DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

03-09-2022 07:01
SXEU31 DWAV 030800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 03.09.2022 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: HNFa, zögernd Umstellung auf SEa
Heute von der Eifel bis nach Oberbayern und südwestlich davon einzelne kräftige
Gewitter, bzgl. Starkregen Unwetter nicht ausgeschlossen.
Bis Montagabend dann höchstens vereinzelte Gewitter, dazu wieder warm, im
Westen/Südwesten sehr warm bis heiß.

Synoptische Entwicklung bis Montag 24 UTC
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Samstag... und auch über den gesamten Kurzfristzeitraum bis zu Beginn kommender
Woche ändert sich an der großräumigen Geopotenzialverteilung über dem
nordostatlantisch-europäischen Raum nur wenig, das insgesamt blockierende Muster
erweist sich einmal mehr als außerordentlich stabil: Einem aktuell bis nach
Skandinavien und dem Baltikum reichenden Langwellentrog mit Drehzentrum über
Nordwestrussland, der sich in den kommenden Tagen zwar allmählich Richtung Ural
zurückzieht, aber gleichzeitig über Osteuropa nach Süden amplifiziert steht ein
quasistationäres Höhentief westlich von Irland gegenüber, dazwischen reicht
aktuell eine Potenzialbrücke über die Nordsee hinweg nordnordwestwärts, die
ihrerseits einen zunächst noch flachen Höhenkeil über dem östlichen Mitteleuropa
mit einem, vom Seegebiet südlich Grönlands über Island bis zur südlichen
Norwegischen See reichenden Höhenrücken verbindet.
Im Bodenfeld stützt die Brücke eine umfangreiche Hochdruckzone, die von der
Irmingersee über Island bis ins Nordmeer und von dort aus über Skandinavien und
die Ostsee bis nach Osteuropa reicht.
An deren Südflanke befinden sich weite Teile des Vorhersagegebietes im Zustrom
trockener und warmer, im Nordosten mäßig warmer Festlandluft (T850 hPa zwischen
5 Grad in Vorpommern und 12 bis 13 Grad im Süden) von Osten her. Lediglich in
den Südwesten ist von Frankreich her eine feuchtere, vor allem aber potenziell
instabile Luftmasse eingesickert. Verantwortlich dafür ist ein flacher und
kurzwelliger Randtrog, der ursprünglich vom Höhentief westlich Irlands
"eingefangen" und auf dessen Südflanke ostnordostwärts geführt wurde, sich nun
aber aus der Zirkulation löst und von Belgien und Frankreich her bis zum Abend
zur Mitte des Vorhersagegebietes vorankommt. Allerdings ist ihm keine lange
Lebensdauer mehr beschert, da er gegen den vorgelagerten, zwar flachen und sich
allmählich abbauenden Höhenkeil läuft und gleichzeitig durch sich verstärkende
WLA vorderseitig des Höhentiefs von Westen her quasi zugeschüttet wird.
Nachmittags und abends wölbt sich westlich des Kurzwellentroges bereits ein
Höhenkeil über Frankreich und Belgien bis zur Nordsee auf.
Dennoch hat der flache Trog Einfluss genommen auf die Wetterentwicklung im
Vorhersagegebiet. Mit ihm konnte sich auch im Bodenfeld eine flache Rinne in den
Westen und Süden Deutschlands ausweiten und die instabile Luftmasse kommt im
Tagesverlauf noch ein wenig nach Nordosten voran, wird aber durch die
Hochdruckzone blockiert. Vorderseitig des Troges ist anfangs noch PVA wirksam,
mit deren Hilfe synoptisch-skalige Hebung generiert wird. Somit gibt es vor
allem im Bereich einer in die Rinne eingebetteten Konvergenz aktuell etwa von
Rheinland-Pfalzüber Südhessen und Baden-Württemberg bis ins westliche Oberbayern
gebietsweise schauerartige Regenfälle, die vor allem nach Südwesten zu
vereinzelt von Gewittern begleitet werden. Diese kommen im Tagesverlauf
allmählich nach Nordosten voran, erreichen noch in etwa den Niederrhein,
Mittelhessen, Thüringen und Oberfranken bzw. die Oberpfalz, laufen aber in die
trockene Festlandsluft und schwächen sich mehr und mehr ab, nennenswerte Mengen
kommen nicht mehr zusammen. Rückseitig verstärkt sich allerdings die Zufuhr
feuchter und instabiler Luftmassen in den Südwesten und Süden des Landes, die
PPW-Werte steigen gebietsweise auf 30 mm oder knapp darüber, etwas Einstrahlung
vorausgesetzt, können von der Pfalz bis ins Alpenvorland gebietsweise 500 bis
nahe 1000 J/kg ML-Cape generiert werden. Dazu simulieren die Konvektion
erlaubenden Modelle mindestens eine weitere Konvergenz, die über den Südwesten
des Landes allmählich nordostwärts ziehen sollte. Sowohl im Bergland als auch im
Bereich dieser Konvergenz dürfte es ab dem Mittag oder frühen Nachmittag erneut
für Auslöse reichen. Dabei entwickeln sich aus den Einzelzellen rasch
Multizellensysteme, deren Organisationsgrad mangels Scherung dürftig bleibt und
die sich durch eine geringe Zuggeschwindigkeit auszeichnen. Lediglich über dem
südlichen Alpenvorland wird etwas markantere hochreichende Scherung (bis knapp
über 20 m/s 0 bis 6 km) simuliert, was wohl hauptsächlich dem alpinen Pumpen
geschuldet ist, das eine bodennahe Winddrehung auf Nordost induziert. Dort sind
am späten Nachmittag und Abend somit aus den Alpen heraus auch etwas besser
organisierte Multizellensysteme zu erwarten, wobei dann Hagel um oder knapp über
2 cm und Sturm-, im Extremfall auch schwere Sturmböen auftreten können.
Ansonsten steht aber eindeutig der Starkregen im Fokus. ICON-D2 simuliert auch
geringe Wahrscheinlichkeiten für Unwetter-Starkregen, am ehesten im Saarland und
im Hunsrück, im Südschwarzwald, entlang der Alb und vor allem am Alpenrand.
Punktuell ist das angesichts der mäßig hohen PPW-Werte und der geringen
Zuggeschwindigkeit durchaus zu erwarten, eine großräumige Unwetterlage steht
aber bei Weitem nicht auf der Agenda, weshalb auch von einer Vorabinformation
abgesehen wird.
Die Gewitter dürften etwa bis zur Eifel, nach Südhessen bzw.
Unter-/Mittelfranken und bis ins östliche Oberbayern, vielleicht noch bis nach
Niederbayern bzw. die südliche Oberpfalz vorankommen.
Der Norden und Osten bleiben dagegen weiterhin im Einflussbereich der trockenen
Festlandsluft. Die aktuell gebietsweise auftretenden flachen SC-Felder weichen
nicht allzu hochreichenden Cumuluswolken, vielerorts scheint aber die Sonne von
einem nur gering bewölkten oder gar wolkenlosen Himmel. Der Gradient an der
Nordostflanke der langsam vorankommenden und sich vorübergehend noch etwas
vertiefenden Rinne verschärft sich noch ein wenig, so dass der Ost- bis
Südostwind auffrischt und es bis in die kommende Nacht hinein über der offenen
Nordsee, auf Helgoland und den Ostfriesischen Inseln sowie an auflandigen
Abschnitten der Ostseeküste noch starke bis steife Böen (Bft 6 bis 7) geben
kann.
Die Temperaturen erreichen, je nach Sonne, Höchstwerte zwischen 21 und 26 Grad,
vom Niederrhein bis ins Weser-Ems-Gebiet, wo es oft strahlend sonnig bleibt, bis
zu 28 Grad, an Küstenabschnitten mit auflandigem Wind dagegen kaum 20 Grad.

In der Nacht zum Sonntag kann sich der Höhenkeil über Frankreich und Benelux
durch WLA verstärken und schwenkt mit seiner Achse allmählich in den Westen des
Vorhersagegebietes. Der vorgelagerte kurzwellige Troganteil füllt sich auf und
schwenkt nach Tschechien. Somit dominiert über dem Vorhersagegebiet zunehmend
Absinken.
Die Schauer und Gewitter klingen im Laufe der Nacht rasch ab, lediglich im
Südosten und Osten Bayerns kann das etwas länger dauern, zumindest in der ersten
nachthälfte sind dort noch Gewitter mit Starkregen möglich (nach ICON-EU auch
noch danach).
Ansonsten lockern die Wolken auch im Bereich der nicht weiter nach Nordosten
vorankommenden Tiefdruckrinne auf. In der feuchteren Luftmasse kann sich dann
aber vielerorts Nebel, gebietsweise auch Hochnebel bilden, hier und da breitet
sich auch SC-Bewölkung aus.
Während sich im Westen und Nordwesten die WLA in Form hoher Wolkenfeldern
bemerkbar macht, bleibt es nach Osten zu und in Teilen der Mitte dagegen gering
bewölkt oder klar. Die Tiefstwerte liegen meist zwischen 17 und 9 Grad.

Sonntag... wölbt sich der Höhenkeil durch beständige WLA weiter auf, kommt dafür
aber über dem Westen des Landes nur zögernd nach Osten voran. Somit dominiert
über dem Vorhersagegebiet großräumig Absinken. Die Tiefdruckrinne bleibt
quasistationär, entgegen dem Tagesgang ist ihr aufgrund des Absinkens kein
Entwicklungspotenzial mehr beschert. An deren Nordostflanke weht weiterhin
lebhafter Ost- bis Südostwind, für warnrelevante Böen dürfte es aber kaum mehr
reichen, am ehesten noch an auflandigen Ostseeküstenabschnitten. Mit dem Ostwind
trocknet auch im Rinnenbereich die Luftmasse durch Entrainmentprozesse
allmählich ab, dabei etabliert sich eine Absinkinversion in etwa 700 bis 600
hPa. Darunter ist die Luftmasse labil geschichtet und im Tagesverlauf können in
einem breiten Streifen etwa von Rheinland-Pfalz und NRW bis nach Ostbayern bzw.
nach Westsachsen nochmals mehrere 100 J/kg ML-Cape generiert werden bei
PPW-Werten um oder knapp über 25 mm. Zugleich überläuft die WLA den Höhenrücken
und kann sich vor allem über dem Westen und Norden des Vorhersagegebietes
bemerkbar machen. Von Benelux her schwenkt eine Warmfront nach
Nordwestdeutschland, so dass dort im Tageserlauf vorübergehend auch etwas
dichtere Wolkenfelder hinwegschwenken, es bleibt aber weitgehend trocken. Im
Warmsektor kann vor allem nach Westen zu niedertroposphärisch eventuell etwas
Hebung generiert werden, so dass sich dort im Bereich der mit ihrem Westteil nun
etwas nach Norden vorankommenden Rinne einzelne Schauer entwickeln können. Diese
hat vor allem ICON-D2 auf der Agenda, sogar im gesamten Rinnenbereich und
hauptsächlich im Bergland. Für Gewitter dürfte die Labilität nicht hochreichend
genug sein, dennoch sollte man sie nicht komplett ausschließen.
Im Norden und Osten, aber auch im Südwesten und Süden bleibt es dagegen trocken
und neben vor allem im Südwesten noch etwas vermehrt auftretenden Quellwolken
scheint überwiegend die Sonne. Niedertroposphärisch wird es allmählich wärmer,
die 850 hPa-Temperatur steigt auf Werte zwischen 6 Grad auf Rügen und 14 Grad in
Südbaden. Mit der gegenüber dem Vortag wieder verstärkten Einstrahlung wird es
somit sommerlich warm mit Höchstwerten zwischen 22 Grad im Nordosten und 29 Grad
am Oberrhein. Lediglich an auflandigen Küstenabschnitten werden nur etwa 20 Grad
erreicht.

In der Nacht zum Montag befindet sich Deutschland voll im Einflussbereich des
Keiles, der nach wie vor nur wenig nach Osten vorankommt. Über dem Nordwesten
kommt die Warmfront kaum nach Nordosten voran, wobei sich die WLA noch etwas
verstärkt und es am ehesten im Emsland und in Ostfriesland sogar ein wenig
regnen kann. Die Tiefdruckrinne füllt sich zwar noch etwas auf, gleichzeitig
verstärkt sich aber ein Bodenhoch über Skandinavien und der Ostsee, so dass im
Norden und Nordosten ein relativ scharfer Gradient aufrecht bleibt. Insgesamt
dreht der Wind dort mehr auf Südost, nach wie vor kann es an auflandigen
Ostseeküstenabschnitten einzelne Böen Bft 6 bis 7 geben.
Ansonsten verläuft die Nacht wettertechnisch ruhig. Eventuelle Schauer lösen
sich rasch auf, dann ist es vor allem im Süden und Osten teils auch gering
bewölkt, wobei sich im Süden und in der Mitte Nebel- und Hochnebel ausbreiten
können. Im Westen und Nordwesten verläuft die Nacht unter den Wolkenfeldern mit
18 bis 14 Grad sehr mild, sonst kühlt es auf 15 bis 8 Grad ab.

Montag... kommt der Höhenkeil bzw. -rücken über dem Vorhersagegebiet nach wie
vor kaum nach Osten voran, zum Abend hin gelangen der äußerste Westen und
Nordwesten dennoch ganz allmählich auf die Vorderseite des Höhentiefs westlich
von Irland. Über Nordwestfrankreich und dem Ostausgang des Ärmelkanals wird dann
bereits vorderseitig eines flachen kurzwelligen Randtroges recht markante Hebung
simuliert.
Auch im Bodenfeld setzt somit im Tagesverlauf allmählich Druckfall ein und mit
Annäherung einer Tiefdruckrinne sickert in den äußersten Westen und Südwesten
sowie ins Alpenvorland erneut eine potenziell instabile Luftmasse, die PPW-Werte
steigen vom Oberrhein bis ins Alpenvorland wieder auf über 25 mm und mit der
Einstrahlung können gebietsweise mehr als 500 J/kg ML-Cape generiert werden. Ob
es bis zum Abend aber irgendwo ganz im Westen bzw. Süden zur Auslöse reicht, ist
aber noch unklar, am ehesten könnte es im Schwarzwald, an den Alpen, vielleicht
aber auch in der Eifel klappen. Dann steht einmal mehr Starkregen im Fokus.
Ansonsten ändert sich nur wenig. Die Warmfront kommt mit teils etwas dichteren
Wolkenfeldern über dem Norden des Landes nur zögernd nach Nordosten voran, es
bleibt aber auch dort meist trocken. Im Bereich der ehemaligen Rinne, die der
Warmfront mit etwas Abstand folgt, im Druckfeld aber nicht mehr auszumachen ist,
befindet sich nach wie vor etwas feuchtere Luft, wobei sich vermehrt Quellwolken
ausbilden können und die Absinkinversion nach Durchschwenken der Keilachse auf
etwa 600 hPa steigt. Eventuell reicht es dort, also etwa vom Weser-Ems-Gebiet
bis ins östliche Bergland, auch mal für einen kurzen Schauer, die
Gewitterwahrscheinlichkeit bleibt aber äußerst gering. Ansonsten scheint aber
vielerorts auch die Sonne, am häufigsten im Südwesten und Süden sowie ganz im
Nordosten. An den Küsten weht weiterhin lebhafter Südostwind, der aber nur
selten warnrelevant wird.
Die Temperatur in 850 hPa steigt noch etwas an auf Werte zwischen 7 Grad in
Ostvorpommern und 16 Grad im Südwesten. Somit werden im Westen und Südwesten die
30 Grad erreicht oder knapp überschritten, im Nordosten liegen die Höchstwerte
bei 23 Grad, an auflandigen Küstenabschnitten um 20 Grad.

In der Nacht zum Dienstag erreicht ein erster vorlaufender kurzwelliger
Troganteil Benelux, auf dessen Vorderseite kann auch über dem Westen und
Nordwesten Deutschlands dynamische Hebung wirksam werden. Diese überlappt dort
mit der allmählich einsickernden potenziell instabilen und feuchteren Luftmasse,
so dass es dort, am ehesten wohl vom Emsland bis nach Baden-Württemberg, von
Frankreich und Benelux her eventuell erste kräftigere Schauer und Gewitter gaben
kann, über deren räumliche Verteilung und Intensität aktuell nur spekuliert
werden kann.
Im Rest des Landes ändert sich nur wenig, im Norden bleibt es eher bewölkt, ganz
im Osten und im Süden oft aber auch gering bewölkt, vor allem im Südosten kann
sich Nebel ausbreiten. Die Tiefstwerte liegen zwischen 18 Grad im Westen und
knapp unter 10 Grad in den ostbayerischen Mittelgebirgen sowie in einigen
Alpentälern.


Modellvergleich und -einschätzung
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Anhand der synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten
Modellunterschiede ausmachen. Der Fahrplan bzgl. der konvektiven Aktivität heute
steht weitgehend fest, Unwetter treten nur sehr punktuell auf, eine
Vorabinformation ist nicht erforderlich.
Erst zum Montagabend hin werden die Unsicherheiten dann allmählich etwas größer,
was das Übergreifen der Schauer und Gewitter auf den Westen Deutschlands angeht.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff