DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

02-10-2022 07:01
SXEU31 DWAV 020800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 02.10.2022 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
NW z, über NW a zu W a übergehend.

WIND/STURM:
In den Gipfellagen der Mittelgebirge und der Alpen anhaltend stürmisch mit
Südwestböen Bft 8 bis 9 (bis 85 km/h), vereinzelt auch bis Bft 10 (bis 100
km/h), im Hochschwarzwald und in den Alpen bis in die Nacht zum Montag
anhaltend, sonst nachlassend. In der Nacht zum Montag in den Gipfellagen der
östlichen Mittelgebirge und der Alpen auch einzelne stürmische Böen Bft 8 (um 65
km/h).
Danach frühestens erst wieder in der Nacht zum Dienstag in einigen exponierten
Kamm- und Gipfellagen der Mittelgebirge stürmische Böen.

GEWITTER:
An der Küste und dort anfangs insbesondere an der Nordsee und im angrenzenden
Binnenland kurze Gewitter. Dabei stürmische Böen und Sturmböen Bft 8 bis 9 (60
bis 80 km/h) sowie Graupel oder kleiner Hagel; Starkregen dagegen nur gering
wahrscheinlich. Tagsüber im Nordosten geringe Wahrscheinlichkeit für kurze
Gewitter mit Graupel und stürmischen Böen Bft 8 (um 65 km/h). Im Süden und
Südwesten ab den Mittagstunden bis in den späten Abend bzw. in die Nacht hinein
mit einzelnen Gewittern durchsetze Regenfälle mit stürmischen Böen, in der Nacht
zum Montag nur zögerlich nachlassend.

STARKREGEN:
Im Süden und Südwesten ab dem Mittag durch schauerartig verstärkte und
gewittrige Regenfälle über mehrere Stunden hinweg Starkregen bis 25 l/qm
möglich.

DAUERREGEN (teils UNWETTER):
Im Schwarzwald bis Montagfrüh, an den Alpen bis Montagvormittag andauernder
Dauerregen wechselnder Intensität. Dabei Regenmengen von 40 bis 60, in Staulagen
bis 80 l/qm. Vor allem in den Allgäuer Alpen sowie vom Karwendel bis zu den
Berchtesgadener Alpen Mengen bis 100 l/qm, lokal mehr (UNWETTER)!


Synoptische Entwicklung bis Dienstag 24 UTC
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Sonntag... liegt Deutschland unter einer relativ zonalen west- nordwestlichen
Strömung. Mit dieser wird ein eingelagerter Kurzwellentrog südostwärts
gesteuert. Dieser Trog lässt die Gewittertätigkeit zunächst an der Nordsee und
mit tagesgangsbedingt leichter Unterstützung später auch im Nordosten
Deutschlands aufleben. Aufgrund der ausgeprägten niedertroposphärischen Scherung
(in Nordseenähe über 10 m/s, an der Ostsee etwas darunter) ist auch
organisiertere Konvektion möglich. Daher können diese Gewitter mit Sturmböen Bft
8/9 und Graupel einhergehen. Bedingt durch die sich abschwächende Scherung
reicht es an der Ostsee nur noch für stürmische Böen.
Im Tagesverlauf dreht an der Vorderseite eines sich den Britischen Inseln
nähernden Höhenrückens und nach Abzug des Kurzwellentroges die Strömung steiler
auf Nordwest. Die Welle der Kaltfront eines derweil nach Osteuropa abgezogenen
Tiefs greift auf den Südwesten und Süden Deutschlands über. Dies bewirkt eine
Intensivierung der Niederschläge, die bereits zuvor nordwärts bis zur Südeifel
und bis zum südlichen Bayerischen Wald vordringen konnten. Warnrelevante
Niederschlagsmengen sind zunächst jedoch auf den Schwarzwald und den Alpenrand
beschränkt. Im Warmsektor dieser Welle wird vorübergehend etwas labilere Luft
eingesteuert, so dass im Tagesverlauf im Südwesten und Süden und dort vor allem
am Alpenrand einzelne Gewitter, die durchaus in den Niederschlag eingelagert
sein können, nicht auszuschließen sind. Aufgrund der recht hohen Scherung, die
höher ist als im Norden und sich sowohl niedertroposphärisch als auch bis in
mittlere Troposphärenschichten hinauf abzeichnet, sind organisiertere Strukturen
hochreichender Konvektion möglich. Als Folge muss dann zumindest mit Böen bis
Sturmstärke gerechnet werden. Auch Hagel kann nicht ausgeschlossen werden.
Auflockerungen zeichnen sich bereits stromaufwärts im Warmsektor der Welle ab,
was die beschriebene Entwicklung von Gewittern begünstigen würde.
Auch im Bereich des Wellenscheitels, der über die Südpfalz hinweg in Richtung
Niederbayern gesteuert wird, sind eingelagerte Gewitter vorstellbar, wodurch
Starkregen (zum Teil auch mehrstündig und ungewittrig) auftreten kann.
Hinsichtlich des Niederschlagsmaximums ergeben sich hier noch Unterschiede.
Während ICON sowie ICON-D2 das Niederschlagsmaximum über dem südlichen Odenwald
und Kraichgau sehen, wird von AROME und EZMW der nördliche Schwarzwald
favorisiert. UK10 zeigt sowohl über dem nördlichen Schwarzwald als auch dem
Odenwald Niederschlagsmaxima.
Ansonsten ist im Norden und Nordosten der Wettercharakter leicht konvektiv
geprägt. An der Küste sind noch einzelne kurze Gewitter möglich, die mit
stürmischen Böen einhergehen können. Bereits am Vormittag setzt an der Nordsee
Stabilisierung ein, an der Ostsee ist dies erst am späten Nachmittag der Fall.
Aufgrund des von Südwesten her erfolgenden Druckanstiegs lebt der Wind im Norden
und Nordosten vor allem in Verbindung mit den weit bis ins Binnenland hinein
auftretenden Schauern mit Böen bis Bft 7 noch einmal auf. Zwischen den Schauern
zeichnen sich im Tagesverlauf vermehrt Auflockerungen ab.
Dazwischen ergibt sich ein breiter Bereich, der sich von NRW und vom südlichen
Emsland bis nach Sachsen und in die Lausitz erstreckt. Kompensierendes Absinken
unterdrückt dort die Schauertätigkeit; von skaligen Niederschlägen wird diese
Region nicht erfasst. Allerdings hält sich meist mehrschichtige Bewölkung, ein
paar Wolkenlücken zeichnen sich allenfalls nach Norden hin ab. Gegenüber den
Vortagen erfolgt eine Milderung, was die Temperatur auf 14 bis 19 Grad mit sich
bringt.

In der Nacht zum Montag wölbt sich der auf die Britischen Inseln übergreifende
Rücken noch etwas auf, was die nordwestliche Strömung über Mitteleuropa
aufsteilen lässt. Die Kaltfront der nach Osten ablaufenden Welle wird hierdurch
an die Alpen gedrückt, was die Niederschläge in Richtung Alpen abziehen, aber
dort unverändert andauern lässt. Staubedingt zeichnet sich in der ersten
Nachthälfte noch einmal eine leichte Intensivierung ab.
Letzte Schauer sind dann noch an der Ostsee zu erwarten, bevor auch dort
Wetterberuhigung einsetzt. Bedingt durch die Ausweitung eines Bodenhochs von
Frankreich auf den Westen Deutschlands bleibt im Norden und Nordosten
Deutschlands der kräftige Gradient bestehen, so dass an der Nordsee weiterhin
Wind- und exponiert an der Ostsee sowie in exponierten Kamm- und Gipfellagen der
nördlichen und östlichen Mittelgebirge teils stürmische Böen Bft 8 auftreten.
Im Bereich des Bodenhochs, d.h. im Westen und Süden Deutschlands, stellt sich
eine gradientschwache Lage ein, so dass sich dort gebietsweise Nebel bilden
kann.

Montag... arbeitet sich der Höhenrücken unter Umwandlung in einen Höhenkeil nach
Osten vor. Dessen Achse erstreckt sich am Abend von der Biskaya über den
Ostausgang des Ärmelkanals hinweg nach Südnorwegen. Das korrespondierende
Bodenhoch verlagert sich mit seinem Schwerpunkt in den Westen und Süden
Deutschlands. Dennoch sollten sich Nebel und Hochnebel im Laufe des Vormittags
auflösen. Mit dem Übergreifen des Hochs lassen die Niederschläge im Schwarzwald
bereits ab Montagfrüh nach, gegen Mittag fallen dann auch am östlichen Alpenrand
die letzten Tropfen. Allerdings hält sich am Alpenrand noch relativ kompakte
Bewölkung. Vor allem in den westlichen Landesteilen zeichnen sich größere
Auflockerungen ab.
Mit dem Übergreifen des Bodenhochs auf den Westen und Süden Deutschlands bleibt
im Norden und Nordosten Deutschlands der kräftige Gradient zunächst noch
bestehen. Somit dürfte der Wind zwischen Ostsee und Erzgebirge sowie in Teilen
der Mitte im Tagesverlauf erneut mit einzelnen Böen Bft 7 aufleben, wobei die
Wahrscheinlichkeit hierfür geringer ist als am Vortag. An der Ostsee und im
nordöstlichen Binnenland flaut ab dem späten Nachmittag der Wind ab und ist dann
nicht mehr warnrelevant. In den Kamm- und Gipfellagen der östlichen
Mittelgebirge können bis zum Abend stürmische Böen Bft 8 auftreten. Während am
Vormittag im Nordosten und vor allem an der Ostsee noch einzelne schwache
Schauer zustande kommen können, wird danach die Schauerneigung zusehends
geringer. Die Tageshöchsttemperaturen erreichen 13 bis 19 Grad.

In der Nacht zum Dienstag setzt sich die Ostverlagerung des Höhenkeils fort.
Dienstagfrüh erstreckt sich dessen Achse von der Biskaya bis nach Lappland.
Folglich verbleibt Mitteleuropa vorderseitig und somit unter einer
nord-nordwestlichen Strömung. Mit geringer werdender Wahrscheinlichkeit können
in der ersten Nachthälfte auf dem Kamm des Erzgebirges noch warnrelevante Böen
auftreten.
Abgesehen vom Norden und Nordosten, wo im Randbereich des Bodenhochs noch etwas
Gradient vorhanden ist, sind die Luftdruckgegensätze gering. Im Süden und Westen
kann es gebietsweise aufklaren. Dann dürfte sich aufgrund der feuchten
Grundschicht relativ rasch teils dichter Nebel bilden.


Dienstag... setzt sich die Ostverlagerung des Höhenkeils fort, so dass
Deutschland unter dessen Achse gelangt. Nachfolgend bringt sich über dem
mittleren Nordatlantik ein kräftiger Trog in Position. Das mit dem Keil
korrespondierende Bodenhoch verlagert sich mit seinem Schwerpunkt über
Süddeutschland hinweg in Richtung Ostalpenraum / Bayerischer Wald. Hierdurch
kommt im Tagesverlauf zögernd eine südliche bis leicht südwestliche, im Süden
eher südöstliche bodennahe Windkomponente auf. Erst zum Abend hin legt im
äußersten Nordwesten der Gradient ein wenig zu, so dass über der offenen Nordsee
und mit geringer Wahrscheinlichkeit auch an der Nordfriesischen Küste erste
Windböen bft 7 aufkommen.
Nebel und Hochnebel sollten sich im Tagesverlauf alsbald auflösen. Im Süden ist
dies, bedingt durch die für eine südöstliche bodennahe Strömung ungünstige
Orografie, wahrscheinlich erst um die Mittagszeit herum der Fall.
Während der Norden und Nordosten zumindest in der ersten Tageshälfte noch von
teils dichteren Wolkenfeldern gestreift wird, die aber keine nennenswerten
Niederschläge mehr zustande bringen, sind ansonsten nach Auflösung von Nebel und
Hochnebel längere sonnige Abschnitte zu erwarten. Dies lässt die Temperatur auf
16 bis 20 Grad steigen.

In der Nacht zum Mittwoch verlagert sich der wetterbestimmende Keil ostwärts,
wodurch sich gesamttroposphärisch eine südwestliche Strömung durchsetzt. Das
korrespondierende Bodenhoch zieht nach Südosteuropa ab, ohne jedoch seinen
Einfluss auf unser Wettergeschehen zu verlieren. Da im Süden und vor allem nach
Südosten hin die Luftdruckgegensätze nach wie vor gering sind, kann sich erneut
teils dichter Nebel bilden. Im Westen und nördlich der Mittelgebirgsschwelle
legt der Gradient bereits zu, so dass sich dort kaum noch Nebel bilden dürfte.
Vielmehr kommen neben der Nordfriesischen Küste und der offenen Nordsee auch an
den Nordrändern der westlichen und nördlichen Mittelgebirge erste Windböen und
in exponierten Kamm- und Gipfellagen stürmische Böen auf. Ansonsten ist der Wind
noch nicht warnrelevant. Der nachfolgende Trog nähert sich bereits den
Britischen Inseln. Die an dessen Vorderseite schleifende Kaltfront wird durch
eine Welle, die ausgangs der Nacht wahrscheinlich auf Schottland übergreift, als
Warmfront rückläufig. Somit zeichnen sich allenfalls zur dänischen Grenze hin
geringe Niederschläge ab. Ansonsten bleibt es noch durchweg niederschlagsfrei.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle stützen weitgehend die oben beschriebene Entwicklung.
Prognoserelevante Unterschiede sind anhand der synoptischen Basisfelder nicht
erkennbar. Erst zum Ende des Vorhersagezeitraumes zeichnen sich geringe
Unterschiede bzgl. der Lage des Troges, der sich den Britischen Inseln nähert,
ab. Dessen Verlagerung nach Osten wird vom aktuellsten Lauf des ICON etwas
hinausgezögert, wogegen UK10 die Achse dieses Troges etwa 200 km weiter östlich
als ICON zeigt. Dies dürfte jedoch im Bereich der Prognosegenauigkeit liegen.
Auch hinsichtlich der in der Nacht zum Mittwoch auf Schottland übergreifenden
Welle sind nur geringe Unterschiede zwischen den einzelnen Modellen zu finden.
Hier ist EZMW (12 UTC) hervorzuheben, das die Welle flacher und über
Mittelengland nach Nordosten ablaufend zeigt.
Auf die Unsicherheiten hinsichtlich der heutigen Niederschlagsprognosen ist
bereits weiter oben hingewiesen worden.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann