DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

07-10-2016 21:00
SXEU31 DWAV 071800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 07.10.2016 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Leicht unbeständig und kühl. An der Ostsee bis Samstag noch teils stürmische
Böen.

Synoptische Entwicklung bis Montag 12 UTC
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Aktuell ... befindet sich Deutschland weiterhin im Einflussbereich eines
Höhentiefs, respektive Kaltlufttropfen, der sich nur sehr schleppend mit seinem
Drehzentrum über Weißrussland hinweg nordwärts verlagert. Dem gegenüber steht
eine schon seit nunmehr mehreren Tagen quasistationäre abgeschlossene
Höhenantizyklone über der nördlichen Norwegischen See. Im Laufe der Nacht zieht
an der Nordwestflanke des Höhentiefs ein Randtrog über Nordostdeutschland hinweg
allmählich in die mittleren Landesteile und weitet sich dabei nach Westen aus.
Südlich davon dreht die Höhenströmung über Süddeutschland auf Nordwest.
Nach wie vor fallen die dynamischen Hebungsantriebe - sei es durch stärkere
Schichtdickenadvektion oder durch Vorticityadvektion - nur marginal aus. Mit
Annäherung des Randtroges sinkt allerdings das gesamttroposphärische
Temperaturniveau etwas ab - in 500 hPa (bis auf -25 Grad im Nordosten) etwas
mehr als in 850 hPa (auf etwa 0 Grad). Besonders in der Nordhälfte resultiert
daraus eine leichte Labilisierung der Luftmasse. So nehmen die bisher meist in
Form leichten Regens oder Nieselregens aufgetretenen Niederschläge gebietsweise
leicht konvektiven Charakter an, insbesondere über der Ostsee, wo die
diabatische Erwärmung der Grundschicht über dem noch teilweise 15 Grad warmen
Oberflächenwasser unterstützend wirkt.
Insgesamt reicht die leicht labile bis indifferente Schichtung nur bis etwa 700
hPa oder knapp darüber, so dass auch an der Ostsee wohl kaum mit Gewittern zu
rechnen ist, wenngleich sie nicht komplett ausgeschlossen sind. Dort werden auch
mit über 5 mm, vereinzelt bis nahe 10 mm die höchsten Mengen simuliert. Im
Südwesten und Nordwesten bleibt es dagegen meist trocken, nennenswerte
Niederschläge (wenige mm) gibt es ansonsten am ehesten noch in den
Nordoststaulagen einiger Mittelgebirge. Mit dem Absinken der Nullgradgrenze
können dort auf den höchsten Gipfeln auch ein paar Schneeflocken fallen.
Im Bodenfeld weitet sich im Bereich des Höhentiefs eine flache Tiefdruckrinne
von Weißrussland bis nach Polen aus. Das kräftige Skandinavienhoch ändert sich
kaum. Somit bleibt der scharfe Gradient im Nordosten aufrecht und an der
Ostseeküste gibt es weiterhin steife, in exponierten Lagen vom Darß bis nach
Rügen auch stürmische Böen (Bft. 7 bis 8).
Insgesamt überwiegen auch in der Nacht die Wolken, Lücken gibt es kaum. Somit
bleibt auch die Nebelwahrscheinlichkeit eher gering, abgesehen von
Sichtbehinderungen durch aufliegende Wolken. Auch mit Frost oder Bodenfrost ist
aus eben diesen Gründen kaum zu rechnen.

Samstag ... verlagert sich das Höhentief noch etwas nach Nordnordwest, ins
Baltikum. Der Randtrog kommt nach Süddeutschland voran. Das Höhenhoch - man
braucht es kaum mehr zu erwähnen - bleibt nahezu ortsfest.
Im Bodenfeld nimmt die bisher eher zonal verlaufende Tiefdruckrinne über
Osteuropa eine leichte Südwest-Nordost- Ausrichtung an, wobei sich ein
abgeschlossenes, wenn auch flaches Tiefdruckgebiet über Nordostpolen bildet. Das
Skandinavienhoch bleibt nahezu unverändert. Der Druckgradient im Nordosten
bleibt unverändert, wobei er sich im Nordwesten ebenfalls etwas verschärft, da
sich - ausgehend vom Skandinavienhoch - ein Keil dorthin ausweitet. Mit steifen
Böen ist somit an der Ostsee verbreitet zu rechnen, in exponierten Lagen dort
auch mit stürmischen Böen - aber auch über der Nordsee können einzelne
warnrelevante Böen aus Nordost bis Ost auftreten.
Mit dem Randtrog weitet sich auch die Höhenkaltluft etwas nach Süden aus, im
ganzen Land sinken die Temperaturen in 500 hPa auf etwa -23 bis -25 Grad,
während sie in 850 hPa weiterhin bei 0 Grad liegen. Somit wird die Luftmasse
weiter labilisiert, vor allem auch im Süden. Somit treten die simulierten
Niederschläge generell mehr und mehr in Schauerform auf. Gewitter sind
angesichts der geringen vertikalen Mächtigkeit der leicht labilen Schicht (bis
etwa 600 hPa) eher weniger wahrscheinlich, wenngleich nicht komplett
ausgeschlossen, gebietsweise werden 50 bis 100 J/kg ML-Cape simuliert. Am
ehesten sind sie wohl noch im Ostseeumfeld denkbar, wo weiterhin das für die
Jahreszeit noch recht warme Wasser unterstützend wirkt. Dort werden auch mit
teilweise über 10 mm in 12 Stunden (Ostvorpommern) die höchsten mengen
simuliert, was wohl auf Schauerstraßen zurückzuführen ist. Warnrelevant sind
diese Mengen aber zumindest zu dieser Jahreszeit noch nicht, im Winter (wenn die
Niederschläge bei Bft. 7 bis 8 als Schnee fallen würden) sähe das freilich ganz
anders aus. Generell weiten sich die Niederschläge auch nach Süden aus. Meist
werden weniger als 5 mm in 12 Stunden simuliert, lediglich in den Staulagen
einzelner Mittelgebirge und auch der Alpen stellenweise mehr. Die
Schneefallgrenze schwankt zwischen 1200 und 1500 m.
Etwas freundlicher dürfte der Tag im Nordwesten verlaufen. Dort sind sowohl
Boden- als auch Höhenfeld sogar leicht antizyklonal konturiert. Zwar werden auch
über der Nordsee leichte konvektive Niederschläge simuliert, ansonsten bleibt es
im nordwestdeutschen Binnenland aber sogar meist trocken. Generell gewinnt die
Sonne aufgrund der labileren Schichtung hier und da vielleicht etwas größere
Spielanteile. Vor allem wird das aber im Nordwesten der Fall sein, während es im
Südosten und an den Nordosträndern der Mittelgebirge teilweise ganztätig trüb
bleibt. An den Höchstwerten (zwischen 7 Grad bei bedecktem Himmel an den
Mittelgebirgen und 15 Grad bei längerem Sonnenschein) ändert sich gegenüber
heute kaum etwas.

In der Nacht zum Sonntag kommt das Höhentief etwas nach Westen, bis nach
Nordpolen voran, der Randtrog verharrt über Süddeutschland. Zwischen beiden
Systemen erstreckt sich ein Höhenkeil nach Nordwestdeutschland.
Das Bodentief verlagert sich ebenfalls etwas westwärts, wodurch der Gradient im
Laufe der zweiten Nachthälfte auch im Nordosten beginnt, etwas aufzufächern.
Somit nimmt der Wind an der Ostseeküste bei Winddrehung auf Nordnordost bis zu
den Frühstunden allmählich etwas ab.
Am Wettercharakter ändert sich im Laufe der Nacht nur wenig. Weiterhin bleibt
höhenkalte und leicht labil bis indifferent geschichtete Luft wetterbestimmend.
Dabei gibt es gebietsweise schauerartige Regenfälle, am häufigsten nach wie vor
im Bereich der ostvorpommerschen Ostseeküste, wo erneut gebietsweise mehr als 5
mm in 12 Stunden simuliert werden (COSMO-EU sogar über 10 mm im Raum
Greifswald), aber auch in den Staulagen der östlichen Mittelgebirge. Die
Schneefallgrenze sinkt dabei noch etwas ab, in windstillen Alpentälern
vielleicht sogar bis nahe 1000 m.
Im Westen und Südwesten dominiert leichter antizyklonaler Einfluss, dort gibt es
- mal abgesehen von der Nordsee, wo das warme Wasser die Luftmasse zusätzlich
labilisiert - keine nennenswerten Niederschläge und die Wolken können auch mal
stärker auflockern. Dann kann sich örtlich Nebel bilden und in ungünstigen Lagen
ist mit leichtem Frost zu rechnen. Glätte durch Reif sollte aber eigentlich kaum
Thema sein.

Sonntag ... zieht das Höhentief bis zum Abend weiter zur dänischen Nordseeküste.
Ein weiteres Drehzentrum entsteht zumindest nach Lesart des ICON aus dem
ehemaligen Randtrog über Süddeutschland und ein drittes über dem Westen der
Ukraine.
Das Bodentief zieht zur südlichen Ostsee und füllt sich allmählich auf, wodurch
sich ein schwachgradientiges Druckfeld über dem Vorhersagegebiet einstellt.
Somit ist auch an der Ostsee der Wind kein Thema mehr.
Ansonsten ändert sich am Charakter der Luftmasse sowohl am Boden als auch in der
Höhe so gut wie gar nichts. Mit dem Tief weiten sich die gebietsweisen
schauerartigen Niederschläge auch wieder nach Nordwestdeutschland aus. Lediglich
im Südwesten und äußersten Westen bleibt es vielerorts trocken. Ansonsten werden
erneut bis zu 5 mm in 12 Stunden simuliert, in einigen Staulagen der östlichen
Mittelgebirge und vor allem an der Ostsee auch mehr. Die Schneefallgrenze steigt
tagesgangbedingt etwas an. Gewitter sind nach wie vor eher weniger
wahrscheinlich, am ehesten wohl noch im Ostseeumfeld. Dort wird im Bereich der
sich dorthin ausweitenden flachen Tiefdruckrinne auch ein leicht konvergentes
Windfeld simuliert, was noch hebungsunterstützend wirken würde.
Die Sonne macht sich nach wie vor rar, der leicht konvektive Charakter lässt
aber durchaus auch mal größere Wolkenlücken zu. Am ehesten reicht es noch im
Südwesten und im äußersten Westen für ein paar Sonnenstunden. Auch die
Temperatur macht keine großartigen Sprünge und bewegt sich in etwa auf
Vortagsniveau.

In der Nacht zum Montag kommt das Höhentief über der dänischen Nordseeküste ein
wenig nach Westen, zur mittleren Nordsee, voran, das Höhentief über
Süddeutschland dagegen geringfügig nach Osten.
Im Bodenfeld bleibt es bei der schwachgradientigen Druckverteilung, wobei sich -
ausgehend von einem kräftigen Tiefdruckgebiet im ukrainisch- russischen
Grenzgebiet - eine flache Rinne bis nach Norddeutschland erstreckt.
Die Schauertätigkeit nimmt tagesgangbedingt allgemein ab, wobei auch etwas
kühlere niedertroposphärische Luft (die 850 hPa- Temperatur geht gebietsweise
auf -2 Grad zurück) für geringfügig stabilere Verhältnisse sorgt. Je nach
genauer Lage und Zugbahn des Höhentiefs über der Nordsee könnte der deutsche
Küstenbereich noch in den "Genuss" höhenkälterer Luftmasse gelangen, wodurch die
Schauertätigkeit dort etwas aufleben würde. Ein solches Szenario mit
Temperaturen bis nahe -28 Grad in 500 hPa hat COSMO-EU auf der Karte und
simuliert über der offenen Nordsee sogar einzelne Gewitter. Ansonsten fallen die
simulierten Niederschläge nur marginal aus.
Eine etwas andere Version hat der aktuelle GFS-Lauf auf der Karte. Danach kommt
das oben erwähnte dritte Höhentief mehr ins Spiel. Es verlagert sich von der
Ukraine bis Montagfrüh nach Südwestpolen, an dessen Nordflanke entsteht ein
Bodentief, das sich dann über Nordwestpolen befindet. An dessen Westflanke
setzen aufgrund von WLA Aufgleitniederschläge ein, die in den Frühstunden auch
auf den äußersten Nordosten Deutschlands übergreifen. Dabei werden im Bereich
Greifswald bis zu 10 mm in sechs Stunden simuliert.
Schwierig abzuschätzen sind die Bewölkungsverhältnisse. Generell dürfte die
Wahrscheinlichkeit für größere Wolkenlücken im Westen und Südwesten noch am
größten sein, was auch von den meisten Modellen so geteilt wird. Sollte es
länger klar bleiben, kann sich natürlich wieder Nebel bilden und auch leichter
Frost ist in ungünstigen Lagen möglich.

Montag ... wird der ganze Höhentiefkomplex etwas nach Süden gedrückt; das
Nordseehöhentief zieht zum Ostausgang des Ärmelkanals, das über Süddeutschland
nach Südösterreich. Nördlich davon kann sich das inzwischen seinen Schwerpunkt
nach Nordskandinavien verlagerten Höhenhoch etwas nach Süden ausweiten, so dass
die Höhenströmung im äußersten Norden des Landes auf Ost dreht und eine leicht
antizyklonale Kontur annimmt.
Auch im Bodenfeld wird die nur flache Tiefdruckrinne ein wenig nach Süden
gedrückt und füllt sich sogar noch etwas auf. Somit bleibt es zunächst bei einer
äußerst flachen Druckverteilung über dem Vorhersagegebiet, lediglich im
Nordosten ist noch etwas Gradient vorhanden. Erst zum Abend hin weitet sich auch
im Bodenfeld der Hochdruckeinfluss etwas nach Süden aus, so dass sich im Bereich
der Ostseeküste der Gradient beginnt zu verschärfen. Ob es dort aber bereits für
warnrelevante Böen aus Ost bis Nordost reicht, ist noch fraglich.
An der Nordflanke der Tiefdruckrinne kommt es von Osten her auch verstärkt zu
WLA, die auf den Nordosten des Landes übergreift. ICON-Nest und COSMO-EU
simulieren dort und über der Ostsee entsprechend auch Niederschläge zwischen 1
und 5 mm in 12 Stunden.
Insgesamt ist die Luftmasse etwas weniger labil geschichtet als an den Vortagen,
da die Temperatur in 500 hPa etwas ansteigt, in 850 hPa und in Bodennähe aber
quasi unverändert bleibt. Somit sollten sich deutlich weniger Schauer als an den
Vortagen entwickeln, was von den Modellen auch so postuliert wird. Lediglich
südlich der Donau werden vor allem seitens COSMO-EU verbreitet 1 bis 5 mm,
stellenweise bis knapp über 10 mm in 12 Stunden simuliert, was wohl
Hebungsprozessen an der Nordflanke des Höhentiefs über den Alpen geschuldet ist.
Diese können teilweise bis deutlich unter 1500 m als Schnee fallen.
Nach wie vor zeigt das GFS mit einem Höhentief über Südwestpolen bzw. der
Lausitz eine etwas andere Entwicklung. Das korrespondierende Bodentief soll sich
über Nordbrandenburg noch etwas verstärken. Vor allem an dessen Westflanke
werden verbreitet Niederschläge mit Mengen bis 10 mm in sechs Stunden, in
Staulagen gar bis 15 mm, die von Nordosten her sich nach Westen ausweiten und
bis zum Abend auch das östliche Niedersachsen, Nordhessen und Thüringen
erreichen. Warnwürdige Mengen werden dabei nicht simuliert, von Warnrelevanz
wäre allerdings der Wind, der an der Nordwestflanke des Tiefs vor allem im
Bereich der Ostseeküste Böen Bft. 7 bis 8 aus Ost bis Nordost erreichen könnte.
Wann und wo wie lange die Sonne scheint, lässt sich aktuell nicht zuletzt wegen
dieser Modellunsicherheiten nur schwer abschätzen. Nach wie vor scheint der
Westen und Südwesten bevorzugt zu sein. Am Temperaturniveau ändert sich nur
wenig.



Modellvergleich und -einschätzung
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Die Wetterentwicklung am Wochenende wird von allen vorliegenden Modellen ähnlich
simuliert. Die vorhanden geringen Differenzen bzgl. der räumlichen Verteilung
der nur leichten Niederschläge sind weder warn-, noch prognoserelevant. Größer
werden die Unterschiede dann in der Nacht zum und am Montag, wo vor allem das
GFS eine etwas andere Lösung in petto hat. Das wurde im Text aber recht
ausführlich erläutert.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff