DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

11-10-2022 07:01
SXEU31 DWAV 110800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 11.10.2022 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Wa; ab Donnerstag beginnender Übergang zu SWz
Zunächst ruhiges Hochdruckwetter mit kleinen "Schönheitsfehlern. Ab Donnerstag
etwas unbeständiger, aber zunächst wohl ohne markante Wettererscheinungen,
insgesamt mild.


Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 24 UTC
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Dienstag... verläuft die allerdings lediglich über dem mittleren Nordatlantik
mit einem veritablen Gradienten ausgestattete Frontalzone nach wie vor ziemlich
weit nördlich, nämlich über Nordwesteuropa und das Nordmeer bis nach
Skandinavien bzw. nach Nordwestrussland, wo sie dann schließlich nach Norden
abknickt. An deren Südflanke hat sich über Deutschland eine recht flaue und nach
Abzug eines etwas markanteren Höhentroges nur wenig mäandrierende
westnordwestliche Höhenströmung eingestellt. Darin eingebettet, greift im Laufe
des Nachmittags und Abends ein weiterer flacher und kurzwelliger Troganteil auf
Nordwestdeutschland über. Dieser verliert aber vorderseitig eines Höhenrückens,
der im Tagesverlauf die Britischen Inseln überquert und abends auf die Nordsee
übergreift, zunehmend an Kontur und kann keine relevante Wetteraktivität mehr
entfalten.
Im Bodenfeld hat eine mit erstgenanntem Höhentrog korrespondierende Kaltfront
inzwischen die Region zwischen Main und Donau erreicht und löst sich dort unter
Absinken bei kräftigem Druckanstieg auf. Vom Süden der Britischen Inseln bzw.
von Nordfrankreich und Benelux her weitet sich eine Hochdruckbrücke bis ins
Vorhersagegebiet aus, wobei sich bis zum Abend über den mittleren Landesteilen
eine eigenständige Hochdruckparzelle (mit 1025 hPa-Kernisobare) etabliert. In
deren Einflussbereich dürfte der Tag vor allem über der breiten Mitte und auch
in den östlichen Landesteilen recht sonnig bzw. nur locker bewölkt verlaufen.
Nördlich davon, vor allem im Nordwesten und Norden, hat sich eine recht markante
Absinkinversion in etwa 700 bis 800 hPa etabliert, unterhalb derer von der
Nordsee her relativ feuchte Meeresluft ins Landesinnere advehiert wird. Somit
bleibt es dort eher stärker bewölkt, hier und da, am ehesten wohl in Küstennähe,
wo die Inversion noch etwas höher reicht, kann es auch mal etwas regnen oder
einen kurzen Schauer geben, allerdings dürfte dabei kaum messbarer Niederschlag
zusammenkommen. Dabei weht an den Küsten noch recht lebhafter West- bis
Nordwestwind, warnrelevante Böen gibt es aber keine mehr und im Tagesverlauf
flaut der Wind auch eher etwas ab.
Im Süden findet dagegen präfrontal der sich auflösenden Front kein
Luftmassenwechsel statt. Während die 850 hPa-Temperatur im Norden im Zustrom
subpolarer Meeresluft auf nur noch wenig über 0 Grad sinkt, verharrt sie im
Süden zwischen 5 und 9 Grad. Die dort lagernde feuchtlabile Luftmasse wurde
durch Entrainmentprozesse vor allem ab der Donau nordwärts zwar schon etwas
abgetrocknet, dennoch ist sie an den Alpen und im Alpenvorland noch mit
teilweise mehr als 20 mm niederschlagbaren Wassers ausgestattet. Etwas
Einstrahlung vorausgesetzt (die am ehesten südlich der Donau gegeben ist,
zwischen Main und Donau bleibt es im Bereich der sich auflösenden Front meist
stark bewölkt), können am Nachmittag zudem etwa 100 bis 200 J/kg ML-Cape
generiert werden, zu guter Letzt bietet der kurzwellige Troganteil auch geringen
dynamischen Hebungsantrieb. Mit Unterstützung durch die Orographie sollte es
dort sowie in Südbaden bzw. im Schwarzwald somit für einzelne Schauer reichen,
kurze Gewitter sind ebenfalls möglich, bei geringer Zuggeschwindigkeit kann auch
ein Starkregenereignis nicht komplett ausgeschlossen werden.
Insgesamt bleibt es auch postfrontal noch verhältnismäßig mild. Die Höchstwerte
liegen in der Nordhälfte zwischen 13 und 16 Grad, sonst zwischen 15 und 19 Grad.


In der Nacht zum Mittwoch schwenkt der flache Höhenrücken über die Nordsee
hinweg allmählich ostwärts und stützt nach wie vor das Hochdruckgebiet, das
seinen Schwerpunkt allerdings ins östliche Mitteleuropa verlagert. Insgesamt
ändert sich aber nur wenig an Lage und Ausrichtung der vom Schwarzen Meer bzw.
der Ukraine über Mitteleuropa und die Biskaya bis zum Azorenhoch reichenden
langgestreckten Hochdruckzone. Deren Divergenzachse verläuft nach wie vor über
die Mitte Deutschlands hinweg (etwa Niederrhein-Lausitz). Nördlich davon dreht
die Grundströmung zwar allmählich auf West bis Südwest und kappt somit die
Zufuhr der feuchteren Meeresluft, allerdings hält sich vor allem Richtung Küsten
unterhalb der nach wie vor um oder knapp oberhalb von 800 hPa gelegenen
Absinkinversion teils dichte Bewölkung, aus der es hier und da mal rauströpfeln
kann. Zudem macht sich im Nordwesten bereits etwas mittelhohes Gewölk aufgrund
von WLA bemerkbar.
Auch im Süden und Südosten bleibt es eher stark bewölkt, wobei es sich dabei vom
Main bis zur Donau eher um hochnebelartige Bewölkung handelt, an den Alpen und
im angrenzenden Alpenvorland diese aber noch etwas höher reicht. Dort fällt auch
noch gebietsweise Regen, vor allem direkt am Alpenrand.
In der breiten Mitte und nach Osten zu bleibt es dagegen vielerorts gering
bewölkt bzw. wolkenlos. Auch dort können sich gebietsweise Nebel- und
Hochnebelfelder ausbreiten. Bei längerer Zeit klarem Himmel gibt es in
ungünstigen Lagen leichten Frost und vielerorts Frost in Bodennähe.

Mittwoch... verschärft sich die Frontalzone über dem Ostatlantik etwas,
vorderseitig greift ein flacher Höhentrog auf die Britischen Inseln über.
Schwache trogvorderseitige WLA stützt den vorgelagerten flachen Höhenrücken, der
das Vorhersagegebiet allmählich südostwärts überquert.
Im Bodenfeld greift die Kaltfront eines Nordmeertiefs im Tagesverlauf von
Nordwesten her auf die Britischen Inseln über. Der Schwerpunkt des
Hochdruckgebietes verlagert sich allmählich nach Ostpolen bzw. nach Weißrussland
und zur Ukraine, die von dort aus westwärts reichende Hochdruckzone wird vor
allem über dem westlichen Mitteleuropa und somit über West- und
Nordwestdeutschland etwas abgebaut.
Die Grundströmung dreht somit in weiten Landesteilen auf Südost bis Süd, im
Nordwesten kommt dagegen schwacher, im Nordseeumfeld mäßiger Südwestwind auf.
Die Absinkinversion über Norddeutschland arbeitet sich allmählich auf knapp
unter 850 hPa, darunter kann sich wieder aufgelockerte flache CU- bzw.
SC-Bewölkung ausbreiten, zwischendurch lässt sich aber durchaus auch mal die
Sonne blicken. Dazu kann sich im Nordwesten die mittelhohe WLA-Bewölkung etwas
verdichten, es bleibt aber auch im Nordseeumfeld noch trocken. In der Mitte und
im Süden haben es mangels Gradient die Nebel- und Hochnebelfelder aber schwer,
sich aufzulösen. In den mittleren Landesteilen dürfte das aber noch vielerorts
der Fall sein, so dass dort ein recht sonniger Tag ins Haus steht. Im Süden, vor
allem im Südosten bleibt es dagegen mancherorts bis in den Nachmittag hinein
neblig-trüb, am ehesten wohl an der Donau und im nördlichen Alpenvorland; weiter
südlich, an den Alpen und im angrenzenden Vorland, kann sich die Sonne dagegen
wohl am Vormittag vorübergehend durchsetzen. In der feuchten Luft bilden sich
aber wieder höher reichende Quellwolken und zumindest am Alpenrand auch einzelne
kurze Schauer, für Gewitter dürfte es aber wohl nur inneralpin reichen.
Zwar wird es niedertroposphärisch wieder etwas milder, die 850 hPa-Temperatur
steigt auf 8 Grad im äußersten Süden und Westen und 2 Grad im Nordosten.
Bodennah macht sich das aber mangels Gradient kaum bemerkbar; die Höchstwerte
liegen - je nach Sonne - zwischen 14 und 19 Grad. Bei beständigem
Nebel/Hochnebel im Südosten bleibt es kühler.

In der Nacht zum Donnerstag schwenkt der Höhenrücken rasch weiter ins östliche
Mitteleuropa und von den Britischen Inseln her greift der flache Höhentrog unter
Wellenlängenverlust auf die Nordsee über, wobei er sich besser konturieren kann
und auf dessen Vorderseite etwas dynamische Hebung wirksam wird.
Die zunehmend okkludierte Kaltfront des Nordmeertiefs erreicht morgens die
mittlere Nordsee bzw. Südengland. Vorderseitig werden die Wolken im Norden und
Westen dichter und morgens fällt im Nordseeumfeld bzw. am Niederrhein eventuell
auch etwas Regen. Dabei frischt der Süd- bis Südwestwind dort etwas auf, ist
aber auch an der Nordsee nicht warnrelevant.
Im Rest des Landes ändert sich nichts an der ruhigen gradientschwachen Lage.
Somit können sich Nebel- und Hochnebelfelder erneut ausbreiten. Dort, wo es
längere Zeit gering bewölkt bleibt, kann es erneut zumindest Frost in Bodennähe
geben, wobei die Wahrscheinlichkeit für Luftfrost aufgrund aufziehender
mittelhoher Bewölkung in den mittleren Landesteilen geringer ist als in der
Vornacht.

Donnerstag... greift der nun nur noch kurzwellige Trog unter Amplifizierung auf
das Vorhersagegebiet über. Da die Hochdruckzone im Bodenfeld nur langsam
abgebaut bzw. nach Süden abgedrängt wird und vorderseitig auch nur wenig
dynamischer Hebungsantrieb generiert werden kann, erweist er sich als nicht
allzu wetterwirksam.
Die nun weitgehend okkludierte Front erreicht noch West- und
Nordwestdeutschland, zeigt aber mehr und mehr Auflösungstendenzen.
Mit Frontpassage bzw. präfrontal fällt im Westen und Norden sowie in den
mittleren Landesteilen im Tagesverlauf gebietsweise etwas Regen, wobei meist
weniger als 1 bis 2 l/qm fallen und es gebietsweise sogar trocken bleibt.
Postfrontal kann es im Nordseeumfeld dann noch einzelne Schauer geben, ein
kurzes Gewitter nicht ganz ausgeschlossen. Präfrontal wird die Luftmasse im
Süden ein wenig labilisiert und vor allem südlich der Donau kann mit
Einstrahlung auch etwas Cape generiert werden, so dass sich auch dort einzelne
Schauer entwickeln, für Gewitter sollte es aber kaum reichen.
Die Diverganzachse der Hochdruckzone wird bis zum Nachmittag/Abend in etwa zu
den Alpen abgedrängt, so dass sich eine bodennahe vielerorts eine südliche bis
südwestliche Windkomponente einstellt. Vor allem im Nordwesten bis in die
mittleren Landesteile ist diese auch mit etwas Gradient ausgestattet, der aber
nach wie vor nicht für warnrelevante Böen reicht. Eventuelle Nebel- und
Hochnebelfelder können sich dort aber meist auflösen, vor allem im Westen und
Nordwesten dürfte sich die Sonne aber aufgrund der frontalen Bewölkung kaum
zeigen.
Im Süden, insbesondere im Südosten, hält sich dagegen in den Niederungen erneut
lange Zeit Nebel und Hochnebel, örtlich vielleicht auch ganztägig. Somit zeigt
sich die Sonne am ehesten noch in den östlichen Landesteilen und an den Alpen
bzw. im angrenzenden Alpenvorland.
An der Luftmasse ändert sich nur wenig gegenüber dem Vortag und somit auch am
Temperaturniveau.

In der Nacht zum Freitag erfolgt über dem mittleren Nordatlantik ein markanter,
Richtung Britische Inseln gerichteter Trogvorstoß. Der Kurzwellentrog über dem
Vorhersagegebiet zieht rasch nach Osten ab, durch sich über weiten Teilen West-
und des westlichen Mitteleuropas verstärkende WLA wölbt sich über der Nordsee
ein kurzwelliger Höhenkeil auf und greift auf Deutschland über.
Im Bodenfeld überquert das Frontensystem eines ins Seegebiet nördlich von
Schottland ziehenden Tiefdruckgebietes rasch die Britischen Inseln südostwärts,
wobei entlang der Kaltfront bzw. am Okklusionspunkt in etwa über dem Westausgang
des Ärmelkanals die Entwicklung einer Frontalwelle angedeutet wird.
Über dem Vorhersagegebiet kommen die nur wenig ergiebigen Niederschläge der sich
auflösenden Okklusion noch etwas nach Osten bzw. Südosten voran. Dahinter
lockern die Wolken aber kaum auf, denn es macht sich bereits kräftige WLA in
Form hoher und mittelhoher Wolkenfelder bemerkbar, zudem bleibt die Grundschicht
recht feucht, so dass sich vielerorts auch tiefe Bewölkung hält bzw. sich bei
kurzen Wolkenauflockerungen vor allem im Südosten Nebel bzw. Hochnebel bildet.
Im Westen und Norden, im Laufe der zweiten Nachthälfte auch im Südwesten, fällt
stellenweise etwas Regen.
Der Gradient verschärft sich mit Annäherung des Frontensystems vor allem im
Westen und Norden noch etwas weiter, eventuell reicht es auf dem Brocken für
erste stürmische Böen aus Südwest.
Aufgrund der oft dichten Bewölkung verläuft die Nacht mit Minima zwischen 12 und
5 Grad relativ mild.


Modellvergleich und -einschätzung
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Anhand der synoptischen Basisfelder lassen sich bis Donnerstagabend eine
warnrelevanten Modellunterschiede ausmachen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff