DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

05-09-2022 17:01
SXEU31 DWAV 051800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 05.09.2022 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Am Dienstag und Mittwoch gebietsweise kräftige Gewitter, lokal Unwettergefahr
aufgrund von Starkregen, allmählich nach Nordosten vorankommend. Dazu warm bis
sehr warm. In der Nacht zum und am Donnerstag von Südwest nach Nordost vermehrt
kräftige Gewitter mit erhöhtem Unwetterpotenzial und Temperaturrückgang.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 12 UTC
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Aktuell ... fällt beim Blick auf die 500- bzw. 300 hPa-Geopotenzialverteilung
ein sich schon in den vergangenen Tagen durch eine außerordentlich hohe
Persistenz auszeichnendes meridionales Muster ins Auge mit einem Langwellentrog
über Nordost- bzw. Osteuropa, einem quasistationären Höhentief knapp westlich
von Irland und einem Höhenkeil, der sich vom westlichen Mittelmeerraum über
Mitteleuropa und Südskandinavien nordnordwestwärts bis zum Nordmeer erstreckt.
Die entsprechenden und für den Wetterablauf im Vorhersagegebiet verantwortlichen
Protagonisten im Bodenfeld sind einerseits eine langgestreckte Hochdruckzone,
die vom Nordmeer bzw. der Norwegischen See südostwärts über weite Teile
Skandinaviens, der Ostsee und dem Baltikum bis nach Polen, Weißrussland und zur
Ukraine reicht. An deren Südwestflanke strömt von Ostsüdost her trockene und
warme Festlandsluft in den Norden und Osten Deutschlands. Andererseits reicht
vorderseitig des Höhentiefs eine flache Tiefdruckrinne über Frankreich hinweg
nordwärts, an deren Ostflanke etwas feuchtere, vor allem aber auch wärmere Luft
subtropischen Ursprungs in den Süden und in die Mitte des Vorhersagegebietes
vorgedrungen ist. Die in eine flache Tiefdruckrinne eingebettete, nachts
quasistationäre "Luftmassengrenze" wird markiert sowohl durch eine noch bis ins
nordöstliche Niedersachsen reichende Warmfront in der Bodenanalyse als auch
durch ein leicht konvergentes Windfeld (Südost bis Ost mit Böen Bft 5 bis 6, an
den Küsten exponiert auch warnrelevante Bft 7 im Norden bzw. Nordosten,
schwacher südsüdöstliche Winde im Rest des Landes). Sie erstreckt sich in einem
recht breiten Streifen in etwa von Ostfriesland bis zum Erzgebirge, wobei sich
dort auch eine schwache Feuchteflusskonvergenz mit gegenüber der Umgebung leicht
erhöhten PPW-Werten (etwa 25 bis 30 mm) etabliert hat. Zwar wirkt der Keil
natürlich konvektionshemmend, allerdings wurde bzw. wird er von flachen
kurzwelligen, selbst im hochaufgelösten Geopotenzialfeld aber kaum erkennbaren
Troganteilen überlaufen, wodurch er zögerlich abgebaut und geschwächt wird, so
dass sich vor allem in den zentralen und östlichen Mittelgebirgen höher
reichende Quellwolken mit vereinzelten Schauern und Gewittern entwickeln
konnten. Diese klingen im Laufe der Nacht aber in der Regel rasch ab. Auch
unmittelbar im Vorfeld zur Warmfront haben sich über dem Hamburger Raum und dem
südlichen Schleswig-Holstein etwas kompaktere Quellwolken gebildet, aus denen
einzelne Schauer fallen, die sich im Laufe der Nacht ebenfalls auflösen dürften.

Somit verläuft die kommende Nacht großenteils ruhig und störungsfrei. Flache
Quellwolken lösen sich auf, über den Norden und Westen ziehen zeitweise dünne
und hohe Wolkenfelder, die der WLA auf der Vorderseite des Höhentiefs geschuldet
sind. Vor allem im Süden und im Nordosten bleibt der Himmel aber vielerorts
gering bewölkt oder klar, am ehesten im Südosten bildet sich örtlich Nebel, in
der "östlichen Mitte" (Sachsen, Südbrandenburg) eventuell auch Hochnebel. Mit
Tiefstwerten zwischen 18 und 10 Grad verläuft die Nacht vor allem im Westen
relativ mild.
Mit dem zögernden Abbau des Keils kann die Luftmasse im Laufe der Nacht in der
Westhälfte zunehmend labilisieren, auch im Bodenfeld setzt sich leichter
Druckfall fort und in den äußersten Westen bzw. Südwesten sickert von Frankreich
her bereits eine etwas feuchtere Luftmasse mit PPW-Werten um oder etwas über 30
mm. Von Frankreich und Belgien her wird dort zugleich schwacher dynamischer
Hebungsantrieb simuliert und am Nachmittag bzw. Abend gab es im Bereich der
Vogesen nahe der deutsch-französischen Grenze sowie im Schwarzwald bereits erste
kräftigere Gewitter. Noch ist unklar, ob von Frankreich her im Laufe der Nacht
weitere Gewitter auf den Südwesten übergreifen können. ICON-D2 simuliert so gut
wie keine Gewitteraktivität und auch die EPS-Verfahren halten sich vornehm
zurück, SuperHD hat dagegen zunächst in Rheinland-Pfalz und im Saarland, später
dann im Westen und Süden von BaWü vereinzelte Gewitter auf der Agenda, die in
den Frühstunden auch auf das Oberallgäu übergreifen. Als Begleiterscheinung
steht der Starkregen im Fokus.

Dienstag ... ändert sich am großräumigen Muster so gut wie gar nichts. An der
Süd- und Ostflanke des Höhentiefs werden allerdings zwei etwas markantere
Randtröge nordostwärts geführt und streifen auch Frankreich bzw. Benelux,
trogvorderseitig kann dabei aufgrund von PVA etwas großräumiger dynamischer
Hebungsantrieb generiert werden, allerdings zerfallen die Tröge mit Annäherung
an den quasistationären, sich nur langsam abbauenden Keil in mehrere kurzwellige
Anteile, die keine klaren oder sogar frontalen Strukturen in den Modellfeldern
erkennen lassen.
Insgesamt kann sich die Tiefdruckrinne allmählich etwas nach Nordosten
vorarbeiten, dabei verstärkt sich - auch tagesgangbedingt - der Druckfall über
dem Vorhersagegebiet und auch die Advektion labiler und feuchter Luftmassen in
den Rinnenbereich bzw. vor allem südwestlich davon. Die PPW-Werte steigen auf
etwa 30 mm, vor allem im Westen und Südwesten teils auch deutlich darüber,
genügend Einstrahlung vorausgesetzt (eventuell halten sich im Westen/Südwesten
bzw. in der Mitte gebietsweise dichtere Wolkenfelder nächtlicher und
vormittäglicher Schauer und Gewitter) können vor allem nach Lesart des ICON-D2
gebietsweise mehr als 500 J/kg, im Südwesten sogar bis an die 2000 J/kg ML-Cape
generiert werden, wobei SuperHD teils deutlich geringere Werte auf der Agenda
hat. Zudem kommt vor allem im Westen mit Annäherung des Troges auch etwas
Scherung ins Spiel (abends 15 bis 20 m/s 0 bis 6 km). Somit dürfte die Schauer-
und Gewittertätigkeit etwa ab den Mittagsstunden aufleben. Regionale
Schwerpunkte lassen sich aber nur schwer ausmachen. Dabei spielen sowohl die
Orographie als auch kleinräumige Konvergenzen bzw. Outflow Boundaries
nächtlicher und vormittäglicher Schauer eine Rolle. Die vorliegenden, Konvektion
erlaubenden Modelle deuten aber drei Regionen mit erhöhten Wahrscheinlichkeiten
an: Einerseits im Westen (ICON-D2, SuperHD eher weniger), wo aufgrund der
besseren Scherungsbedingungen auch organisierte Systeme denkbar sind, dann im
Südwesten (dort vor allem SuperHD) und schließlich noch im Bereich der
Rinnenachse, dort simulieren AROME und nach Osten zu (Vogtland, Westerzgebirge)
auch ICON-D2 bzw. SuperHD einiges an Konvektion.
Im Fokus steht als Begleiterscheinung aufgrund der meist geringen
Zuggeschwindigkeiten und des schlechten Organisationsgrades der
Multizellensysteme natürlich erneut der Starkregen (lokal Unwetter), vor allem
im Westen, wo die Scherung bessere Organisation zulässt, und im Südwesten, wo
die höchste Cape simuliert wird, können auch (schwere) Sturmböen und Hagel um
oder gar über 2 cm auftreten. Aktuell hat ICON-D2-EPS aber nur geringe
Wahrscheinlichkeiten für Starkregen-Unwetter auf der Agenda. Zumindest deutet
sich keine großräumige Unwetterlage an, von einer Vorabinformation kann wohl
abgesehen werden.
Ein Minimum deuten die Modelle dagegen im Süden und Südosten an, dort dürfte es
wohl fast überall trocken bleiben. Aber auch sonst gehen viele Regionen erneut
leer aus.
Trocken bleibt es natürlich auch im Einflussbereich der Festlandsluft im Norden
und Nordosten des Landes, also etwa ab einer Linie Oberlausitz-nördliches
Emsland nordostwärts. Vor allem im Nordwesten hält sich gebietsweise kompaktere
WLA-Bewölkung, aus der stellenweise etwas regnen oder gar schauern kann (in
erster Linie simuliert GFS dort Niederschläge), im Nordosten scheint dagegen
ganztägig die Sonne durch meist nur dünne Wolkenfelder. Der Wind weht an den
Küsten nach wie vor lebhaft aus Ost bis Südost, an Abschnitten mit auflandigem
Wind kann es steife Böen (Bft 7) geben.
In 850 hPa liegen die Werte zwischen 7 Grad auf Rügen und nahe 17 Grad im
Süden/Südwesten, somit wird es in weiten Teilen des Landes mit Höchstwerten
zwischen 25 und 30 Grad - im Westen/Südwesten mit Sonne auch knapp darüber -
wieder sommerlich warm bis heiß, im Nordosten und Norden liegen die Höchstwerte
dagegen zwischen 20 und 24 Grad.

In der Nacht zum Mittwoch greift auf der Vorderseite des Höhentiefs ein
markanter Kurzwellentrog im Laufe der Nacht auf den Ärmelkanal und den Nordosten
Frankreichs über, auf dessen Vorderseite kräftige, aus PVA resultierende
dynamische Hebung generiert wird, die von Südwesten her auch das
Vorhersagegebiet erfasst. Der Höhenkeil wird dadurch mit seiner Achse nun
endlich etwas nach Osten abgedrängt.
Tatsächlich kommt auch die Tiefdruckrinne ein wenig nordostwärts voran und
erstreckt sich morgens von der Deutschen Bucht bis nach Ostsachsen. Dabei
verstärkt sich die Feuchteflusskonvergenz im Bereich der Rinnenachse und die
PPW-Werte steigen dort gebietsweise auf über 35 mm, aber auch weiter südwestlich
bleibt die Luftmasse nach wie vor potenziell instabil geschichtet mit vor allem
nach Lesart des ICON-D2 verhältnismäßig hoher MU-Cape bis an die 1000 J/kg. Mit
dem von Südwesten zunehmenden dynamischen Hebungsantrieb dürfte von Frankreich
und Benelux her im Laufe der Nacht entgegen dem Tagesgang auch die
Gewittertätigkeit wieder zunehmen und sich bis zur Rinnenachse vorarbeiten.
Dabei könnten die konvektiven Niederschläge sogar etwas flächiger als am Tage
auftreten, dennoch werden einige Regionen leer ausgehen. Vor allem im Westen und
Nordwesten sind bei teils über 20 m/s hochreichender Scherung und einer Low
Level Shear von gebietsweise über 10 m/s organisierte Systeme, eventuell auch
ein größeres MCS denkbar und wird vom aktuellen ICON-D2-Lauf sogar im
Nordseeumfeld simuliert. Die EPS-Verfahren haben die höchsten
Wahrscheinlichkeiten dafür im Nordwesten sowie im zentralen Mittelgebirgsraum
auf der Agenda. Bzgl. Starkregen besteht nach wie vor ein erhöhtes
Unwetterpotenzial (eventuell mehrstündig), im Falle eines MCS kann es auch
(schwere) Sturmböen geben und bei frischen Entwicklungen vor allem in der ersten
Nachthälfte Hagel. Dennoch steht nach wie vor keine großräumige Unwetterlage auf
der Agenda.
Im Südosten des Landes deuten die Modelle nach wie vor ein Minimum der
konvektiven Aktivität an und im Laufe der Nacht kommt es wohl auch im Westen und
Südwesten zu einer gewissen Wetterberuhigung.
Der Nordosten bleibt noch im Einflussbereich der trockenen Festlandsluft, auch
dort werden die Wolken zwar etwas dichter, Niederschläge sind aber keine zu
erwarten. Die Tiefstwerte liegen im Westen und Süden meist zwischen 18 und 14
Grad, im Nordosten zwischen 15 und 10 Grad.

Mittwoch ... setzt sich das mit nahezu senkrechter Achse ausgestattete
hochreichende Tiefdruckgebiet westlich von Irland endlich ein wenig in Bewegung
und erreicht abends mit seinem Drehzentrum die Südwestspitze Irlands. Der
vorgelagerte Höhenkeil liegt mit seiner Achse dann über dem deutsch-polnischen
Grenzgebiet. Dadurch gerät der Großteil des Vorhersagegebietes in den
trogvorderseitigen Bereich unterhalb einer leicht diffluent konturierten,
südwestlichen Strömung.
Der oben angesprochene Kurzwellentrog schwenkt in den Keil und verliert dabei
deutlich an Kontur. Dahinter folgt eine recht glatte, im Süden teils
antizyklonale Strömung, die zunächst kaum noch Hebungsimpulse liefert.
Im Bodenfeld kommen die Tiefdruckrinne samt der instabilen Luftmasse allmählich
nach Nordosten voran, bis zum Abend bleiben nach Lesart der meisten vorliegenden
Modelle wohl lediglich noch Ostvorpommern und der Nordosten Brandenburgs im
Einflussbereich der trockenen Festlandsluft. Dort bleibt es bei allerdings
zunehmender Bewölkung voraussichtlich noch trocken, wobei nach wie vor lebhafter
Ost- bis Südostwind weht, voraussichtlich werden aber höchstens auf Rügen noch
warnrelevante Böen Bft 7 erreicht.
Mit der Rinne arbeiten sich auch die schauerartigen, teils gewittrigen
Regenfälle allmählich nach Nordosten vor. Wie das Ganze im Detail
vonstattengeht, ist aber noch unklar und hängt natürlich von der nächtlichen
konvektiven Aktivität ab. Insgesamt lässt die Intensität der Schauer und
Gewitter tagesgangbedingt am Vormittag erstmal nach, bevor sie im Tagesverlauf
mit der Einstrahlung und der dadurch generierten Cape bei nur noch schwachem,
hauptsächlich durch das konvergente Windfeld im Rinnenbereich und weniger durch
den Kurzwellentrog generierten Hebungsantrieb erneut auflebt. Die PPW-Werte
bleiben mit teils über 35 mm recht hoch, allerdings kann mangels Einstrahlung
nicht mehr so hohe Cape wie am Vortag generiert werden. Die Scherung ist in
Keilnähe nur noch marginal, somit steht erneut der Starkregen im Fokus, der
lokal eng begrenzt nach wie vor Unwetterpotenzial aufweist.
Rückseitig der Rinne stellt sich erst einmal eine gewisse Wetterberuhigung ein.
Die Luftmasse trocknet etwas ab, bleibt aber potenziell instabil geschichtet und
vor allem im Westen und Süden kann sich auch wieder länger die Sonne
durchsetzen. Im Westen und im zentralen Mittelgebirgsraum sinken die PPW-Werte
sogar auf gebietsweise unter 25 mm, der Süden und Südosten verbleiben dagegen im
Einflussbereich etwas feuchterer Luftmassen mit PPW`s um 30 mm und gebietsweise
500 bis 1000 J/kg ML-Cape. Da kein nennenswerter dynamischer Hebungsantrieb
vorhanden ist, muss die Orographie zur Auslöse herhalten. Einzelne Gewitter sind
somit am ehesten vom Bergland ausgehend denkbar und vor allem zum späten
Nachmittag und Abend hin dann auch an den Alpen bzw. im Alpenvorland. Dabei
können Starkregen, kleinkörniger Hagel und stürmische Böen als
Begleiterscheinung auftreten, Unwetter-Starkregen am ehesten wohl an den Alpen
nicht ganz ausgeschlossen. Vielerorts bleibt es aber auch trocken.
Die 850 hPa-Temperaturen liegen zwischen 11 und 14 Grad und somit wird es mit 24
bis 29 Grad auch vielerorts wieder sommerlich warm. Dort, wo es längere Zeit
regnet, bleibt es natürlich entsprechend kühler, ebenso an der Ostseeküste, wo
bei auflandigem Wind kaum 20 Grad erreicht werden.

In der Nacht zum Donnerstag greift die Haupttrogachse auf Frankreich über,
wodurch die südwestliche Höhenströmung über dem Vorhersagegebiet aufsteilt und
zunehmend diffluent konturiert ist. Der dynamische Hebungsantrieb vor allem über
dem Südwesten und Westen des Landes nimmt nun deutlich zu.
Im Bodenfeld kommt die Tiefdruckrinne über dem Nordosten des Landes nun etwas
rascher nach Nordosten voran, gerät aber zunehmend unter den vorgelagerten
Höhenkeil und füllt sich auf. Vor allem im Nordosten und Osten kann es dabei
noch schauerartige, teils mit Gewittern durchsetzte Regenfälle geben, die
allmählich Richtung Polen und Ostsee abziehen.
Dann aber gilt es den Blick gen Westen zu richten. Die Hebung induziert im
Bodenfeld Druckfall und somit verlagert sich eine Tiefdruckrinne von Frankreich
und Belgien her nach West- und Süddeutschland. Die Luftmasse im Bereich der
Rinne ist wieder zunehmend potenziell instabil bei erneut steigender PPW und
vorhandener MU-Cape. Somit dürften von Frankreich her kräftige Schauer und
Gewitter dorthin und im weiteren Verlauf auch auf die mittleren Landesteile
übergreifen; wie das Ganze im Detail vonstattengeht, ist aber noch unklar. Die
globalen Modelle haben vor allem im Westen und Südwesten gebietsweise hohe
Niederschlagsmengen auf der Agenda, was auf organisierte Systeme hindeutet. Das
bis Donnerstagfrüh verfügbare SuperHD simuliert sogar eine Art Squallline, die
sich von Frankreich und der Schweiz her über den Südwesten bis in den Westen und
in die mittleren Landesteile verlagert. Ein solches Szenario ist durchaus
denkbar, zumal trogvorderseitig die hochreichende Scherung deutlich zunehmen
dürfte und auch gut mit der vorhandenen MU-Cape überlappen könnte.
Wie auch immer - Unwetterpotenzial ist durchaus vorhanden, bzgl. der Details
dürften aber noch einige Modelläufe ins Land gehen.
Zwischen der Rinne im Nordosten und den Niederschlägen im Südwesten lockern die
Wolken gebietsweise stärker auf, wobei sich örtlich Nebel bilden kann. Mit
Tiefstwerten zwischen 17 und 10 Grad bleibt die Nacht recht mild.

Donnerstag ... nimmt der westeuropäische Höhentrog etwas an Fahrt auf und
erreicht mit seinem Drehzentrum abends in etwa Wales. Der anfangs noch die
Haupttrogachse markierende Randtrog greift mit zunehmend negativer Achsneigung
von Südwesten her im Tagesverlauf auch auf Deutschland über. Vorderseitig wird
aufgrund von PVA zum ersten Mal seit einer wohl nicht nur gefühlten Ewigkeit
auch über dem Vorhersagegebiet markante dynamische Hebung simuliert, die sich
vom Westen bzw. Südwesten des Landes rasch bis in den Norden und Osten
vorarbeitet.
Im Bodenfeld kann sich die Rinne über West- und Süddeutschland noch etwas
vertiefen und kommt allmählich nordnordostwärts voran, abends verläuft sie nach
Lesart des ICON-EU etwa von der Deutschen Bucht bis nach Ostsachsen. Die
Luftmasse im Rinnenbereich bleibt potenziell instabil geschichtet, ICON-EU
simuliert dort PPW-Werte teils über 35 mm. Abzuwarten bleibt, wieviel Cape mit
eventueller Einstrahlung im Vorfeld noch generiert werden kann. Jedenfalls
überlappen Hebung und instabilste Luftmasse in den aktuell vorliegenden
Modelläufen ziemlich gut, zudem werden gebietsweise 15 bis 20 m/s, vereinzelt
auch darüber, hochreichende Scherung simuliert. Mit dem konvergenten Windfeld im
Rinnenbereich steht auch einiges an bodennaher Richtungsscherung zur Verfügung,
so dass auch die Low Leven Shear lokal über 10 m/s in den unteren 2 km betragen
dürfte.
Somit muss im Falle ihres Auftretens von organisierter Konvektion ausgegangen
werden, was die Modelle mit kleinräumig simulierten sehr hohen
Niederschlagsmengen auch andeuten. Sowohl eine Squallline als auch ein oder
mehrere MCS sind denkbar, alles davon abhängig, wie gut Labilität, Feuchte und
Scherung überlappen. Von einem erhöhten Unwetterpotenzial ist im Falle des
Falles jedenfalls ab den mittleren und südöstlichen Landesteilen nordostwärts
auszugehen, wobei der äußerste Nordosten nach aktuellen Modellstand noch eher
außen vorbleibt.
Rückseitig der Rinne bleibt die Luftmasse zwar noch potenziell instabil
geschichtet, trocknet von Südwesten her aber zusehends ab und gerät zumindest
vorübergehend unter leichtes Absinken. Die Wolken lockern im Westen und Süden
auf, mit Einstrahlung kann dann aber auch wieder Cape generiert werden. Die
PPW-Werte sinken auf unter 30, nach Südwesten zu auch auf unter 25 mm. Ob es
dort für einzelne kräftige Gewitter reicht, bleibt abzuwarten, am ehesten wohl
im Bergland.
Die Temperatur in 850 hPa steigt im Vorfeld der Rinne im Norden und Osten auf
Werte zwischen 10 und 13 Grad, rückseitig sinkt sie auf 8 bis 11 Grad. Somit
bleibt es in den weitaus meisten Regionen kühler als an den Vortagen mit
Höchstwerten zwischen 19 und 24 Grad, sollte sich im Osten gebietsweise nochmal
länger die Sonne durchsetzen, könnte es dort noch für einen Sommertag reichen.



Modellvergleich und -einschätzung
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Die großräumige Geopotenzial- und Druckverteilung wird von allen Modellen
einheitlich simuliert. Aufgrund der nur diffusen Strukturen im Detail ergeben
sich aber vor allem für den Dienstag und Mittwoch noch größere
Modellunterschiede, die räumliche Verteilung und Intensität der konvektiven
Niederschläge betreffend. Diese wurden im Text bereits erläutert. Eine
großräumige Unwetterlage steht aber nicht auf der Agenda weshalb wohl von einer
Vorabinformation abgesehen wird.
Am Donnerstag hat der aktuelle GFS-Lauf eine etwas progressivere Variante auf
der Agenda, was das Vorankommen der Tiefdruckrinne nach Nordosten angeht. Ob
dann tatsächlich mal eine großräumigere Unwetterlage ins Haus steht, muss aber
noch abgewartet werden.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff