DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

19-08-2022 17:01
SXEU31 DWAV 191800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 19.08.2022 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
In der Nacht zum Samstag im Süden und Südosten teils ergiebige Regenfälle und
Gewitter (Unwetter). Im Westen einzelne Gewitter nicht ausgeschlossen. Am
Samstag wechselhaft mit einzelnen Schauern und Gewittern, wahrscheinlich maximal
markant. Am Sonntag allenfalls im äußersten Norden vereinzelte Gewitter.

Synoptische Entwicklung bis Montag 12 UTC
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Aktuell ... präsentiert sich die Großwetterlage alles andere als einfach. Gleich
mehrere Systeme basteln an unserem Wetter herum, was offensichtlich auch der
Numerik einige Schwierigkeiten bereitet bzw. bereitet hat. Insbesondere bei den
gewittrigen Starkregenfällen im Süden lässt sich konstatieren, dass die Modelle
den Schwerpunkt lange Zeit zu weit östlich prognostiziert hatten. So musste am
Freitagmorgen die bereits am Donnerstag herausgegeben Unwetterwarnung weiter
nach Westen ausgeweitet werden. Auf der anderen Seite waren bis heute Mittag
(6-stündig) entgegen gestriger Annahmen in weiten Teilen Ober- und Niederbayerns
sowie in der Oberpfalz noch gar nichts oder nur marginale Mengen gefallen,
weshalb in Ostbayern am frühen Nachmittag die Vorabinfo gestrichen und in den
Chiemgauer Alpen (und inzwischen auch schon westlich anschließend) das extreme
Unwetter heruntergestuft wurde. Jetzt aber erst mal zur Ausgangslage.

Prägend in der aktuellen Potenzialverteilung sind zum einen ein umfangreiches
Höhentief dicht bei Island, das mit dem sehr gut im Futter stehenden Bodentief
LAVINIA korrespondiert (heute Mittag eine gepflegte 985-hPa-Kernisobare als
kleines Zeichen in Richtung des bevorstehenden Herbstes). Ausgehend vom
Höhentief erstreckt sich ein recht breit angelegter Trog, aus dem immer wieder
kurzwellige Anteile ost-nordostwärts herauslaufen. Protagonist #2 ist ebenfalls
ein Höhentief, das heute Abend in elliptischer Formation von der Toskana bis
hoch nach Bayern reicht. Im Laufe der Nacht zieht der südliche Teil des Tiefs
zur kroatischen Adriaküste, während der nördliche Part von einem der o.e.
kurzwelligen Anteile aufgeschnappt wird. Übrigens arbeitet auch dieses Höhentief
mit Bodentiefs zusammen, im Süden mit DIANA (internationaler Name), im Norden
mit KARIN (BWK/FU-Berlin). Letztere ist leicht rinnenartig ausgeprägt und zieht
in den nächsten Stunden über Westpolen hinweg zur Ostsee. Es sorgt im Nordosten
bis in die Nacht hinein für schauerartig verstärkte und mit Gewittern
durchsetzte Regenfälle mit lokaler Starkregengefahr (ein- oder mehrstündig,
Unwetter nicht ganz ausgeschlossen).

Während also die gute KARIN die Ostsee ansteuert, weitet sich - um es noch etwas
komplizierter zu machen - in Süddeutschland ein Keil des Azorenhochs (PIET)
langsam ostwärts aus. Er wird von einem flachen Rücken angetrieben, der quasi
als Pufferzone zwischen den Höhentiefs bzw. -trögen fungiert. Klingt nach
Wetterberuhigung, aber Pustekuchen, alles nur Täuschung. Die Gegenstromlage,
verantwortlich für mit Gewittern durchsetze (Stark)Regenfälle des heutigen
Tages, wird zwar aufgrund abnehmender Richtungsscherung mit der Höhe schwächer,
zusammenbrechen tut sie aber mitnichten. Entsprechend kommt es im Süden zu
weiteren, länger andauernden und gebietsweise ergiebigen Regenfällen, die sich
in Bayern tendenziell Stück für Stück nach Osten verlagern. Gebietsweise kommen
zwischen Alpenrand und den oberfränkischen Mittelgebirgen sowie dem Bayerischen
Wald 30 bis 50 l/m² zusammen. In Verbindung mit Gewittern, die vornehmlich auf
der "warmen" (also der östlichen) Seite des Regenclusters auftreten, sind
räumlich eng begrenzt auch noch etwas höhere Mengen möglich, wobei ein Großteil
davon nicht in 12, sondern in nur wenigen Stunden oder nur einer Stunde fällt.
Ein Teil der genannten Regenfälle und Gewitter greift übrigens bis nach Sachsen
und Thüringen aus, wo ebenfalls zumindest lokal Starkregengefahr besteht
(markant, WU nicht gänzlich ausgeschlossen).

Vom Osten und Süden nun noch mal zurück in den Westen, wo die teilokkludierte
Kaltfront des bereits vorgestellten Tiefs LAVINIA beginnt, erste Duftmarken zu
setzen. Zunächst mal nimmt die Bewölkung präfrontal zu, bevor noch vor
Mitternacht schauerartige Regenfälle dazu kommen. Zwischen Nordsee und RP bzw.
Hessen sowie teilweise auch noch in BaWü fallen 1 bis 7, lokal um 10 l/m² innert
12 h. Die Meeresluft, die frontal und trogvorderseitig gehoben wird, ist
indifferent bis leicht labil geschichtet, was im Verbund mit der ausgeprägten
Feuchtigkeit (Anstieg PPW auf über 30 mm, teils bis 40 mm) die Produktion von
wenigen hundert Joule pro Kilogramm abgehobener MU-CAPE zur Folge hat. Folglich
sollten wir uns nicht wundern, wenn auch mal ein vereinzeltes Gewitter am Start
ist. Das große Feuerwerk wird es aber nicht geben, schon tagsüber traten
westlich von uns relativ wenig Gewitter auf. Auch die Starkregengefahr hält sich
angesichts einer gewissen Grundmobilität der Schauer und Gewitter in Grenzen.

Die Temperatur geht landesweit auf 19 bis 13°C zurück.

Samstag ... erreicht ein weiterer, vor allem in 300 hPa gut ausgeprägter
Randtrog den Vorhersageraum. Er will eigentlich so gar nicht zum Bodendruckfeld
passen, das nach wie vor durch den sich zunehmend auch nach Norden ausbreitenden
Keil des Azorenhochs geprägt ist. Dieser wird allerdings von der
teilokkludierten Kaltfront "durchschnitten", die unbeeindruckt und vom Höhentrog
angetrieben den Vorhersageraum ost-südostwärts überquert. Die präfrontale
maritime Luftmasse ist feucht (PPWs meist über 30, gebietsweise über 35 mm, dazu
rund 11 g/kg spezifische Grundschichtfeuchte) und leidlich labil geschichtet, so
dass sich etwas CAPE bilden kann. Ob es allerdings für mehr als 500 J/kg reicht,
wie z.B. von ICON und ICON-D2 gebietsweise im Süden angeboten wird, ist
angesichts reduzierter Einstrahlung fraglich.

Fakt ist, dass die anfangs im Osten und Südosten noch auftretenden
schauerartigen Regenfälle (Gewitter sollten aus der Nacht kaum noch unterwegs
sein) im Laufe des Vormittags nach Osten abziehen. Dahinter greift nur für kurze
Zeit schwacher Zwischenhocheinfluss, bevor sich von Westen her die frontalen und
schauerartigen, mit einzelnen Gewittern durchsetzen Regenfälle nähern. Wenn man
den Modellen Glauben schenken mag, kommen im Süden und in der Mitte gebietsweise
5 bis 10 l/m², lokal sogar um 15 l/m² binnen 12 Stunden zusammen. Die Gewitter
sind bei quasi nicht vorhandener Scherung im Bereich gelb bis ocker anzusiedeln
mit möglichem Starkregen, kleinerem Hagel und/oder steifen bis stürmischen Böen.
Unwetter durch Starkregen sind eher unwahrscheinlich, weil die Zellen ziehen und
Mehrfachtreffer nicht überbordend wahrscheinlich sind.

Im Westen macht sich in der postfrontal einfließenden subpolaren Luftmasse
(Rückgang T850 auf 10 bis 8°C) im Tagesverlauf eine deutliche Abtrocknung und
Stabilisierung bemerkbar. Das PPW geht auf unter 25 mm, teils auf unter 20 mm
zurück und auch die Taupunkte sinken auf unter 15°C, stellenweise sogar auf rund
10°C. Dabei kommt es vermehrt zu Wolkenauflockerungen zwischen den bis etwa 750
hPa (Absinkinversion) hinaufreichenden Kumulanten. Der auf West bis Nordwest
drehende Wind lebt zwar mitunter etwas auf, erreicht außerhalb von Gewittern
aber keine warnrelevanten Zonen.

Die Temperatur erreicht landesweit Maxima zwischen 21 und 27°C.

In der Nacht zum Sonntag zieht der eine Randtrog nach Osten ab, wobei er die
Kaltfront/Okklusion gleich mitnimmt. Schauer und Gewitter werden immer weniger
respektive ziehen ebenfalls nach Osten ab. Dahinter breitet sich die subpolare
Meeresluft im ganzen Land aus (T850 10 bis 7°C) und kommt dabei unter
Zwischenhocheinfluss, der sich weiterhin in Form eines Azorenhochkeils
widerspiegelt. Bei längerem Aufklaren bildet sich besonders dort, wo es zuvor
ausreichend geregnet hat und die Grundschicht ordentlich angefeuchtet ist, das
eine oder andere Nebelfeld.

In den frühen Morgenstunden richtet sich der Blick der Nachtdienste und auch
sonstiger Interessenten in Richtung Nordsee, wo nicht nur ein neuerlicher
Randtrog im Anmarsch ist. Ihm vorgeschaltet ist eine weitere teilokkludierte
Kaltfront, deren Absender die immer noch präsente, inzwischen aber nicht mehr
ganz so schlanke (Kerndruck über der Norwegischen See um 1000 hPa) LAVINIA ist.
Neben einer Windauffrischung über und an der Deutschen Bucht (Südwest bis 7 Bft,
im neuesten 12-UTC-Lauf allerdings zurückgenommen) sind gegen Morgen auch erste
Schauer, vielleicht sogar ein Gewitter im Bereich der Nord- und Ostfriesischen
Inseln möglich.

In der frisch eingeflossenen Luftmasse kühlt die Luft je nach Bewölkung auf 16
bis 8°C ab (Fenster auf!!). Lediglich direkt an Nord- und Ostsee bleibt die
Nacht etwas milder.

Sonntag ... schwenkt der o.e. Randtrog nordostwärts durch. Dahinter dreht die
Höhenströmung vor dem nächsten Sekundärtrog rück auf Südwest, wobei der
Potenzialgradient sehr gering ausfällt. Auf der Nordflanke des Hochkeils
überquert die schwache Kaltfront den äußersten Norden ostwärts, wobei es zu
einzelnen Schauern kommt. Ob es auch für ein Gewitter reicht, ist fraglich. Von
der Feuchte könnte es reichen, von der Labilität her wird´s schwer aber nicht
unmöglich. Abwarten! Zwar muckt der von Südwest auf westliche Richtungen
drehende Wind an der Küste mitunter etwas auf, Böen 7 Bft bleiben sehr
wahrscheinlich aber die Ausnahme.

Im großen Rest des Landes stellt sich unter der Ägide des treuen PIET (der
Hochkeil) ein heiter bis wolkiger und weitgehend trockener Tag (geringe
Schauerneigung an den Alpen sowie über den östlichen und südöstlichen
Mittelgebirgen) ein. Temperaturmäßig geht´s hoch auf 22 bis 28°C, direkt an der
Nordsee um 20°C.

In der Nacht zum Montag greift der nächste Randtrog auf Deutschland über. Dabei
trifft er auf eine vergleichsweise "lustlose" Luftmasse, mit der kein Staat zu
machen ist. Außerdem passt die Tageszeit nicht, so dass außer einigen
Wolkenfeldern wettertechnisch nicht viel passiert. Einzig in den Südostzipfeln
von Sachsen und Bayern könnte es zum Morgen hin leicht anfangen zu regnen, was
aber nur von ICON so simuliert wird. Absender ist das inzwischen über der
Balkanhalbinsel kreiselnde Höhentief, das heute noch über der Toskana zu finden
war. Es wird von einem kleinen Sekundärtrog umkreist, der bis nach Österreich
und Tschechien ausgreift und vorderseitig Hebung generiert.

Die Luft kühlt sich auf 15 bis 8°C, direkt an der See auf rund 17°C ab.

Montag ... verharrt der o.e. Randtrog über Deutschland, es geht weder vor noch
zurück. Leichter Druckfall nagt am treuen Hochkeil, der sich nach Frankreich
zurückzieht. Damit wird der Weg frei für ein weiteres okkludierendes
Frontensystem, das von UK, Benelux und Nordfrankreich her Kurs auf Deutschland
nimmt. Absender ist ein sich nur wenig verlagerndes Doppeltief über UK/Irland
und unmittelbarer Nachbarschaft. Die Bewölkung im Westen und Nordwesten nimmt zu
und nachfolgend setzt leichter Regen ein, wobei die Modelle derzeit noch
unterschiredliche Ansätze hinsichtlich der genauen räumlichen Verteilung fahren.
ICON beispielsweise verfolgt einen extrem defensiven Kurs, bei dem bis zum Abend
kaum Tropfen auf deutsches Territorium fallen. Schaun mer mal...

Im großen Rest des Landes scheint trotz einiger Wolken häufig die Sonne, wobei
u.a. ICON aber an zeitweiligen Regenfällen im äußersten Osten und Südosten
festhält.

Die Temperatur erreicht Höchstwerte von 23 bis 29°C, direkt an der Küste etwas
darunter.