DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

16-08-2022 08:01
SXEU31 DWAV 160800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 16.08.2022 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: TrW (Trog Westeuropa)

Heute leichter Zwischenhocheinfluss mit nur wenig Restkonvektion im Norden und
Nordosten. Am Mittwoch im Westen einzelne Gewitter, am Donnerstag zunehmende
Regen- und Gewitterneigung, aber auch zunehmende Prognoseunsicherheit.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 24 UTC
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Dienstag... steht im Zeichen von leichtem Zwischenhocheinfluss. Dabei baut sich
von Süden her ein flacher Höhenrücken auf, der wiederum ein flaches Bodenhoch
stützt. Dieses überdeckt weite Teile des Mittelmeerraums, von wo aus ein kleiner
Ableger über die Alpen hinweg bis nach Süddeutschland reicht. Während also vor
allem nach Süden bereits die antizyklonale Schiene gefahren wird, gilt es im
Norden zunächst noch einen kleinen Randtrog zu verabschieden. Gemeinsam mit
einer Rinne, die den Vorhersageraum bereits in Richtung Ostsee und
Südskandinavien verlassen hat (der Wind ist überall auf südwestliche Richtungen
gedreht), hat uns der Trog einen konvektionsfreudigen Montag beschert, der bis
weit in die Nacht andauerte und das warnende Personal ordentlich auf Trab
gehalten hat. In den kommenden Stunden wird auch der Randtrog deutsches
Territorium in Richtung Nordeuropa verlassen, wodurch die Chancen für konvektive
Umlagerungen mehr und mehr schwinden. Allerdings halten sich im äußersten Norden
und Nordosten noch Reste nicht allzu labiler, aber recht feuchter Warmluft (PPW
über 30 mm, teils über 35 mm), aus der heraus sich einzelne Schauer oder
Gewitter entwickeln können. Die Frage ist vor allem, wer löst das Ganze aus? Der
Trog respektive dessen hebungsfördernde Vorderseite kommen eigentlich nicht mehr
in Frage, so dass am ehesten durch Seewind mitinitiierte Windkonvergenzen als
Impulsgeber in Frage kommen. Der Organisationsgrad ist aufgrund schlechter
Scherungsbedingungen alles andere als gut, so dass allenfalls ein paar
Einzelzellen entstehen. Diese bringen mit geringer Wahrscheinlichkeit etwas
Starkregen auf die Platte, es sind aber auch "nur" gelbe Gewitter denkbar.

Ansonsten gilt es zu konstatieren, dass sich mit dem südwestlichen Wind etwas
weniger warme, weniger feuchte und weniger labile Meeresluft subtropischen
Ursprungs ausgebreitet hat, die nun auch noch vom o.e. Rücken gedeckelt wird.
Die daraus resultierende Absinkinversion etabliert sich etwa bei 700 bis 650
hPa, womit es schwer wird, substanzielle Konvektion in Gang zu bringen.
Vielleicht reicht es im nördlichen und zentralen Mittelgebirgsraum für ein paar
schwache orografisch induzierte Schauer, Gewitter sind aufgrund der hohen
Cloudtop-Temperatur eher unwahrscheinlich. Trotz einiger Wolken scheint wieder
für mehrere Stunden die Sonne, die die Luft auf 26 bis 32°C erwärmt mit den
höchsten Werten im Osten. Nicht ganz so warm bzw. heiß wird es an den Küsten
sowie auf den Inseln bei Seewind und im höheren Bergland.

In der Nacht zum Mittwoch wandert der Rücken langsam gen Osten und der Luftdruck
beginnt schon wieder leicht zu fallen. Grund ist die schleichende Annäherung des
nächsten Höhentroges mit eingelagertem Drehzentrum über der Biskaya, wobei die
Betonung eindeutig auf "schleichend" liegt. Fakt ist, dass im Westen und
Südwesten die Labilität wieder zunimmt bei allerdings weiterhin limitierter
Feuchte. Die ist weiter westlich höher, weshalb es dort auch vermehrt zu
schauerartigen Regenfällen und Gewittern kommt. Auf unserer Seite werden davon
wahrscheinlich nur ein paar Brosamen in den frühen Morgenstunden den
Grenzübertritt in den äußersten Westen und Südwesten wagen. Ob da dann schon
Gewitter mit dabei sind, ist fraglich.

Weniger fraglich ist, dass die Nacht in weiten Teilen des Landes gering bewölkt
oder klar verläuft bei nur wenigen Nebelfeldern. Die Temperatur geht auf Werte
um 20°C direkt am "warmen" Meer sowie punktuell im Westen (starke Bewölkung) und
bis zu 12 oder gar 11°C bei klarem Himmel im Süden zurück.

Mittwoch... versuchen der Höhentrog nebst eingelagertem Drehzentrum nach Osten
voranzukommen, was offensichtlich aber gar nicht so einfach ist. So ist derzeit
noch nicht klar, ob das Drehzentrum bis zum Abend bretonisches Festland
erreicht. Wahrscheinlich wird das erst in der Nacht zum Donnerstag gelingen. Vor
diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass auch das flache korrespondiere
Bodentief (KARIN) weit westlich in Frankreich verbleibt (ist ja auch schön
dort). Für uns bedeutet das eine extrem gradientschwache, fast schon amorph
anmutende Luftdruckverteilung mit einer kleinen Hochparzelle über den Alpen.
Auch in der Höhe beim Geopotenzial ist der Gradient alles andere als
berauschend. Es stellt sich trogvorderseitig eine schwache Süd-Südwestströmung
ein, die mit bloßem Auge betrachtet ziemlich glatt konturiert ist. Nimmt man
aber z.B. die IPV-Darstellung auf 320 Kelvin zu Hilfe, erkennt man schwache
Anomalien, die auf nach Norden ziehende sehr flache Sekundärtröge hindeuten.

Warum wird das erwähnt? Weil von diesen Trögen schwache Hebungsimpulse ausgehen,
die ausreichen können, um mit Unterstützung des Tagesgangs etwas Konvektion in
Gang zu bringen. Allerdings - und da ist es schon wieder, das große "Aber" -
taugt die Luftmasse nur sehr bedingt für größere konvektive Sprünge. Zwar nimmt
die Labilität bedingt durch niedertroposphärische WLA weiter zu (Anstieg T850 im
Süden auf bis zu 20°C), dafür hapert es aber nach wie vor an der
Feuchteakkumulation. Nur sehr, sehr zögerlich nimmt der Wasserdampfgehalt im
äußersten Westen zu, was auch erklärt, warum beim CAPE nur bedingt was geht
(kaum mal an 500 J/kg heran), das zudem auch noch gedeckelt ist (CIN). Außerdem
wirkt die durchziehende Bewölkung konvektionsdämpfend. Trotzdem ist davon
auszugehen, dass sich im Tagesverlauf im Westen einzelne markante Gewitter
entwickeln, bei denen Starkregen ganz oben auf der Liste begleitender Parameter
steht. Lokale Unwetter mit mehr als 25 l/m² innert kurzer Zeit drängen sich zwar
nicht gerade auf, können aber auch nicht kategorisch ausgeschlossen werden.

Mit jedem Kilometer weiter östlich nimmt die Gewitterwahrscheinlichkeit deutlich
ab. Bis zum Abend bleibt es meist trocken bei reichlich Sonnenschein, der die
Temperatur im Osten bzw. der östlichen Mitte bis auf 34, lokal vielleicht 35°C
hochprügelt. Im Westen wird die 30°C-Marke hingegen nicht mehr erreicht, dort
stehen 24 bis 29°C auf der Karte.

In der Nacht zum Donnerstag gelangt der Südwesten unter die diffluente
Vorderseite des weiterhin nur schleppend ostwärts vorankommenden Höhentiefs.
Dadurch nimmt die PVA-bedingte synoptisch-skalige Hebung deutlich zu und es
kommt durch gewittrig durchsetzten (Stark)Regenfällen, die bis in die mittleren
Landesteile ausgreifen können. Unklar sind derzeit noch Intensität und die
genaue Positionierung des Niederschlags. So lassen z.B. ICON_Nest und das Modell
von UKMO über dem benachbarten Elsass regelrechte Wasserbomben platzen mit z.T.
über 100 l/m² innerhalb von 12 Stunden, während andere Lösungen weit defensiver
ausfallen. Unsicher ist auch noch, was genau im Nordwesten geht. Den Vogel
schießt UKMO ab, dass die Deutsche Bucht mit mehr als 100 l/m² speist - eine
unrealistische Extremlösung. Weitgehend niederschlagsfrei dürfte die Osthälfte
über die Nacht kommen, die noch weitgehend antizyklonal aufgestellt ist. Die
Tiefstwerte liegen zwischen 21 und 14°C.

Donnerstag... wird es synoptisch spannend, aber auch sehr unsicher. Dabei liegen
die Modelle bei den Basisfeldern gar nicht mal so weit auseinander. Alle sind
sich einig, dass Höhentrog (-tief) immer dichter an den Vorhersageraum
heranrücken und das Strömungssetup zyklonaler gestalten. Das trifft auch auf das
Bodendruckfeld zu, wo sich bei uns ein elliptisch konfiguriertes flaches Tief
bildet, dessen Hauptachse von Südost nach Nordwest verläuft. Darüber hinaus
breitet sich feuchte, im Nordwesten sehr feuchte (PPWs über 40 mm) und
potenziell instabile Subtropikluft aus, die im Westen und Südwesten mit
Winddrehung auf West bis Nord weniger warm ist (T850 um 13°C) als in den übrigen
Regionen (T850 15 bis 19°C).

Wie auch immer, wahrscheinlich startet der Donnerstag mit den gewittrigen
Regenfällen aus der Nacht heraus, die sich aus dem Südwesten und der Mitte über
Westdeutschland hinweg nord-nordwestwärts verlagern. Die Mengen, die dabei
fallen, sind noch genau so unsicher wie die genaue räumliche Verteilung der
Regenfälle sowie die Frequenz und Häufigkeit der eingelagerten Gewitter. Es
spricht aber Einiges dafür, dass gebietsweise mehrstündiger Starkregen am Start
ist, möglicherweise auch ungewittrig oder nur mit wenig Blitz und Donner. Im
weiteren Verlauf des Tages kann es dann auch in den übrigen Regionen (Süden,
Osten, Nordosten) zu Überentwicklungen kommen, lokale Unwetter durch Starkregen
inklusive. Das Wie, Wo und Wann wirft freilich noch einige Fragezeichen auf, die
nur step by step und von Modelllauf zu Modelllauf verkleinert bzw. getilgt
werden können. Fakt ist, dass der Wolkenanteil im Lande deutlich höher ist als
an den Tagen zuvor. Die meiste Sonne wird im äußersten Osten
(Osterzgebirge/Zittauer Gebirge bis hoch nach Vorpommern) sowie in Südostbayern
erwartet, wo die Temperatur noch mal auf 29 bis 34°C steigt. Ansonsten stehen
nur noch 22 bis 29°C auf dem Zettel.

In der Nacht zum Freitag greift der Höhentrog vollständig auf Deutschland über,
wobei das eingelagerte Drehzentrum wahrscheinlich südlich der Alpen verbleibt
(nur ICON sieht das Tief über dem südlichen Alpenvorland). Es kommt zu weiteren,
teils kräftigen Regenfällen mit eingelagerten Gewittern, wobei Positionierung
und Intensität weiterhin eine hohe Varianz aufweisen.

Modellvergleich und -einschätzung
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Es ist alles gesagt oder besser geschrieben. Ab Donnerstag nehmen Regen- und
Gewitterwahrscheinlichkeit deutlich zu, was allerdings auch für die
Prognoseunsicherheit gilt.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann