Niederschläge rasch den Süden und Südosten Deutschlands erfassen, aber den
Erzgebirgsraum nur streifen. Für warnrelevante Niederschlagsmengen in Form von
Dauerregen reicht es dann selbst im äußersten Süden wahrscheinlich nicht mehr.
Gegenüber weiter zurückliegenden Modellläufen wurde diese Entwicklung offenbar
etwas beschleunigt.
Der über dem nahen Ostatlantik liegende Trog ist bis dahin längst ausgetropft.
Das resultierende Höhentief nebst korrespondierendem Bodentief nähert sich
Galizien. Stromabwärts, d.h. über Frankreich, wölbt sich ein Rücken auf, der
sich nach Abzug des Kurzwellentroges auch über Deutschland durchsetzt. Absinken
lässt von Westen und Südwesten her und bis in die Mitte Deutschlands
übergreifend die Bewölkung zusehends auflockern. Aufgrund der Nähe zur
Frontalzone sind im Norden und mit geringerer Wahrscheinlichkeit anfangs auch in
den mittleren Landesteilen noch einzelne Schauer oder (vor allem ganz im Norden
und auch nach Nordosten hin) kurze Gewitter möglich. Diese werden durch einen
weiteren, ost-nordostwärts ablaufenden Kurzwellentrog getriggert. Die Luftmasse
weist zwar nicht mehr so viel Flüssigwasser auf, ist aber ansonsten gegenüber
den Vortagen unverändert, d.h. nach wie vor leicht labil und weist immerhin noch
ein CAPE (KK) von teils über 500 J/kg auf. Mit Tageshöchsttemperaturen zwischen
15 und 21 Grad bleibt es für die Jahreszeit deutlich zu mild.

In der Nacht zum Sonntag wölbt sich über Deutschland ein Rücken auf. Dieser wird
durch Warmluftadvektion, die von Frankreich aus nach Norden ausgreift und auch
den Westen Deutschlands erfasst, gestützt. Das korrespondierende Bodenhoch
etabliert sich mit seinem Schwerpunkt über dem östlichen Alpenraum. In dessen
Randbereich sind die Luftdruckgegensätze gering, so dass sich vielerorts teils
dichter Nebel bilden kann. Ausgenommen hiervon ist der Nordosten, wo sich noch
die Nähe der Frontalzone bemerkbar macht.
Im Nordwesten und Westen erfolgt eine leichte Gradientzunahme. Im Zusammenspiel
mit mehrschichtiger Bewölkung, die aus der Warmluftadvektion resultiert, sollte
auch dort die Nebelbildung ausbleiben. Da es sich bei der einfließenden
Luftmasse um gealterte Subtropikluft handelt, besteht keine Frostgefahr.

Sonntag... verlagert sich der Rücken unter weiterer leichter Aufwölbung über
Deutschland hinweg ostwärts. Nachfolgend stellt sich erneut eine südwestliche
und leicht flatternde Strömung ein. Mit dieser Strömung gelangt dann auch wieder
labil geschichtete Subtropikluft in den Südwesten und Westen Deutschlands. CAPE
(KK) erreicht erneut mehr als 1000 J/kg, der Gehalt an niederschlagbarem Wasser
25 bis 30 mm und ein zum Abend hin auf den Nordwesten übergreifender
Kurzwellentrog spendiert die erforderliche Hebung, wodurch auf diese Gebiete
dann auch wieder Niederschläge mit eingelagerten Gewittern übergreifen. Da die
Scherung, vergleichbar mit dem heutigen Tag, ähnliche Werte annimmt, besteht die
Gefahr organisierterer Entwicklungen. Ein Oberwind bis 40 kt im 850 hPa-Niveau
und bis 50 kt in 700 hPa ergibt ein Potential für Böen bis Sturmstärke, die in
Verbindung mit diesen Gewittern auftreten können.
In den anderen Gebieten hält sich noch antizyklonaler Einfluss, der durch das
sich dann nach Südosteuropa verlagernde Hoch bedingt ist. Wenn sich Nebel und
Hochnebel aufgelöst haben (was in einigen Tallagen Süddeutschlands sehr lange
dauern kann bzw. auch bis zum Abend nicht mehr erfolgt) sind größere
Auflockerungen zu erwarten. Im östlichen Bergland, in deren Leegebieten sowie im
Alpenvorland, d.h. in den Gebieten, in welchen sich die feuchte Grundschicht
auflöst bzw. die oberhalb davon liegen, besteht die Chance für längere sonnige
Abschnitte. Allerdings wird, bedingt durch die weitere Verlagerung des
Bodenhochs nach Südosten, im Tagesverlauf der Gradient zulegen. In einigen
Hochlagen kommen dann wieder Sturmböen Bft 8/9 auf, auch der Böhmische Wind kann
dann mit Böen bis Bft 7 in Gang kommen. Da auch der Wind aus südlichen
Richtungen in tieferen Lagen etwas auffrischt, erfolgt ein Temperaturanstieg auf
17 bis 22, im Süden bei leicht föhnigem Einfluss bis 24 Grad.

In der Nacht zum Montag greift ein Trog auf die Britischen Inseln über. Die
Kaltfront, die diesem Trog vorgelagert ist, arbeitet sich leicht schleifend vom
Nordwesten über die mittleren Landesteile hinweg südostwärts vor. Die Schichtung
im Frontbereich ist weiterhin leicht labil, so dass zumindest in der ersten
Nachthälfte die Niederschläge noch konvektiv durchsetzt bis hin zu eingelagerten
Gewittern sind. Dabei besteht nach wie vor die Gefahr von Sturmböen; auch
Starkregen, ggf. entlang konvektiver Zugstraßen und teils auch mehrstündig, kann
nicht ausgeschlossen werden. Durch einen weiteren, in der südwestlichen Strömung
hereinlaufenden Kurzwellentrog kann in der zweiten Nachthälfte von Südwesten her
in der vorgelagerten subtropischen Luft die Konvektion noch einmal intensiviert
werden. Allerdings bestehen hier noch Unsicherheiten. Im Süden und zum Teil auch
in der Mitte Deutschlands beginnt dann der Gradient etwas aufzuweichen, so dass
Wind- und stürmische Böen dann auf exponierte Berglagen beschränkt sind.
Auch postfrontal bleibt es sehr mild, die südwestlich Strömung bleibt
bekanntlich bestehen. Nahezu deutschlandweit sind zweistellige Temperaturminima
zu erwarten. Aufgrund des noch vorhandenen Gradienten und der meist starken
Bewölkung ist die Nebelneigung gering.

Modellvergleich und -einschätzung
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Auf die unterschiedlichen Modellergebnisse hinsichtlich der länger andauernden
Niederschläge ganz im Südwesten in der Nacht zum Samstag ist bereits weiter oben
hingewiesen worden. Geringe Unterschiede ergeben sich dann bereits am Samstag.
Den nach Osten ablaufenden Kurzwellentrog simulieren die verfügbaren Modelle mit
unterschiedlicher Phasenlage, was das Spektrum an Niederschlagssimulationen
einigermaßen erklärt. Die Mehrzahl der Modelle verlagern diesen Trog rascher
nach Osten als ICON.
Danach ergeben sich bis einschließlich Montagfrüh keine prognoserelevanten
Unterschiede.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann