DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

15-09-2022 08:30
SXEU31 DWAV 150800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 15.09.2022 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
NWz

Heute im Süden gebietsweise Starkregen, vereinzelt auch starke Gewitter,
Unwetter nicht ganz ausgeschlossen.
Am Freitag und bedingt am Samstag im Nordwesten vor allem an der Nordsee
Starkregengefahr durch Schauer und Gewitter, Mengen über 25 l/qm in einigen
Stunden nicht ausgeschlossen.
Ab heute Abend an der Küste vor allem an der Nordsee Böen Bft 8, ab morgen Abend
an der Nordsee auch Bft 9.
Auf exponierten Bergen stürmische Böen.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 24 UTC
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Donnerstag... Deutschland liegt heute im Einflussbereich eines umfangreichen,
quasistationären und hoch reichenden Tiefs (Queenie) knapp nördlich von
Stockholm. Seine Kaltfront hat das nördliche Süddeutschland erreicht und zieht
heute bis zum Abend langsam zu den Alpen. An die Kaltfront ist ein Band mit
kräftigem Regen gebunden, das örtlich Starkregenmengen über 20 l/qm in 2 bis 4
Stunden bringen kann. Präfrontal entwickelt sich südlich der Donau ab Mittag
nochmal ML-Cape zwischen 300 und 500 J/Kg bei PPWs zwischen 25 und 30 mm und so
können sich im Bereich eines Randtroges, der Ebenfalls zu den Alpen zieht,
abermals kräftige Gewitter entwickeln, die durchaus Böen Bft 8 bis 9 und auch
kleinen Hagel bringen können. Selbst unwetterartige Entwicklungen sind bei
mäßiger Scherung (zwischen 0 und 1 km rund 15 m/s) möglich. Über Norddeutschland
sorgt ein flacher Randtrog, der ebenfalls heran schwenkt, immer wieder für kurze
Schauer, am Nachmittag und Abend auch für kurze Gewitter an der See, wobei
stürmische Böen nicht ausgeschlossen sind (Wind in 850 hPa: 25 bis 30 kt). Am
Abend sind im Raum Sylt und Rügen ebenfalls stürmische Böen möglich.
Die Höchstwerte erreichen ganz im Süden vor der Kaltfront noch 21 bis 23 Grad,
sonst nur noch 17 bis 20 Grad mit den höchsten Werten im Rhein-Main-Gebiet.
Der Wind weht im Binnenland mäßig bis frisch mit 5er und 6er Böen aus West bis
Nordwest.

In der Nacht zum Freitag zieht die Kaltfront nach Süden ab, so dass die
Regenfälle in der zweiten Nachthälfte weitgehend nachlassen. Zudem lässt der
Wind sowohl im oberen Alpenvorland und auch auf den Bergen nach. Ganz
Deutschland liegt im Zirkulationsbereich des Tiefs bei Stockholm. Der Gradient
im Norden nimmt weiter zu, so dass über der See verbreitet stürmische Böen
erwartet werden. Mit geringer Wahrscheinlichkeit sind gegen Morgen im Raum Sylt
und Rügen/Hiddensee auch Sturmböen möglich (EPS-Ergebnisse einschließlich
ICON-D2-EPS). In der Höhe breitet sich der Trog nebst Höhenkaltluft immer weiter
südwärts aus, was über den Meeren die Konvektion in Gang bringt, so dass im
Küstenbereichsich die Schaueraktivität sogar noch etwas zunimmt. Insbesondere in
Ostfriesland deutet sich durch auflandigen Wind und Küstenkonvergenz auch etwas
stärkere Regenakkumulation an.

Wolkenauflockerungen bleiben in der Nacht noch die Ausnahme. Deswegen wird es
noch nicht besonders frisch mit Tiefstwerten zwischen 12°C im Süden und 7°C im
nördlichen Bergland.

Freitag... Zwischen dem nach Finnland ziehenden Tief und dem Hoch, das zu den
Westhebriden wandert, stößt Kaltluft weiter nach Süden vor, so dass sich der
Höhentrog vor allem im Westen, von der Nordsee bis Benelux weiter nach Süden
ausweitet. Etwas großräumiger betrachtet liegen jetzt große Teile Europas unter
einem langwelligen Höhentrog. Im Einflussbereich des Tiefs gibt es bei uns West-
bis Nordwestwind, der bei noch etwas zunehmendem Gradienten bis ins norddeutsche
Flachland mit steifen Böen daherkommt. Auch im Süden nimmt der Wind zu und weht
mäßig bis frisch. Weiterhin in Böen stürmisch und exponiert mit Sturmböen bläst
der Wind über der See, wobei er über der Nordsee auf Nordwest dreht. Der
Rückgang der Temperatur in der mittleren Troposphäre geht mit entsprechender
Labilisierung über den Meeren einher und damit greifen Schauer und Gewitter auch
auf Binnenland über oder bilden sich neu. Insbesondere am Nachmittag deuten
ICON-D2 (inclusive EPS) über dem nördlichen Niedersachsen und in Dithmarschen
Regensummen im warnwürdigen Bereich an. Auch ganz im Süden soll sich ein kleines
Regengebiet bilden (wahrscheinlich durch PVA auf der Vorderseite des
Langwellentroges), das sich später an die Alpen legt.
Im Norden und im Süden darf man folglich nicht viel Sonne erwarten, etwas besser
sieht es über der Mitte aus. Auch wenn das niedertroposphärische
Temperaturniveau sich vorübergehend recht konstant hält, sorgen die windigen und
trüben Verhältnisse für weiteren Temperaturrückgang, so dass nur noch 15 bis 18
Grad, im Lee des Harzes vielleicht 19 Grad erreicht werden.

In der Nacht zum Samstag stoßen Trog und Höhenkaltluft weiter zu den Alpen vor,
was bei uns auch im Süden für einen weiteren Temperaturrückgang sorgt. In 850
hPa liegen die Temperaturen nur noch zwischen +1 und +4 Grad, die
Schneefallgrenze sinkt dementsprechend in den Alpen je nach
Niederschlagsintensität teils deutlich unter 2000 m ab.

Vor allem über der See hält die teils gewittrige Konvektion an. Außerdem zieht
ein Gebiet mit schauerartigem Regen, das an einen Bodentrog gekoppelt ist, von
Nordwestdeutschland nach Südosten. Dieses ist aus einem WLA-Gebiet
hervorgegangen. Das hat zur Folge, dass auch diese Nacht wieder ziemlich bewölkt
verläuft: Die Temperatur geht an der See auf etwa 11 Grad zurück, sonst auf 9
bis 5 Grad mit den tiefsten Werten im südlichen Mittelgebirgsraum.

Der Wind nimmt an der Nordsee noch etwas zu, so dass dort die Sturmböen öfter
mal auftreten. An der Ostsee bleibt es meist bei einzelnen 7er Böen aus
Nordwest.


Samstag... wird der über dem Süden liegende Höhentrog durch einen Randtrog, der
von Westdeutschland zu den Alpen schwenkt, regeneriert. Bis zum Abend erreicht
der entstehende Trog eine Linie Neiße-Nordwest-Balkan. Dabei zieht ein Gebiet
mit höhenkalter Luft von Nordwestdeutschland über die Mitte nach Bayern
(Temperatur in 500 -25 Grad und kälter). So muss im Tagesverlauf fast überall
mit Schauern und später auch mit einzelnen Gewittern gerechnet werden. Nur ganz
im Westen und Südwesten ist die Gewittergefahr gering. Dabei liegen über Tag die
Niederschlagsmengen meist im einstelligen Bereich, nur im Nordseeküstenbereich
sind vereinzelt Starkregenmengen möglich (EPS-Ergebnisse von ICON und IFS sowie
CosmoLEPS). Die Schneefallgrenze liegt recht niedrig und sinkt zeitweise bis an
die 1500 m. Dabei sind in den Alpen ab 1700 bis 1800 m Neuschneemengen zwischen
5 und 10 cm, in Staulagen teils über 20 mm in 12 Stunden realistisch. In den
Alpen (vor allem im Westallgäu) gibt es Signale für mehr als 30 l/qm
Niederschlag in 24 Stunden.

Der Gradient bleibt über der Nordsee weiterhin bissig mit Böen Bft 8 bis 9 aus
Nordwest. Von den Nordwestlichen Mittelgebirgen bis zur Nordsee sind auch in
tiefen Lagen einzelne steife Windböen möglich. An der Ostsee ist der Gradient
soweit aufgeweicht, dass wahrscheinlich nicht mal 7er Böen auftreten.

Vor allem im Südosten wird es mit 10 bis 13 Grad kälter sein als am Vortag.
Ansonsten ist es mit 14 bis 17 Grad nicht ganz so frisch. Dabei ist es im
Nordosten am wärmsten.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die externen Modelle simulieren recht ähnlich.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Olaf Pels Leusden