DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

11-09-2022 10:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 11.09.2022 um 10.30 UTC



Mittwoch und Donnerstag gebietsweise Stark- und Dauerregen. Über der Südhälfte
kräftige Gewitter mit Unwettergefahr.
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Synoptische Entwicklung bis zum Sonntag, den 18.09.2022


Am Mittwoch hat sich über Europa ein klassisches Viererdruckfeld aufgebaut. Den
Hochdruckgebieten über Nordwesteuropa und dem Balkan steht tiefer Druck über
Südwesteuropa und Skandinavien gegenüber. Bei stark frontogenetischen Wind- und
Temperaturfeldern hat sich über Mitteleuropa eine markante Luftmassengrenze
gebildet, die über die Mitte Deutschlands verläuft und kühle Meeresluft im
Norden von instabiler Warmluft über dem Süden trennt. An ihr fällt verbreitet,
teils ergiebiger Regen, zur warmen Luft hin sind kräftige Gewitter möglich. Die
Regenfälle können (markante?) Warnschwellen reißen, in den Gewittern sind bei
gut ausgeprägter Scherung und hohem Wassergehalt der Warmluft Unwetter möglich.
Am Donnerstag weitet sich ein Langwellentrog von Skandinavien nach Süden aus und
drückt die Luftmassengrenze südwärts. Zudem verstärkt sich über dem Norden und
der Mitte die Zufuhr von feuchtkühler Meeresluft polaren Ursprungs. Insbesondere
südlich des Mains regnet es noch längere Zeit, zum Teil kräftig mit der Option
warnrelevanter Niederschlagsmengen und einzelnen kräftigen Gewittern. Von Norden
breiten sich dagegen Schauer und vereinzelt kurze Gewitter bis in die Mitte aus.
Dazu frischt der Wind aus nordwestlichen Richtungen auf mit stürmischen Böen an
der See.
Am Freitag dehnt sich der Langwellentrog über Mitteleuropa weiter nach Süden
aus, wobei er mit seiner Achse nur langsam nach Osten vorankommt. Am Rand des
steuernden Tiefs über Finnland fließt in Staffeln kalte Meeresluft (T850: +1 bis
+8°C, von Nordwest nach Südost) ein, in der es zu zahlreichen Schauern und
kurzen Gewittern kommt. Zudem weht kühler Nordwestwind mit steifen Böen bei
Schauern und stürmischen Böen im höheren Bergland und an der See. Höhere,
eventuell warnrelevante Niederschlagsmengen sind in Staulagen und bei
wiederholten Schauern, z.B. in Schauerstraßen nicht ausgeschlossen.
Am Samstag setzt sich der Zustrom kalter und feuchter und labiler Meeresluft
über die Nordsee und Südskandinavien zu uns fort. Der Langwellentrog verschiebt
sich mit seiner Achse ins östliche Mitteleuropa und über Westeuropa baut sich
eine Hochdruckzone auf, die aber wahrscheinlich keine Auswirkungen auf unser
Wetter hat. Vielmehr geht das wechselhafte und kühle Schauerwetter mit einzelnen
kurzen Gewittern und kräftigem Wind vor allem bei Schauern und an den Küsten
weiter. Wie schon am Vortag wird die 20°C kaum noch erreicht.
Am Sonntag wird der Haupttrog östlich von uns durch kurzwellige Anteile
regeneriert, die auch über Deutschland den wechselhaften Wettercharakter
aufrechterhalten. Es bleibt dabei kühl und teilweise windig. Eine
Randtiefentwicklung könnte über der Nordosthälfte eine deutliche Windzunahme
bewirken, was aber noch sehr unsicher ist. Das Hochdruckgebiet über Westeuropa
nähert sich zwar etwas an, kann aber wahrscheinlich nur im Westen und Südwesten
für eine langsame Wetterberuhigung sorgen.
In der erweiterten Mittelfrist greift von Westen her ein Höhenrücken über
verbunden mit der Ausweitung des Bodenhochs nach Mitteleuropa und bringt eine
Wetterberuhigung.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die Konsistenz des europäischen Modells ist aktuell gut. Das Szenario mit der
anfänglichen Luftmassengrenze und dem nachfolgenden Trogvorstoß wurde auch in
den Vorläufen gezeigt. Etwas unsicher ist die genaue Lage der Luftmassengrenze
und wie schnell diese nach Süden abgedrängt wird. Hier scheint der letzte Lauf
etwas schneller als sein Vorgänger. Auch die Konfiguration des Troges danach und
wie rasch der Höhenrücken näherkommt sind mit Unsicherheiten behaftet. Lage und
Intensität der Regenfälle und Gewitter am Mittwoch und Donnerstag sind
naturgemäß mit größeren Unschärfen behaftet, warnwürdig sollte der Regen
gebietsweise aber schon werden, in welchem Ausmaß darf abgewartet werden.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Auch aus Sicht des Modellvergleichs lassen sich kaum andere Schlüsse ziehen.
Weder GFS, ICON noch UKMO entwickeln alternative Lösungen. Lage und Intensität
der Luftmassengrenze sehen jeweils etwas anders aus, wie auch die daran
geknüpften Regenfälle. Es zeichnet sich ein Regenschwerpunkt über der Mitte und
dem Südwesten ab mit gebietsweise markantem Stark- oder Dauerregen und
Gewittern. Lokal orografisch verstärkt sind aber unwetterartige Regenmengen
möglich.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Ensembles stützen anhand der Rauchfahnen die Aussagen des Hauptlaufs. Die
Kurven der Temperatur in 850 hPa und des Geopotentials in 500 hPa verlauf
zunächst eng gebündelt um den Hauptlauf herum. Der Spread beim Geopotential wird
schon am Wochenende größer, da etliche Member den Trog langsamer abziehen
lassen, die Temperaturentwicklung wird wohl erst im Verlauf der erweiterten
Mittelfrist unsicher. Hier stehen die Zeichen auf sehr kühl. Die
Niederschlagssignale konzentrieren sich auf die Wochenmitte; am Mittwoch vor
allem über der Mitte, am Donnerstag besonders über dem Süden.
Die 4 Cluster im Zeitraum bis +96h unterscheiden sich nicht viel bei uns. Bis
+168 h werden 2 Cluster gebildet, die beide ein meridionales Strömungsmuster
entwickeln mit dem Höhenrücken über dem Nordostatlantik und einem Trog über
Mitteleuropa. Auch hier sind die Unterschiede für unser Wetter eher gering, es
läuft nach der Luftmassengrenze auf eine Troglage, bzw. auf eine zyklonale NW
oder Nordlage hinaus.
In der erweiterten Mittelfrist überwiegen zwar die antizyklonalen Lösungen, ganz
sicher ist eine solche Entwicklung aber nicht.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Zur Wochenmitte sind an einer Luftmassengrenze ergiebige Regenfälle, zunächst
über den mittleren Landesteilen, dann im Süden zu erwarten. Sowohl die
deterministischen Modelle, als auch die probabilistischen Verfahren liefern
Hinweise auf meist markanten Dauerregen von Dienstagnachmittag bis in den
Donnerstag. Gebietsweise sind 30 bis 50 l/qm in 24 Stunden möglich, im Südwesten
in Staulagen zwar auch mehr, aber generell sind über der Südhälfte auch Gewitter
mit dabei, die mit dem Regen einhergehen. Dank hoher Feuchte, instabiler
Schichtung und Scherung sind auch organisierte Gewitter mit Unwetterpotential
neben Starkregen auch durch Hagel und Sturmböen möglich. Deutliche Signale
liefern u.a. die hohen Cape Shear Werte über der Südhälfte. Unsicherheiten sind
naturgemäß in der Verteilung und Intensität der Regenfälle/Gewitter vorhanden,
markante Warnungen werden aber wahrscheinlich nötig. Die Gewitter können
Unwettercharakter annehmen.
Ab Donnerstag setzt sich von Norden eine kühle und windige Troglage durch, mit
kurzen Kaltluftgewittern.
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Basis für Mittelfristvorhersage
MosMix, IFS (EPS)
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Bernd Zeuschner