DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

13-09-2022 17:30
SXEU31 DWAV 131800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 13.09.2022 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
In der Mitte bis Donnerstag Dauerregen, morgen vor allem im Süden konvektive
Umlagen bis hin zu unwetterartigen Entwicklungen. Im Norden gibt es an der Küste
exponiert stürmische Böen.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 12 UTC
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Aktuell ... und in den nächsten Tagen wird das Wetter bei uns durch ein
Vierer-Druckfeld bestimmt. Dabei steht im Norden dem nach Südskandinavien
abziehenden hochreichenden Tiefs QUEENIE ein Hoch über dem östlichen Atlantik
gegenüber. Im Süden liegt westlich der Iberischen Halbinsel ein ehemaliger
Tropensturm (Ex-DANIELLE) und dem Hoch RONALD über Süd- und Südosteuropa. Das
nördliche Paar transportiert erwärmte Meereskaltluft, von Süden wird dagegen
warme Subtropikluft zu uns befördert. Das führt dazu, dass aktuell die
Temperaturen im Südwesten in 850 hPa Niveau bei 20 Grad und an der dänischen
Grenze bei 5 Grad liegen. Dadurch liegt vor allem über der Mitte Deutschlands
ein hoch-baroklines thermisches Feld, bei dem nur ein leichter Impuls ausreicht
um für Niederschläge zu sorgen.

In der kommenden Nacht wird der flache Höhenkeil, der sich vom Mittelmeerraum
bis nach Süddeutschland erstreckt, weiter abgetragen. Weiterhin nähert sich von
den Britischen Inseln her ein Randtrog. Das wirkt auf die in den Südwesten
eingeströmte feucht-labile Subtropikluft. Sie ist charakterisiert mit PPW Werten
von bis zu 40 mm, labiler Schichtung, MU-CAPE bis 500 J/kg. Hinzu kommt noch
Scherung (LLS bis 15 m/s, DLS um 20 m/s). Gegen eine verbreitete
Gewittertätigkeit, wie z.B. von ICON-DE simuliert, spricht aber die Tageszeit
und die nicht so überbordend vorhandene Dynamik. Von daher sind vor allem im
Südwesten die ersten Gewitter mit Starkregen zu erwarten.
Daher fällt in einem breiten Streifen in der Mitte skaliger Regen, wobei noch
nicht klar ist, wo diese konvektiv verstärk werden.
Die Modelle simulieren bis morgen früh von Rheinland-Pfalz/Saarland und NRW im
Westen bis nach Thüringen und Franken 5 bis 15, lokal auch um 20 l/qm. Die
hochaufgelösten Modelle prognostizieren auch Streifen mit mehr als 25 l/qm, was
auf konvektive Verstärkung schließen lässt.

Südlich der Donau bleibt dagegen meist ruhig oder es gibt nur geringfügigen
Regen. Im Norden bleibt allgemein trocken. An der Küste gibt es vor allem im
Bereich der Nordfriesischen Inseln und an den Ostseeinseln steife Böen (Bft 7)
aus Nordwest bis West, exponiert auch stürmische Böen (Bft 8).


Mittwoch ... liegt die quasistationäre Luftmassengrenze weiterhin über der Mitte
Deutschlands und darin wandert eine flache Bodenwelle von West nach Ost. Des
Weiteren wird Nachmittags und Abend ein Randtrog von der Nordsee bis zum
Tagesende in unseren Nordwesten und Westen geführt. Beide Entwicklungen führen
zu einer Intensivierung der Wetteraktivität. Im Tagesverlauf kommen so nach den
Modellen akkumuliert 10 bis 25 l/qm, in Staulagen bis 35 l/qm und bei intensiver
lokaler Konvektion auch mehr zusammen.

Im Süden, d.h. in Bayern, Baden-Württemberg und in den südlichen Bereichen von
Rheinland-Pfalz und Hessen kommt es in der zweiten Tageshälfte, mit Annäherung
des Troges, zu Gewittern mit Starkregen. Die konvektiven Zutaten sind weiterhin
in ausreichender Menge verfügbar: hohe PPW Werte, vorhandene Labilität, CAPE und
recht gute Scherungsbedingungen. Daher ist auch organisierte Konvektion mit der
Möglichkeit zur Entstehung auch von Superzellen gegeben.

Neben dem Niederschlag kommt es gradientbedingt zur Windauffrischung in
Süddeutschland. Dabei gibt es Böen der Stärke Bft 7, im Alpenvorland aufgrund
des Leitplankeneffekt und in höheren Lagen auch zu stürmischen Böen (Bft 8).

Im Gegensatz dazu kann man den Wetterablauf im Norden eher als ruhig bezeichnen.
Es ist meist trocken, lediglich in Küstennähe gibt es Schauer und das alles bei
Temperaturen bis knapp 20 Grad.

In der Nacht zu Donnerstag kommt der Randtrog in unseren Vorhersagebereich voran
und drückt dadurch die Luftmassengrenze langsam nach Süden voran. Auf den Norden
greift eine weitere Kaltfront über und hat rückseitig einen weiteren Schwall
maritimer Polarluft im Gepäck. Sie ist allerdings wenig wetteraktiv. Mit der
Kaltfront nimmt allerdings der West-Nordwestwind auf der Südwestflanke des immer
noch im Bereich Stockholm befindlichen Tief QUEENIE zu. Im Küstenbereich gibt es
wieder vermehrt Bft 7, auf den Nordfriesischen Inseln Bft 8.

Im Süden kommt es zu weiteren Regenfällen und Gewitter mit Starkregen, der
teilweise auch mehrstündig ausfallen kann. Allerdings sind die Strukturen, wo
skaliger Regen und wo konvektiv verstärkter Niederschlag auftritt, zunehmend
unscharf. Nach Auslaufen der Dauerregenwarnungen sollte dann mit kürzerfristigen
Starkregen- und Gewitterwarnungen gearbeitet werden. Die Modelle simulierten
meist 10 bis 25 l/qm, bei Konvektion allerdings mehr.


Donnerstag ... verbleibt der o.e. Trog über Mitteleuropa. Auf seiner Rückseite
läuft ein kurzwelliger Randtrog südwärts und in der Folge weitet er sich etwas
weiter nach Süden aus. Dadurch wird die Kaltfront nach Süden in Richtung Alpen
gedrückt. Das hochreichende Tief QUEENIE befindet sich weiterhin mit seinem Kern
im Seegebiet knapp östlich von Stockholm. Seine nördliche Kaltfront kommt etwas
weiter in Richtung Mitte voran, bleibt aber wenig wetteraktiv. Dahinter wird
nach wie vor Polarluft zugeführt. Dies sorgt dafür, dass die T850 an der
dänischen Grenze auf 3 Grad absinkt.

An der Küste herrscht am Donnerstag weiterhin ein lebhafter West- bis
Nordwestwind mit Böen Bft 7 und exponiert bis Bft 8. Im Norden ist es meist
wechseln wolkig, an den Küsten sind auch längere sonnige Abschnitte drin.

Dagegen ist es auch am Donnerstag in Süddeutschland warntechnisch interessanter.
Die Annäherung der südlichen Kaltfront bewirkt erneut die Bildung von weiteren
kräftigen Schauern und Gewittern, verbunden mit Starkregen bis hin zur
Unwettergefahr. Fraglich ist nach wie vor, in wie fern an den Alpen die
konvektiven Niederschläge in Dauerregen übergehen und eine entsprechende Warnung
nötig sein wird. Neben dem Niederschlag ist auch der Wind präfrontal warnwürdig.
Aufgrund des Leitplankeneffekts an den Alpen muss im Alpenvorland mit Böen der
Stärke 7 bis 8 gerechnet werden.

Die Temperaturspanne reicht von 17 Grad an der See bis zu 20 bis 22 Grad in
Süddeutschland.

In der Nacht zu Freitag erreicht die südliche Kaltfront endgültig die Alpen und
die nördliche Kaltfront erreicht Süddeutschland. Insgesamt kommt es im Süden zu
einer Abnahme der konvektiven Aktivität und der Wetteraktivität insgesamt. Die
nördliche Kaltfront weist weiterhin wenig Wetteraktivität auf.

Im Norden dagegen wird es unbeständiger. Schuld daran ist die einströmende
Höhenkaltluft (unter -22 Grad), die über der noch recht warmen See zu Schauern
und kurzen Gewitter führt, die bis aufs Land übergreifen können. In der
maritimen Polarluft, die sich mittlerweile bis an die Alpen ausgebreitet hat,
sinken die nächtlichen Temperaturen verbreitet unter 10 Grad. Ausnahmen sind nur
die Küste und Teile Süddeutschland mit Minimumtemperaturen von 10 bis 13 Grad.


Freitag ... wird der Trog über West- und Mitteleuropa durch die KLA von Westen
her intensiviert und breitet sich weiter nach Süden aus. Dadurch wird die
Höhenkaltluft (T500 unter -20 Grad) bis in den Südwesten und Süden geführt. Die
Trogintensivierung drückt das hochreichende Tief QUEENIE weiter nach Osten in
Richtung Finnland. Durch diese Entwicklung erstreckt sich die Trogachse am
Tagesende von Finnland nach Ost-Frankreich.

Am Boden ist die südliche Kaltfront inzwischen bis nach Norditalien
vorangekommen. Das nördliche Tief wandert im Tagesverlauf von der südlichen
Mitte weiter in Richtung Alpen.

Das Wetter am Freitag ist vor allem im Westen und Süden durch kurze Schauer
geprägt. Mengenmäßig ist das nicht sonderlich ergiebig, lokal können auch mal
bis 10 l/qm in 12 Stunden zusammenkommen. Gegen Abend kommt es mit Trogannährung
im Südwesten auch zu kurzen Gewittern, die aber voraussichtlich mit einer
markanten Warnung wegen Starkregen abgewarnt werden können. An den Alpen kann es
auch länger andauernd regnen, in wie weit es dort auch zu markantem Dauerregen
kommen kann ist zum jetzigen Zeitpunkt noch fraglich.

Der Wind spielt vor allem in der Nordhälfte eine Rolle: an der Küste gibt es Bft
7, exponiert auch Bft 8. Selbst in küstenferneren Gebieten kann es in Verbindung
mit Schauern zu steifen Böen kommen.
Ansonsten ist wolkig, Aufheiterungen gibt es am ehesten im Norden bei
Höchstwerten zwischen 16 und 19 Grad.



Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle stimmen prinzipiell recht gut überein. Probleme gibt es naturgemäß
bei den Niederschlagsprognosen, wobei die Region mit Dauerregen (vgl. Warnseite)
eigentlich unstrittig ist. Unschärfen gibt es dagegen bei den prognostizierten
Mengen und bei der Positionierung der Gewitter. Daher ist bzgl. der konvektiven
Niederschläge Nowcasting nötig.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Rolf Ullrich