DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

14-10-2022 07:30
SXEU31 DWAV 140800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 14.10.2022 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Südwest zyklonal (SWz)
Unbeständig, ab heute Abend im Süden länger anhaltenden Regenfälle (Schwerpunkt
Schwarzwald). Am Wochenende Verschiebung der Luftmassengrenze nach Norden,
zunehmend freundlicher und ungewöhnlich mild. An der Nordsee und auf den Bergen
zeitweise stürmisch.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
--------------------------------------------------------------
Freitag... liegen wir am Rande eines umfangreichen komplexen Höhentiefs mit
mehreren Zentren, da sich von der Norwegischen über die Irminger See bis
westlich von Irland erstreckt. Die stramme westliche Strömung mit Vereinigung
beziehungsweise sehr starker Annäherung von Subtropen- und Polarfrontjet entlang
50 Grad Nord mit Streaks je > 120kt fächert just über Mitteleuropa stark auf.
Auf der stark diffluenten Vorderseite sind wir in der Höhe in 300 hPa leicht
antizyklonal im rechten Jetausgang, bodennah aber eher in einer zyklonalen
südwestlichen Strömung integriert. Dies führt nun dazu, dass mehrere Frontenzüge
von Westen Anlauf nehmen und über Deutschland auf dem Weg nach Osten nicht nur
ausgebremst werden, sondern zunehmend auch an Wetteraktivität einbüßen.

Nachdem sich aktuell über der Osthälfte die Reste einer alten Okklusion langsam
auflösen, kommt im Laufe des Vormittags im Westen und Südwesten die nächste an.
Diese gehört zu einem nur sehr flachen Tief, das von der südwestlichen Nordsee
zur Deutschen Bucht zieht und sich dort irgendwo auch schon wieder verliert.
Dennoch reicht es für vorübergehend leichten bis mäßigen Regen, da die Front
Unterstützung in Form eines kleinen Kurzwellentroges (vor allem in 500 hPa
ausgeprägt) erfährt und neben ohnehin vorhandener kontinuierlicher WLA auch dort
ein kleines Maximum um 12z im Westen zu erkennen ist.

So richtig interessant wird es eigentlich aber erst zum Abend, wenn der Druck
über Frankreich nochmal deutlich fällt und eine flache Frontalwelle sich am
Südrand der Okklusion nach Westen anschließt. Diese liegt dann mehr oder weniger
strömungsparallel und markiert höchstwahrscheinlich den Auftakt einer markanten
Dauerregenlage im Schwarzwald. Bis zum Abend fallen aber zunächst erstmal noch
vergleichsweise moderate Mengen im Südwesten - meist zwischen 5 und 10 l/m²,
nach Norden und zur Mitte hin entsprechend weniger.

Von Vorpommern bis zum Erzgebirge und auch Richtung östliches Alpenvorland
stehen die Chancen gut, dass sich die Feuchtereste im Laufe des Vormittags
ostwärts verabschieden und dann durch kompensatorisches Absinken am Nachmittag
bei überwiegend trockenen Verhältnissen auch mal längere Zeit die Sonne scheint.
Sonst ist sie bei oft starker Bewölkung nur selten zu sehen. Die Temperaturen
liegen meist zwischen 14 und 19 Grad und fühlen sich durch die vergleichsweise
hohen, meist zweistelligen Taupunkte gar nicht frisch an.

In der Nacht zum Samstag gelangen wir auch in der Höhe immer mehr in den Bereich
der Frontalzone. Während die Okklusion über der Nordhälfte mit meist leichten
und pausierenden Regenfällen in den Osten Deutschlands vorankommt, liegt der
Süden durchgängig im Schleifbereich der Frontalwelle.

Dabei kommt es zu länger anhaltenden Regenfällen, bei aber relativ gleichmäßigen
Niederschlagsraten. Akkumuliert kann man südlich des Mains gut und gerne von 10
bis 15 l/m² ausgehen. Der für derartige Lagen prädestiniert gelegene Schwarzwald
sollte eher 20 bis 30, in Staulagen bis 40 l/m² abbekommen. Die
Wahrscheinlichkeit für mehr als 25 l/m² liegt bei COSMO-LEPS und ICON-EPS bei 20
bis 30, in Staulagen bis 50%. Das ICON-D2 EPS spuckt für den Südschwarzwald
sogar 90% aus und zeigt auch für das Oberallgäu signifikante Signale mit teils
über 20% an. Da sich inzwischen auch die deterministischen Läufe vom IFS und GFS
in diese Richtung angepasst haben, ist die Ausgabe der Warnung mit Abschluss der
Konferenz bereits erfolgt.

Nachdem sich die genaue Lage der Welle weiter manifestiert, wächst gleichzeitig
auch das Vertrauen in die Böenvorhersage. An der Südflanke nähert sich über den
Vogesen zum Abend bereits ein gut ausgeprägtes Starkwindfeld mit 40 bis 50
Knoten in 850 hPa. Dieses erreicht bis zum Morgen auch den Inn. Bedeutet vor
allem für die Lagen oberhalb 800 Metern zunehmend Sturmböen, auf dem Feldberg
und exponierten Alpengipfeln teils schwere Sturmböen aus Südwest bis West. Tiefe
Lagen kommen wir eher im Bereich von 6 Bft durch die Nacht, in der es landesweit
durch die kompakte Bewölkung kaum einmal unter 10 Grad abkühlt.

In den Frühstunden kommen mit etwas Höhenkaltluft über der Nordsee einzelne
Schauer auf und auch postfrontal kann es im Westen immer nochmal etwas nieseln.


Samstag... verschiebt sich der stark diffluente Ausgang ein wenig ostwärts nach
Polen und zur südlichen Ostsee und die südwestliche Strömung glättet einmal
durch. Von Süden erfolgt dabei im Tagesverlauf sogar leichter Potentialanstieg,
da kräftige KLA und folglich auch die Trogachse als solches über dem Atlantik
südwärts Richtung Azoren ausgreifen. Quasi als eine Art Downstream Development
beginnt die Strömung bei uns in der Folge sukzessive etwas aufzusteilen.

Infolgedessen verliert die Frontalwelle zunehmend an Wetteraktivität und die
Regenfälle lassen langsam nach. Weitere 2 bis 5, in Staulagen von Schwarzwald,
Odenwald und Bayerischen Wald bis 10 l/m² kommen noch zusammen. Das Band mit der
stärksten Bewölkung kommt etwas nach Norden voran und konzentriert sich vor
allem auf die Gebiete entlang des Mains.

Ansonsten lockert die Bewölkung unter schwachem Absinken gerade am nachmittag
mal hier und dort auf. Im Nordseeumfeld sorgt latente Labilität (Lapse Rates
knapp unter -0.6K/100 m) für einzelne Schauer. Gewitter sind dabei
unwahrscheinlich, die Prog Temps gehen eigentlich nicht über -10 Grad hinaus.

Dafür kommt mit Annäherung des Bodentiefs bei Schottland etwas Wind in Gang, auf
den Nordseeinseln kann es für einzelne Böen Bft 7 aus Südwest (insbesondere in
Nordfriesland) reichen. Im Süden hingegen beruhigt sich die Windsituation in den
Hochlagen allmählich wieder und Sturmböen sind nur noch in der ersten
Tageshälfte ein Thema.

In der milden Meeresluft, die in Süddeutschland schon T850 bis 10 Grad erreicht,
steigen die Temperaturen bis zum Nachmittag auf 16 bis 21 Grad.

In der Nacht zum Sonntag sorgen kleine kurzwellige Anteile in der straffen
südwestlichen Strömung für kleinen Input der Welle, die sich zunehmend diagonal
über Deutschland erstreckt. Sie reicht zum Morgen etwa in einem Streifen vom
Saarland über Thüringen bis in die Niederlausitz. Zeitweise fällt daraus etwas
Regen, die Mengen sind aber fernab irgendwelcher Warnschwellen und meist im
einstelligen Millimeterbereich.

Abseits davon gibt es auch mal größere Wolkenlücken. An der Donau kann sich bei
schwachem Südostwind örtlich Nebel bilden. Gleiches gilt für mittlere Lagen der
zentralen Mittelgebirge, die in Wolken liegen können. Auf Fichtelberg und
Brocken

Vor allem in Nordfriesland bleibt es windig mit Schauern, wobei die größte
Labilität langsam nach Norden rausgedrückt wird. Die nächtlichen Minima ändern
sich kaum.

Sonntag... nimmt der "Oktobersommer" noch einmal so richtig Fahrt auf. Das liegt
an dem weiter nach
Süden ausgreifenden Langwellentrog, der sich vom Seegebiet zwischen Island und
Schottland nun vollends bis zu den Azoren erstreckt. Deutschland liegt somit
weiterhin in einer strammen südwestlichen Höhenströmung, die sich ausgehend von
den Alpen bis zu den Britischen Inseln immer antizyklonaler aufstellt.

Der eingebettete, wellende Frontenzug quer über die Landesmitte ist zwar
thermisch noch vorhanden, löst sich aber was die Wetteraktivität angeht immer
mehr auf. Er trennt sehr milde Luft aus dem westlichen Mittelmeerraum mit T850 >
10 Grad von etwas kühlerer Meeresluft über der Nordsee mit T850 um 5 Grad.

So hält sich in einem Streifen von der Eifel bis nach Berlin und Brandenburg
zwar teils kompakte Bewölkung, Regen fällt aber kaum daraus. Wie flach der
Wellenscheitel inzwischen ist, erkennt man auch daran, dass über der Nordsee und
speziell in Nordfriesland im Tagesverlauf einzelne stürmische Böen (Bft 8) aus
Südwest auftreten. Gleiches gilt für exponierte Gipfellagen. Windböen (Bft 7)
weiten sich zunehmend auch auf die Ostseeküste und Schleswig-Holstein aus. Die
Höchstwerte liegen zwischen 16 Grad an der Nordsee, sonst verbreitet um 20 Grad
und bis 26 Grad im leicht föhnigen
Alpenvorland.

In der Nacht zum Montag wird die Luftmassengrenze im Vorfeld des Tiefs bei
Irland als Warmfront nach Norden geführt und erreicht auch die küstennahen
Gebiete mit etwas Regen - vor allem Richtung Nordsee. Weite Landesteile gelangen
somit in den breiten Warmsektor. Bei aufgelockertem Himmel und schwachen Winden
aus Süd bis Südost bildet sich vor allem in Gewässernähe teils dichter Nebel.
Durchaus vorstellbar, dass im Ruhrgebiet kaum unter 15 Grad abkühlt.


Modellvergleich und -einschätzung
--------------------------------------------------------------
Die Unterschiede in der Kurzfrist - fast schon im Nowcasting - bezgl. der Welle
samt Niederschlagsschwerpunkten haben sich inzwischen gut angeglichen. Demnach
besteht im Oberallgäu keine akute Dauerregengefahr mehr. Mit markanten Warnungen
sollte man im Schwarzwald auskommen, auch wenn ein oder zwei Stationen
vielleicht auch bei etwas über 50 l/m² binnen 24 Stunden landen. Im weiteren
Verlauf treten ebenfalls keine markanten Unterschiede auf.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Robert Hausen